1865 / 54 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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hatten geflaggt. Abends erschienen Ihre Königlichen Hoheiten im Theater, bals nach Beginn der Vorstellung von »Königin Margot von Adami. Das Publikum erhob sich, applaudirend. Ihre König lichen Hoheiten blieben bis zu Ende der Vorstellung.

Nordhausen, 28. Februar. Der Königliche Staatsanwalt und Justitiar der Bank ⸗Kommandite hierselbst, Herr Carl Colligs, meldet der ⸗-Magdeb. Corresp.« ist heute früh nach 3 Uhr einem zweiten Schlaganfalle erlegen. Es folgt ihm der allgemeine Ruf eines tüchtigen Beamten von biederer Gesinnung und eines liebe— vollen Gatten und Vaters.

Schleswig⸗Holstein. Auf Anordnung der obersten Civil— behörde, wird der »Flensb. Nord. Ztg.“ aus Nordschleswig unter dem 26. Februar geschrieben, ist von der Haderslebener Kirchen⸗ probstei Ende des vorigen Jahres ein Eirculair an die ihr unter— gebenen Prediger in Betreff des SchulWwesens oder vielmehr der in Gebrauch befindlichen dänischen Schulbücher erlassen worden. Soweit diese geschichtlichen oder geographischen Inhalts waren, konn= ten sie, abgesehen von ihrer extremen eiderdänischen Tendenz, wegen der durch den Friedensschluß veränderten politischen Stellung Schles— wigs als passende Hülssmittel für den Volksschulunterricht nicht mehr angesehen werden. Ein bedeutender Theil derselben ist deshalb verboten worden. Von den Lesebüchern sollen die meisten abgeschafft werden, und es soll an ihre Stelle ein neues, mit Hülfe sachkundiger Män— ner herauszugebendes Lesebuch treten, welches in den unteren Ele— mentarklassen auch beim Geschichtsunterricht gebraucht werden kann. Eine Anzahl namentlich angeführter Anleitungen zum Unterrichte in der Geographie und sogenannten Vaterlandsgeschichte, Gedicht⸗ sammlungen und Landkarten sollten nach dem Circulair sogleich aus den Schulen entfernt werden. Der Rechen⸗ unterricht wird künftig nach den neuerschienenen Lehrbüchern mit Courantberechnung stattfinden. Die Prediger haben einen de— taillirten Bericht über alle literarischen Hülfsmittel der Schulen ein zusenden, einschließlich der in den Schulbibliotheken vorhandenen Schriften. Diese durchaus gerechte und natürliche Anordnung hat in der nationalen Presse Dänemarks eine wahrhaft komische Auf— regung und Entrüstung hervorgerufen. Man ist sich darüber einig, daß dadurch ein deutlicher Beweis gegeben sei, wie in Schleswig alles Dänische vernichtet und ausgerottet wer— den solle, daß ferner der dänischen Nationalehre dadurch aufs Neue ein frecher Schlag ins Angesicht versetzt worden sei, daß endlich die unglückliche schleswigsche Jugend nun mit giftigen, auf— rührerischen Schriften verführt werden solle. Den dänischen Natio— nalen mag es freilich ein empfindlicher Gedanke sein, daß der Bau, welchen sie mit so vieler Mühe, Kosten und Gefahren in Nord— schleswig aufgeführt haben, jetzt immer mehr in seinen Fundamenten angegriffen wird. Die Zeit Ehristian's VIII. ist vorüber, wo eine schwaͤche und schwankende Regierung dem Treiben der dänischen Pro— paganda verstohlen zulächelte. Die nordschleswigsche Jugend soll jetzt nicht mehr auf den Eiderdanismus dressirt werden, um das aller— dings niemals erreichte Ideal von »Sonderjylland« womöglich ver— wirklichen helsen. Sogar von einem dänischen Standpunkt aus würde es früher gebilligt worden sein, wenn dem unlauteren Partei- wesen, das sich seit den dreißiger Jahren mit dem nordschleswigschen Volksschulunterricht in Verbindung gesetzt hatte, gewehrt worden wäre. Jetzt erfordern die neuen Verhältnisse natürlich noch besondere Anordnungen. Es sind, wie die dänischen Fanatiker sehr richtig er— rathen haben, in der That die »aufrührerischen« Lehren, welchen nun

2 ; 9. N 229627 . 8 8 . * * 7 21 11 222 im Schulunterricht ein Platz angewiesen werden soll, und es darf Jahrbüchern der Vereinigten Staaten bei ihnen als Gesandter akkre—

diesen Lehren ein um so besserer Erfolg prophezeit werden, als von

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Gesetzes ausgesprochen; in der That ist wohl nichts Anderes zu thun will man nicht neue Verzögerungen im Ausbau der Bahn herbei. führen, die, gemäß Vertrag mit Belgien, das Großherzogthum u Ansang 1866 zu liefern sich verpflichtet hat. (Köln. Ztg.)

