1866 / 46 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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gestellten Gesuche, ihren Gütern resp. Ortschaften entweder die ur⸗ sprünglichen, im Laufe der dreihundertjährigen polnischen Herrschaft über Wesspreußen (bekanntlich von 1466 bis 1772) verloren gegan⸗ genen, deut schen Benennungen wieder beilegen, oder, wo selbige mit Sicherheit nicht mehr zu ermitteln, die gegenwärtigen polnischen Ortsnamen mit passenden deutschen vertauschen zu dürfen. So ist im Kreise Löbau neuerdings dem Ritter⸗ gute Mieczynek die ursprüngliche Benennung »Petersdorf⸗, dem Fute Wieczniewo die ursprüngliche Bezeichnung »Kirschenau« und dem Bauerndorfe Szezepankowo die frühere Benennung „Stephansdorf⸗ auf Antrag der Besitzer und der Gemeinde ˖ Vorsteher von der Königlichen Regierung zu Mariemperder, als der dazu be⸗ rechtigten Behörde, wieder beigelegt worden. Ferner haben in dem— selben Kreise die Ortschaften Bagno, Zacharezywo und Paceltowo an Stelle dieser polnischen Benennungen resp. Ludwigslust⸗, »Julienhof⸗ und Klein ⸗Petzelsdorf. erhalten.

Bayern. München, 20. Februar. Wie der N. E. ver⸗ nimmt, hat die Königliche Gewehrfabrik in Amherg Befehl erhal⸗ ten, mit der Anfertigung von Infanterie -⸗Gewehren nach Pode⸗ wils'schem System bis auf Weiteres einzuhalten, dafür aber eine Anzahl Gewehre mit Rückwärtsladung in Vorlage zu bringen, da— mit eingehende Proben mit denselben angestellt werden können.

Oesterreich. Wien, 21. Februar. (W. T. BJ Die am 1. Januar d. J. für die venetianischen Emigranten erlassene kaiser— . Amnestie ist auch auf die tirolischen Emigranten ausgedehnt worden.

Pesth, 21. Februar. In der heutigen Sitzung der Deputirten⸗ tafel gelangte, wie bereits telegraphisch gemeldet ist, die Generalde⸗ batte über den Adreßentwurf zum Abschluß. In der darauf folgen⸗ den Spezialdebatte wurden die ersten 14 Absätze des Adreßentwurfs unter Verwerfung der beiden zu Absatz 8 und 14 von Laßlo und Böszörményi gestellten Amendements unverändert angenommen. Dieselben lauten:

Ew. K. K. Majestät!

1) Mit huldigender Ehrfurcht sagen wir Ew. Majestät aufrichtigen Dank für jene väterlichen Worte, mit welchen Ew. Majestät den gegen . wärtigen Reichstag zu eröffnen geruhten. Es bezeugen auch diese Worte die constitutionelle Geneigtheit Ew. Majestät, über das Loos Ihrer Völker nicht blos mit eigener landesherrlicher Macht verfügen zu wollen, sond ern bei den auf die Beglückung Allerhöchstihrer Länder gerichteten erhabenen Bestrebungen auch die Völker selbst als theilnehmende Faktoren zur Mit-

wirkung zu berufen.

2 Dankbare Anerkennung zollen wir der Herrscherweisheit Ew. Majestät, welche dem seit Jahren andauernden, lähmenden Druck unserer Lage ein Ende machen will, Ew. Maßjestät haben unsern Reichstag ein- berufen, damit die Nation ihr verfassungsmäßiges Recht der Gesetzgebung wieder ausüben und im gemeinsamen Interesse des Königs und Vater⸗ landes wieder thätig sein könne. Ew. Majestät haben die alles Vertrauen ertödtende schädliche Theorie der Rechtsverwirkung entschieden verworfen, und im Gegensatz damit die pragmatische Sanktion als gemeinschaftlich anerkannte Rechtgrundlage zum Ausgangspunkt gewählt. Emo. Majestät haben uns allergnädigst dessen versichert, daß die volle Integrität der ungarischen Krone unverletzt aufrecht erhalten werden wird. So haben es Ew. Majestät möglich gemacht, daß wir frei von unseren drückendsten Besorgnissen mit ruhigerem Gemüthe und mit der Hoffnung auf einen günstigen Erfolg an die Behebung unserer schweren Uebelstände Hand anlegen können.

