und Saatkorn abgeholfen, der das Land am härtesten bedrückte, weil diese dem Landbau unentbehrlichsten Bedürfnisse bei der damaligen Mangelhaftigkeit der Verkehrsverhältnisse in der Provinz nicht einmal für Geld zu erstehen waren. Die König—= lichen Geschenke an Zugvieh und Cerealien repräsentirten nach damaligen geringen Preissätzen einen Werth von 306,550 Reichs thalern, wenn man jedes Pferd nur zu 16 Thlrn., den Wispel Mehl und Roggen zu 16 Thlr., den Wispel Gerste zu 12 Thlr. und den Wispel Hafer zu 8 Thlr. rechnet. .
Die hauptsächlichste Schwierigkeit, welche der Hebung des Ackerbaues in Pommern damals nach wie vor entgegenstand, blieb aber die bereits erwähnte Entvölkerung und der dadurch herbeigeführte Mangel an Arbeitskräften. ;
Die preußische Regierung hatte der Colonisation durch ge— werbefleißige Einwanderer von außerhalb schon seit lange beson— dere Aufmerksamkeit zugewandt; die bekanntesten Beläge dafür bieten die Aufnahme der 20, 000 französischen Reformirten, welchen Kurfürst Friedrich Wilhelm in Brandenburg Zuflucht gewährte, nicht minder die Uebersiedelung von einer Anzahl religiöser Flüchtlinge aus der Pfalz und Belgien unter König Friedrich J. und die Aufnahme der 20000 vertriebenen Salzburger durch seinen Nachfolger. König Friedrich II. strebte nunmehr mit erhöhter Fürsorge nach weiterer Ausdehnung der Colonisation und schuf eine vollständige Organisation der dazu dienlichen Maßnahmen. In Frankfurt a. M. unterhielt er zu diesem Zweck einen eigenen Agenten, den Geheimen Kriegsrath von Freytag, welcher mit erheblichen Geldmitteln zur Beförde— rung von Kolonisten nach Preußen versehen war.
Außerdem hatten die Legationen im Auslande die Herbei— ziehung von Ansiedlern zu betreiben, und auch den auf Wer— bung in die Nachbarstaaten ausgesandten Offizieren war Be— fehl ertheilt, während ihres Kommando's für die Einwanderung nach Preußen zu wirken. In dieser Absicht wurden ihnen, gleich den Agenten und Legationen, Extrakte aus den König— lichen Patenten zur Verbreitung zugefertigt, welche eine Ueber sicht der den Ansiedlern in Preußen verheißenen Benefizien ent— hielten. Solche bestanden in der Verschreibung von Ackerparzellen auf den Königlichen Aemtern zum erb- und eigenthümlichen Besitz und Gebrauch, in freiem Bauholz aus den Königlichen Forsten, Befreiung von Staats- und Kommunallasten für be—⸗ stimmte Jahre, und Schutz vor aller Werbung zum Militair— dienst, der den Ansiedlern selbst, ihren Kindern und ihrem Gesinde zugesichert wurde.
Die Bemühungen des Königs blieben nicht ohne Erfolg, denn schon beim Ausgange des Jahres 1771 war der durch den Krieg herbeigeführte Abgang an Einwohnern in Pommern nicht allein ersetzt, sondern die Bevölkerung schon um 30,584 Seelen größer als im Jahre 1756, es sind also seit jener Zeit 86,763 Personen wieder in das Land gezogen.
