1864 / 298 p. 4 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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und in die Ausschüsse gewählt, denen sein Vorgänger angehört hatte. Sachsen und Hannover machten Anzeige, daß ibre Truppen aus den Herzogthümern zurückgezogen und ihre Kommissare abbe⸗

rufen seien. . Baden,. Karlsruhe, 16. Dezember. Der Großherzoglich

badische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister am K. K. österreichischen Hofe, Freiherr von Edelsheim, ist in gleicher Eigenschaft auch bei Sr. Majestät dem König von Sachsen beglaubigt worden. (Karlsr. Ztg.)

Bayern. München, 14. Dezember, Der Gesetzgebungs⸗

Aus schuß der Abgeordnetenkammer hat in seiner gestrigen Sitzung die Berathung des IV. Hauptstückes des Entwurfes und zwar die Prinzipienfeststellung der Anwaltsfrage begonnen. Das Prinzip des Anwaltzwanges d. h. daß sich die Parteien bei allen Gerichten, mit Ausnahme der Stadt⸗ und Landgerichte und der Handelsgerichte, durch Anwälte vertreten lassen müssen, wurde nach Antrag des Re⸗ ferenten in Uebereinstimmung mit dem Entwurfe vorläufig einstimmig angenommen. Das zweite Prinzip / das der Lokalisirung der Anwalts⸗ praxis, d. h. der Beschränkung der Anwälte auf die Praxis bei dem Gerichte, bei welchem sie angestellt sind, dessen Verwerfung der Re— serent v. Neumayr beantragt hatte, wurde mit allen Stimmen gegen die des Referenten und eines Abgeordneten angenommen, je— doch auf Antrag zweier Abgeordneten dahin modifizirt, daß diese Beschränkung der Anwaltungspraxis sich nur auf den Sitz der Ge— richte, nicht ausschließlich auf das Gericht, wo die Anwälte angestellt sind, erstreckt, welcher Modification alle Ausschußmitglieder, ausge⸗ nommen Abg. Wiedenhofer, zustimmten. Endlich wurde auch noch die Modification, daß für das Plaidoyer in öffentlicher Sitzung den Parteien die Wahl eines Anwaltes freigegeben sei, einstimmig ange— nommen. 16. Dezember. Minister von Koch ist darauf bedacht, das gesammte Volkss chulwesen einer durchgreifenden Reform zu unterziehen. Zunächst wird eine Reform der zur Heranbildung der Volksschullehrer derzeit bestehenden Anstalten und Einrichtungen vor— bereitet. Es ist in diesem Betreff vor Kurzem an sämmtliche Kreis- regierungen der Auftrag ergangen, sich gutachtlich darüber zu äußern, ob und mit welchen Aenderungen das bisherige Prinzip der Erthei⸗ lung des Vorbereitungs⸗ Unterrichts an die Schullehrlinge durch Geistliche und Schullehrer und ihrer weiteren Ausbildung in beson⸗ deren Fachanstalten (Seminarien) beizubehalten, oder ob dies Prinzip aufzugeben, und durch welche andere zeitgemäße Einrichtung, etwa mit Benutzung der Latein- und Gewerbschulen zum Vorbereitungs⸗ Unterrichte, dasselbe zu ersetzen wäre. (N. C) .

Oesterreich. Wien, 16. Dezember. Der bereits telegra⸗ phisch angezeigte Artikel der „General⸗Corresp.« über die Flagge der schleswig⸗holsteinschen Schiffe sagt⸗ ;

»Die Sache würde zuerst von Seite der Königl. preußischen Regierung in Wien angeregt / sie schlug vor, den schleswig-holsteinschen Schiffen die Wahl zwischen der österreichischen und preußischen Flagge zu überlassen, er— klärte jedoch, daß sie, falls Desterreich gegen diesen Modus Bedenken tragen sollte, auch der Annahme einer r n ffn Landesflagge zustimmen wolle. In beiden Fällen müsse die Anerkennung der Seemäͤchte erwirkt werden, zu welchem Zwecke Preußen bercit sei, gemeinschaftliche Schritte mit der Kaiser lichen Regierung zu thun. Das österreichische Kabinet sprach sich sofort für die zweite Alternative mit dem Bemerken aus, daß es nicht Anstand nehmen werde, gemeinschaftlich mit Preußen bei den seefahrenden Mächten die An— erkennung einer interimistischen schleswig holsteinschen Schifffahrtsflagge zu bevorworten. Es ist sonach aller Grund vorhanden, anzunehmen, daß die Angelegenheit für die hoffentlich nur noch kurze Dauer des Provisoriums im Sinne des erwähnten Einverständnisses ihre Erledigung finden wird.«

