1868 / 228 p. 12 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

welches den Männern zum Aufenthalt angewiesen war, daneben ein . Raum, welcher als Schlafzimmer oder Wachstube benutzt wurde, und ein kleiner Gang. Rechts ssüdlich) vom Speisesaale liegt das mit einem Kamine versehene Frauen⸗ gemach mit ähnlichen Nebenräumen. Im zweiten Stockwerk gelangt man von den Greden aus zunächst in ein von der Galerie abgeschnittenes Vorzimmer vor dem Landgrafen— zimmer. Hier hielt sich die Wache auf und warteten die— jenigen Personen, welche die Geschäfte zum Landgrafen führten. Das daran stoßende Landgrafenzimmer, das Wohn-, Geschäfts⸗ und Empfangszimmer des Landgrafen, welches, wie oben erwähnt, mit der Kemenate in Verbindung steht, ist möglichst wohnlich eingerichtet. Seine etwas erhöhte Lage und deshalb geringere Höhe bedingt leichtere Heizbarkeit, wohin auch ein ungewöhnlich weit vortretender Kamin zielt. In der Mitte des Raumes, dessen Schmuck in Wandmalereien des Professors Moritz von Schwind, in Teppichen und eichenen Möbeln besteht, ist eine schöne Säule aufgestellt. Die Teppiche an der Wand sind gemalt, da die kostbaren gewebten Teppiche nur bei festlichen Gelegenheiten darüber gehängt wurden. Eine von Löwen bewachte Thür führt südlich in den Sängersagal, den ursprünglichen Festsaal. An der Nordseite ist die Laube, eine um einige Stufen erhöhete, durch eine Bogenstellung vom Saale getrennte Bühne mit Stein bänken, auf welchen die Sän— ger saßen, bis einer nach dem anderen hervortrat, um unter den Arkaden zu singen. Gegenüber, an der Südfeite, befand sich die sog. Brücke, eine drei Stufen hohe Estrade, auf welcher der Landgraf und seine Gäste Plaß nahmen. In diesem Saale, in welchem der Sängerkrieg stattfand, ist der letztere durch ein großes von Schwind'sches Gemälde dargestellt; die Sänger⸗ brücke zeigt nach den Entwürfen von Ritgens und der Ausfüh— rung des MalersHofmann eine Rosenlaube mitSpruchbändern und den Bildern der berühmten Sänger. Aus dem Sängersaal ge⸗ langt man durch die mit von Schwind'schen Fresken aus deim Leben der h. Elisabeth geschmückte Galerie (Elisa bethen⸗Galerie) nach der am südlichen Giebel belegenen Kapelle, welche von Landgraf Friedrich dem Gebissenen hierher verlegt wurde. Die Kapelle ist reich an Kunstschätzen, unter welchen wir die von dem Maler Welter aus Cöln ausgeführten Wandgemälde und die nach Entwürfen desselben Künstlers gefertigten Glas-Male— reien hervorheben. Diesen Kunstschmuck verdankt sdie Kapelle mit anderen Ihrer Majestät der Königin Augusta von Preußen. Ihr drittes Stockwerk erhielt die Palas erst im J. 1130, als Ludwig II. durch den Kaiser Lothar gefürstet war und die unteren Räumlichkeiten der glänzenderen Hofhaltung nicht mehr genügten. Das dritte Stockwerk nahm ein großer bis in das Dach reichender Saal ein, der jetzt in seinen früheren Dimen— sionen wiederhergestellt und mit den unteren Räumen durch eine Treppe, deren Vorhandensein in früherer Zeit nicht festge⸗ stellt ist, in Verbindung steht. Ueber dem Haupteingang zum Saale, in der Mittelwand an der Galerie liegt der Balkon, auf welchem die Musik ihren Platz hatte und von welchem herab auch der Herold das, was zur Ordnung der Festlichkeiten nöthig war, verkündete. Die Decke des Saals wird von 16 Haupt trägern (Bindern) gestützt, an welchen die Entwickelung des Christenthums bis zu den Kreuzzügen veranschaulicht wirß die . Decken und Wandgemälde (von Welter), so wie ämmtliche Bildwerke im Saale stellen die christliche Welt⸗ im 12. Jahrhundert und die thüringischen Land— Träger derselben, dar. ͤ Hofburg die geistige Bildung Deutsch— lands im 123. und 13. Jahrhundert zu vergegenwärtigen, ist daher im Wesentlichen vollendet, nur das Bild des mittelalter⸗ lichen Burglehens bedarf noch in einigen Zügen der Vervoll⸗ k Hierhin gehört die Wiederherstellung des Bades, welches im 13. Jahrhundert, als die Sitte des häufigen Badens durch die Kreuzzüge aus dem Orient herübergebracht ward, am Südende des Landgrafenhauses angebaut wurde. Nach dem auf Grund der noch erhaltenen Fundamente angefertigten Entwurfe wird ein Treppenthurm zum Wasserspiegel in dem von oben beleuchteten mit Wandgemälden geschmückten Bade⸗ raum hinabführen. Auch der 30 Pferde fassende Marstall, der sich wie üblich dem Eingange zum Palas gegenüber befand und nach vielen Wandelungen jetzt als Brauhaus dient, harrt noch seiner Wiederherstellung. Endlich hat auch der Zwinger, d. h. der südlich vom Palas und dem Brauhause tiefer be⸗ legene Theil der Wartburg, welcher früher der Vertheidigung wegen noch besonders abgeschlossen war, seine frühere Gestalt noch nicht wiedererhalten.