3) Tief fühlen wir die außergewöhnlichen Schwierigkeiten unserer wichtigen Aufgabe. Wir wissen, daß es im Leben der Nationen kritische

Zeitabschnitte giebt, welche nicht nur auf das Schicksal des einzelnen

Staatsbürgers, sondern auch auf die ganze Zukunft, ja selbst auf die Existenz der Nation endgültig entscheidenden Einfluß üben. Möglich, daß auch wir jetzt an der Schwelle eines solchen Zeitabschnittes stehen.

4) Nach jener wesentlichen Umsialtung, welche Ungarns Verfassung im Jahre 1848 erlitt, hätte die billige Äusgleichung der von einander abweichenden Interessen auch bei friedlichen Verhältnissen Schwierigkeiten bereitet. Ruhige Zeiten waren von Nöthen, um die Umstaltung zu be— festigen; im Verlaufe ruhiger Zeiten hätte man über die Lebensfähigkeit aller Theile des neuen Systems urtheilen können. Die plötzlich eingetre⸗ tenen traurigen Ereignisse jedoch haben unsere verfassungsmäßige Thätig ; keit allzu früh unterbrochen und es unmöglich gemacht, das begonnene Werk zu vollenden, die Gebrechen zu beheben und das Fehlende zu ergänzen.

5) Die Mängel eines bestehenden Gesetzes deutet das Leben an. Nur die aus dem Leben geschöpfte Erfahrung führt mit Sicherheit zu den Mitteln, welche das Uebel heilen können. Uns hat das Schicksal hierfür keine Zeit gegönnt, die friedliche Entwickelung der Umstaltung wurde gehindert, und 17 Jahre sind aus dem Verfassungsleben der Nation herausgerissen worden. Die Zeit schritt weiter, die Verhältnisse wurden verwickelter, und wir waren zur Unthätigkeit verdammt, zur Unthätigkeit gerade in dem Augenblicke, wo die verfassungsmäßige Thätigkeit am nöthigsten ge— wesen wäre. Was im Verlaufe dieser 17 Jahre stufenweise leicht zu er= gänzen und zu verbessern gewesen wäre, alles Das jetzt, besonders nach Allem, was inzwischen geschehen ist, auf ein Mal nachzuholen, wird schwerer, viel schwerer sein.

6) Doch die allerhöchste Thronrede hat viele Hindernisse behoben und uns dadurch das Vertrauen und die Hoffnung wiedergegeben, daß die Weisheit und der constitutionelle Sinn Ew. Masestät uns bei dem schweren Werke unterstützen werden. Wir werden im Gefühle unserer Bürger pflicht bemüht sein, den verfassungsmäßigen Willen des Königs und die 3 Wuͤnsche der Nation in vollem Einklang und vereint zu ver- wirklichen.

7) Indem Ew. Majestät in der Allerhöchsten Thronrede di matische Sanktien als gemeinschaftlich anerkannte 6 z. Ausgangspunkt wählten, haben Ew. Majestät die Allerhoͤchste 63 ju samkeit nicht blos auf einen Theil derselben gerichtet, sondern auch . allergnãadigst anerkannt, daß dieses Grundgesetz die staats rechtliche 9. ständigkeit und die Selbstständigkeit der öffentlichen Verwaltung Un . und seiner Nebenländer gesichert habe. Und Ew. Majestät finden u setzliche und vernunftgemäße Begrenzung der Selbstständigkeit bloß 1 »daß dieselbe pragmatische Sanktien das untheilbare und unt Beisammenbleiben der unter dem Scepter des Allerhöchsten Hertha ; ses Ew. Majestät stehenden Länder, und dadurch die Groß nh ihres Komplexes bleibend begründet babe.“ ea