Um diese zu beschäftigen, ließ der König auf den pommer— schen Aemtern ansehnliche neue Kolonien anlegen, auch selbst einige Amtsvorwerke dazu abbauen und wirkthschaftliche Ver—⸗ besserungen aller Art ins Werk setzen; durch Trockenlegen und Ausroden wüster Brücher, Kuͤltiwvirung wüster Feld— marken, Wegnehmen der Wassermühlen, soweit Ackerland oder Wiesen dadurch unter Wasser gesetzt wurden, Abgraben der Felder, Ansetzen von Familien und Erhöhung des Viehstandes auf den Domainen und adeligen Gütern. Die Besitzer der letzteren erhielten die Aufforderüng, sich unter Einreichung der von den Landbaumeistern und sonstigen Regierungs-Kommissa—⸗ rien zu revidirenden Kosten-Anschläge um die zinsfreie Ueber— lassung von Kapitalien zu den vorzunehmenden Meliorationen bei der Kammer zu bewerben, deren Bewilligung alsdann an die hypothekarische Eintragung ratione candonis geknüpft wurde. In der Regel wurde gleichzeitig die Aufnahme einer Anzahl von fremden Kolonisten zur Bedingung gemacht. Vor der Ankunft solcher Leute erhielt die Lammer von Berlin aus Nach= richt, um nach Maßgabe des Bedürfnisses den Ansiedlern vor— läufiges Unterkommen zu verschaffen, sowie die weitere Be— förderung und die definitive Vertheilung derselben zu bewirken und zu regeln.
Die Meliorationen, welche der König nunmehr unter des Geheimen Finanz⸗Raths v. Brenkenhoff Leitung auf diese Weise in's Werk setzte, zerfallen in zwei Kategorien, nämlich in solche, deren Ausführung die Staats⸗-Regierung selbstthätig übernahm, und solche, fuͤr welche sie fördernd durch Darleihen von Kapital, Ueberlassung von Bauholz oder Ueberweisung von Ansiedlern u. s. w. den privaten Unternehmern hülfreich zur Seite trat.
Diese letztere Kateg orie steht in engem Zusammenhange mit der Gründung und Verwendung des pommerschen Melioö— rationsfonds, dessen bereits Erwähnung geschehen ist; die Erfolge der auf diese Weise von Privatpersonen Uunternomme— nen Meliorationen entziehen sich jedoch der genaueren Dar— stellung, weil es dazu an dem nöthigen Material gebricht.
Dagegen geben die Akten des Archivs der Königlichen Re—
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gierung zu Stettin eingehendere Auskunft über die vom Staate unmittelbar im dortigen Verwaltungsbezirk zur Ausführung gebrachten Entwässerungen. U
Diese Art der Aufbesserung der Ertragsfähigkeit von Grund und Boden war für den Regierungsbezirk Stettin wegen seiner wasserreichen Beschaffenheit die bei weitem wichtigste. Ein Theil desselben fällt bekanntlich in das untere Stromgebiet der Oder, die sich vor ihrer Mündung in die Ostsee in mannichfache Arme verzweigt und vor den Inseln Usedom und Wollin zu dem Stettiner Haff erweitert. In einem anderen Theile stagni— ren in Folge der geringen Abdachung des Bodens die zahlreich durch das lockere Erdreich dringenden Quellen zu Secn und Sümpfen, welche ein Glied in der Kette der stehenden Gewässer ausmachen, die, gleich einem Kranze, an den Küsten des bal— tischen Meeres von Mecklenburg bis in die russischen Ostseepro⸗ vinzen entlang zieht. Wo die obere Erdschicht fester und weniger porös ist, bildet sich durch die häufigen unter— irdischen Quellen Grundwasser, welches den Boden an vielen Stellen kalt und unergiebig macht. Der Ueberfluß an Wasser ist aus diesen Gründen stets ein Haupterschwerniß für das Ge— deihen der pommerschen Landwirthschaft, und zwar häufig in so hohem Grade gewesen, daß ausgedehnte Landstriche ganz oder nicht genügend benutzt bis in die Neuzeit liegen blieben, wo die Fortschritte, die der Landbau durch 2 nwendung der Drainage mittelst unter der Erde liegender Röhren erfahren hat, auch diesen Grundstücken zu Gute gekoinmen sind. Damals kannte man nur die Kanalisirung durch Grabensysteme über der Erde; auf diese Art sollte die „Trockenlegung schädlicher Sümpfe und' Ab⸗— lassung von Seeen«, die eine hervörragende Stelle in dem Pro— gramm des Königs für die Hebung des pommerschen Land— baues einnahm, zur Ausführung gelangen. Sie wird in den bezüglichen Allerhöchsten Kabinets-Ordres an von Brenkenhoff stets von Neuem betont und in Folge dessen auch von letzterem der pommerschen Kammer als Objekt ihrer eingehendsten Er— mittelungen wiederholt empfohlen.