Ueber die Sitzung des Abgeordnetenhauses am 15ten entnehmen wir Wiener Blättern noch Folgendes: Nach Eröffnung derselben kam zuerst eine Zuschrift des Finanzministers zur Ver⸗ lesung, in Betreff der in Folge Reduzirung des Sil beranlehens durch das Steueranlehen eingetretenen Veränderung einiger Ziffern des Budgets, bei der Zinsenzahlung zc. Dann schritt das Haus zur Berathung des Gesetz⸗ Entwurfs wegen Erhöhung der Re⸗ stitution des Zolles und der Verbrauchsabgabe bei der Zuckerausfuhr, welcher nach den Vorschlägen der Kommission in

folgender Fassung angenommen wurde: §. 1. Die in Folge Kaiserlicher Entschließung vom 6. Januar 1860

. R. G. B. Seite 34 Rr. 14 zugestandene Rückvergütung an Zoll. und Ver brauchsabgabe für den über die Zolllinie ausgeführten Zucker wird mit Ein

rechnung des dermaligen außerordentlichen uschlages für Rohzucker von 4 Fl. 8 Kr, auf 5 Fl. 30 Kr. und für Raffingdzücker von 5 Fl. 59 Kr. auf 5 Fl. 51 Kr. von jedem Zollcentner Netto erhöht.

5. 2. Die mit dem gegenwärtigen Gesetze bewilligte Erhöhung der Zoll und Verbrauch abgaben ˖ Restitution für ezportirten Zücker hat mit dem Tage der Kundmachung des gegenwärtigen Gefetzes zu beginnen und jeden— falls mit 31. Dezember 1865 in der Art zu erlöschen, daß diese erhöhte Restitution nur für jenen Zucker zu leisten ist, welcher bis zu dem genann— ten Tage die Zolllinie thatsächlich überschritten hat. .

§. 3. Mit der Vollziehung des Gesetzes ist der Minister der Finanzen beauftragt. ; .

Der nächstfolgende Gegenstand, der Ausschußbericht über die Regi erungsvorlage wegen Bewilligung eines zehnprozen⸗— tigen Steuernachlasses bei der Erzeugung gebrannter

Flüssig keiten, wurde unter Verstärkung des Ausschusses von

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drei Mitgliedern an diesen zurückverwiesen. Schließlich gelangte die Regierungsvorlage über den periodischen Personen⸗Transport zur ersten Lefung, worauf das Haus seine Bertagung bis zum 9. Ja— nuar k. J. beschloß.

Ueber die am 14ten stattgefundene Sitzung des Finanz- Aus— schusses des Abgeordnetenhauses theilt die General⸗Correspondenz⸗« Folgendes mit. Es wurde von dem Subcomitsè, welches zur Prü⸗ fung des Rechnungsabschlusses des Budgets für 1862 bestellt wor— den ist, Bericht erstattet und hingewiesen, daß es dem Comité bisher schwer ward, die Prüfung im Sinne der Verfassung zu vollziehen, da kein Ausweis über die Passivrückstände aus jenem Jahre vor liege. Nach einer längeren Debatte wurde auf Antrag des Dr. Herbst die ganze Angelegenheit an das Siebner⸗ Comité zurückgewiesen, danüt dieses sich mit dem Finanz⸗Minister verständige, inwieweit der Nachweis jener Passivrückstände möglich sei. Hierauf wurde der Bericht des Subeomité, das zur Ermittelung und Feststellung des Defizits bestellt worden ist, von Prof. Herbst vorgebracht. In Folge der Reduzirung des Silberanlehens durch das Steueranlehen sind einige Ziffern des Budgets (Zinsenzahlung u. s. w. etwas mo⸗ difizirt. Die Totalsumme des Defizits beträgt 77 Millionen Gul⸗ den. Scheidet man jedoch hiervon die Summe für die Schulden tilgung mit Ausnahme der Gewinnste der Lotterieanlehen, welche einer Zinsenzahlung gleichkommen, aus, so reduzirt sich das durch die laufenden Ausgaben entstehende Defizit auf 22 Millionen Gul⸗ den, abgesehen von Nachtragskrediten und den Kosten der in dem laufenden Jahre nothwendigen Kreditsoperationen. Das Comite gelangte zu dem Schlusse, daß bei der laufenden Gebahrung min⸗ destens der Betrag von 223 Millionen und jener durch die noth⸗ wendigen Kreditoperationen nothwendige Betrag zu ersparen sei. Die nächste Sitzung des Finanzausschusses findet am 7. Januar statt.