BGesterreich. Wien, 1. März. Die Wiener Zeitung. bemerkt in Bezug auf die telegraphifch gemeldete Nachricht von der Errichtung eines Uebungs Lagers bei Bruck:

Der »Kamerada« brachte in seiner letzten Nummer einen Korrespondenm— Artikel aus Wien, nach welchem in diesem Jahre bei Bruck an der Leith ein Uebungslager von im Ganzen fünfzigtausend Mann bezogen werden soll. Wir sind nach eingezogener Erkundigung bei maßgebender Stelle in die Lage gesetzt, diese Nachricht des »Kamerad« auf ihr richtiges Maß zu. rückzuführen; es werden nämlich allerdings die Truppenübun. gen, welche alljährlich in einer anderen Provinz stattfinden, diesen Herbst auf Ungarn und Nieder Oesterreich treffen, doch werden sie die Ausdehnung früherer Jahre im Ganzen nicht übersteigen. Definitive Anordnungen über den Ort, wo das Lager abgehal. ten werden wird, wie über das Lagerkommando, Stärke der Truppen zc, sind bis jetzt noch nicht erlassen worden und müssen daher die vom yRa⸗ merada erwähnten Details als bloße Vermuthungen bezeichnet werden.

Dasselbe Blatt berichtet: »Aus den eingetroffenen Kronlands« blättern ist zu ersehen, daß der Jahrestag der von Sr. Majestät dem Kaiser Allergnädigst verliehenen Versfassung in den Landeshaupt. städten würdig begangen worden ist.«

Die heutige »Abendpost« meldet die Aufhebung der Interni— rungsmaßregeln, welche über die am polnischen Aufstande Bethei— ligten verhängt waren. Die Mehrzahl der internirten Polen haben die österreichische Grenze bereits überschritten. Auch die Internirung Langiewicz' ist aufgehoben.

Großbritannien und Irland. London, 28. Februar. Es ist jetzt entschieden, wie bereits telegraphisch gemeldet wurde, daß Lord Lyons nicht wieder als Gesandter nach Wasphington geht, wie daß Sir F. Bruce, der gegenwärtig den Gesandtschaftsposten

in China bekleidet, augenblicklich aber in England verweilt, sein

einer Beeinträchtigung der dänischen Sprache selbstverständlich nicht

die Rede ist.

Bekanntlich sind die Zinsen für alle dänische Staats-Obligatio nen, deren Zahlung auf die schleswig⸗holsteinischen Staatskassen an gewiesen waren, insoweit sie nicht auf Namen diesseitiger Staats—⸗ angehöriger lauten und bereits bezahlt sind, seit Anfang 1864 rück— ständig. Sicherem Vernehmen nach, wird der »Kieler Ztg.“ ge— meldet, steht aber jetzt im Laufe des Märzmonats sicher eine Zah— lung aller bei den diesseitigen Kassen rückständigen Zinsen zu gewär— tigen. Die anderen aus einer Zeit vor Vertreibung der Dänen fälligen Zinsen bleiben dagegen auf die dänischen Kassen angewiesen. Das Vorgesagte bezieht sich gleichfalls auf die sogenannten Augusten— burger Domanial-⸗Obligationen, deren Coupons pro Dezember 1863 unbezahlt bleiben, die späteren aber bei der Kämmerei in Altona eingelöst werden.

Luxemburg, 27. Februar. Die Kammer ist auf nächsten Donnerstag, 2. März, zu einer außerordentlichen Session zusammen⸗ berufen, und es liegt ihr ein Gesetzantrag vor, demgemäß die Eisen⸗

bahn⸗Bauunternehmer Gebr. Waring sich an Stelle des Wilhelm⸗

Luzemburg verbinden, die Bahn auf Spa zu für den 1. Dezember 1865 auszubauen, jedoch unter der Bedingung, daß das vom Staate an Wilhelm⸗Luzemburg noch zu zahlende Subsidium (1,400,000 Fr) direkt an die Gebr. Waring gezahlt werde, und daß der Staat die Letzteren noch zu dem Betrage von 750 000 Fr. schadlos halte, wenn etwa die Kasse der Gesellschaft ihren Verpflichtungen nachzukommen nicht im Stande wäre. Der Staatsrath hat sich für Annahme des