Wir beschränken uns darauf, die bedeutendsten unter Staats- leitung im Regierungs-Bezirke Stettin zu Stande gebrachten Meliorationen durch Entwässerung in übersichtlicher Darstellung folgen zu lassen. Die Nachrichten über andere Meliorationen aus jener Zeit, als Radungen, Anlage von Kolonieen u. s. w. sind theils ungenau, theils lückenhaft und fehlen sogar über einzelne nicht unerhebliche Unternehmungen dieser Art völlig.
. Die erste unter den großen pommerschen Meliorationen ist die Ablassung des Madue Sees und des Ploene Bruchs. Die Madue liegt zwischen den Städten Pyritz und Alt⸗Damm im Amte Colbatz und ist durch ihren Reichthum an allerlei Fischen, namentlich aber die ihr eigenthümlichen Maränen, auch über die Provinz Pommern hinaus bekannt.
Der Geheime Finanz „Rath von Brenkenhoff hielt diese Gegend für besonders geeignet zur Vermehrung der Landes- Einwohner und entwarf daher im Jahre 1769 einen Plan, nach welchem durch Ablassung des See's nicht allein eine Renge sonst unbrauchbarer und der beständigen Ueberschwemmung a gesetzter Brücher und Wiesenplätze trocken gelegt und nutzbar gemacht, sondern auch ein Theil des Seerandes zur Weide⸗ und Brasnutzung verwerthet werden sollte. Der Plan fand des Königs Billigung und wurde zur Ausführung gebracht, die erforderlichen Kosten im Betrage von 36,231 Thlr. wurden auf die Hof ⸗Staatskasse angewiesen.
Der Bezirk, welcher während der Jahre 1770 und 1771 durch diese Melioration nutzbar gemacht würde, hatte einen Flächen⸗ Inhalt von 14,333 Morgen. Das Areal gehörte einestheils zu den im Königlichen Anite Colbatz belegenen Dörfern, an— derntheils aber z den dort angrenzenden adligen Gütern, und zwar betrug die fiskalische Fläche 7795, die private 6543 Mor— gen, Hiervon überließ der König einen großen Theil an die bisherigen Besitzer in den Amtsdörfern behufs Verbesserung ihrer Höfe und Nahrungen durch nutzbares Weide und Wie senland, außerdem aber siedelte er 156 ausländische Familien mit 712 Personen auf dem Theile des trocken gelegten See— bodens an, welcher sich im fiskalischen Eigenthum befand.
„Die durch dies Unternehmen den Königlichen Kassen neu zufließenden Einkünfte waren so beträchtlich, daß sich bas auf die Melioration verwandte Kapital zu 75 Prozent jährlich ver⸗ zinste. Erheblicher aber noch als der fiskalische war der den adligen ,,, hieraus erwachsende Nutzen, denn diese waren frei von Kapitalsaufwendungen geblieben und hatten zu ihrer Ackerfläche Wiesen erhalten, an welchen die ganze dortige Gegend Mangel leidet.