,,, grafen, al Die Aufgabe, in der

6

Die antike Rüstkammer des Emdener Rathhauset, (Nach der Schrift des Amts-A1ssessors Alexander Rolffs.)

„Im Mittelalter bewahrte der alte thatkräftige Stamm des Friesenvolkes, zwischen Schelde und Elbe an der Küste der Nordsee angesessen, lange Zeit seine Unabhängigkeit. Stetz war er waffenbereit, um das Land gegen die Einfälle ö. seeräuberischen Normannen zu schützen, und eben diese Auf⸗ gabe entband ihn auch von der Kaiserlichen Heerfolge. Dabei behauptete Emden, die Hauptstadt des friesischen Emsgauegß als Handelsplatz und Scefeste weithin den oberften Rang auf dem fruchtbaren Küstenstriche an der Nordsee. Die Stadt leitet ihre Entstehung von römischen Militairkolonisten ab, ihr Alter zählt mit dem laufenden Jahrhundert; sie war im Besihe des Münz- und Zollregals, einer eigenen Land- und Seemacht schlug Land und See-Treffen, schloß besondere Friedens und Handels⸗Verträge, gewährte Schutz und Zuflucht ben des Glau⸗ bens wegen Bedrängten und Verfolgten und war im Mittel. alter eine der wohlhabendsten deutschen Städte. Was sst also natürlicher, als daß eine solche Stadt voll Reichthum und Macht zu Lande und zu Wasser gerüstet stehen und als Waffen. kammer des Umlandes dienen mußte?

Der gewöhnliche Ort, wo die Waffenvorräthe der Stadt aufbewahrt zu werden pflegten, war das Rathhaus. Dasselbe war, wie es jetzt dasteht, im Jahre 1576 nach dem Antwerpener Vorbilde, mit vielem Aufwände dem älteren gegenüber, im neuen Stadttheil aufgeführt und in ihm 1594 ein Raum für die Rüstkammer hergerichtet. Wie das Inventarium der da⸗ maligen Rüstkammer beschaffen gewesen, läßt sich nicht mehr genau feststellen, die erste zuverlässige Kunde über den städtischen Waffenbestand rührt aus dem Jahre 1606 her.

