1868 / 282 p. 13 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Zur Gesetzvorlage, betreffend die Einrichtung und Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen.

Um die äußeren Verhältnisse der Schulen durch ein Gesetz zu regeln und dadurch dem dringendsten, praktischen Bedürfniß abzuhelfen, ist bereits in der letztvergangenen Session des Land tages dem Herrenhause ein Gesetzentwurf, betreffend die Ein— richtung und Unterhaltung der öoͤffentlichen Volksschulen, zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorgelegt worden. Der— selbe hat jedoch im Plenum des Herrenhauses, bei welchem er eingebracht war, nicht zur Beschlußnahme gelangen önnen, sondern ist von einer besonderen Kommission dieses Hauses vollständig durchberathen und hierüber unter dem II. Februar dieses Jahres Bericht erstattet worden. Die Staats Regierung hat aus diesem Bericht und den ihm rn, Kommissionsverhandlungen die Ueberzeugung von der Begründung der gegen die Gesetzes⸗ vorlage erhobenen Bedenken und von der Annehmbarkeit des statt derselben empfohlenen Gegenentwurfs nicht zu gewinnen vermocht, sondern im Vertrauen auf ein anderes Ergebniß der weiteren Verhandlungen den eingebrachten Entwurf in der Hauptsache unverändert aufrecht erhalten, und nur manche Ver⸗ besserungsvorschläge im Einzelnen, sowie den Wunsch einer andern Anordnung und Fassung ini Ganzen auf Grund der inzwischen zu ihrer Kenntniß gelangten sachverständigen Gutachten berücksichtigen zu müssen geglaubt. So ziist nunmehr in der Sitzung vom 12. d. Mts. im Hause der Ab— geordneten vom Minister der geistlichen, Unterrichts und Me⸗ dizinalangelegenheiten mit den drei übrigen, von diesem Blatte bereits im Wortlaut mitgetheilten, das Volksschulwesen be— treffenden Gesetzentwürfen der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Einrichtung und. Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen, zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorgelegt worden.

Dieser Entwurf zerfällt in drei Abschnitie und XX. Artikel.

Der erste Abschnitt Art. J. bis X.) enthält die allgemeinen Bestimmungen über die Schulunterhaltungspflicht, der zweite (Art. XI. bis XIV.) umfaßt die besonderen Bestimmungen hin—⸗ sichtlich der bestehenden Schulen, der dritte Abschnitt (Art. XV. bis XVIII.) endlich trifft Bestimmungen über die allgemeine Schulpflicht; die beiden letzten Artikel geben die Schlußbestim= ö, . über Ressort, Instanzenzug, Zulässigkeit des Rechts— weges und Aufhebung der entgegenstehenden legislativen Vor— schriften im Anschluß an die zu Recht bestehende generelle Gesetz⸗

ebung (Art, XIX. und XX.) Nach dieser Gliederung des

esetzentwurfs in die drei vorerwähnten Abschnitte soll der erste zunächst die allgemeine gesetzliche Theorie über die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen in ihrer Reinheit und Vollständig, keit darstellen.

Der Artikel J. spricht im Al. 1 das Prinzip aus, daß die bürgerlichen Gemeinden verpflichtet sind, die Mittel zur Ein⸗ richtung und Unterhaltung der dem Bedüurfniß ihrer Mitglieder entsprechenden öffentlichen Volksschulen aufzubringen. Den bürgerlichen Gemeinden werden die keinem Gemeindeverbande angehörenden selbstständigen Gutsbezirke gleichgestellt. Hier wird also das regelmäßige Subjekt der Schulunterhaltungs— pflicht gesetzlich fixixtt. Der Art. IIl. handelt vom Objekt diefer Pflicht. Die Schulunterhaltungspflicht erstreckt sich danach auf die Errichtung und Unterhaltung der nöthigen Gebäude, auf die Gewährung der erforderlichen Lehrerbesoldungen, und auf die Befriedigung aller sonstigen Bedürfnisse der öffentlichen Volks— schulen. Der Art. IV. umschreibt den Umfang dieser Bedürfnisse und giebt im S. 1 ein Normativ für den Lehrplan der öffentlichen Volksschule überhaupt. Der 8. 4desselben Artikels stellt prinzipiell die Erhaltung des konfessionellen Charakters der bestehenden Volks— schulen nach dem Vorgange der Allerhöchsten Ordre vom 4ten Oktober 1821 und mit Rucksicht auf Art. 24 der Verf.⸗Urkunde fest, wenn auch ausnahmsweise in Folge besonderer Verhält⸗ nisse Simultanschulen nach §. 5 gestattet sind. Jede Schul— klasse soll regelmäßig einen besonderen Lehrer haben und nicht mehr als 80 Schüler zählen. §. 8) Der S§. 9 fixirt das Ein. kommen der Lehrer und gewährt denselben ein Minimum von 200 bis 250 Thlr., sowie freie Wohnung oder entsprechende Miethsentschädigung. Rektoren an Bürgerschulen sollen außer der Wohnung nicht unter 400 bis 660 Thlr. erhalten. Die Lehrer auf dem Lande erhalten: I) freie Wohnung nebst Wirth— schaftsraum und den nöthigen Brennbedarf für Küche und Haus, oder wenn solches nicht in natura gewährt werden kann, eine ange⸗