8) Bei dem Abschluß der pragmatischen Sanction war seitenß ö

Monarchen der eine Hauptzweck, für den Fall des Erlöschens der min

lichen Linie auch den Nachkommen der weiblichen Linie die Thronfolge sichern, seitens der Nation aber sich für diesen Fall aus der ben g weiblichen Linie schon im Vorhinein ein neues Königshaus zu wan und derart die oft gefährlichen Bewegungen einer neuen Wahl zu meiden. Aber das Streben sowohl des Herrschers als der Nation ö zugleich dahin gerichtet, daß die nach der Ordnung der Thronfolge . einem gemeinschaftlichen Monarchen stehenden und untheilbar und ö trennbar zu besitzenden Länder und Provinzen allen äußeren und inn Feinden mit vereinter Kraft leichter und sicherer widerstehen mögen. 9 gemeinsame Sicherheit war demnach der zweite Hauptzweck der pisn tischen Sanction.

. 9) Und die Folge der Zeit hat diese Voraussicht vollkommen gintt fertigt. Denn wenn die pragmatische Sanction zu jener Zeit niht; gründet wird, wenn Ungarn dieselbe im Jahre 1723 nicht annimmt, würden jene Länder und Provinzen, welche sich seither auch bei den gih ten Gefahren in gegenseitiger Vertheidigung unter eineni Herrscher . haupten wußten, ja an Stärke und Macht zunahmen nach dem! Jahre später erfolgten Erlöschen der männlichen Linie des Hauses Hh burg wahrscheinlich unter die Herrschaft mehrerer Fürsten gerathen in längst zerfallen sein.

10 Wir also, die an allen Punkten der pragmatischen Sancht strenge festhalten, können unmöglich wollen, daß einer ihrer Hauptzwtn

die gemeinfame Sicherheit, unerreichbar sei, können unmöglich woln

daß jene Stütze, die wir im Interesse dieser Sicherheit einander nich

und von einander erwarten, aufhöre stark zu sein.

11 Doch neben den erwähnten Hauptzwecken enthält die pragm tische Sanction noch eine Grundidee, die eben so wichtig und wesentt ist und die weder übergangen, noch von jenen Hauptzwecken getrennt nn

den darf, und dies ist die an die Annahme der pragmatischen Santi

geknüpfte Bedingung, daß die staatsrechtliche Selbstständigkeit und; Selbststäͤndigkeit der öffentlichen Verwaltung Ungarns unverletzt auftt gehalten werde. Nachdem also Ew. Masestät in der Thronrede al diese wesentliche Grundidee der pragmatischen Sanction allergnädigst i erkannt haben und somit die pragmatische Sanction in ihrer ganzen Al

dehnung und in allen ihren Theilen zuhalten wollen: so nehmen aan wir ehrfurchtsvoll und mit der größten Bereitwilligkeit diese gemeinst;

lich anerkannte Rechtsgrundlage als Ausgangspunkt an und werden

allen unseren Anträgen die darin festgesetzten gegenseitigen Rechte n

Verpflichtungen fortwährend im Auge halten.

12) Nahezu anderthalb Jahrhunderte sind seit dem Abschluß

pragmatischen Sanction verstrichen, und im Laufe dieser Zeit blitb! Monarchie auch inmitten der gefährlichsten Kriege geschützt, ohne dah d halb nothwendig gewesen wäre, die Selbstständigkeit und gesetzliche Um hängigkeit Ungarns zu schmälern. Wir wissen, daß seither bedeutm Veränderungen in den Machtverhältnissen der europäischen Staaten cn getreten sind, aber selbst diese Veränderungen machen es nicht unmůͤglt daß einerseits die Sicherheit der Monarchie, andererseits unsere verfasun mäßige Selbstständigkeit neben einander besteben können. Wir sind iht zeugt: daß diese zwei Ideen mit einander nicht in Widerspruch stehen n daß es nicht nothwendig sein wird, eine der andern aufzuopfern. ln Aufgabe ist es: beide in Einklang zu bringen und beide aufrecht ju n ten.“ Denn die pragmatische Sanction ist hinsichtlich unserer fiat! lichen Verhältnisse ein feierlicher Grundvertrag, aber auch zugleich