Nach einem amtlichen Ausweise vom Jahre 1606 enthielt die eigentliche Rüstkammer auf dem Rathhause: 187 Rüstungen und 1 Kurselet (Korset, Wamms). Es gab da bunte Harnische mit Beinschienen, blanke Rüstungen mit Korset, schwarze mit Rundkragen, volle mit Arm- und Beinschienen, Sturmhauben und sonstigem Zubehör, schwarzgeritzte mit rundem Kragen und Sturmhauben, scharfrunde und blaue mit Hut und langen Kragen, Beinscheeren und Handschuhe, 31 Schlachtschwerter, Z Hellebarden, 11 Kneuelspete (die noch jetzt vorhandenen Sturmfackeln, 13 Morgensterne, 13 Flegel, 317 Spieße, 75 Sturmhaken, 59 doppelte eiserne Haken, 827 Musketen, Rohre ze, 2 Topständer (Mastkorbgeschüße), J Flagge, 2 Trom⸗ meln, 801 Erdsicke (zur Füllung der Breschen), Rundazt, 2Kaliebern (Pulver oder Kugelmaße), 4 Frendels (Zündruthen, Außerdem besaß die Stadt 124 Kanonen aus Bronze oder ECisen, die bezeichnet werden, als Stadt- und Wallgeschütze, als Götelingen mit beigegebenen Harpunen, Halbe Karthaunen, Halbe und Drei— viertel Schlangen, Steinstuͤcke, Falkenets, Feuermörser, Couvry⸗ stücke zc., Metall- oder Steinkugeln werfend von 3 234 Pfund. Das Pulverquantum, welches die Stadt innerhalb 5 Monaten verbrauchte, belief sich auf 39,44 Pfund. Die Vorräthe wur⸗ den aufbewahrt auf dem Rathhause neben der Rüstkammer, im Rathhausgewölbe und in dem feuerfesten blauen Thurme, an der Langenbrücke beim Zollhause. .

Vergleicht man den gegenwärtigen Bestand der Rüst kammer mit dem vom Jahre 1696, fo ergiebt sich, daß vieles Veraltete und Werthlose ausgeschieden, dafür aber kostbare Gegenstände in ihre Stelle getreten sind. So ist z. B. das grobe Geschütz fast ausnahmslos verschwunden, und mit demselben Erdsäcke, Sturmhaken, Topständer ꝛc. Dagegen ist die Samm⸗ lung bereichert durch Stahlpanzer, Rundschilde, Ritterschwerter, Degen, Lanzen, Streitäxte, Enterbeile 2c., ferner durch seltene Feuergewehre, darunter kostbar eingelegte Flinten und Faust büchsen, dann eine Anzahl Fahnen und Standarten aut den verschiedensten Zeitaltern, Kriegögeräth, historische Den kwürdig⸗ keiten u. s. w. Diese Seltenheiten und Prachtstuͤcke sind grö tentheils selbsterworbene Kriegsbeute, welche dem Grafen Mannk— feld, der ganz Ostfriesland brandschatzte und dem nur Emden Trotz bot, abgenommen waren. Diese Beutestücke, welche Graf Mannsfeld aus Schlössern, Burgen, Städten u. s. w. heim zuführen gedachte, fielen der Emdener Rüstkammer dadurch anheim, daß die Stadt auf einen Convoi und auf zwei mit Mannsfeldischem Raubgut beladene Schiffe Beschlag legte, über haupt die Mannsfelder, wo sie sich auch in der Umgegend fest⸗ setzen wollten, schlug.

Die Bestände derselben zerfallen in 4 Kategorien:

. A. Abwehr oder Schutzwaffen. Unter den ritter. lichen Stahl- und Eisenkleidern der Waffenhalle sind folgende bemerkenswerth: .

