1868 / 31 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Berlin, 5. Februar. Se. Majestät der König haben Allergnadi liz id dt zu Berlin die Erlaubniß zur Anlegung 1 . Schweden und Norwegen Majestät ihnen verliehenen Ritterkreuzes des Wasa⸗ Ordens zu ertheilen.

Personal Veränderungen.

1. In der * 2 Ofstziere, Vertenee⸗ Fahneiche ꝛc. A. Eruen . Beförderungen und Versetzungen.

Den 28. Januar 1868. Grell, Hauptm. und Comp. Chef von der Garde Art. Brig, zur Dienstleistung als Mitglied der Art. Prüfungs ⸗Kommission, Goebbels, Pr, Lt; von der 7. Art. Brig / als Adsutant zur 9. Art. Brig Lo of, Pr. Lt. von der 6. Art. Brig / als Adjutant zur 10. Art. Brig, Fischer J., Pr Lt. von der 1. Art. Brig. als Adjutant zur 11. Art. 391 kommandirt. Schmeltzer, Hauptm. à la suite des Westf. Feld⸗Art. Regts. Nr. 7 und Lehrer an der vereinigten Art. und Ing. Schule, unter Belass. in diesem Dienst⸗ verhältniß und unter Stellung à la suite des Hann. Feld. Art. Regts, Nr. 10 zum überzähl. Major befördert. v. Plessen, Misitscheck v. Wischkau, Schimmelpfennig, v. Graberg, Port. Fähnrs. von der Garde ⸗Art. Brig. Sellmer, Port. Fähnr. von der 2. Art. Brig Böhm er, Port. Fähnr. von der 5. Art. Brig Bahn, . Tähnr. von der 8. Art. 9 6 außeretatsmäßigen Ger. Lts., Wy⸗ ne fen, Gefreiter von der Garde ⸗Art. Brigade, Walter, Hagen, Schackschn eid er, Obergefreitt vom Schleswig- Holstein. Feld ⸗Art. Regimt. Nr. . Schüler, char. Port. Fähnrich vom Hessischen Feld Art. Regimt. Nr 119 zu rt, Fähnrichs befördert. Hhü mme,

rem. Lieutn., aggr. der 4. Art. Brigade, in den Etat einrangirt. . cke, Major a. D., früher Hauptm. und Comp. Chef im 35. Inf. Regt, zum Vorstande der Handwerksstätte des Garde- Fest. Art. Regts. ernannt. . . B. Abschieds bewilligungen ꝛc.

Den 28. Januar 1868. v. Versen, Sec. Lt, aggr. dem Magdeb. Hus Negt. Nr. 10, als Pr. Lt. mit Pens. und der Armee⸗ Unif. ausgeschieden. Grieß, Major von der 5. Art. Brig. und Art. Off. vom Platz in Thorn, mit sion nebst Aussicht auf Civilver⸗ sorgung und der Unif. der 3. Art. Brig., v. Will ich, Hauptm. und Battr. Chef von der 5. Art. Brig, als Major mit Pension nebst Aussicht auf Anstellung in der Gendgrmerie und seiner bisherigen Unif, Pieper, Sec. Lt. von der 8. Art. Brig, mit Pens, der Abschied bewilligt. Becker, außeretatsm. Ser. Lt. von der 8. Art. Brig. unter dem gesetzl. Vorbehalt ausgeschieden.

Beaute der Mititair⸗ Verwaltung. Durch Verfügung des Kriegs-⸗Ministeriums.

Den 18. Januar 1868. Gutsche, Zahlm. beim 1. Bat 2. Schles. Gren. NRegts. Nr. 11, der erbetene Abschied mit Pens. ertheilt.

Den 26. Januar 1868. Schmidt, Intendantur⸗Sekretariats-⸗ Applikant bei der Intendantur des VIII. Armee⸗Corps, zum Sekre—- tariats Assistenten ernannt.