stärkste Band, welches die unter dem Scepter Ew. Majestãt stihenr gesammten Länder durch die Person des gemeinschaftlichen heut und durch die Idee der gemeinschaftlichen Vertheidigung beisammti hält. Die pragmatische Sanction aufzulösen, oder in welchem ii

immer zu lockern, wäre daher rechtlich unstatthaft und könnte politih

fährlich werden. ;

13) Ew. Majeslät haben unserem Reichstage als erste Aufgabe Bestimmung über die Berathung und Behandlung der mit den, übij Ländern der Monarchie gemeinschaftlichen Angelegenheiten«“ zugewiestn in der allerhöchsten Throͤnrede erklärt: »daß das Vorhandensein gen schaftlicher Angelegenheiten zwar schon in der pragmatischen San begründet sei, daß jedoch die wesentlich geänderten Verhältnisse wel liche Abänderungen in der Art und Weise ihrer Behandlung indbescli darum erheische, weil Ew. Majestät auch die übrigen Länder mit ( tutionellen Rechten versehen haben, somit der constitutionelle Einfluß) selben bei Erledigung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten nicht n umgangen werden kann.«

14) Wir erkennen es an, daß es Verhältnisse gebe, welche lin

und die übrigen unter dem Scepter Ew. Majestät ,,, et sen

meinschaftlich betreffen, und unser Bestreben wird dahin geri Bezug auf die Feststellung und Art der Behandlung dieser Verhill solche Bestimmungen ins . zu rufen, welche ohne Gefährdung un verfassungsmäßigen Selbstsländigkeit und gesetzlichen Unabhängigkeit. Zwecke entsprechen werden. Demgemäß wollen wir auch ohne . zur Ausarbeitung eines auf diesen Gegenstand Bezug habenden schlages schreiten. . Von den übrigen Landtagen melden die Wiener Blätter. Lemberg, 26. Februar. Eine Zuschrift der Statthalterei wind

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lesen, der zufolge Se. Majestät die erbetene Porto-, Stempeln und Ge— bührenfreiheit für Nothstandsmaßregeln bewilligte. Das Krakauer Gemeindestatut wurde in dritter Lesung angenommen. Die juridische gommission bringt einen Gesetzentwurf ein wegen strengerer Einhaltung der Execution unentbehrlicher Gegenstände bei Mobiliarpfändungen. Der Regierungs vertreter erklärt unter Beifall, daß das Lemberger Oberlandes ; gericht wegen Ueberschuldung des Bauernstandes schon einen ähnlichen Vorschlag gemacht habe. Die Vorlage wird in zweiter und dritter Lesung unverändert angenommen. ;

Czernowitz, 29. Februar. Der Landesausschuß wird mit der Aus- arbeitung einer Adresse an Se. Majestät beauftragt, damit die Revision zer Katastralschätzungs-Operationen in der Bukowina allergnädigst an-

geordnet werde. Agram, 20 Februar. Ueber Antrag des Comes von Turopolẽa,

Josipovic, wird beschlossen, Sr. Majestät eine Repräsentation wegen SZistlrung der bereits in Kroatien und Slavonien angeordneten Rekru⸗ flrung, insolange nicht der Landtag die darauf Bezug nehmenden Bestim mungen festgesetzt haben wird, zu unterbreiten. Es wird beschlossen, den Magnaten, welche die erforderlichen Eigenschaften besitzen, Virilstimmen zu ertheilen, ferner: das Land soll künftighin 55 Vertreter, die Militairgrenze 23 Vertreter am Landtage haben. Bezüglich des §. 8, welcher den Düiätenbezug für die Vertreter bestimmt, wurde beschlossen, daß die in Agram wohnhaften Ablegaten keine Diäten und Reisekosten, die auswärts wohnenden Deputirten drei Gulden Diäten und Reisekostenentschädigung erhalten sollen.