Nachfolger wird. Ueber die Ernennung des letzteren schreibt die »Times«: »Es ist kein Grund vorhanden, daran zu zweifeln, daß die Regierung, indem sie diese Wahl iraf, die zu dem Amte noth— wendigen Eigenschaften reichlich erwogen hat. Sir F. Bruce hat sich durch die Leitung unserer lästigen Unterhandlungen mit dem Hose von Peking sehr ausgezeichnet, und obgleich er es in Wasphing— ton mit Leuten ganz anderen Schlages zu thun haben wird, so läßt sich doch von einem Manne, der sich an einem Orte als ener— gisch, scharfsinnig und erfolgreich bewiesen hat, annehmen, daß er das Gleiche auch anderwärts thun wird. Wenn auch Sir F. Bruce neuerdings keinen mit seinem neuen Amte in Zusammenhang stehenden Posten bekleidet hat, so ist er doch kein völliger Neuling in amerikanischen Angelegenheiten. Zuerst ward er als Attachs bei Lord Afhburton's besonderer Mission nach Washington im Jahre 1942 zur Zeit der Verhandlungen über den bekannten Ashburton-Vertrag beschäftigt. Später war er ein Jahr lang Vice -Gouvperneur von Newfoundland und von 1847 bis 1851 nahm er verschiedene Stellen in Süd Amerika ein. Vier Jahre nachher ging er mit seinem Bruder, Lord Elgin, nach China und war seitdem fortwährend in jenem Lande angestellt. Durch ein glückliches Zusammentreffen wird er gerade um die Zeit in Amerika ankommen, wo Herr Lincoln zum zweiten Male sein Amt antritt. Es wird vielleicht eine glückliche Vorbedeutung sein, daß ein neuer Gesandter auf solche Weise bei Beginn dieser neuen Periode in den

ditirt wird.

In der gestrigen Oberhaussitzung überreichte Lord Taunton Petitionen aus Melbourne und andern Orten der Kolonie Victoria, in wel, chen um sofortige Abschaffung der Deportatien nach Australien gebeten wird. Die Petitionen, sagte er, seien Ausdruck der in allen Klassen der Bevölke- rung jener Kolonie herrschenden Stimmung, und diese Stimmung sei weit verbreitet und tief eingewurzelt. Lord Granville entgegnete, seines Er— achtens könne es zu nichts Gutem führen, wenn die in dieser Frage schon so häufig geltend gemachten Argumente jetzt von Neuem wieder vorgebracht würden. Die Regierung habe das Deportations - System aufgegeben, und sobald in England für die nothwendige Vermehrung der Gefängnisse Sorge getragen worden sei, würden keine Sträflinge mehr nach Australien ge— schickt werden.

In der Unterhaussitzung fragte gestern Sir H. Verney, ob fol— gende, in einigen englischen Zeitungen veröffentlichte und in gewissen aus⸗ ländischen Zeitungen besprochene Stelle einer angeblichen auf Schleswig ˖ Hol⸗ stein bezüglichen Depesche Earl Russell's vom 27. Januar echt sei: »Sollte Desterreich Preußen gestatten, nach Belieben über die Herzogthümer zu ver— fügen, so würden ernsthafte Verwickelungen in Europa entstehen, und die Verantwortlichkeit für dieselben würde natürlich auf Oesterreich fallen. Zu— dem kann das Geschick der Herzogthümer in rechtlicher Weise nur durch den Bund entschieden werden, und die Macht, welche sich die Verfügung über dieselben anmaßte, würde eine höchst willkürliche Handlung verüben.“ Der Unter— Staatsseeretair des Auswärtigen, Herr Layard, erwiderte, er sei seinem

geehrten Freunde sehr dafür verbunden, daß er ihm die Gelegenheit biete,

zu erklären, daß die angebliche Depesche eine reine Erfindung sei. Keine solche oder ihr auch nur entfernt ähnliche Depesche sei geschrieben worden. Die am Freitag vertagte Debatte über Irland, speziell über die von Hen— ne ssy beantragte Resolution: »Das Haus bemerkt mit Bedauern die Ab—= nahme der Bevölkerung Irlands und wird Ihrer Majestät Regierung bereitwillig

