1866 / 64 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

910

Berlin, 15. März. Se. Majestät der König haben Aller gnädigst geruht: dem Ober ⸗Ceremonienmeister, Wirklichen Geheimen Rath Grafen von Stillfried, zur Anlegung des von des Kaisers von Rußland Majestät ihm verliehenen St. Annen Ordens erster Klasse, so wie dem Kammerherrn und Landesältesten Freiherrn von Schuckmann auf Auras im Kreise Wohlau zur Anlegung des von des Großherzogs von Mecklenburg Schwerin Königlicher Hoheit ihm verliehenen Komthurkreuzes des Hausordens der Wen⸗ dischen Krone die Erlaubniß zu ertheilen.

Nichtam tliches.

Preußen. Berlin, 15. März. Se. Majestät der König nahmen gestern die Meldungen der zur Disposition gestell—⸗ ten General -Lieutenants von Glisczynski und von der Goltz, des Obersten a. D. Mohrenberg, des Obersten von Strubberg, Flügel⸗ Adjutanten und Commandeurs des 4. Garde ⸗Grenadier Regiments Königin, und des Oberst⸗‚Lieutenants von Pannewitz vom 3. Garde⸗ Grenadier⸗Regiment Königin Elisabeth entgegen, empfingen den Ge⸗ heimen Ober⸗Post Rath von Mühler zum Vortrag und sodann den Landrath des Kreises Lübbecke, von der Horst, zur Audienz. Auch hatte der Dramaturg von Bequignolles die Ehre, die Orden seines verstorbenen Vaters, des General Lieutenants z. D. von Bequignolles, zurückzureichen. Nachmittags suhren Se. Majestät nach der Münz straße Nr. 10 und nahmen daselbst Allerhöchstseine, von dem Bild— hauer Siemering angefertigte und für das neue Börsengebäude be⸗ stimmte Marmorstatue in Augenschein. /

Am Abend wohnten Ihre Majestäten der König und die Königin einer Gesellschaft bei dem Minister ⸗Präsidenten Gra— fen Bismarck bei. .

Heut fand der Vortrag des Kriegsministers und des Militair⸗ Kabinets, die Meldung des zum Kommandanten von Frankfurt a. M. ernannten Oberst⸗Lieutenants von Krosigk vom Kaiser Franz Garde— Grenadier ⸗Regiment, und die Ueberreichung der Orden des verstorbenen General -Lieutenants a. D. von Cölln seitens seiner Söhne, des Doktors der Philosophie und des Lieutenants im Kaiser Franz Garde Grenadier Regiment, statt.

Zur Audienz heut Nachmittags ist der Wirkliche Geheime Rath von Witzleben, Ober -⸗Präsident der Provinz Sachsen, befohlen. Zum Diner werden die Königlichen Majestäten nach Charlottenburg zu Ihrer Majestät der Königin Wittwe Sich begeben. Am

Abend findet eine Gesellschaft von circa 130 Personen im König— lichen Palais statt. .

Den Kammerherrendienst bei Ihrer Majestät der Königin übernehmen vom 15. März bis 1. April die Königlichen Kammerherren Graf Hohenthal und Freiherr von Hardenberg.

Se. Königliche Hoheit der Kronprinz empfing im Laufe des gestrigen Tages den Kaiserlich russischen Wirklichen Staatsrath von Grimm und Herrn von Erxleben. Abends erschien Höchstder— selbe in der Abendgesellschaft des Minister⸗Präsidenten Grafen von Bismarck. Um 2 Uhr Nachmittags beehrten beide Höchste Herrschaften Höchstihre Ober ⸗Hofmeisterin Gräfin Pourtalés mit einem Besuch.

Schleswig⸗Holstein. Kiel, 14. März. Das ⸗Ver— ordnungsblatt fuͤr das Herzogthum Holstein« veröffentlicht eine zwischen Oesterreich und Preußen geschlossene Etappen-Convention, welche auf die der preußischen Regierung auf Grund der Gasteiner Convention zustehenden Militairstraßen von Hamburg nach Rends— burg und von Lübeck nach Kiel Anwendung finden soll.

