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Oesterreich. Wien, 8. Janunr. Die heutige ⸗Wiener Ztg. brachte folgenden Artikel:
„»Der h. Stuhl bat am 8. Dezember eine Encyclica erlassen, begleitet von einem Verzeichnisse als Irrlehren bezeichneter Sätze. Diese Encyclica wird dem Episkopate in dem Kaiserthum Oesterreich mitgetheilt werden. Die K. K. Regierung ist nach dem §. 1 und 2 der Kaiserlichen Verordnung vom 18. Aprik 1850 und dem Art. II. der mit dem h. Stuhle im Jahre 1855 getroffenen Vereinbarung nicht in der Lage, auf die Form, welche von dein Episkopat bei Kundmachung der Encycliea und ihres Anhanges eingehalten werden wird, Einfluß zu nehmen. Ohne in eine Beurtheilung der' erwähnten Kundgebung einzugehen, wozu derzeit für die Kaiserliche Re⸗ gierung kein Anlaß vorliegt, erkennt sie in derselben nur eine Verlautbarung von Anschauungen des päpstlichen Stuhles, welche an und für sich nicht geeignet ist, eine Aenderung der in dem Kaiserthum Oesterreich bestehenden Gesetze und Einrichtungen zu bewirken.“
Die K. K. Statthalterei in Steiermark hat, demselben Blatte zufolge, in einem speziellen Falle entschieden, daß Ortsnamen bei in deutscher Sprache gemachten Ausfertigungen oder Eingaben zur Vermeidung von Anständen in der landesüblichen Weise zu schreiben seien, z. B. Pischätz nicht Pisec.
Die Banknoten, weiche mit Ende 1864 im Umlauf waren, bestanden aus 36,361 Stück Tausender, 986,120 Stück Hunderter, 11,065,565 Stück Zehner, 13048867 Stück Fünfer, b2 035,699 Stück Einser und Eonventionsmünznoten im Betrage von 2,919,336 Fl. öst. W.
Einer Aufforderung des Handelsministeriums vom 6. Oktober 1864 entsprechend, sind, wie die Wiener 3. mittheilt, die Direc⸗ tionen der österreichischen Eisenbahnen vor mehreren Wochen zusam—
mengetreten, um den Entwurf einer neuen Signalisirungs⸗
vorschrift, welche nach Gehmigung des Handelsministeriums auf allen österreichischen Eisenbahnen eingeführt werden ssoll, zu vereinbaren. Die Berathungen haben im Lokale der Staatseisenbahngesellschaft stattgefunden und dahin geführt, daß bereits die Signalisirungsmit⸗
tel und deren Gebrauch auf den Stationen des Zugbegleitungsper⸗ sonals, der Gebrauch der Hornsignale des Bahnpersonales und der Signale längs der Bahn sestgestellt wurden. Bezüglich der Glocken.
signale bat man den Grundsatz adoptirt, daß die Anzahl der zu ge—
benden Signale auf eine möglichst kleine zu beschränken sei und jedes
Signal möglichst einfach gegeben, aber zum mindesten drei Mal wie— derholt werden müsse, um das Ueberhören der Signale auszuschlie⸗ ßen und die Möglichkeit der Controle im Falle eines Zweifels zu gestatten. Nach diesem Grundsatze wurden 13 Signale vereinbart,
welche nach der Zusammensetzung der Glockenschläge sehr leicht von
einander zu unterscheiden und leicht zu merken sind. Die Berathun—
gen dürften bald zum Abschluß kommen. Das Resultat derselben wird dann sofort dem Handelsministerium zur Revision und Geneh⸗
migung vorgelegt werden.
Großbritannien und Irland. London, 6. Januar. Auf morgen hat Ihre Majestät die Königin in Osborne eine
Sitzung des geheimen Staatsrathes anberaumt, in welcher der Tag der in' Februar bevorstehenden Eröffnung des Parlaments zur end˖ gültigen Festsetzung kommen wird.
— 7. Januar. Auf Königlichen Befehl hat die Admiralitãt eine Verfügung erlassen, laut deren alle Kriegsschiffe, welche auf der
Fahrt nach Spithead an Osborne vorbei passiren, in Zukunft wäh—
rend der Änwesenheit der Königin auf der Insel Wigbt wieder die
üblichen Salutschüsse zu lösen haben, — eine Vorschrift, die seit dem Tode des Prinzen Albert bisher außer Kraft gesetzt war.