Schweiz. Bern, 15. Dezember. Der Nationalrath hat dem Antrage des Bundesrathes, unter der Verwaltung des eidge— nössischen Militair⸗Departements in Bern ein Kriegsdepot zu er— richten, heute seine Genehmigung ertheilt.

17. Dezember, Vie Bundesversammlung hat ihre Sitzung geschlossen. Reden von Bedeutung wurden nicht gehalten. Die nächste Sitzung wird möglicherweise im April stattfinden und soll der schweizerisch-italienische Handelsvertrag in derselben zur Er⸗ örterung kommen. Der Ständerath hat dem vom Nationalrath bezüglich der Flaggenfrage gefaßten Beschlusse beigepflichtet.

In der gestrigen Sitzung des Nationalraths veranlaßten die vom Ständerath beschlossenen Ersparnisse im Budget des nächsten Jahres eine sehr einläßliche und warme Diskussion. Die Versamm⸗ lung hielt jedoch an ihren Ansätzen fest: mit 70 gegen 10 Stim⸗—⸗ men votirt sie wieder 300,900 Fr. für den eidgenössischen Truppen— zusammenzug, weil derselbe auf gesetzlicher Bestimmung in der Militair-Organisation beruhe. Auch die vom Stände⸗ rath auf 15,000 Fr. herabgesetzte Summe für die Ausschmückung der Aula des eidgenössischen Polytechnikims wurde nicht beliebt:; der Nationalrath hält an seinem ersten Ansatz von 30 000 Fr. fest, jedoch mit dem Beisatz, daß zu diesem Zwecke kein weiterer Anspruch mehr an die Eidgenossenschaft gemacht werden dürfe. Dem neuen Postulate des Ständerathes, daß der Bundes⸗ rath gründlich prüfen solle, ob nicht Ersparnisse in der Militair⸗ verwaltung erzielt werden könnten, pflichtet die Versammlung bei, mit der Einschaltung der Worte: »unbeschadet der Wehrkraft des Landes«.

Belgien. Brüssel, 16. Dezember. Der nig ist gestern ohne seinen gewöhnlichen Reisebegleiter, Hrn. v. Conway, nach dem Jagdschlosse Ardenne abgereist, Die kirchliche Feier des 74. Königs⸗ Beburtstages fand heute in üblicher Weise statt. Die Enthüllung der Egmont und Hoorngruppe ist ohne besonderen Enthusiasmus vor sich gegangen.

Großbritannien und Irland. London, 15. Dezember.

Der gestrige Jahrestag des Todes des Prinzen Albert

wurde von der Königlichen Familie in trauernd-feierlicher Weise be— gangen. Um halb zwölf Uhr begab sich die Königin, begleitet von den anwesenden jüngeren Mitgliedern des Königlichen Hauses, von dem Schlosse Windsor nach dem in den benachbarten Anlagen von Frogmore⸗house errichteten Mausoleum, woselbst des Prinzen

Leiche ruht und verweilte dort etwa eine Stunde, um, nach dem

Schlosse zurückgekehrt, den Rest des Tages in tiefster Zurückgezo zen heit zu verbringen. J

Auf den Thames Ironworks bei Blackwall ist gestern die ge⸗ panzerte Fregatte Sultan Mahwm oud - von Stapel gelassen worden, womit die türkische Regierung den ersten Grund zu ihrer künftigen Panzerflotte legt. Die älteste Tochter des hiesigen türkischen Botschafters Herrn Musurus vollzog die Taufceremonie. Das Schiff hat 4220 Tonnen und ist 300 Fuß lang; es soll mit 20 Kandnen schwersten Kalibers armirt werden, neun 1509Pfündern von jeder Seite und je einem 300Pfünder vorn und hinten auf dem oberen Deck. AUuf dem Etablissement der Thames Ironworks

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sind noch viele andere englische und ausländische Schiffe im Bau

begriffen; zunächst geht eine gepanzerte Fregatte von 4800 Tonnen

für die spanische Regierung der Vollendung entgegen.