Schleswig, 14. März. Das Verordnungsblatt für Schles—⸗ wig⸗ bringt folgende provisorische Verordnung, betreffend die Be— strafung feindlicher Handlungen gegen die souveraine Gewalt in Schleswig⸗Holstein:

»Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ze, ver— ordnen für das Herzogthum Schleswig, was folgt:

§. 1. Ein Unternehmen, welches darauf abzielt, den in Gemäßheit des Wiener Friedenstraktats vom 30. Oktober 1864 und der Gasteiner Convention vom 14. August 1865 Uns und Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich in den Herzogthümern Schleswig und Holstein zustehen den Souverainetätsrechten zuwider einer anderen landesherrlichen Autori= tät in den Herzogthümern oder in einem derselben gewaltsam Geltung zu verschaffen, soll mit Zuchthaus von 5 10 Jahren bestraft werden. Die Strafe tritt ein, sobald eine Handlung begangen ist, durch welche i ö Vorhaben unmittelbar zur Ausführung gebracht wer—

en soll.

§. 2. Haben zwei oder mehrere Personen ein derartiges Unterneh— men (§. 1.) verabredet, ohne dessen Ausführung schon durch Handlungen begonnen zu haben, so soll sie Zuchthaus von 2 bis 5 Jahren treffen.

§. 3. Gleiche Strafe (95. 2) soll denjenigen treffen, welcher zur Vor⸗ bereitung eines derartigen Unternehmens (§. 1) mit einer auswärtigen Regierung sich einläßt, oder die ihm vom Staate anvertraute Macht mißbraucht oder Mannschaften anwirbt, oder in den Waffen einübt.

4. Mit 8e von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird

bestraft 1) Wer ein derartiges Unternehmen (§. ) durch andere, als die

im 5§. 3 bezeichneten Handlungen vorbereitet. 2 Wer öffentlich durch

eine Entscheidung zu treffen.

herstellung seines Rechtes.

dasselbe vorbereitenden Handlung auffordert. 3) Wer öffentlich durch Rede oder Schrift oder anderweitige Kundgebung den Uns und Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich in den Herzogthümern Schleswig und Holstein zustehenden Souverainitätsrechten zuwider, einen Andern für den rechtmä— ßigen Souverain oder Landesherrn eines der Herzogthümer oder beider erklärt, oder als solchen bezeichnet.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beige— drucktem Königlichen Insiegel. . Gegeben Berlin, den 11. März 1866. Wilhelm.

Vorstehende Allerhöchste Verordnung wird sämmtlichen Beamten und Behörden im Herzogthum Schleswig, sowie überhaupt allen, die es an— geht, zur Nachachtung hierdurch bekannt gemacht.

Schloß Gottorf, den 13. März 1866.

Der Gouverneur des Herzogthums Schleswig E. Manteuffel, General ⸗Lieutenant und General⸗Adjutant Sr. Majestät des Königs von Vreußen.

Die beikommenden Lokalbehörden werden ersucht und angewiesen, die vorstehend bekannt gemachte Allerhöchste Verordnung unverzüglich in ortsüblicher Weise zur allgemeinsten Kenntniß zu bringen.

Schleswig, den 13. März 1866.

Der Königlich Preußische Civil Kommissarius für das Herzogthum Schleswig. Freiherr von Zedlitz.

Sachsen. Weimar, 14. März. Nach telegraphischen Mit-

theilungen der »Weim. Ztg.“ ist Se. K. H. der Erbgroßherzog nach einem Aufenthalt in Sizilien, welcher zu vielfachen Ausflügen in verschiedene Theile der Insel, unter anderen auch zu einer Be—

steigung des Aetna, benutzt wurde, am 12. d. M. wohlbehalten wie der in Neapel eingetroffen.

Coburg, 12 März. Der gemeinschaftliche Landtags ⸗Ausschuß ist auf den 14. d. nach Gotha, zur verfassungsmäßigen Prüfung der Rechnung über die gemeinschaftlichen Ausgaben der Herzogthümer Coburg und Gotha auf das Rechnungsjahr vom 1. Juli 1864 bis mit 30. Juni 1865, einberufen.

Reuß. Gera, 13. März. (L. Ztg. Der Landtag hat heute den einstimmigen Beschluß auf Abänderung des §. 19 des Verfassungsgesetzes vom 20. Juni 1856 gefaßt, welcher die Zulassung der Juden hier untersagte, während durch die beschlossene andere Fassung des §. 19 die Juden fortan hier zugelassen, resp. eman— zipirt sind.