Der Earl von Derhy ist von seinem starken Gichtanfalle voll— ständig genesen.
In englischen Blättern findet sich folgende Notiz: Hr. Somerset Beaumont eines der Parlaments. Mitglieder für Neweastle am Tyne), hat sich nach Wien begeben, um dort während der Verhandlungen, die eiwa Behufs Abschlusses eines Handelsvertrages zwischen England und Oesterreich eingeleitet werden soklten, die vereinigten Handels kammern Großbritanniens zu vertreten. In einem nach Neweastle gerichteten Briefe sagt er: „Ich habe allen Grund anzunehmen, daß unsere Erwartungen nicht getäuscht werden. Mikllerweise ist jedoch die Erwiederung der Wiener Handelskammer bekannt geworden, welche eben keine Bestätigung dieser Hoffnungen ist. Uebrigens hat die
Reise des Herrn Beaumont noch andere Zwecke. Er beabsichtigt, in
Ungarn eine Handelsgesellschaft auf Actien zu gründen und auch sonst mit der österreichischen Regierung über wichtige Finanz ⸗Opera— tionen zu verhandeln.«
Vor dem Polizeigerichte in Bow-Street ist die Voruntersuchung gegen den Capitain P. S. Corbett eingeleitet worden. Der An— klage zufolge war Corbett mit dem Schiffe ⸗Sea King (dem jetzi⸗ gen konföderirten Kaperschiffe ⸗Shenandoahn«) angeblich nach Ost— indien ausgelaufen, hatte das Fahrzeug aber in die Nähe von Ma— deira gebracht, wo der ⸗Sea King‘ neben einem anderen Schiffe, Laurel, ankerte. Aus dem »Laurel« wurden Waffen aller Art, Kandnen und Munition, an Bord des »Sea King« gebracht, worauf Capitain Corbett den Mannschaften des ⸗Sea King« die Mittheilung machte, daß er das Schiff an die konföde— rirte Regierung verkauft habe, und sie aufforderte, Dienst an⸗
zunehmen. Corbett führte sie einem Offizier in konföͤderirter Uniform
vor, und es wurde den Seeleuten bedeutet, daß der⸗Sea King ein
zonföderirtes Kaperschiff werden sollte, ioie die Alabama, nich.
um zu kämpfen, sondern um Prisen zu machen. Doch nur vic
ließen sich verleiten, in südstaatlichen Dienst an Bord des Su . King, jetzt Shenandoah, einzutreten. Die übrigen wurden nah ᷓ.
längerer Zurückhaltung auf Teneriffa an Bord des Laurel na
England heimbefördert. Die Untersuchung wurde nicht abgeschlossen .
sondern, um Zeit zur Einholung näherer Instructionen zu gewin. nen, auf einen späteren Termin hinausgeschoben und der Angeklagte gegen Bürgschaft auf freien Fuß gesetzt.
Frankreich. Paris, 6. Januar. Das bereits telegraphist gemeldete Kaiserliche Dekret, das der Staatsrath gestern auf Thuillier! Bericht gutgeheißen hat und beute früh im ⸗Moniteur - zu lesen steht, lautet vollständig: e .
Auf Antrag Unseres Siegelbewahrers, Justiz und Kultus ⸗Ministers nach Einsicht des Art. 1 des Gesetzes vom 18. Germinal des Jahres . nach Anhörung Unseres Staatsrathes haben wir dekretirt und dekretiren was folgt: ;
Art. 1. Der letztere Theil der Encykliea, d. d. Rom, S. Dezember 1864, der mit den Worten »Hisee ... litteris auctoritate nostra« beginnt und ein allgemeines Jubiläum auf 1865 ankündigt, ist angenommen und wird im Kaiserreiche in gewöhnlicher Form publizirt werden. .
Art. 2. Der voreriwähnte Theil genannter Encyklica ist angenommen ohne irgend welche Gutheißung der darin enthaltenen Klauseln, Formeln und Ausdrücke, welche den Gesetzen des Kaiserreichs, so wie den Freiheiten Immunitäten und Grundsätzen der gallicanischen Kirche zuwiderlaufen odet auch zuwiderlaufen könnten.