Die Rüstung des Gerhard Bolardos, Führers . Bewegung des Jahres 1595, eines angesehenen Bürger Kirchenältesten und Stifters der bürgerlichen Kriegskammer (einer Art Kriegskanzlei der Stadt Emden; dieser gegen

über die Rüstung des Grafen Ludwig von Nassau, des Vorkämpfers der niederländischen Unabhängigkeit, welche den bestimmenden Einfluß des Hauses Naͤssau - Oranien auf die Geschicke der Stadt Emden vergegenwärtigt. Diese blanke Reiterrüstung ohne jeden prunkhaften Schmuck trug der Hraf zuletzt in der unglücklichen Schlacht bei Jemgum im Jahre 1568 egen den Herzog Alba, in der 7000 der Seinen blieben und nach welcher der Feldherr mit den Heerestrümmern nach Emden flüchtete. Mit den nach der Schlacht aufgesuchten zerstreuten Waffen ge⸗ langte auch die Feldherrnrüstung hierher. Im Centrum befin⸗ den sich die Leibharnische der Grafen Enno, Edzard und Allrich Eyrksena von Greetfiel. Die Grafen waren nach einander Häup— linge des Bundes der Freiheit vom 10. November 1430 Bu Schutz und Trutz wider Jeden, der die Freiheiten des andes antasten wollte) und bei ihren Zeitgenossen als Krieger und Staatsmänner in hoher Achtung; Ulrich, seit 14654 Reichsgraf, förmlicher Regent und Oberhaupt Oftfries— lands, ernannt und anerkannt durch Kaiser, Geistlichkeit, Ritterschaft und Bauernstand, ist wohl als der ursprüngliche Begründer der Emdener Rüstkammer anzusehen, da er 1465 die städtische Bürgerbewaffnung bestimmte.

Unter den übrigen 176 Panzerrüstungen und Harnischen besinden sich viele, welche Führern und Kriegshauptleuten angehört haben, und welche ihrer Form und Beschaffenheit nach aus dem sechszehnten oder siebzehnten Jahrhundert stammen.

Die geschmackvollen künstlichen Rundschilde mit mytholo— gischn und biblischen kriegerischen Darstellungen auf dem blanken Stahl sind in das Ende des 15. Jahrhunderts zu ver—

legen.

B. Die Hieb, Stoß- und Schlagwaffen. Die Schwerter sind meistentheils Beiderhander, die Ritterschwerter dagegen minder gewichtig als jene, letztere gehören der eigentlichen Blüthezeit des Mittelalters an. Früheren Ursprungs aus der ersten Zeit des Mittelalters sind die Morgensterne, Stechäpfel und Flegel. Bei den Stangenwaffen, Piken, Partisanen, Hellebarden, Spießen u. s. w. macht sich schon der Einfluß der Pulvererfindung bemerkbar; dieselben sind in Holz und Eisen, nicht so gewichtig als ehedem, wo die Feuerwaffe sie noch nicht aus dem Felde ver— drängt hatte. Nur die Hellebarden sind schwerer, künstlicher geformt und mit eingeschlagenem Zierrath bedeckt, oder mit Figuren, Köpfen und Schnörkeln in durchbrochener Arbeit aus—

geführt.

C. Feuerwaffen oder Schießgewehre. Was die Sammlung von Feuerwaffen, 990 an der Zahl, anbelangt, so übertrifft dieselbe die meisten andern in Deutschland. Es sindet sich hier die Geschichte der Entwickelung des Feuergewehrs seit der ursprünglichen bis zur vollkommensten Form der mo⸗ dernen Waffe veranschaulicht. Dem Alter uach voran steht die Luntenflinte, bald schwerfälliger, bald handlicher, je nach den

verschiedenen Ursprungszeiten, hiervon sind 321 Stück vorhanden. Das Alter der Gewehre, zusammengehalten mit der Verpflichtung

des Grafen Ulrich Cyrkfena vom Jahre 1453, im Kriegsfalle

eine entsprechende Anzahl Schützen auf seine Kosten zu stellen, läßt vermuthen, daß die alten Flinten etwa gleichzeitig mit den AKäflichen Harnischen auf die Rüstkammer gekommen sind. Dann folgt das Rad⸗, Batterie- und Perkussionsgewehr, als