Nachdem von Brenkenhoff durch öftere Besichtigung jener Verbesserung während der Zeit ihrer Ausführung die Gegend näher kennen gelernt hatte, bemerkte er, daß auch jenseit der Madue durch Ürbarmachung der am Ploene⸗ Strom belegenen vielen wüsten Brücher, und namentlich des sogenannten »großen Geluchs« ein erheblicher Nutzen für den Ackerbau daselbst ge
zur Vereinigung beider Gemeinden leg Hochstaden, der seinen Wohnsitz von Cöln nach Bonn verlegte, dieses befestigte und ihm, die Gerichtsbarkeit, den Zoll und die SHerbstbede von 100 Mark sich selbst vorbehaltend, Stadtrechte bestätigte und verlieh.
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stiftet werden könnte. Der entworfene Kostenanschlag bestätigte
diese Meinung und erhielt die Allerhöchste Genehmigung. Der König wies zur Deckung der entstehenden Kosten im Jahre 1774 eine Summe von 39,060 Thlr. an.
In diesen oberhalb der Madue an der Ploene gelegenen
urbar gemachten Brüchern und besonders im »großen Geluch«
sind allmälig 1560 auswärtige Familien angesiedelt. Die nächstfolgende Melioration war die Ablassung des im
Amte Pudagla auf der Insel Usedom belegenen Thur ⸗Bruchs. Diese kam im Jahre 1777 zur Ausführung, und ermöglichte nicht nur die Anlage einer ansehnlichen Kuhmelkerei, sondern auch die Niederlassung von 30 fremden Familien mit 82 Personen, die dort einen sehr guten Nahrungsstand fanden, und erst nach Verlauf von 3 Freijahren einen geringen Zins zu entrichten hatten.
Die Kosten dieses Unternehmens beliefen sich zwar auf
106477 Thlr., der jährliche Amts- Etat wurde aber dadurch um über 400 Thlr. erhöht.
Bonn. 1
Bonn, eine der ältesten Städte des Rheines, entstand aus zwei
von einander getrennten selbstständigen Gemeinden: dem bei dem eastrum Bonna gelegenen Orte Bonn und der um das Cassiusstift(Münsterkirche) sich ausbreitenden villa Basilica, welche vom 10. —14. Jahrhundert auch den Namen Verona oder Bern fiuührt. von Letzterem . . sowie Dietrich von Bern haben Bonn mit der Geschichte der römischen Kriegszüge auf's Innigste verbunden und zu einem
und Drusus, die
Cäsar 6. Brücke,
Die Eroberungszüge des Rhein
hier über den geschlagene
klassischen Boden der deutschen . . . . irzbise c
Lacomblet, Urkundenbuch II. 284). Als unter Marcus Agrippa die Ubier sich auf der linken
Rheinseite ausdehnten, gehörte Bonn zum Lande derselben, und das Jahr 70 sah Civ
Kampfe gegen die Römer und die ihnen verbündeten Ubier als Sieger vor den Thoren des Kastells Bonn. (Lac. hist. IV. 20. Das dritte Jahrhundert, die Zeit der großen deutschen Völker— bündnisse,
der AUbier.
den Helden der Bataver, Civilis, im
Franken in die Sitze folgt die Herr— Hofessystem
ripugrischen den Merowingern deren Institutionen,
bringt die Nach
schaft der Carolinger,
und Gemeinde⸗-Verfassung Bonn als Hauptstadt des Ahr— gaues (des auch nach ihm benannten Bonngaues) sich völlig
ormannen heim
aneignete. Von den Plünderungszügen der
gesucht, erholte es sich unter den Ottonen und der Herrschaft der Cölnischen Erzhischöfe schnell, so daß es bald neben Cöln als die wichtigste Stadt des Eezstiftes erscheint. Während Cöln jedoch bald den Handel als die belebende Ader des öffentlichen Ge⸗ deihens erkannte und in dem Bewußtsein der durch eigene Kraft erworbenen Schätze die Bewahrung der erlangten Privilegien und fortwährende Erweiterung derselben anstrebte, den Erz—
bischof mehrmals aus seinen Mauern vertrieb, hielt die Stadt Bonn immer zum Erzbischof, dessen Sache sie zu vertreten
sich sehr angelegen sein ließ, für den sie daher auch kämpfen und dulden mußte. ihe
bischöfe in dem ihnen ergebenen Bonn. Dem von König Rudolph verkündeten und von sämmtlichen Territorien und Städten des
Mit Vorliebe verweilten daher die Erz—
Niederrheins ersehnten Landfrieden trat Bonn 1288 bei und wurde mehrfach in die wegen der Rheinzölle zwischen den Cöl— nern und dem Erzbischof ausgebrochenen Streitigkeiten ver— wickelt, in denen der Zoll bei Bonn bald aufgehoben, bald wieder eingerichtet wurde. .