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bei jeder zweckmäßigen Maßregel, welche darauf abzielt, die ersprießliche Be⸗ schäftigung des Volkes zu fördern, unterstützen«, wurde dutch Roe bu ck wieder aufgenommen. Derselbe sagt, die Resolution enthalte eine Klage gegen die englische Regierung und verlange, daß etwas für Irland gethan werde. Wenn er diese Redensart höre, so einpfinde er schon ein Grauen. Bis zum Jahre 1829, das räume er ein, sei England allerdings eine grausame Stief Mutter für Irland gewesen. Von da an aber habe es sehr viel für Irland gethan. Das Parlament habe sich nach Kräften bestrebt, Irland gerecht zu werden, und dieses werde jetzt ganz eben so gut regiert und sei eben so leicht besteuert, wie irgend ein anderes der drei Königreiche. Die Leiden Irlands hätten ihren Ursprung darin, daß es durch inneren Hader zerrissen sei. Lowe fragt, ob man, wenn es wahr sei, daß das irische Volk sich in Ar— muth und Noth befinde, Grund habe, darüber zu klagen, daß. ein Theil desselben die Gelegenheit benutze, dem Elend zu entrinnen. Er seines Theils betrachte die Auswanderung als einen gewaltigen Segen für die Auswan— dernden sowohl, wie für die Zurückbleibenden. Sir G. Grey hoffte, das irische Volk werde für allgemein beklagte Uebel keine Abhülfe vom Parlament oder der Regierung erwarten, sondern dieselbe in der eigenen Kraft und den eigenen Anstrengnngen suchen. Sir S. Northeote be— kämpft den von Lowe aufgestellten Satz, daß die Auswanderung aus Irland als eine Wohlthat zu betrachten sei. Man möge bedenken, daß die Fraft des Landes durch die englische Gesetzgebung gelähmt worden sei, und das Parlament habe die Pflicht, an diese Frage mit zarter Rücksichtnahme für Irland heranzutreten und zu zeigen, daß es wünsche, die Uebel, unter denen das Land leide, so viel wie möglich zu bewältigen. Lord Palmerston bemerkt, die Abnahme der Bevölkerung Irlands sei in abstracto allerdings ein Uebel. Vor einigen Jahren aber habe man gerade über das Gegentheil, namlich über eine zu starke Bevölkerung geklagt. Die menschliche Gesetz⸗ gebung könne gegen Naturgesetze nicht aufkommen und vermöge nicht, die Arbeiferbevölkerung in einem Lande festzuhalten, wenn ihr in einem anderen höherer Tagelohn geboten werde. Der einzige hinreichend staͤrke Beweggrund zum Bleiben würde der Zufluß von Kapital sein. Und wodurch werde dieset verhindert? Durch die Vorstellung, daß in Irland weniger Sicher heit herrsche, als in England. Was den zweiten Theil der Resolution be— freffe, so glaube er, daß das Parlament gegen die Bewilligung von Staatsgeldern zu dem betreffenden Zwecke sei. Wenn hingegen ein Antrag auf Wiederernennung des vorjährigen Ausschusses gestellt werde, so werde sich die Regierung demselben durchaus nicht widersetzen. Nachdem Lord J. Manners sich im Sinne der letzteren Aeußerung des Premiers ausge- sprochen hat, wird die Resolution Hennessy's mit 107 gegen 31 Stim— men verworfen. ;

Italien. Da mehrere Vorstände der Mittelschulen, welche den Seminarien beigefügt sind, sich geweigert haben, die gesetzlich vorgeschriebene Inspection zuzulassen und die verlangten Berichte zu erstatten, so hat die Regierung die Seminarien schließen lassen; zu— gleich bereitet sie eine allgemeine Maßregel vor, um das Unterrichts⸗ wesen den Händen, welche daraus ein Feld des Kampfes und der Zwietracht machen, zu entziehen. .

Der »Patrie‘ wird aus Neapel, 24. Februar, geschrieben, daß am 23. d. 63 Individuen verhaftet worden sind. Zehn der⸗ selben werden den Gerichten überliefert werden.