Karabiner,

Rohr, Musketen“, Pürsch⸗ und Faustbüchse, Bajonnetflinte, Pistole u. s. w. in leichtem und schwerem Kaliber,

. mit Einlagen aus edlen Metallen, Elfenbein, Perlmutter, Dar—

stellungen aus Geschichte und Mythologie, Jagd- und Wald—

leben, Heraldik u. s. w., mit Monogrammeen, Jahreszahlen, Wappenschildern, welche auf Herkunft, Alter und Besitzverhält⸗

nisse deutlich zurückweisen. lichen Waffen Kabinetten

1

Einige hiervon aus den Fürst— von Kur⸗Sachsen und Kur⸗

Brandenburg sind Meisterwerke von ganz besonderer Schön—

beit. Als sehr werthvolle und zugleich höchst interesfante Stücke der Rüstkammer sind noch zwei Reiterpistolen zu erwähnen, die eine ähnliche Vorrichtung haben wie die heutigen Zündnadel⸗ und Hinterladungsgeschütze. Oberhalb der Schwanz—

chraube öffnet sich nämlich der Lauf am Unterende bis zur

SHöälfte des Durchmessers auf drei Zoll Länge, mittelst einer

außerlich nicht sichtbaren Feder.

Innerhalb der Oeffnung be—

sindet sich eine freiliegende Stahlhülse in Form einer Pakrone

zur Lad er vird, und das Gewehr nunmehr schußfertig ist. vorhandene

ens aus dem 17. Jahrhundert herrühren. nnteressant ist eine Doppelpistole mit wagerecht

Herausnahme und zur Aufnahme des Schusses oder der ung bestimmt, worauf die Klappe wieder nn,

a Radschloß die übrige alter— thümliche Formation zeigen an, daß beide Pistolen späte— Nicht minder über einander

und ganze

liegenden Läufen, eine Art Revolver alter Form. Am Hanp—

ö . .

bügel befindet sich nämlich eine hinten in den Lauf eingreifende

Feder, mittelst welcher derselbe beliebig umgewendet und an die mit Steinschloß versehene Batterie gebracht werden kann. .

An grobem Geschütz sind vorhanden: eine metallene Schiffs= Kanone, zwei metallene Kanonenmodelle, nach denen die Ge— schützstücke gefertigt wurden, mit welchen die Bastionen der ehe⸗ maligen Festung Emden besetzt waren, und zwei eiserne Böller oder Handmörser.

D. Kriegsgeräthschaften und Armaturen. Hier— hin gehören: Sturmfackeln, Schießgabeln, Bandeliere mit Pulverbüchsen, Patrontaschen, Pulverwagen, Pulvermörser, Kugelformen, Kugeln, Pauken, Trommeln , Banner, Stan⸗ darten, Fahnen u. s. w.

„„Zum Schluß sei noch erwähnt, daß auf der Rüstkammer nächst der eigentlichen Waffensanimlung und einzelnen Waffen neuerer Zeit, auch verschiedene historische Denkwürdigkeiten vor— handen sind, u. A. Denksteine und Tafeln, Gemälde, Modelle, Prägestücke, Urnen u. s. w., die Steintafeln des ehemaligen Zollhauses vom Jahre 1439, der Schwertschrank mit den In⸗ strumenten der exekutiven Gerechtigkeit, Richtschwerter, Rad, Kugelpeitsche, Brandmark und der Silberschrank mit einigen ge⸗ diegenen Kunstwerken von hauptsächlich archäologischem Werthe.

Die XLVI. Kunstausstellung der Königlichen Akademie der Künste.