16. Dezember. Lord Palmerston präsidirte gestern dem jährlichen Festdiner des landwirthschaftlichen Vereins in Romsey. Die Trinksprüche, welche er als Vorsitzender auszubringen hatte, wie auf die glücklichen Preisbewerber bei der landwirthschaftlichen Ausstellung und auf die Presse, begleitete er mit kurzen Ansprachen, denen nur lokales Interesse innewohnte.

Die preußische Schrauben⸗Korvette »Victoria« ist von Brest in den Sund von Plymouth eingelaufen.

17. Dezember. Dem Ministerium des Auswärtigen ist von dem britischen Geschäftsträger in Montevideo eine Notification des Commandeurs der brasilischen Flotte am La Plata, Vice⸗Admi⸗ rals Baron de Tamandere, zugegangen, laut deren die der Republik Uruguay gehörigen Häfen Paysandlé und Salto in Blokadezustand erklärt worden sind.

Die Arbeitseinstellungen, welche zu Anfang d. J. in den Kohlenbergwerken des südlichen Jorkshire stattfanden, sind in dieser Woche zu Ende gegangen. Das Resultat der Coalitionen ist, daß die Arbeiter, nachdem sie zehn Monate lang ohne Verdienst ge⸗ wesen, jetzt unter denselben Bedingungen wie früher, ohne die ver⸗ langte Erhöhung ihres Lohnes erreicht zu haben, ihr Werk wieder aufnehmen. Wenigstens 70,000 Pfd. St. haben sie an Löhnen ein⸗ gebüßt, während auch die Arbeitgeber ernstliche Verluste erlitten haben. In Folge des Mangels an menschlichen Arbeitskräften sind ferner Maschinen eingeführt worden, welche im Laufe weniger Jahre eine große Veränderung in den Kohlenbergwerken zu Wege bringen dürften.

Der Dampfer »Cronstadt«, nach welchem in allen Häfen der Ostsee vergebliche Nachforschungen angestellt worden sind, wird jetzt gänzlich verloren gegeben, Von der Mannschaft, welche zum größten Theil aus Leith gebürtig, sind nur 4 nicht verheirathet, die übrigen 30 lassen mehr als 100 Kinder ohne Stütze. Wahrschein lich hatte das Schiff auch mehrere Passagiere an Bord. Der Capi⸗ tain Lewson war als ein tüchtiger und erfahrener Seemann bekannt.

Frankreich. Paris, 15. Dezember. Der Dampfer der transatlantischen Gesellschaft, »La Louisiane« ist am 15. Dezember Morgens im Hafen von St. Nazaire mit 70 Passagieren und 5 Mill. Fr. baar, wovon 2 Mill. für den französischen Staat, aus Mexiko eingetroffen.

La Gueronniére wird Mocquard's Biographie schreiben.

Im »Temps« macht Herr Courulle Senueil darauf aufinerk—⸗ sam, mit welchen Gefahren es verbunden sei, wenn die Arbeiter, ohne alle Umstände gehörig zu erwägen bei ihren Arbeitgebern auf Gehaltserhöhung dringen. Vei den Wagenfabrikanten von Paris nämlich, wo die Arbeiter zu einer Erhöhung von 30 pCt. gelangt waren, ist, laut eines Korrespondenz-Artikels der »Genfer Zeitung« aus Paris, der Umstand eingetreten, daß diejenigen Fabrikanten, die unter solchen Bedingungen nicht mehr arbeiten lassen können, ihre Arbeit in Belgien machen lassen, die ihnen dann in einzelnen Stücken von dort geliefert und hier blos zusammengefetzt wird. Auf diese Weise kommt das Verfahren der Arbeiter nur ihren Kollegen in Belgien zu Statten.