Schweiz. Bern, 20. Februar. (Schw. M.) Sämmtliche sͤhweizerische Bischsfe protestirten bei der gestern eröffneten Bu n de s⸗ versammlung gegen den Ausschluß der Geistlichen aus dem Nationalrath.

Belgien. Brüssel, 20. Februar. (Köln. Ztg.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses hat der Minister des Innern den angekündigten Wahlreform-⸗-Entw urf eingebracht. Derselbe enthält in beiläufig 36 Artikeln folgende Hauptbestimmun⸗ gen: Zur Wahlfähigkeit für die Kammerwahlen genügt (unter Beibehaltung aller übrigen Wahlbedingungen) das Alter von 21 Jahren, während die parlamentarische Wahlmündigkeit bisher erst fach erreichtem 25sten Lebensjahre eintrat; ferner sollen dem Gatten die von seiner Frau selbst ohne Bestand der Gütergemeinschaft ein⸗ gezahlten Steuern sür den Wahlcensus mit angerechnet werden. Für die Provinzial⸗ und Gemeindewahlen sollen alle diejenigen, welche die Hälfte des gegenwärtigen Differential ⸗Census zahlen, zur Wahlurne zugelassen werden, wenn sie den dreijährigen Besuch einer Mittelschule, sei es einer öffentlichen oder einer Privatanstalt, nachweisen können. Ferner sollen das Wahlrecht empfangen dle dem Richterstande angehörigen Personen, die Geistlichen der vom Staate anerkannten Konfessionen, die Advokaten, die Aerzte, die mit einem Diplom versehenen Primär-Lehrer, sämmtliche öffentlichen Beamten, die eines Gehaltes von mindestens 1500 Franes genießen, so wie alle Privat - Angestellten mit gleichem Gehalte, die in dieser Eigen schaft zwei Jahre lang ein Patent bezahlt haben. Das Abgeord⸗ netenhaus hat heute auf den Antrag des Ministeriums beschlossen, das Kriegsbudget vor Einbringung des »Berichts über die Armee-Ocganisation« zu berathen, der in sehr weite Ferne gerückt scheint, indem der König, wie Herr Rogier mittheilte, sich zuvörderst mit den Bedürfnissen der Armee und den beabsichtigten Ersparnissen vertraut zu machen wünsche.

Großbritannien und Irland. London, 29. Februar. Uebermorgen wird, wie verlautet, eine Königliche Botschaft ans Parlament gelangen, welche die Aussteuer der mit dem Prinzen Christiag von Schleswig-Holstein verlobten Prinzessin Helena zum Gegenstande hat. Gleichzeitig wird auch die Apanage des Prinzen

Alfred zur Sprache kommen. . Der Prinz von Wales, als Präsident der Pariser allge⸗

meinen Ausstellung, führte gestern den Vorsitz bei einer diese betref⸗ fenden Kommissionssitzung, die er mit folgender Ansprache eröffnete: »Es gereicht mir zur aufrichtigen Freude, mich wieder an der Spitze dieser wichtigen Kommissionssitzung zu sehen. Seit wir im vorigen Jahre uns hier zufammen gefunden hatten, ist auf der anderen Seite des Kanals n bedeutender Fortschritt für die nächstjährige Ausstellung erzielt worden. Auf dem wohlbekannten Marsfelde wird gegenwärtig ein Gebäude errichtet, das größte, was vielleicht je gebaut worden ist, umgeben von einem großen Park, und auf der Nordseite von der Seine begrenzt, die eben so wohl wie die Parkanlagen für die Ausstellung verwerthet werden soll. Die Kaiserliche