Das freundschaftliche Verhältniß der Stadt zum Erz— bischof erlitt im 14. Jahrhundert eine Veränderung. Als
bei der allgemeinen Ansicherheit und den fortwährenden Fehden dieser Zeit die Städte sich zum Zwecke der Selbsthülfe unter
sich verbündeten, ging auch Bonn verschiedene Verbindungen mit Nachbarstädten ein. So schloß dasselbe 1301 mit Ander⸗ nach, Coblenz, Boppard und Wesel ein Schutz und Trutzbünd⸗ niß und trat im Jahre 1359 einer Verbindung gegen den Cölner Erzbischof bei. Als nämlich Wilhelm von Gennep den Land⸗ frieden dadurch zu brechen schien, daß er die Insel Rolands— werth befestigen und daselbst einen Zoll anlegen wollte, ver⸗ banden sich die Städte Cöln, Coblenz, Andernach, Bonn (Cacom⸗ blet Urkb. III. 589), um dieses Vorhaben zu vereiteln, was ihnen auch gelang. Das von Bonn zu stellende Kontingent wird auf über 500 Mann festgesetzt, und am 8. September
desselben Jahres schließen diese Städte ein Schutz- und Trutz— Bündniß auf 19 Jahre — Bünbnisse, die sich im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts mehrmals wiederholen.
Die Reformationsgeschichte des Erzstifts Cöln darf Bonn nicht unerwähnt lassen. Erzbischof Hermann V. von Wied zog den ihm von dem Konvente zu Hagenau (1540) her be— kannten Martin Bucer an seinen Hof und beauftragte ihn, in Bonn am I7. Dezember 1543 von öffentlicher Kanzel herab zum ersten Male die neue Lehre zu verkünden. Melanchthon, Hedion, Pistorius, Sarcerius überwanden, da sie vom Erzbischof und dessen Bruder Friedrich, Stiftspropst in Bonn, beschützt wurden, den ihnen vom Domkapitel bereiteten Widerstand und leisteten Bucer Hülfe. Bonn stand an der Spitze der reformatorisch gesinnten Städte des Erzstiftes. Der Befehl des Kaisers' Karl V., der auf einem Zuge gegen den Herzog von Cleve in Bonn beim Erzbischofe abstieg, letzterer solle Bucer, Sarcerius und Hedion entlassen, hatte keinen nennenswerthen Erfolg, und auch der vom Papst Paul III. 1546 über den Erzbischof selbst ausgesprochene Bannfluch würde die reformatorischen Bewe— gungen nicht unterdrückt haben, wenn nicht Hermann freiwillig sich zurückgezogen hätte. Sein Nachfolger Adolf III. von Schauen⸗ burg wußte durch Ausweisung der Reformatoren den alten Glau— ben wieder herzustellen und auch die folgenden: Anton von Schauenhurg, Johann Gebhard von Mansfeld, Friedrich 1. von Wied und Salentin von Isenburg beharrten streng bei der katholischen Lehre. Letzterer erwarb sich um Bonn dadurch Verdienste, daß er an Stelle des alten vorfallenen Schlosses ein neues erbaute, welches sich vom Stockenthore bis zum alten Zoll ausdehnte. Die Zeit hat jede Spur hiervon verwischt. Erst unter Gebhard II. Truchseß tritt Bonn wieder in den Vordergrund. Bonn bildete die Stütze der Neuerer, auf Cöln war dagegen die Hoffnung der Anhänger des alten Glaubens gerichtet. Das Verhältniß Gebhardis zur Gräfin Agnes von Mansfeld, Stiftsdame zu Gerresheim, und die zu Bonn vollzogene Heirath derselben sind zur Genüge bekannt.