16. Dezember. Die auf Béhic's Antrag niedergesetzte Kommission, welche die dringlichen Bauten bezeichnen und den Be— darf dafür veranschlagen soll, hat laut der Presse ihre Aufgabe gelöst: sie beantragt 105 Millionen für Wasserbauten im Innern 35 Mill. für Kanäle und 30 Mill. Flußregulirungen), 160 Mill. für Häfenverbesserungen, Leuchtthürme u. f. w., 125 Mill. für Wege und Brücken, 40 Mill. für Bewässerungs., Entwässerungs⸗, Ent⸗ sumpfungs Arbeiten, also im Ganzen 430 Mill. für die als dringlich erkannten Bauten zum öffentlichen Nutzen.

Der Kommandirende der Provinz Lon stantine ist mit seinem Stabe von der Expedition im Süden dieser Provinz wieder in Con- stantine eingetroffen. .

17. Dezember. Herr Pelissier, der früher französischer Kon⸗ sul in Djeddah war, ist zum Konsul in Bagdad ernannt worden.

Die »Patrie⸗ erfährt durch Privatkorrespondenz aus Vera— Cruz, daß der Linienschiffs - Capitain Clous zum Befehlshaber der Sub“ Division des Golfs von Mexiko, unter dem Oberbefehl des Contre Admirals Bosse, ernannt worden ist. Herr Capitain Elous wird die drei Kriegsschiffe befehligen, die den Kaiser und die Kaise⸗ rin von Mexiko und ihr Gefolge in die Häfen von Yucgtan und die anderen Häfen der Küste begleiten sollen. Die Majestäten wer den am 25. Dezember abreisen, um die maritimen Provinzen ihres

Reiches zu besuchen. . Spanien. Madrid, 17. Deember. Die Ministerlriss ist

beendigt. Das Kabinet Narvaez hat seine Demission zurückge⸗ nommen und bleibt ohne jede Personalveränderung an der Spitze

der Geschäfte.

Italien. Turin, 17. Dezember. In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wies Minister⸗ Präsldent General Lamar⸗

mora in einer Entgegnung auf eine Rede von Bixio auf die Noth⸗ wendigkeit von Ersparungen hin, um dadurch eine Bürgschast zu gewinnen, daß es in Zukunft für die Streitkräfte zu Wasser und zu Lande nicht an den erforderlichen Hülfsmitteln fehle; doch dürfe man die Organisation von Heer und Flotte nicht schwächen. Die Hingebung, welche das Land durch Vorauszahlung der Steuern be⸗ wiesen habe, lege der Regierung die Pflicht auf, jene Hülfsmittel nicht zu erschöpfen, welche ihr nie vorenthalten werden. Die Er⸗ sparnisfse müssen beträchtlich sein, ohne jedoch die Landesvertheidi- gung zu gefährden.

Griechenland. Athen, 10. Dezember. Eine Minister= krisis, schreibt man der »Jriest. Ztg.“ ist wieder im Anzuge. Es scheint, daß nach der Auflösung der Nationalversammlung die Mit⸗ glieder des Ministeriums Kanaris nicht dieselbe Eintracht bewahren, die sie früher hatten, als sie jeden Augenblick fürchten mußten, von einer augenblicklichen Stimmenmehrheit in der Versammlung gestürzt zu werden. Bis zur Stunde ist noch keine Aenderung vorgekom— men. Man nennt zwar viele Namen, auch einige von den Joniern, aber wenn man die betreffenden Personen darüber befragt, so ant⸗ worten sie, daß ihnen gar kein Vorschlag gemacht wurde. Vielleicht sind dies Alles Gerüchte, die die Opposition ausstreut, welche so gern die Gewalt an sich reißen möchte. Aber die Opposition hat mit einem starken Gegner zu kämpfen. Der greise Admiral oder der Seebewältiger, wie er hier genannt wird) und seine Kollegen sind bei Hofe sehr beliebt, und unlängst noch gleich nach dem Schlusse der Nationalversammlung hat der König allen Ministern Decorationen verliehen, als ein Zeichen der Allerhöchsten Zufriedenheit. Die feierliche Eidesleistung des neu ernannten Kommandanten der Nationalgarde, Obersten Koroneos, fand ver⸗ gangenen Sonntag statt. Hierauf defilirte die Nationalgarde vor dem Kommandanten und begab sich in Reih und Glied durch die Hermesstraße nach dem Constitutionsplatze, wo sie sich nach wieder holtem Hochruse auf den König auflöste. Mittwoch Abends wurden die geräumigen, im Königlichen Palaste befindlichen Salons der

Gräfin Sponnek mit einer glänzenden Abendgesellschaft eröffnet.