hommission beabsichtigt, manche bisher noch nicht versuchte Dinge durchzu⸗

führen. Da durch ie jedoch das Interesse der Ausstellung erhöht werden pl werden diese Schwierigkeiten, wie ich hoffe, keine unüberwindlichen sein. Im Namen dieser Kommission und insbesondere der Ausschüsse erlaube ich mir die Bemerkung, daß wir in diesen und allen anderen Punkten gern be— reit sein werden, das Unternehmen aus allen Kräften zu unterstützen.« Das Oberhaus hat wieder eines seiner ältesten Mitglieder ver⸗ prren. Der Earl von Kinnoul, geb, im April 1766, somit in seinem 81. eh ist in Torquay nach kurzem Leiden verschieden. Er saß seit I804 im Oberhause und gehörte der konservativen Partei an. Erbe des Titels ist fein Sohn Viscount Dupplin, geb. 1827. Aus Dublin wird von gestern Abend telegraphisch gemeldet: Im Laufe des Tages sind wieder mehrere Verhaftungen vorgenom— men worden, deren Gesammtzahl sich seit Sonnabend auf 130 be⸗

laufen dürfte. Auch in Athlone wurden zahlreiche Verhaftungen vorgenommen, doch war die Stadt selber ruhig, und daß unter dem dort stehenden Militair eine Meuterei ausgebrochen sei, hat sich bis jetzt nicht bestätigt. In Tipperary war auf eine Polizei ⸗Abthei— lung geschossen worden, als sie im Begriffe stand, eine Hausdurch= suchung vorzunehmen. Ein Polizist wurde dabei verwundet. In der Grafschaft Westmeath wurde vorgestern der Versuch gemacht, einen Eisenbahnzug ins Verderben zu stürzen. Ein Haufen schwerer Steine war auf die Schienen gelegt worden, und die Passa⸗ giere können von großem Gluͤcke sagen, daß die Maschine dadurch nicht aus dem Geleise gebracht und über einen hohen Damm hinabgeschleudert worden ist. In derselben Grafschaft war, nächtlicher Weise eine angeblich vom Central-Direktorium der Fenier erlassene Proclamation angeschlagen worden, welche die Brüder zu einer großen Versammlung berief. Die Folge davon war größere Wachsamkeit der Polzei und eine Reihe von Verhaf⸗ tungen. Am wbedenklichsten von allen bisher eingelaufenen Nach⸗ richten lautet die Meldung aus Limerick, daß daselbst vier des Fenier⸗ thums verdächtige Unteroffiziere verhaftet worden seien. Zur ge— nauen Untersuchung des Thatbestandes hat sich General Napier an Ort und Stelle begeben. Die Hauptstadt selbst ist ruhig, große Massen Verdächtiger verlassen die Stadt nach allen Richtungen. Der vor Kurzem ermordete Clarke war, wie sich jetzt herausstellt, ein Fenier. Ermordet wurde er auf den Verdacht hin, den Angeber gespielt zu haben, doch hat er noch sterbend seine Unschuld betheuert und keinen seiner frühern Genossen verrathen. t

Im Jahre 1865 sind bei Gerichte 8305 Bankerotte deklarirt worden; nur 769 Deklarirungen erfolgten auf Antrag von Gläubi⸗ gern und 5937 Personen erklärten sich selbst bankrott. In der Mehrzahl der Fälle überstieg die Schuldsumme nicht 300 Pfd. St., und 6976 Bankerotte wurden annullirt. In 5727 Fällen blieb zur Vertheilung unter die Gläubiger nichts übrig.

Die auffallende Vermehrung der Stempeltaxe im letzten Quartale erklärt sich dadurch, daß für das Testament des verstorbenen Privatiers Rich. Thornton 150260 Pfd. St. (demnach über 1 Million Thaler) an Stempelsteuer zu entrichten war. Er hinter⸗ ließ nämlich 2,592,995 Pfd. St. an beweglichem Vermögen, welches, da der Testator keine Kinder hinterließ, einer hohen Erbschaftssteuer unterzogen wird.