Hessen. Kassel, 14. März. (W. T. B.) Die Stände sind auf Allerhöchsten Beschluß vertagt. Die Minister motivirten die Vertagung durch Unwohlsein des Landesherrn, welcher verhin— dert sei, über die wichtigen Vorlagen des Gesammtstaatsministeriums Die Stände waren von der bevor— unterrichtet gewesen und hatten vorher in geheimer Sitzung folgende Beschlüsse gefaßt: ) XJ Ständeversammlnng erklärt Angesichts der Lage des Landes: »Die Staatsregierung verweigert im Widerspruch mit der Landes- verfassung, dem Beschlusse der Bundesversammlung vom 24. Mai 1862, und dem gegebenen Fürstenwort dem Lande die volle Wieder- Die Staatsregierung vernachlässigt trotz der unausgesetzten Mahnungen der Landesvertretung fortwährend die In— teressen der geistigen und materiellen Wohlfahrt des Landes 2) Die Stände versammlung verwahrt sich gegen die unausbleiblichen Folgen einer solchen Mißregierung. 3) Die Ständeversammlung beschließt gegen den früheren Justizminister Pfeiffer und gegen den dermaligen Justiz- minister Ab ée die Anklage wegen Verfassungsverletzung, (und zwar wegen Nichtzurückziebung des provisorischen Gesetzes von 1851, wo— durch die gesetzliche Mitwirkung der Stände bei Besetzung des Ober— appellationsgerichts beseitigt wurde), genehmigt die bereits entworfene Anklageschrift und beauftragt den bleibenden landständischen Ausschuß mit der Ausführung.“

Baden. Karlsruhe, 13. März. (Karlsr. Ztg.) Prinz Karl von Baden ist gestern Vormittag nach Wien abgereist; Seine Hoheit gedenkt in acht Tagen hieher zurückzukehren.

Se. Königliche Hoheit der Fürst von Hohenzollern-⸗Sig⸗ maringen traf gestern, von der Schweiz kommend, in Karlsruhe ein und hat nach einem kurzen Besuch bei der Großherzoglichen Familie die Reise nach Düsseldorf fortgesetzt.

Die zweite Kammer bewilligte gestern 109000 Fl. für die Errichtung eines selbstständigen statistischen Büreaus. Auf den Wunsch Roggenbach's erklärte sich die Regierung bereit, für die Er— richtung mehrerer meteorologischer Stationen eine Vorlage zu machen. Für landwirthschaftliche Zwecke wurden 157,082 Fl. bewilligt.

Oesterreich. Wien, 14. März. Die Wiener Zeitungen bringen nachstehende Berichte von den Landtagen:

Agram, 13. März. In der heutigen Landtagssitzung wurde die Debatte über die Urbarial Angelegenheiten fortgesetzt. Der vom Ver—

treter des Bezirks Bukari gestellte Antrag, daß der Bezirk Bukari vom Municipium gleichen Namens getrennt und dem Fiumaner Komitate

einverleibt werde, wurde angenommen.

Prag, 13. März. Der Regierungsvertreter Statthalterei -= Rath v. Neupauer beantwortet die Interpellation Zeithammer wegen Aufnahme eines Artikels der »Oesterr. Zig.« in die ⸗Prager Ztg. uͤber die Horo— wicer Vorgänge: Die Aufnahme des fraglichen Artikels bedurfte selbstoer⸗ ständlich keiner Genehmigung der Statthalterei, die Prager SZtg.« citirte

stehenden Vertagung

Rede oder Schrift zu einem derartigen Unternehmen (5§5 1) oder zu einer

911

bloß eine Journalstimme. Die Vorgänge in ö ; halterei als Thatsachen dem Ministerium . , sei die gerichtliche Untersuchung im Zuge, die Regierung senach nicht 3 der Lage, andere Resultate vorzulegen. Die Vorlage über die Bezirks. eintheilung wurde weiter verhandelt und wurden 26 Bezirke ee led . in 4. n en Sitzung des Unterbauses w zurf in Beantwor öniali ; 3. März 1866 verlesen. ung des königlichen Restripts vom denjenigen Theil des Reskripts, welcher sich au . 69 . öh, da, wmf. de ie, öcheu ahl, . gleichzeitiß mit dem auszuarbeitenden Entwurf über die gemein! samen. Verhältnisse zu behandeln. Hierauf wird die Bit um saktische Anwendung der Rechtskontinuität begruͤndet. Unter Berufung auf die Reispiele Ceopolds 1. Leopolbs II. und Kaifers Franz,

.

welche die ungarische Verfassung stets unbedingt herstellten, geht die

k Passus des Restriptes über, in welchem der Kaiser Zi sagt, d ande in seinen religiösen Gefühlen das sicherste Unter. 6 pEt. betheiligt, doch nur unter dem weiten Begriffe von »arbeitender len Klasse«, welcher den statistischen Auf erm,