IL. In der Marine. ffõnirc̈re 2c. A. Ernennungen, Beförderungen 2c.

Den 30 Januar 1868. Stubenrauch, Schulze, v. Koppy, v. Pawel sz, Dittmer, Koebcke, v. Reiche, Holzhauer, von Kyckbusch, Braunschweig, Becks, Unter -⸗Lts, zur See, zu Lieu⸗ tenants zur See befördert.

Bekanntmachung. Dem von uns in Gemeinschaft mit der Königlichen Regierung in Potsdam erlassenen Umpfarrungs⸗Dekrete gemäß wird vom 15. d. M. ab derjenige Theil der Feldmark Rixdorf, welcher nördlich von dem Rollkruge und der nach der Hasenhaide führenden Chaussee innerhalb der Grenzen der evangelischen Kirchengemeinde zu Deutsch⸗Rixdorf be⸗ legen und seit dem 1. Januar 1861 dem Stadtbezirk von Berlin ein— verleibt ist, zur Parochle zum heiligen Kreuz hierselbst gehören, was hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht wird. Berlin, den 3. Februar 1868. Königliches ö . Provinz Brandenburg. Hegel.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 5. Februar. Se. Majestät der König arbeiteten heute Vormittag mit dem Geheimen Cabinets⸗ Rath von Mühler und empfingen den Ober-Jägermeister Gra— fen Eberhard Stolberg und den Regierungs-Präsidenten Frei— herrn von Hardenberg. .

Ihre Majestät die Königin ertheilte gestern dem neuernannten Königlich bayernschen Gesandten die naͤchgesuchte Antritts-Audienz und erschien Abends mit Sr. Majestät ; 6 . auf dem Feste des Kaiserlich französischen Bot—

afters.

== Se. Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern militairische Meldungen entgegen, ertheilte dem Ritterschafts— Rath von Pfuel und dem Sber-Bürgermeister von Frank— furt 4. M., Lr. Mumm, Audienzen und erschien Abends in der Soirée des Kaiserlich französischen Botschafters.

geruht: Den Pollzei Gch guptleuten von Stück

76 Verlaufe der gestrigen Sitzung des Abgeordne⸗ tenhaguses nahmen nach dem Abg. Miqu é das Wort der Prästdent des Staatsministeriums, Graf von Bismarck— n len und der Abg. Stavenhagen.

Auf den Antrag des Abg. Dr. Becker wurde die Sitzung 8. Der Schluß der letzteren erfolgte um 3 Uhr 45 Mi⸗ nuten.

Die heutige (3 Plenar⸗Sitzung des Ab geordneten⸗ 86 wurde von dem Präsidenten von Forcken beck gegen Ot Uhr eröffnet. .

Das Königliche Staatsministerium war vertreten durch dessen Präsidenten, Grafen von Bismarck-Schönhausen, den Finanzminister Freiherrn von der Heydt, den Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten von Selchow und mehrere Regierungs⸗Kommissare.

Vor dem Eintritt des Hauses in die Tagesordnung äußerte sich der Abg. von Saucken⸗Julienfelde über das von dem

inanzminister an den Präsidenten von Forckenbeck gerichtete Schreiben, betreffend seine am 14. d. Mts. im Abgeordneten⸗ hause gehaltene, sich auf den Nothstand in der Provinz Preu⸗ ßen beziehende Rede.

Der Finanz⸗Minister Frhr. v. d. Heydt erwiederte hierauf:

Ich war bei den betreffenden Aeußerungen des Herrn Ab⸗ geordneten von Saucken im Hause nicht anwesend. Als ich von diesen Aeußerungen Kenntniß erhielt, glaubte ich, es dem Hause und der Verwaltung schuldig zu sein, die Thatsachen, die hier angebracht waren, näher zu konstatiren. Zu diesem Zwecke bat ich den Herrn Abgeordneten um Auskunft darüber, wo die von ihm erwähnten angeblichen Unordnungen vorge⸗ kommen, von wem sie ausgegangen seien, um danach die ge— eignete Remedur zu treffen. Der Herr Abgeordnete hat das nicht gethan, sondern mir geantwortet, ich würde aus der Rede ersehen, daß er hinzugefügt habe, daß jetzt Alles in Ordnung sei. Der Herr Abgeordnete kam zu mir und erbot sich, mir bezügliche Pri⸗ vatbriefe zu übergeben. Darauf antwortete ich, ich hätte kein Inter- esse an der Privatcovrespondenz, sondern nur daran, die Richtigkeit der Thatsachen, die von ihm behauptet wären, im Interesse der Verwaltung zu konstatiren, und ich hätte schon Bericht der Regierung in Gumbinnen deshalb erfordert. Ich habe geglaubt, diesen Bericht dem Hause mittheilen zu müssen, und habe damit von meiner Seite nur das gethan, was ich von meiner Stelle aus für recht hielt.

Die Berathung des Berichts der Budget-Kommission über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ueberweisung von Beständen des vormals hannoverschen Jom el r Turnen und Veräußerungs-Fonds an den provinzialständischen Verband der Provinz Hannover, wurde nunmehr fortgesetzt.

Der Regierungs-Kommissar, Reglerungsrath Küster, gab eingehende Erläuterungen. /

Für die Kommissions⸗Anträge sprachen hierauf die Abge⸗ ordneten v. Kardorff, Oppermann und Dr. Braun (Wiesbaden), gegen dieselben die Abgeordneten v. Benda, Dr. Waldeck und v. Vincke (Olbendorf).

Der Prästdent des Staatsministeriums, Graf v. Bis marck⸗

Schönhausen, erklärte:

Ich bin überzeugt, daß bei einer genauen Prüfung der steno⸗ graphischen Berichte sich ein prinzipieller Unterschieꝰ zwischen den Auslgssungen, die im Namen des Ministeriums des Innern über die Frage der Decentralisation gefallen sind, und zwischen den meinigen, nicht finden kann, denn es ist eine zweifellose Thatsache, daß im Schooße des Ministeriums eine Meinungs— verschiedenheit über diese Frage nicht herrscht, daß wir Alle darüber einig sind, die Decentralisation in dem Maße, wie ich es gestern charakterisirt habe, zu erstreben, und auch der Herr Minister des Innern ist darüber prinzipiell nicht anderer Meinung, Es ist möglich, daß er in Bezug auf die Modalität der Ausführung, in Bezug auf die Bereitwilligkeit zur Ueber—⸗ nahme unbesoldeter Ehrenämter persönlich skeptischere Ansichten hat, als sie mir and dem Herrn Vorredner eigen sind, das ist eine Sache der Erfahrung, sollten sich die Voraussetzungen des Herrn Ministers des Innern als begründet ergeben, so würde das vielleicht zu der Nothwendigkeit führen, nicht ausschließ— lich auf gewählte Ehrenämter zu rekurriren, sondern den unahhängigen provinziellen Körperschaften rechts und sachkundige Beamten beizugeben, wie das früher bei den landschaftlichen Vertretungen sehr oft der Fall gewesen ist. Das sind alles Modalitäten der Ausführung, auf die ich jetzt nicht eingehen will. Darüber ist das Staats ministerium in sich einig, daß ein Zustand so bald als möglich

aufhören müsse, in welchen uͤber jeden Zaun, über jede Brücken

bohle durch fünf Instanzen bis näͤch Berlin egangen wird und daß schließlich die beiden äußersten Pole, die Bezirks⸗Gendarmen und die geheimräthlichen Kreise des Ministeriums, die eigentlich Entscheidenden in jeder speziellen Sache sind. Solchem Zustande eine Remedur zu schaffen, diese Aufgabe verstehen wir unter

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Decentralisation. Wie wir sie realisiren können und werden, wollen wir mit Ihnen gern berathen, und keinem Wunsch, kei⸗ ner Belehrung unzugänglich sein.

Beim Schlusse unseres Blattes war die General - Debatte noch nicht beendet.