Art. 3. Genanntes encyclisches Schreiben wird parte in qua lateinisp und französisch in die Register Unseres Staatsrathes eingetragen und dies Eintragung durch den General-⸗Secretair des Staatsrathes auf dem eingt tragenen Aktenstücke selbst vermerkt werden.
Art. 4. Unser Siegelbewahrer, Justiz und Kultusminister, ist mit de Ausführung dieses Dekretes beauftragt, das ins Bülletin des Lois aufge— nommen wird. J
Gegeben im Palaste der Tuilerieen, den 5. Januar 1865.
J. Baroche. Napoleon.
Von des Kaisers Histoire de César soll, wie die -France— meldet, nun der erste Band bestimmt in der ersten Hälfte det Februar und zwar gleichzeitig in Frankreich und Deutschland, aus gegeben werden. Der Band ist, wie es heißt, großtentheils archäo— logischen und geographischen Inhalts in Bezug auf den gallischen Feldzug. k Großfürst⸗Thronfolger von Rußland ist bereits am 2. in Nizza eingetroffen und wird dort den ganzen Januar verweilen. 11 Gestern sollte der geheime Rath eine Sitzung halten und Prinz Napoleon darin zum ersten Male präsidiren. Ei kam aber, wie die »France⸗ meldet, Contreordre. Heute versammel ten sich die Minister in den Tuilerieen, um in kurzer Sitzung, bi welcher der Kaiser präsidirte, Fould's Bericht über die Finanzlag des Kaiserreiches anzuhören, der nun in den nächsten Tagen ve össentlicht werden soll. Im Staatsrathe herrscht reges Leben, um dem gesetzgebenden Körper gleich bei Beginn der Session wichtih⸗ Gesetzentwürfe vorlegen zu können, so z. B. die Gefetze über di gesetzlichen Zinsfuß, über die contraintée par corps, über das Bud. get und auch über das literarische Eigenthum.
Wie der »France- aus Rom gemeldet wird, hat Herr von Sartiges im Auftrage des Herrn Drouyn de Lhuys dem päps⸗ lichen Hofe kund zu thun, daß die 80 Sätze der Encyelica vom 8. Dezember in Frankreich einen bedauerlichen Eindruck gemacht hät ten und der französischen Regierung die von ihr übernommene Auf gabe, das Papstthum mit der gegenwärtigen Gesellschaft zu ver— föhnen, sehr erschweren müßten.
ö Der Erzbischof von Cambray hat auf das Rundschreiben di Herrn Baroche an diesen ein Antwortschreiben gerichtet, das nament—⸗ lich die Unbilligkeit bervorhebt, die darin liege, den Bischösen di⸗ Veröffentlichung der ganzen Encyclica zu verbieten, während de freien Presse gestattet sei, das päpstliche Aktenstück vollständig zi publiziren. ö
Spanien. Madrid, 7. Januar. In der heutigen Sitzun der Deputirtenkammer brachte der Präsident des Ministerrath s Mar schall Narvaez einen Gesetzentwurf ein, dahin lautend, das Dekr aus dem Jahre 1861, durch welches Spanien in den Besitz de großen Territoriums von San Domingo wiedereingesetzt wird, au zubeben. — In den Motiven wird ausgeführt, daß Spanien an fänglich geglaubt habe, es sei der Wunsch der Bewohner von Do mingo, unter spanischem Schutze zu leben; der Widerstand sei jedo zu ernst geworden, um sich noch länger derartigen Illusionen hinzu geben. Der fernere Besitz würde eine Eroberung sein und Spanien Politik sei keine Eroberungspolitik. ö.
Einer Depesche aus Madrid, 7. Januar, zufolge hat die De pututirtenkammer Alegander Ca stro, den ministeriellen Kandidaten zu ihrem Präsidenten gewählt. Derselbe gehört der liberalerch . Schattirung der Moderados an.