VII. Bilder aus den Feldzügen von 1864 und 1866. Wie zu erwarten stand, haben die Ereignisse der letzten beiden Feldzüge den Malern vielfach Stoff zu Bildern gegeben, jedoch mehr zu solchen genrehafter Natur, als zu eigentlichen historischen Compositionen. Namentlich sind die Düsseldorfer und die Berliner Künstler zahlreich vertreten.

Unter den Bildern aus dem Feldzuge von 1864 steht voran das für die National-Galerie gemalte umfang- und figurenreiche Bild des Ueherganges nach Alsen am 29. Juni 1864 von Georg Bleibtreu (Nr. 68). Der Standpunkt des Beschauers ist an dem dänischen Strande. In der ersten Morgendämmerung geht die Scene vor sich. Einẽ große Anzahl von Pontons, mit Soldaten gefüllt, belebt die graublaue Fläche des Alsensundes, schon haben einige die Landung bewerkstelligt, und im nächsten Vordergrunde entbrennt bereits der Kampf um die Strandbatterieen. Zum Theil weichen die Dänen schon, während fern im Hintergrunde »Rolf Krake« erscheint. Wacht⸗ feuer und Fanale, sowie die Blitze der Feuerwaffen erhellen hin und her die Scene, deren Handlung mit vieler Lebendigkeit dargestellt ist. ;

Gleichfalls auf den Alsenübergang bezieht sich auch ein im Modell vorhandenes architektonisches Monument, mit reichem plastischem Schmuck, das am besten gleich hier mit erwähnt wird: das Denkmal auf der Insel Alsen vom Oberhofbaurath Strack (Nr. 860a.). Es ist in Gestalt einer gothischen Pyra— mide errichtet, oben statt in eine Kreuzblume endigend mit dem Erinnerungskreuz auf den n, , bekrönt. Die Figuren und Reliefs sind vom Bildhauer Alexander Tondeur.

Die übrigen Darstellungen, welche auf diesen Krieg Bezug haben, sind ausschließlich militairische Genrebilder. Ein lebhaft dargestelltes Reitergefecht von Emil Hallatz (Nr. 274) ver⸗ gegenwärtigt die Uleberschreitung der jüuͤtländischen Gränze bei Kolding, den 18. Februar 1864. Ein ziemlich großes Bild von Hermann Kretzschmer (Nr. 439) stellt eine Recognos—⸗ eirung bei Nübel am 22. Februar 1864 dar. Die Haupt— partie des Gemäldes bildet Se Königliche Hoheit der Prinz Albrecht (Vater) zwischen Sr. Königlichen Hoheit dem Groß— herzog von Mecklenburg⸗Schwerin und Sr. Hoheit dem Erb— prinzen von Anhalt mit seinem Stabe aus. Durch die winter— liche Natur sieht man die militairischen Operationen sich ins Werk setzen. A. Northen führt den Beschauer vor Düppel und zeigt in zwei Bildern (Nr. 523 und 52) die Arbeit und das Leben in preußischen Batterieen vor den dänischen Werken.

Mit großer Naturwahrheit schildert Hermann Kauff— mann die Beschwerden eines militairischen Fouragetransportes im Winter (Nr. 387). Durch den tiefen Schnee arbesten sich müh⸗ sam die hochbeladenen Wagen unter der Bedeckung von Ulanen.

Viel größer ist die Zahl von Bildern, die sich auf den Feldzug von 1866 beziehen. Den Anspruch mehr zu sein als historisches Genrebild, macht eigentlich keines, selbst nicht Karl Steffeck's großes Bild mit lebensgroßen Figuren, wie schon seine Benennung zeigt: König Wilhelm, der Sieger von König— grätz (Nr. 695). Man erblickt Se. Majestät den König auf der historischen Rappstute reitend, hinter ihm Graf Bismarck, Kriegs— minister von Roon, General von Moltke und viele andere hervor— ragende Führer und Befehlshaber der preußischen Armee, wie sich in