Ihre Majestät die Königin hat an das Comitè des Bazars zur Milderung des Nothstandes in Ostpreußen folgende Antwort auf dessen Schreiben ertheilt, durch welches die bisherigen Erträge dieses Unternehmens Allerhöchstihr zur Verfügung gestellt werden:

In Erwiederung des Schreibens, welches Sie im Auf⸗— trage des gesammten Comité's an Mich gerichtet haben, danke Ich Ihnen, so wie Allen, welche dem Bazar für die Nothleidenden in Ostpreußen zu einem so großartigen Erfolge verholfen haben, mit dem Gefühle der warmen Anerkennung, welche der ernsten Bedeutung unserer gemeinsamen Aufgabe entspricht. Ich werde die eingegangene Summe von 52600 Thlrn. und die noch in Aussicht stehenden Beträge dem Vaterländischen

rauen⸗Verein mit der Bestimmung überweisen, daß über ihre

erwendung in den nächsten 3 Monaten gleichmäßig verfügt werde. Die allseitige Bereitwilligkeit, mit welcher unser Unternehmen unterstützt wurde, beweist von Neuem, wie das wahre Mitgefühl im In⸗ und Auslande das Deutsche Bewußtsein verbindet und bei entscheidender Veranlassung seine volle Thatkraft bewährt.

Berlin, den 5. Februar 1868.

. gez. Augu sta.

An die Vorsitzende und die Stellvertreterin des

Comités für den Bazar zum Besten der Noth⸗

leidenden in Ostpreußen, Frau Ida von Patow und Frau Luise Borsig hierselbst.

Aus Gumbinnen. Um die Ausdehnung des wirklichen Man— gels an Lebensmitteln in den vom Nothstande betroffenen Kreisen zu verlässig übersehen und demgemäß weitere Maßregeln treffen zu kön— nen, hat die Regierung, nach der »Provp. Corr“, genaue Ermittelungen der in jedem Kreise vorhandenen und der zur Ernährung des Kreises bis zur nächsten Ernte nothwendigen Lebensmittel jeder Art angeordnet. .

ö. Die Ergebnisse werden hoffentlich in Kurzem mitgetheilt werden nnen.

In nächster Zeit ist ein wirklicher Mangel an Lebensmitteln nur hinsichtlich der jenseits der Memel belegenen Gemeinden und in einzelnen Kirchspielen im Kreise Niederung zu befürchten; doch sind zur Abwendung solchen Mangels bereits die thunlichsten An—⸗ ordnungen getroffen. .

In der übelsten Lage befinden sich die in der tiefen Niederung be— e,. Ortschaften dieser Kirchspiele. Dieselben sind nämlich beim Eintritt anhaltenderen Thauwetters von jedem Verkehr abgeschnitten, weil die sie ringsum umgebenden Eisflächen brüchig werden und auf keine Weise passirbar sind. Die betreffenden Ortsvorstände sind auf den Eintritt ö Eventuglität ausdrücklich hingewiesen und dringend aufgefordert worden, dafür Sorge zu tragen, daß für diese Zeit der erforderliche Bedarf im Voraus beschafft werde. Die Landräthe sind angewiesen in dieser Richtung von allen ihnen gesetzlich zu Gebote stehenden Maßregeln Gebrauch zu machen, um zu verhüten, daß bei längerer Unterbrechung der Communication die Lebensmittel ausgehen. Allerdings ist die Gefahr nicht zu verkennen, daß Vorräthe, die in solcher Absicht angesammelt werden, vor der Zeit angegriffen werden; es giebt aber keinen anderen Weg, der drohenden späteren Noth vor— zubeugen und werden sich die Bewohner ihr Schicksal selbst zuzuschrei. ben haben, wenn sie beim Anblick größerer Vorräthe die Rücksicht auf die Zukunft aus dem Auge lassen. . .