1901
Der Correspondencia⸗ zufolge waren es in der berathenden Kriegs⸗Junta namentlich die Herren Infante Ferraz und Marschall D Donnell, welche sich für das Nichtaufgeben von San Domingo erklärten. —
Der Beginn der Adreß ⸗Debatte im Senat war auf den heuti⸗ gen Tag anberaumt und man durfte sich der Erwartung hingeben, daß das Ministerinm diese Gelegenheit dazu benutzen werde, sic un⸗ umwunden über die von ihm in dem spanisch⸗ per uanischen Konflikte beabsichtigte Politit auszusprechen. Die Fassung der auf diesen Gegenstand bezüglichen Stelle in der Thronrede ließ das um so wünschenswerther erscheinen. Statt dessen haben Narvaez und seine Kollegen den Adreß⸗Ausschuß des Senates gebeten, die perua— nische Frage in dem Adreß-Entwurfe gar nicht zu erwähnen, und der Ausschuß hat sich beeilt, diesem Wunsche nachzukommen.
El Pueblo schreibt: Herr Pareja ist am 24. November in Panama angelangt. Er wollte am 25. von dort nach den Chin⸗ chas-Inseln abgehen, wo er am 30. November eingetroffen sein wird,
um den Befehl über das spanische Geschwader zu übernehmen.«
Portugal. Lissabon, 2. Januar. Der Kön ig hat heute die Cortes eröffnet. In seiner Thronrede sagte er, das Budget werde kein Defizit aufweisen und es würden Gesetzorlagen in Be⸗ zug auf den Handel, namentlich auf den Weinhandel, sowie in Be— zug auf die Zölle vor die Cortes gebracht werden. Man hofft hier, daß es dem portugiesischen Gesandten in London gelingen werde, die Zwistigkeiten zwischen England und Brasilien auf freundschaft⸗ lichem Wege zu schlichten.
Griechenland. Athen, 31. Dezember, Die Ernennung des Grafen Sponneck zum dänischen Gesandten soll sich nicht bestä⸗ tigen. Das Ministerium wollte wegen der Ernennung des Generals Kalergis zum Oberststallmeister seine Entlassung nehmen, bleibt jedoch. Die Ankunft Kalergis bleibt auf längere Zeit verschoben.
Türkei. Konstantinopel, 31. Dezember. Aus Tiflis wird gemeldet, General Lodomikoff sei zum General-Gouverneur des Khanates von Khokan ernannt. .
Aus Bucharest vom 6. Januar wird telegraphirt, daß die von der europäischen Konferenz eingesetzte Kommission zur Prüfung der Rechtstitel in der rumänischen Klostergüter -⸗Frage sich auf zwei Mo⸗ nate vertagt hat, um der Regierung des Fürsten Kusa, die ihre An⸗ sprüche bereits geltend gemacht, Zeit zu geben, ihre Dokumente zu vervollständigen. ‚.
Der amtliche »Monitorul⸗= veröffentlicht das neue Po st und Telegraphengesetz. Nach demselben behält sich der Staat das Monopol für die Posten und Telegraphen in beiden Fürstenthümern vor. — Am vergangenen Sonn- tag empfing der Fürst Cusa die Mitglieder der Deputirten⸗ kamm er. Dieselben sprachen dem Fürsten im Namen ihrer Wähler ihren Dank für die seit dem 2. Mai erlassenen Gesetze und die dadurch geschaffene neue Lage aller Verhältnisse aus und gaben gleichzeitig die Erklärung, daß sie bereit seien, auch in der Kammer ihre Erkenntlich= keit und Ergebenheit gegen den Landesfürsten öffentlich im Namen des Landes auszuͤsprechen. Fürst Cusa und sein Premier: Minister haben somit allen Grund, mit den Wahlen und der Haltung der neuen Deputirten zufrieden zu sein. Auch der Senat wird dem
Fürsten Cusa in der Adresse auf die Throrede am 18. Dezeniber
seinen Dank aussprechen. — Am 28. d. legte der Finanz ⸗Mi—⸗ nister der Kammer den Budgetent wurf für das Jahr 1865 vor. Nach demselben betragen die Ausgaben für das kommende Jahr 161,544,863 Piaster, die ordentlichen Einnahmen 137 352,96 Piaster, die außerordentlichen Einnahmen 25 2997719 Piaster, zu⸗ sammen 162652677 Piaster, woraus sich ein Ueberschuß von 1,107,813 Piaster ergiebt. Die ganze Staatsschuld belief sich am 1. Januar 1864 auf 28,545,758 Piaster.