Rußland und Polen. Von der polnischen Grenze, 28. Februar. Ungeachtet des Beschlusses des schweizerischen Bundes— raths, berichtet die »Osts. Ztg.“, daß den Emigranten mit Ende März resp. Mai d. J. jede Unterstützung seitens der Regierung ent— zogen werden soll, mehrt sich die Zahl der polnischen Emigranten in der Schweiz mit jedem Tage. Diejenigen der aus den öster⸗ reichischen Festungen entlassenen Polen, denen wegen Mangels an Existenzmitteln der Eintritt in die Schweiz versagt ist, scheinen neuer— dings fich der Türkei zuwenden zu wollen. Wiener Blätter melden, daß die seit einigen Tagen in Wien eintreffenden Transporte auf den ausdrücklichen Wunsch der ehemaligen Internirten über Triest an die türkische Grenze befördert werden. Die österreichische Re⸗ gierung hat neuerdings Schritte gethan, den eidgenössischen Bundesrath zu veranlassen, seinen Einfluß dabin aufzubieten, daß die weniger kompromittirten polnischen Emigranten bei der russischen Gesandtschaft die Erlaubniß zur straflosen Rückkehr in die Heimath nachsuchen. Doch ist von den dahin gerichteten etwaigen Bemühungen des Bundesraths kaum ein Ersolg zu erwarten, da die Blätter der polnischen Emigration sich entschieden gegen jede Annahme einer russischen Amnestie aussprechen und sogar die den wohlhabenden Ständen angehörigen jungen Leute im Lande zu veranlassen suchen, sich der bevorstehenden Militair⸗Aushebung durch die Flucht ins Ausland zu entziehen. Die Gemeinde⸗Woyts in Polen haben das Recht, Jeden, der irgendwie ihren Verdacht erregt, zu arretiren und an die Militairbehörde abzuliefern. Die Ver⸗ haftungen wegen früher geleisteter Nationalsteuer nehmen im König⸗ reich Polen noch immer kein Ende. Neuerdings sind aus dem an⸗ geführten Grunde wieder mehrere Gutsbesitzer in den Kreisen Kalisch, Lanczye und Rawa verhaftet und auf die Warschauer Citadelle ab⸗

geführt worden.

Amerika. Nach hier eingetroffenen Berichten aus Rew⸗ Jork vom 18. v. M. hat Sherman Branchville nach dreitägiger Schlacht genommen, während von südstaatlicher Seite behauptet wird, daß Branchville ohne Schwertstreich geräumt worden sei. Der Vortrab Sherman's ist auf dem südlichen Ufer des Congaree in der Nähe von Columbia angelangt, während die Konföderirten sich auf dem nördlichen Ufer befanden. Es stand eine Schlacht bevor.

Der Senat ist zu einer außerordentlichen Sitzung zum 4. März

nach Washington berufen worden.

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Dem Hause der Repräsentanten sind Friedens ⸗Resolu⸗ tionen vorgelegt, aber mit 73 gegen 43 Stimmen verworfen wor— den. Sie verlangten, daß der Praͤsident alle Mittel anwende, um die Wiederherstellung der Union auf der Basis der Constitution und unter Garantirung aller Rechte der Südstaaten (d. h. der Sklaverei) zu Wege zu bringen. Minnesota, Kansas und Indiana haben das Amendement zur Verfassung ratifizirt, so daß bis jetzt sechszehn Staaten sich für die Abschaffung der Sklaverei ausge⸗ sprochen haben. Der Kongreß hat die Herabsetzung der Papier Steuer auf 15 Cents beschlossen.

Der „Panama Star and Herald schreibt: Zwischen den Ver— einigten Staaten und der Republik Hayti ist, wie wir verneh— men, ein Handels., Schifffahrts- und Auslieferungsvertrag ab- geschlossen worden. Der Vertrag ist vom 3. November datirt und die Ratifizirung soll vor dem 3. Mai stattfinden. Das Faktum hat seine Bedeutsamkeit, indem es die Beziehungen erkennen läßt, in welche sich die Vereinigten Staaten mit ihrer neueren Politik zu Hayti stellen wollen, zumal wenn wir im Kontraste hierzu die bis= her von Seiten Spaniens gegen St. Domingo versuchte Politik ins Auge fassen.