messene Entschädigung dafür; 2 an Land, Naturalien oder

Geld soviel, als zu ihrem standesinäßigen Unterhalt erforderlich ist. Die Höhe dieses Diensteinkommens und die Grundsätze, nach welchen Landdotationen darauf anzurechnen sind, werden für jede Provinz durch Beschluß des Provinziallandtages, vor— behaltlich der Bestätigung desselben durch die Staatsregierung festgestellt Hierbei ist von der Voraussetzung ausgegangen, daß der Provinzialvertretung die nöthige Sachkennmniß inne

wohnt, um alle in Berücksichtigung zu ziehenden Verhaltnist rechnung der Landdotationen der Schullehrer und der Natural

zustehen, zu lösen. Innerhalb der von dem Prodvin il landtage beschlossenen Grenzen haben die staatlichen Aufiht⸗

Behörden nach Anhörung der Verpflichteten unter Berücksicht⸗

gung der Vermögenslage derselben, sowie der Größe und Theuerungsverhältnisse des Schulorts den Betrag des jedem Lehrer mindestens zu gewährenden Einkommens festzusetzen 8. 11) Den neuanziehenden Lehrern ist bis auf eine Ent. fernung von 10 Meilen vom Schulorte für die Fortschaffun⸗ ihrer Familie und Effekten Fuhrwerk zu stellen oder eine Eni schädigung bis zum Betrage von 20 Thlr. zu gewähren. Der Art. V beseitigt den in der Verfassungs-Urkunde Art. 1j en haltenen Grundsatz der Unentgeltlichkeit des Unterrichts in der öffentlichen Volksschule. Damit dieser Artikel die nach der Ver. fassungs⸗Urkunde erforderliche formelle Basis erhalte, ist Seitenz der Staatsregierung eine besondere Gesetzesvorlage wegen Auf hebung des vorerwähnten Art. 112 geniacht worden.

Um Lie Interessen der ärmeren Einwohner zu schütze setzt die Regierung nach Anhörung der Schulunterhaltungh. pflichtigen die Höhe des Schulgeldes fest. Auf Schulen, welche auf den Ertrag wohlthätiger Stiftungen oder auf die Leistungen bestimmter Anstalten, Körporationen oder Klassen von Em. wohnern gegründet sind, finden die Bestimmungen über hie Schulunterhaltungspflicht keine Anwendung (Art. X..