Rußland und Polen. Aus Warsch au wird der »Posener Zeitung‘ unter dem 4. d. Mts, mitgetheilt: Der Kaiser hat dem Grafen Berg in einem eigenhändigen Schrei⸗ ben gedankt für die Umsicht und sachgemäße Energie, welche derselbe bei Anordnung und Ausführung der Klo sterauf⸗ hebung im Königreiche durchweg an Tag gelegt; auch dem General, adjutanten Baron von Korff hat der Monarch seine Zufriedenheit zu erkennen gegeben für die gute Ausführung der von der Statt⸗ halterschaft ergangenen Befehle in dieser Angelegenheit. — Für die vollständige Regulirung des Klostervermögens und Einsetzung einer Verwaltung desselben sind die nöthigen Veranlassungen bereits ge— troffen und sollen die Ueberschüsse, die etwa nach Bestreitung der Unterhaltungskosten der noch bestehenden Konvente, der Pensionen der translozirten Mönche ze. bleiben dürften, — lediglich zu Zwecken des Schul! und Kirchenwesens verwendet werden. Wie man hört, waren mehrere Stimmen dafür, die etwaigen Ueberschüsse aus dem Vermögen der aufgehobenen Klöster zu Verbesserungen der Communi⸗ cationsmittel zu verwenden; der Statthalter soll aber dergleichen Anträge verworfen und bestimmt haben, daß diese Ueberschüsse nur im Interesse dessen verwendet werden, was dem Lande vor Allem und am meisten Noth thut, — im Interesse der Volksbildung.
Der »Schles. Ztg. wird unter demselben Datum geschrieben: „Der heutige Dzicnnit. enthält einen Tagesbefehl an die Eivil— verwaltung des Königreichs, worin u. a. die schon vor einigen Mo⸗ naten erfolgte Ernennung des vormaligen Ober. Censors Dr, Wil⸗ helm Fecht (geborner Preuß) zum Schul- Inspektor hiesiger Haupt stadt und die Besetzung der Directionen von drei im Königreich er richteten Unterrichtsbezirken publizirt wird. Zu Unterrichts ˖ Direkto ren sind nämlich ernannt: der frühere Bibliothekar des Botanischen Gartens in St. Petersburg, Ernst von Berg, für den Schulbezirk Lodz, der frühere Professor an der Kaiserlichen Rechtsschule zu St. Petersburg, Wirkl. Staatsrath Po poff, zum Schuldirektor in Plotzl, und der gewesene Klassen⸗Inspektor der genannten Rechts⸗ Akademie, Zucharoff, für den Schulbezirk Lomza.
Von der polnischen Grenze wird der »Osts.- Ztg. unter dem 6. Januar geschrieben: Während die Blätter der Emigration nicht aufhören, zur Fortsetzung der revolutionairen Agitation auf⸗ zufordern, und mit Eifer daran arbeiten, das unglückliche Land in einen neuen Aufstand zu stürzen, erheben die publicistischen Organe aller Parteien im Lande immer lauter ihre warnende Stimme gegen alle revolutionairen Regungen und weisen einstimmig die Nation auf die Nothwendigkeit hin, sich ungestört der friedlichen Arbeit hin⸗ zugeben und alle ihre Kräfte zur Hebung der Industrie und des Handels zu vereinigen, in der sie das einzige Rettungsmittel der moralisch und ma⸗ teriell immer mehr herunterkommenden Nation erblicken. Der Lemberger »Dziennik literacki« (Literatur-Zeitung) brachte unlängst einen diesen Gegenstand behandelnden, durch mehrere Nummern sich hinziehen den Artikel, »die Polen und die Indianer« überschrieben, der, ungeachtet er den Polen bittere Wahrheiten sagte, die Runde durch alle polni- schen Blätter machte. Der Verfasser prophezeiht seinen Landsleuten das Schicksal der dem Andrange der höheren Civilisation immer mehr erliegenden Rothhäute in Amerika, wenn sie sich nicht der produktiven Arbeit hingeben und nicht alle ihre Kräfte anstrengen, um dem immer mächtigeren Andrange der weit überlegenen deutschen Kultur Widerstand zu leisten. Vor allem dringt er auf eine radi⸗ kale Aenderung der in der Literatur sich kundgebenden Geistesrichtung und des Erziehungswesens.