Die allgemeine Lage hat sich in dieser Woche wenig verändert. Der Gesundheitszustand kann auch jetzt im Allgemeinen als ein ver hältnißmäßig günstiger bezeichnet werden. Es sind freilich neue Ex— krankungen ani Typhus eingetreten, doch ist der Verlauf der Krank heit im Allgemeinen zufriedenstellend und die Sterblichkeit gering. Die meisten Erkrankungen haben in Loetzen, Rhein und Widminnen stattgefunden. Nach Rhein ist der Kreisphysikus r. Mareuse mit dem Auftrage abgegangen, die vorhandenen Kranken in solche Verhältnisse zu bringen, die ihre Wiedergenesung ermöglichen und der Weiterver⸗ breitung der Epidemie möglichst Einhalt thun. ;

Derselbe berichtet, daß unter Beistand des Johanniter Ordens 3. Lazarethe in der Entstehung begriffen waren, und die außerhalb der Anstalten befindlichen Kranken, soweit thunlich, in dieselben unterge⸗ bracht wurden. Sie werden daselbst gut verpflegt und sind bisher nur 2 Todesfälle vorgekommen. r

In einer von dem 2c. Marcuse eingerichteten Suppenanstalt wer⸗ den 199 tägliche Portionen gesunder nahrhafter Kost verabreicht.

Die ungesundesten Wohnungen sind geschlossen und die Familien thunlichst in gesunderen Räumen untergebracht. Für gehörige Desinfection wird gesorgt und so sind seit vorigen Sonntag keine weitere Erkrankungen erfolgt. Die Zahl der Typhuskranken beträgt im Ganzen 23, von denen 18 in den Lazarethen untergebracht sind; die Unterbringung von 3 anderen dürfte noch erfolgen. .

Wiederholt wird mehrfach hervorgehoben, daß die von der Epidemie zuerst Ergriffenen gerade zu Leuten gehölen, welchen es nach ihrer ' e. Aussage weder an ausreichender Nahrung, noch an sonstiger Körperpflege gefehlt hat. . .

Eine frühere Notiz der Provinzial⸗Correspondenz« über den Ty⸗

. in Ostpreußen hat dem Abgeordneten Virchow Anlaß zu der zehauptung gegeben, die Regierung müsse von ihren Medizinalbeamten wohl nicht gut unterrichtet werden, da in jener Notiz jede Beziehun des Typhus zu dem Nothstande in Abrede gestellt werde, was mi einer Veröffentlichung der Gumbinner Regierung im Widerspruch stehe.

Hierauf bemerkt die Prov. Corresp.“, daß es so wenig ihr, wie den K. Medizinalbeamten beigekommen ist, jede Beziehung des Typhus zu dem Nothstande zu leugnen.

Was in Abrede gestellt worden ist, und mit vollstem Rechte, ist, daß r, . in Ostpreußen als eine Folge der Hungersnoth aus-

n sei.

Man erinnert sich des vor einigen Wochen in fast allen Zeitungen wiederholten Satzes: bereits sei in Folge des Nothstandes der Hunger⸗ typhus in Ostpreußen ausgebrochen.

Dieser Annahme gegenüber ist auf Grund zuverlässiger Berichte nachgewiesen worden, erstens, daß der Typhus in Ostpreußen in seiner Enstehung und ersten Verbreitung gar keinen Zusammenhang mit dem Nothstande gehabt habe, vielmehr zunäͤchst in Kreisen ausgebrochen sei, in welchen keine Noth vorhanden war, zweitens, . der so⸗ genannte Hungertyphus (der exgnthematische Typhus) überhaupt nicht unbedingt mit dem Hunger in Verbindung stehe, und sich keines weges allein in Folge schlechter und unzureichender Nahrung entwickele. „Sierauf kam es zunächst an, um die unrichtigen Behauptungen über die Entstehung und den Charakter des Typhus in Ostpreußen zurückzuweisen.

Danehen haben die betreffenden Medizinalbeamten hervorgehoben, daß sich der in Rede stehende Typhus nach den in Schlesien gemachten Erfahrungen unter einer hungernden Bevölkerung allerdings leichter und schneller verbreiten könne, als sonst, daß elende Verhältniffe, schlechte Nahrung, Kälte 2c. unter diejenigen Bedingungen gehören, unter welchen ansteckende Krankheiten sich überhaupt leichter verbreiten, und daß daher die Linderung des Nothstandes auch deshalb dringend hn wünschen sei, um einer weiteren Verbreitung des Thyhus vorzu— beugen.