In tiefer Ehrfurcht beugen wir uns vor statistischen Aufnahmen zu Grunde gelegt worden. würden, wenn es unsere Aufgabe wäre,

pfand für den verfassungsmäßigen Landesbestand erkennen werden. Hierzu sagt die Adresse: , diesen heiligen Gefühlen und

Es wird in demselben das Versprechen gegeben,

das Verfassungsrecht für die Dauer einer Generation aufrecht zu halten,

individuell durch diese Erklärung Ew. Majestäͤt beruhigt sein.« treff der Stelle des Königlichen Reskripts, welche sich duf den Krönungs⸗

In Be⸗

eid bezieht, sagt die Adresse, daß nicht nur der gekrönte König, sondern

daß jeder Regent, welcher nach dem Erbfolgegesetz den Thron besteigt, auch schon vor der Krönung zur Beachtung der Gesetze und der Verfassung verpflichtet wäre, widrigenfalls bei jedem Thronwech- sel mit. dem Regenten paktirt werden müßte und Constitutionalismus und absolutes Regiment einander periodisch ab- lösen würden. Hierauf wird in der Adresse der Beweis zu führen gesucht, daß die verantwortliche Regierung eine nothwendige Konsequenz der im Jahre 1848 eingeführten Gleichberechtigung sei, und daß die par

lamentarische Regierungsform mit dem Komltatssystem in keinem prin

zipiellen Gegensatze stehe. Schließlich wird in der Adresse die Bitte vor— getragen, der Kaiser möge das Land von schwerer Besorgniß befreien durch eine solche Sicherstellung des Verfassungslebens, welche den Glauben wiedergiebt, daß Alles durch den vereinigten Willen des Königs und der Nation Beschlossene auch in ferner Zukunft rechtlich und faktisch be—

stehen werde. Prag, 13. März. Das Abendblatt der »Prager Zeitung

auf das Register gesetzt werden. * 35.0900, also 6b Wahlstimmen mehr kreirt werden.

hold) den Freisassen solcher Orte in Bezug auf ihre Berechtigu Theilnahme an den Grasschaftswahlen er a ff 2 a berechtigungen spezieller Natur ist die Negierung wenig eingenommen; sie macht nur eine Ausnahme zu Gunsten solcher Männer, die y. zwei Jahre hindurch ein Depositum von mindestens 50 Pfd. Sterl. in einer Sparkasse nachweisen können. Diese Bestimmung würde ihre hauptsächliche Wirkung auf dem Lande haben; ihr Umfang läßt sich Ischwer abschätzen, doch wird er nicht bedeutend sein. In Bezug auf die städtischen Wanlbzirke sind vier Klassen unterschieden worden: 1) die Be⸗ wohner besonderer Häuser, welche ihre Abgaben selbst bezahlen; 2) die Be⸗ wohner besonderer Häuser, für die der Hauseigenthümer die Abgaben zahlt compound hauseholders, 3) die bisher gänzich unberücichtigten Bewoh. ner eines abgesonderten Haustheiles, 4) die gewissermaßen mit dem Haus— herrn lebenden Abmiether von Stuben. Seit 1832 ist die siädtische Wähler. schaft von 282 090 auf 512,090 Köpfe gestiegen, ein Zuwachs, der der unghme der Bevölkerung nicht proportional ist. Die arbeitende Klasse ist

Im Jahre 1832 aber machten die Arbeiter 31 pCt. der Wahlkörper aus . . jetzt etwas geschehen zur Wiederherstellung des Le renn ff, ö die beiden ersten Klassen betrifft, so sollen vorab die Beschränkungsklauseln

e treffs des Modus der Zahlung der Abgaben aufgehoben werden, und wenn der Hauseigenthümer dieseiben abzutragen hat, so soll der Rame des Hausbewohners, welcher die Lasten doch in letzter Instanz zu tragen hat, Durch diese Neuerungen würden 25.6006 Der dritten

Klasse, Inhaber eines Haustheiles, welche keine Abgaben für das Haus

sodann

bringt folgendes Telegramm aus Pisek vom heutigen Tage: In

Schüttenhosen sind Gewaltthätigkeiten gegen Juden vorgefallen. Eine Militairabtheilung von 50 Mann ist heute Morgens dahin abgegangen. Kreisvorstand Urban begiebt sich nach Schüttenhofen.