»Unser ganzes Geistesleben — schreibt der Verfasser — ist ausschließlich zwei Richtungen zugewendet: einerseits der Archäologie und Geschichte, an⸗ dererseits der Poesie und dem Roman. Eine so einseitige Erziehung der ganzen Nation kann unserer Gesellschaft nur nachtheilig sein. Mit der Ver⸗ gangenheit und Zukunft beschäftigt, übersehen wir die realen Bedürfnisse und Mängel der Gegenwart. In allen unseren Handlungen ist viel Phan tasie und wenig Verstand. Industrie und Handel liegen fast brach, und sogar auf geistigem Gebiet fehlt es uns an Fachschriftstellern. In jedem Punkte sind unsere Nachbarn uns überlegen und ihre Huͤlfe kön nen wir nicht entbehren. Der Unterricht, den wir empfan⸗ gen, bezweckt mehr, uns das Leben zu verschönern, als dem Lande reellen Rutzen zu bringen. Während wir daber dem Vergnügen leben, führen Fremde bei uns die Wirthschaft und die polnischen Güter gehen allmälig in die Hände der fremden Ankömmlinge über. Die Civilisation hat eine Menge künstlicher Bedürfnisse geschaffen; diese Bedürfnisse haben wir uns angecignet und haben dadurch, der Nationalausgabe neue Abzugskanäle er= öffnet. Keine einzige der auswärtigen Industrieen haben wir uns anzueignen vermocht, selbst solche nicht einmal, die wir keinen Augenblick entbehren kön nen. Auf dem Felde der Industrie und des Handels sind wir Lehnsträger der Nachbarvölker geworden. Diesem Lehnsverhältniß müssen wir vor Allem ein Ende machen. Auf dem Gebiete der Civilisation sind wir wahre Drohnen: wir gebrauchen alle ihre Erzeugnisse, aber wir ver mehren diese Erzeugnisse nicht; was Wunder, daß uns das Schicksal der Drohnen droht, d. 5. die Vertreibung durch die emsigen und fleißigen Bienen? Die Logik der Thatsachen muß, selbst ohne böͤsen Willen der Nachbaren, nothwendig dahin führen. Vor diesem Aeußersten kann uns nur eine Re⸗ form unserer Erziehung bewahren. Der größte Theil der polnischen Jugend, besonders der reicheren Stände, erhält eine Erziehung, als ob die Bestim⸗ mung des Menschen Müßiggang wäre. Gegen die produktive Arbeit haben wir, wenn auch nicht Verachtung, so doch Geringschätzung. Wenn Fürst Windischgrätz als Menschen erst den Baron betrachtete, so erkennen wir als Menschen erst den, der nicht zu arbeiten braucht. Die altadligen Begriffe beherrschen sogar diejenigen Bürger= und Bauernsöhne, welche im Geiste der rein polnischen Civilisation erzogen sind. Kurz, wie früher, lastet auch heute noch der Fluch auf der Arbeit...“
Dänemark. Kopenhagen, 5. Januar. In der heutigen Sitzung des Landsthings sprach sich der Finanzminister über den Ver—⸗ fassungsentwurf folgendermaßen aus:
Man habe sich an das historisch Gegebene so viel wie möglich anschießen wollen. Diskussionen über eine neue Thronfolge nach event. Aussterben der glücksburgischen Dynastie, könnten nur schaden. Eine jährliche Session sei nicht nöthig; ein kleiner Staat müsse sich mit einer zweijährigen begnü⸗ gen können. Time is money), viel kostbare Zeit werde gespart, auch aus
moralischen Gründen seien Jährliche Sessionen schädlich. Die Zusammen. setzung des Landsthings müsse die Regierung festhalten, so wie der Entwurf sie vorschlage. Stehe vielleicht 200 Thlr. jährliche Steuer nicht im ganz richti · gen Verhältniß zu 2000 Thaler Einnahme, so stehe doch 12060 Thaler, wie in der November . Verfassung, auch nicht im richtigen Ver hältniß dazu. Die Landsthings“ Wähler müßten in einer von Volksströmungen unabhängigen Lage sein, darauf komme es an. Dem Folkething könne die Regierung den entscheidenden Einfluß auf das Finanzgesetz nicht einräumen. Es würde dies verderblich sein. Der Punkt in Betreff des Inkraftbleibens des Budgets, wenn der König Zusätze den
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