Der Pariser »Moniteur« meldet, daß ein Franzose, Carpentier, der in Chili wohnt, der Argentina den Plan vorgelegt hat, eine für Fuhrwerke eingerichtete Straße über den Cordilleren⸗ paß von Tino zu bauen. Dieser Unternehmer will den Straßen bau, den er nur zu 200,000 Duros veranschlagt, in drei Jahren auf seine Kosten vollenden, wenn ihm auf zwanzig Jahre die Er— hebung eines Weggeldes für Fuhrwerke und Thiere zugesichert wird. Die argentinische Regierung hat durch Dekret dieses Verlangen bewilligt und das Unternehmen ist gesichert. Gegenwärtig ist der Tinopaß im Winter nur zu Fuß, im Sommer nur zu Pferde oder Maulthier zu passiren. Ist die Straße fertig, so reist man von Valparaiso nach San Jago auf der Eisenbahn in fünf Stunden und geht am anderen Morgen mit derselben bis San Fer⸗ nando; hier besteigt man die Diligence und gelangt noch an dem— selben Tage an den Fuß der Cordilleren, über die am folgenden Tage die Fahrt vollendet wird, so daß man in 72 Stunden Mendoza er⸗ reicht, wo ein wöchentlicher Post⸗Diligencendienst eingerichtet ist, mit dem man in zwölf Tagen nach Rosario gelangt. Diese Fahrt läßt sich in acht Tagen machen, und wenn die Bahn von Cordova, die jetzt im Bau begriffen ist, fertig ist, wird die Reise in noch kürzerer Zeit zu machen sein. Die ganze Ueberlandfahrt von Valparaiso bis Buenos-Ayres wird in drei Jahren in achtzehn Tagen, in vierzehn, wenn auch der Diligencendienst verbessert wird und in zwölf, wenn die Bahn von Cordova sertig ist, gemacht werden können.

Telegraphische Depeschen aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Büreau.

Haag, Donnerstag, 2. März, Morgens. Die Königin Mutter Anna Paulow na ist gestern Abend 43 Uhr im Beisein der gan— zen Königlichen Familie verschieden.

Gewerhe⸗ und Handelsnachrichten.

Posen, 27. Februar. Das bisherige Comité unter Vorsitz des Land- raths Wocke in Posen, welches den Bau der Eisenbahn Posen-Thorn mit der Abzweigung von Kostrzyn nach Slupca in der Richtung auf Warschau zu fördern unternommen hatte, hat, wie der »Bromb. Patr. Ztg. gemeldet wird, auf die Rachricht, daß die Direction der Oberschlesischen Gesellschaft das Bahnprojekt Posen-Thorn Bromberg wieder aufgenommen, sich aufge— löst oder vielmehr sich umgestaltet. Dem nunmehrigen neuen Comits ge— hören mehrere hiesige Bürger, namentlich die Herren Tschuschke und B. Jaffe, außerdem mehrere Gutsbesitzer an. Der Oberschlesischen Gesellschaft den Bau nach Thorn überlassend, will das Comité für eine Bahn von Posen nach Schwersenz, Kostrzyn, Wreschen nach Slupca und für deren Weiter führung in möglichst gerader Linie auf Warschau thätig sein. In dieser Hinsicht kommen W Linien in Betracht: 1) von Slupea über Konin nach Kutno zum Anschluß an die Thorn Warschauer Bahn; 2) von Slupca über Konin nach Lodz, zum Anschluß an die Warschau-Wiener Bahn. Die Rentabilität einer solchen Bahn ist nicht zweifelhaft, sobald die russische Regierung das unglückliche Prohibitiv - System aufgiebt, das ihr so viele Feinde und Gegner erweckt und obenein die Finanzen des großen Reichs

mehr und mehr in Verwirrung bringt und seine Schuldenlast vermehrt.

In der Sitzung des Gesammt - Comités für die erste Sächsisch : Thüringische Gewerbe und Industrie⸗Ausstellung zu Merse⸗ burg am 24. v. M. berichtet der Magdeburger Corresp.« fand es lebhafte Anerkennung, daß der regierende Graf von Stolberg -Roßla einen Beitrag von 50 Thlr, der regierende Graf von Stolberg ⸗Wernige— rode einen solchen von 200 Thlr. eingeschickt hat. Es wurde ferner mit getheilt, daß sich Lokal Comités in Arnstadt, Aschersleben, Calbe, Koburg, Eisenach, Gardelegen, Gräfenthal, Halberstadt, Loburg, Neuhaldensleben,

Oschersleben, Osterburg, Salzungen, Schaafstädt, Schmalkalden, Sten. dal, Wanzleben und Wernigerode gebildet haben. Gegenwärtig ist

der Organisationsplan und die Geschäftsordnung für die am Orte gebildeten Comité s und Kommissionen so weit vorgerückt, daß mit dem Drucke vor— gegangen werden kann. Es wurde beschlossen, der Frage, ob eine Verloo— fung von Ausstellungsgegenständen ins Werk zu richten sei, näber zu treten,

zunächst erhielt der Vorstand den Auftrag, sich über diese Frage mit den

kompetenten Behörden in Communication zu setzen und sich zu vergewissern, ob überhaupt und unter welchen Bedingungen die höhere Genehmigung

ertheilt werden wird.