Innerhalb Bonn's Mauern wurde ein denkwürdiger Kampf ausgefochten. Gebhard verließ am 4. Februar 1583 mit seiner Gemahlin Bonn, indem er die Vertheidigung dieser Stadt gegen die Truppen des neuerwählten Erzbischofs Ernst von Bayern seinem Bruder Carl anvertraute. Mangelhaft ausgerüstet, ohne genügende Unterstützung, von seinen eigenen Soldaten verrathen und ausgeliefert, wanderte Carl am 29ten Januar 1584 in die Kriegsgefangenschaft, während die Besatzung capitulirte und bahyrische Sol⸗ daten die Stadt besetzten, in welche der Erzbischof Ernst selbst am 2. Februar 16584 feierlich einzog. Jedoch war hiermit der Protestantismus noch nicht in seinem Keime erstickt. Plötzlich in der Nacht vom 22. — 23. September
1587 erschien Martin Schenk von Nideggen vor Bonn, überrumpelte und plünderte die Stadt. Bonn ertrug wieder die Schrecken einer halbjährigen Belagerung (März bis Sep— tember 1588) durch das gus Deutschen und Spaniern bestehende Heer des Erzbischofs. Am 28. April 1588 endlich kapitulirte Schenk und verließ Bonn mit verwüsteten Kirchen und Klöstern, zusammengeschossenen Häusern und Mauern. Im 30 jährigen Kriege hatte Bonn zwar keine Belagerung, wohl aber Streif— züge der Schweden, welche mehrfach im Besitze der umliegenden Hen ter hahe ü eg fahren
Erzhischof Maximilian Heinrich leitet eine für Bonn trau— rige Reihe von Ereignissen ein. In Bonn erhoben sich fran— zösische Magazine, französische Truppen quartierten sich dort ein. Unter Leitung des Prinzen von Oranien und Grafen
Montecuculi mußte daher Bonn 1673 von Neuem helagert und für das deutsche Reich zurückerobert werden, eine Belagerung, die sich in Folge der Wahl Egon's zum Coadjutor und 1688 zum Erzbischof im Jahre 1689 wiederholen sollte. Die Fran⸗ zosen überflutheten das Erzstift und besetzten Bonn. Branden burgs Fürst war diesmal die Aufgabe zugefallen, Bonn den Feinden zu entreißen. Bonn hat wohl durch keine andere Belagerung so gelitten, als durch diese. Kirchen, Klöster, Privathäuser sanken in Schutt und Asche. Eine Denk— münze, die auf der einen Seite die Belagerung der Stadt mit der Umschrift: »Bono redit omine Bonna« enthält, sollte ein ewiges Andenken an diese Belagerung und Eroberung sein. Die Politik Clemens Joseph's, der allein von den deutschen Fürsten mit dem Kurfürsten von Bayern im spani⸗ schen Erbfolgekriege die deutsche Fahne verließ, um sich mit Frankreich zu verbünden, zog Bonn 1703 die fünfte Bela— gerung durch den holländischen General Cochorn zu, der unter Marlboroughs Oberbefehl den Angriff leitete. Die Fran— zosen mußten die Stadt räumen. Die Festungswerke Bonns wurden in Folge der Friedensschlüsse von Baden und Rastatt (1714) auf Verlangen der Holländer geschleift. Es leuchtet ein, daß eine so vielfach von Kriegsstürmen heimgesuchte Stadt