Der Eingeladenen waren über 600. Der König beehrte die Soiree mit seiner Gegenwart. Die Gräfin Sponnek wird während des Winters jeden Mittwoch Abend -Gesellschaften empfangen. Nach einem Aufenthalte von anderthalb Monaten hat der Fürst Ypsi⸗ lantis, Schwiegersohn des Baron Sina, Athen wieder verlassen. Die neue katholische Kirche in der Universitätsstraße schreitet immer mehr ihrer Vollendung entgegen. Auch der seit fast einem Jahre unterbrochene Bau der großen Sina'schen Akademie soll nächstens fortgesetzt werden.

Türkei. Das Budget des Fürstenthums Serbien ist für 1865 mit 27,529,385 Piaster Einnahmen und Ausgaben festgesetzt. Fürst Michael Obrenowitsch hat das von einem der gefeiertsten ser⸗ bischen Dichter, Joksim Novitsch, verfaßte Epos Karagjorgja⸗-, in welchem der Unabhängigkeitskampf der serbischen Nation gegen die Türken vom Jahre 1804 besungen wird, verboten, weil die Familie Karageorgiewstsch, welche früher auf dem Fürstenstuhle Serbiens gesessen und gegenwärtig im Kaiserstaate Oesterreich lebt, in diesem Epos gefeiert wird. Dem Dichter selbst ist mit der Ausweisung gedroht worden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 16. Dezem⸗ ber. Die neueste Nummer der Gesetzlammlung (10) bringt. ein Allerhöchst bestätigtes Gutachten des Reichsraths vom 2. Dezember, durch welches Folgendes festgestellt wird:

1) Sobald die am 20. November Allerh. bestätigten Reglements über die Organisation des Gerichtswesens und über das Civil und Kriminal- Gerichtsverfahren in Wirksamkeit getreten sind, kann jede in öffentlicher

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Sitzung getroffene Entscheidung in einem CEivil- oder Kriminalprozeß sowohl

von den Gerichtsbehörden selbst, als auch von Privatpetsonen in der Ge⸗

stalt, in welcher diese Entscheidung erlassen worden, in der Tagespresse ver⸗ öffentlicht werden. 2 Ebenso kann alles in der öffentlichen Sitzung einer Gerichtsbehörde bei der Revision eines Prozesses Vorgefallene der Oeffent⸗˖ lichkeit übergeben werden. 3) Eine Analyse und Beurtheilung der richter lichen Entscheidungen wird jedoch nur den juristischen Journalen und den- jenigen Zeitungen gestattet, welche eine besondere Abtheilung für die juristische Chronik eingerichtet haben, wobei jedoch die der Gerichtsbehörde schuldige Achtung streng zu beobachten ist. 4) Die Verfolgung derjenigen, welche diefe Borschriften übertreten, gehört zur Kompetenz der Prokuratoren. 5) Außerdem haben Gerichtsbeamten und alle anderen Personen das Recht, Klagen gegen etwaige Beleidigungen anzustrengen. Das neue Branntwein⸗Aeeise⸗ System entwickelt sich mit jedem Jahre mehr. Für die ersten neun Monate dieses Jahres sind Sä, 798,823 Rbl. eingegangen, d. h. H-4493385 Rbl. mehr als 1863 und 6.857, 402 Rbl. mehr als durchschnittlich während jedes der vier Jahre der letzten Pachtperiode. Die Deutsche Petersb. Zeitung« knüpft hierauf folgende Bemerkung:

»Die von Jahr zu Jahr wachsenden Einnahmen beweisen, daß für das neue System der Branntwein Aceise nichts mehr zu befürchten ist. Wäre es jetzt nicht an der Zeit, ernste Beschränkungen in dem Handel mit

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