Gräaßbritannien und Irland. London, 13. März. Kurz nach Eröffnung der gestrigen Sitzung des Unterhauses trat Herr Gladstone in den Saal und nach Erledigung einiger Ge— schäftsangelegen heiten, erhob er sich, um die auf die Parlaments reform bezüglichen Vorlagen der Regierung zu begründen.

Fünfmal, sagte er, sei es von der Regierung, sechsmal in Thronreden !. . . ; ! ᷣ. erreichen zu können, wird sie auf 7 Pfd. herabgesetzt, so kann schon der Ar—

anerkannt worden, daß die Volksvertretung einer Aenderung bedürftig sei in feierlichen Gelöbnissen hätten Ministerien der einen wie der anderen Par— tei die, Verpflichtung übernommen, den Uebelständen Abhülfe zu bringen. Ueberflüssig sei es daher nach solchen Erklärungen, nach der Berechtigung zu fragen, mit welcher die Regierung diese Frage vor das Haus bringe. Als aus allgemeinen Wahlen im vorigen Jahre ein neues Parlament hervor- ernstlich in Betracht zu ziehen. Die Frage erhob Anbetracht der Mangelhaftigkeit der stehenden statistischen Daten die Vorlage nicht um eine hinausgesch oben werden sollte. Aber gleich in der sitgung nach Lord Palmerston's Tode wurde beschlossen, die erforderlichen statistischen Aufnahmen machen zu lassen, um ohne Verzug zum Werke zu schreiten, so daß die Regierung sich im Anfange der Session zur Einbrin gung einer Reform Maßregel anheischig machen konnte Es handelte sich nun um den Umfang der Maßregel. Zuerst mußte der Stand des Wahl. rechts in England, Schottland und Irland in Betracht kommen; dann die große und verwickelte Frage Betreffs der Neuvertheilung der Parla— mentssitze und der Abgrenzung der städtischen Wahlbezirke, ein wesentlicher Theil eines jeden allgemeinen Reformplanes; endlich auch die ge— setzlichen Bestimmungen zur Verhütung von Wahlbestechungen. Es ließ sich nicht erwarten, daß das Parlament diesen sämmtlichen Seiten der Reformfrage während der laufenden Session seine Aufmerksamkeit widmen könnte. Am 12. April beschloß die Negierung, die zweite Lesung anzusetzen, die Einwilligung des Parlaments vorausgesetzt, und würde dann der Gesetzentwurf etwa im Juli an das Oberhaus gehen, so blieben doch kaum mehr als vierundzwanzig unverkürzte Sitzungstage für die Diskussion anderer Angelegenheiten. Die Regierung beabsichtigt daher, vorläufig die erste Seite der Frage vorzunehmen, also die Ausdehnung des Wahlrechts. Ohne sich irgendwie zu verpflichten die Erfah— tung zeigt den geringen Nutzen solcher Gelöbnisse —, überläßt sie die Behandlung der anderen Seiten späteren Gelegenheiten, daß für den letzteren Fall ein neues Parlament einzuberufen sei, ist durchaus nicht die Nothwendigkeit, als welche es hier und da bezeichnet worden. Was die parlamentaͤrische Vertretung der Grafschaften, d. i. der ländlichen Wahlbezirke, betrifft, so geht der Vorschlag der Regierung dahin, den Wahlcensus von 560 auf 14 Pfd. St jährlichen Miethszinses für ein Haus J mit oder ohne Land herabzusetzen, was die Zahl der ländlichen Wähler um 171.000 vermehren würde. Hierbei würde die arbeitende Klasse fast gar nicht, die Mittelklasse sehr überwiegend betheiligt sein. Ferner sollen die in Städten und Wablflecken wohnenden Pächter seien sie in erb— lichem Pachthesitz (eopyhold) oder in Pachtbesitz auf bestimmte Zeit (lease-

gelegenheit wieder sich jedoch, ob in

Bedingung einschließt, als die rental franchise).