Sachsen. Weimar, 3. Februar. Nach Ablauf von 3. Wochen seit Beginn des Landtags fand heute die durch die Geschäftsordnung für den Landtag vorgeschriebene Neuwahl des Landtagsvorstandes statt, in welcher der zeitherige Vorstand Fries als Präfident, Genast als erster Vice⸗Präsident und Hering als zweiter Vice⸗Präsident wiedergewählt wurde.

Veffen. Darmstadt, 3. Februar. Das »Regierungs⸗ blatt« Nr. 6 enthält eine Bekanntmachung des Großherzoglichen Ministexiums des Großherzoglichen Hauses und des Aeußeren, die Telegraphen⸗Ordnung für die Korrespondenz auf den Tele⸗ graphen⸗Linien des Norddeutschen Bundes betreffend.

Bayern. München, 3. Februar. Die »Süddeutsche Presse« meldet: Ihre Majestät die Königin⸗Mutter ist in Folge von Erkältung an akutem schmerzhaftem Rheumatismus, sedoch mit geringem Fieber erkrankt und wird demzufolge ihre Ge— mächer längere Zeit nicht verlassen können.

Bei dem dem Landtage vorgelegten Gesetzentwurfe über die Vermarkung der Grundstücke handelt es sich aus—⸗ schließlich um die Befriedigung eines lan dwirthschaftlichen Bedärfnisses, nämlich um die in einem großen Theile des Landes bis jetzt mangelnde Sicherung und Evidenthaltung des landwirthschaftlichen Grundbesitzes durch eine entsprechende und dauernde Grenzvermarkung.

Nach Art. 1 des Entwurfs kann die legale Vermarkun eines Grundstücks nur in der Voraussetzung stattfinden, da die Grenze desselben unbestritten und zweifellos feststeht, und das beiderseitige Anerkenntniß der Eigenthumsgrenze bildet hier⸗ nach die unerläßliche Voraussetzung, ohne welche der Grenz- nachbar nicht genöthigt werden kann, die Vermarkung vorzu⸗ nehmen, und wenn derselbe auf die Vermarkung sich nicht ein⸗ lassen will, indem er die Unbestrittenheit der Grenze in Abrede stellt, so muß eben der Antragsteller die Grenze vorerst durch gerichtliches Urtheil feststellen lassen. Sodann muß das Ver⸗ langen einer gemeinschaftlichen Vermarkung auf einem wirk— lichen Bedürfniß beruhen, d. h. das Grundstück muß wegen gänzlichen oder theilweisen Mangels der Grenzzeichen nicht hin⸗ reichend erkennbar und gesichert sein. Ist 6 Voraussetzung bestritten, so soll die Verwaltungs⸗Behürde auf Grund sach⸗ verständigen Gutachtens hierüber zu entscheiden haben.

Nach Art. 4 soll die Vermarkung in der Regel durch Steine geschehen und nur ausnahmsweise Grenzmarken von dauerhaftem Holz zulässig sein, wenn die Beschaffenheit des Bodens das Setzen von Steinen nicht gestattet, oder wenn die Beschaffung der letzteren mit unverhältnißmäßigen Kosten ver⸗ bunden ware. Die Motive rechtfertigen diese Bestimmung da⸗ mit, daß der praktische Nutzen des Gesetzes wesentlich dadurch bedingt sei, daß es den Grundeigenthümer berechtigt, die Ver⸗ wendung eines dauerhaften Materials zur Vermarkung zu verlangen, in welcher Hinsicht nur allein Grenzzeichen von Stein als geeignet zu erachten seien. Die meisten in Bayern bestehenden, sowohl älteren, als neueren Siebner-Ordnungen sprechen auch ausschließlich nur von steinernen Grenzzeichen, und solche sind auch in anderen deutschen Staaten, und zwar in neuerer Zeit namentlich durch das obenerwähnte großherzog⸗

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