Im Oberhause ging gestern die Telegrahh. Act Amendment Bill (welche der Verwaltung Irlands die Vollmacht ertheilt, von allen Telegra— phen ˖ Linien des Landes ausschließlichen Besitz zu ergreifen) durch die zweite Le- sung dann, da die stehenden Ordnungsregeln suspendirt worden sind, durch die Lomitéberathung uns dann sogleich durch die dritte Lesung. Earl Gran ville beantragt die zweite Lesung der Viehseuchenbill und die Suspendirung der stehenden Regeln, damit die Maßtegel obne Verzug die übrigen Stadien durchlaufen könne. Nach einigem Widerstande des Herzogs von Buccleugh und des Herzogs von Montrose, welche verlangen, daß namentlich die Schottland betreffenden Klauseln einzelnweise erörtert werden, genehmigt das Haus den Antrag Lord Granville's und geht in die Comitéberathung, in der der Herzog von Buceleugh ein Amendement einbringt und hartnäckig verficht, aber zuletzt auf die Vorstellungen Lord Derby's wieder zurücknimmt. Die Maßregel geht nachher auch durch die dritte Lesung.

Im Unterhause erklärt der Attorney-General für Irland auf Befragen, daß eine Bill über die Viehseuche entworfen, aber dem Lord⸗ Statthalter zur Begutachtung übersandt worden sei, bevor man sie dem Hause der Gemeinen vorlegen wolle. D. Griffith fragt, ob die Akte wegen Suspendirung der Habeas. Corpus-Akte nicht als illegal werde ange— fochten werden, weil sie die Königliche Sanction am Sonntag erhalten habe? Sir G. Grey erwiedert, daß kein parlamentarisches oder anderes Gesetz dem Hause verbiete, am Sonntag eine Sitzung zu halten, und daß Sonn— tagssitzungen unter Umständen nothwendig werden können. Das Haus geht dann in Comité über die Biehseuchenbill. Es werden mehrere Bestim= mungen der Hunt ' schen Bill erörtert und genehmigt.

Gestern empfing Earl Russell eine Deputation aus Glasgow, welche ihm die Nothwendigkeit einer umfassenden, nicht blos auf Herabsetzung des Wahlcensus beschränkten Parlaments⸗ Reform ans Herz zu legen suchte. Earl Russell erwiderte, daß es nicht in seiner Macht stehe und auch nicht seine Pflicht sei, den Charakter der beabsichtigten Bill jetzt schon kund zu machen. Nur so viel könne er sagen, daß die Regierung sich nicht nach dem, was in andern Ländern in Frankreich und den Vereinigten Staaten geschehen sei, richten werde. Ohne den Werth solcher fremden Institutionen erörtern zu wollen, denke er doch, daß es England, welches seit sechshundert Jahren eine repräsentative Verfassung besitzt, gezieme bei einem Fortschritt nicht, wegzuwersen, was die Vorfahren gewonnen, nicht die Lehren der eigenen Erfahrungen zu vergessen, nicht theoretische Muster bei fremden Nationen zu suchen, sondern sich an eigene Ueberlieferungen und Gesetze zu halten. Bei einer nach der Seelenzahl allein geregelten Ver⸗ tretung zum Beispiel, würde London ungefähr eben so viele Mitglieder ins Parlament senden, wie das ganze König reich Schottland. Andererseits erkenne er an, daß die arbeitenden Klassen nicht genügend vertreten seien. Was die Eintheilung des Landes in Wahlbezirke angehe, so seien die Mängel in diesem Theil des Systems nicht schreiend und andererseits ungemein schwer zu befeitigen. Er habe vor Jahren im Hause der Gemeinen gesagt, daß die Mitglieder gleichsam wie die Bienen in einem gläsernen Bienen