zur Berechnung der wird von der rent,

bezahlen, soll, wenn sie sich Jahr um 3 Sti

g Jahr melden, das Stimmrecht ver— liehen werden unter der Bedingung, daß der Nachweis eines in Wohnungswerthes von 10 Pfd. Sterl. geführt werde, dasselbe gilt für die

vierte Klasse, die Abmiether von Stuben, wobei jedoch bei der Abschätzung

des Jahreswerthes von 10 Pfd. Sterl. das Mobiliar ni

ist. Hierdurch würden die arbeitenden Klassen sehr . a Stimmberechtigten erlangen, mehr die Mittelklassen. Will maͤn nun, um die arbeitende Klasse zu gebührender Vertretung gelangen zu lassen, eine tiefere Censusstufe festsetzen, so fragt es sich, ob man die Ab— schätzung der Armensteuer - Kommission oder den allgemeinen Mieth⸗ werth der Wohnungen zu Grunde legen soll Cating oder rental basis, . ö. . K lastenden Abgaben dem Miethzinse, ein bestimmter Betrag vorerst in Abzug gebracht, so daß bei gleichen Ansätzen eine rating k eine . ö Die Regierung hat si für die Zugrundelegung des Miethwerthes entschieden. *r . guf 6 Pfr. würde den jetzigen Arbeitern in den städtischen Bezirken 242006 Arbeiter hinzufügen, was dieser Klasse in den Städten die Majorität, die Zahl von 428,050, geben würde; das Parlament wird daher wenig geneigt sein, auf eine solche Erweiterung der Wahlberechtigung einzugehen. Um

einer derartigen plötzlichen Verlegung des Schwerpunktes vorzubeugen und

zugleich der arbeitenden Klasse gerecht zu werden, schlägt die Regierung vor, einen Miethwerth von 7 Pfd. zur Basis zu nehmen, was eine Vermehrung der wahlberechtigten Arbeiter um anscheinend 208,000, doch nach den nöthigen Ab= zügen in Wirklichkeit um 144000 ergeben würde. Steht die Grenze, wie jetzt, auf 19Pfd., so muß der Arbeiter schon 2Pfd. Wochenverdienst haben, um diese Stufe

beiter, welcher nur 26 Sh. wöchentlich verdient, AÄnspruch auf den Genuß politischer Vollberechtigung machen. Der Gesetzentwurf der Regierung wird, wenn angenommen, die Wäblerschaft von England und Wales um 10061000 Stimmberechtigte bereichern, deren eine Hälfte aus Arbeitern be— stände. In den Grafschaften, d: i. auf dem Lande, wird sich das Ver.

gegangen sei, babe die Regierung es füd ihre Obliegenheit erachtet, die An. hältniß so stellen, daß die arbeitende Klasse an Einfluß noch verliert, wäh—

rend sie in den städtischen Wahlbezirken eine Stimme unter dreien erhalten

zu Gebote würde. Im Ganzen wird die Wählerschaft von England und Wales sich Session auf, 1064000 vermehren: 550000 auf dem Lande und 514.000 in den ersten Kabinets. Städten, und die Stimmberechtigten würden den vierten Theil der erwach—

senen Männer ausmachen.

Der Schatzkanzler zeigte ferner den Vorschlag an, den auf den Regie. rungswerften angestellten Arbeitern das Wahlrecht zu entziehen; und nach- dem er den ganzen Gesetzentwurf als die heilsamste und praktischste Lösung des Reformproblems hinzustellen gesucht, schloß er seine 23stündige Rede mit einem Aufruf an das Haus, den begründeten Ansprüchen der arbeitenden Klasse Recht widerfahren zu lassen und die neuen Vollbürger, wenn sie zu— gelassen würden, mit offenen Armen, nicht als gefährliche Elemente, sondern als neue Stützen der Sicherheit, der Stärke und des Ruhmes des Landes zu empfangen.

Frankreich. Paris, 13. März. In der gestrigen Sitzung des gesetzgebenden Körpers kamen die beiden von der Oppo-— sition zum Paragraphen? (Ackerbau) gestellten Amendements zur Diskussion. In dem ersten wird gesagt, daß der Ackerbau das Recht habe, eine Herabsetzung der Steuern, die Verminderung des Kontingentes und der unfruchtbaren Verschönerungsarbeiten zu ver— langen. Nachdem darüber eine längere, theilweise sehr animirte Debatte geführt war, wurde das Amendement verworfen. Das zweite Amendement der Opposition beantragt, daß die landwirth— schaftliche Untersuchung von dem gesetzgebenden Körper und nicht von der Regierung gemacht werde. Auch hierüber wurde sehr leb— haft und heftig von der Opposition debattirt, bis der Schluß der Diskussion ausgesprochen und das Amendement mit 225 gegen 23 Stimmen verworfen wurde.

14. März. Der »Abendmoniteur« sagt über die Kon« ferenz bezüglich der Do nau fürstenthüm er: »Die gegenwärtigen Verhältnisse entsprechen nicht ganz den Voraussichten des Protokolls von 1859. Der großherrliche Ferman des Jahres 1861 machte