Der zweite Abschnitt soll die Anwendung der allgemeinen

gesetzlichen Theorie über die Schulunterhaltungspflicht auf die bestehenden Schulen in den Punkten vermitteln, die eine sofor. tige und überall gleiche Lnwendung der neuen Grundsätze nicht gestatten. Er verordnet deshalb die Kontinuität der biöher in thatsächlicher Geltung gebliebenen abweichenden Bestim mungen über die Subjekte der Schulunterhaltungspflicht bis zur speziellen Neuregulirung (Art. XI.), und stellt, wenn eine solche für zulässig oder nothwendig erächtet worden ist (ont. Art. lf), di dabei festzuhaltenden Ziele auf (Art. iv.). Diese gehen der Regel nach auf Uebertragung und Vertheilung der Schulunter⸗ haltungslast nach Maßgabe der im 1. Abschnitt enthaltenen all gemeinen Bestimmungen (8. 2, und gestatten nur aus nahm weise die Beibehaltung des Sozietätsprinzips mit solchen Moi fikationen, welche dasselbe dem Kommunalprinzip möglichst nahe bringen (68. 3 und H. „„Der dritte Abschnitt endlich ist dazu bestimmt, die mit dem übrigen Inhalt des Gesetzes in keinem nothwendigen Zusam . menhange stehenden Bestimmungen aufzunehmen, welche dennoch einer gesetzlichen, gleichmäßigen Feststellung besonders bedürftig erscheinen. Dahin gehört vor Allem die Vorschrift des Art. XV. der das schulpflichtige Alter auf die Zeit vom vollendeten sechsten bis zum vollendeten vierzehnten Lebensjahre festgesetzt. Dad A. C. R. läßt die Schulpflichtigkeit der Kinder schon mit dem vollendeten fünften Jahre beginnen. In Erwägung jedoch, daß die Kinder in diesem Älter, nämentlich auf dem Lande, physisch und psychisch selten schon so weit entwickelt sind, um aus einem geregelten Schulunterricht entsprechenden Nutzen ziehen zu können, ist man auf die älteren deutschen Schul ordnungen des 17. Jahrhunderts zurückgegangen, welch in ihrer Mehrzahl mit vollendetem sechsten Lebensjahre die Schulpflicht eintreten lassen. Die Beendigung der Schuhgeit legt das A. L. R. in das Ermessen des Seelsorgers. An di Stelle dieses unbestimmt gefaßten Zeitpunktes tritt in der Prat gewöhnlich der regelmäßige Termin der Konfirmation, das vollendete vierzehnte Jahr. Es ist daher angemessen erschienen, diese bestimmte Altersgrenze zu einer gesetzlichen zu machen.

Um auch den polizeilichen Zwangsmitteln zur Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht eine gesetzliche Basis zu geben, führt der Art. XVII, einen zwiefachen Modus des Zwaͤnget gegen Eltern und solche Personen an, in deren Pflege oder Dienst sich schulpflichtige Kinder befinden, nämlich: I) Geld⸗ bußen bis zu 10 Sgr., event. verhältnißmäßige Gefängnißstras für die an einem Schultage stattgefundenen Karen und 2) Abholung der säumigen Kinder zur Schule unter Einziehung einer von der Regierung festzusetzenden Exekutionsgebühr. Hier nach soll an Stelle der ohne Angabe von Strafmitteln gehal— tenen Vorschrift des A. L. R. §. 48 T. 12. Thi. IJ. eine he stimmte Art von Polizeistrafen treten, und werden dadurch die bisher in dieser Hinsicht erhobenen Zweifel gehoben. Um endlich die Benutzung und die Wirksamkeit der öffentlichen Volksschulen zu heben, ist es für zweckdienlich erachtet worden, die Schulzeugnisse allgemein gesetzlich einzuführen. Nach Art. XVIII. erhält daher jedes Kind bei der Entlassung auß der Schule ein kostenfrei auszustellendes Zeugniß, um dadurch zu koönstatiren, inwieweit es das Ziel der öffentlichen Volks

schule erreicht hat.

angemessen zu prüfen, namentlich auch, um die Frage wegen .

lieferungen und sonstigen Naturalvortheile, welche denselben

s Industrie im Jahre 1790 und in 1 n en

Spuren eines wirklich bürgerlichen Lebens datiren t ,, . im Wesentlichen blos von Ministerialen . deren Dienern und Pachtmeiern bewohnt gewesen, aus . Ende des 11. Jahrhunderts; Freigeborene trieben Künste, g senschaften, Handel und die feinere Industrie, während die nfreien Handwerker sich mit den roheren Erzeugnissen des Hhäberbfleißes beschäftigten. Im Jahre 1171 hatte sich die Zahl ber Fabrikanten, Manufakturisten und Arbeiter bereits so stark vermehrt, daß Kaiser Friedrich Barharossa die Stadt durch Hinzuziehung der Vorstädte erweiterte und das Ganze zit? einer gemeinschaftlichen Mauer umziehen ließ Im 14. Jahrhundert standen Handel und Industrie der Stadt in häöchster Vlüthe, sie hatte in Antwerpen, Venedig ze mächtige Emporien und ihre Fabrikate, namentlich Tücher, waren über die ganze damals ciwvilisirte Welt verbreitet. Innere Zwistig⸗ keiten, die im Jahre 1450 den Schwerpunkt Der städtischen Ver. fassung in die Zünfte verlegten, in Verbindung mit religiösen Wirren, die um 1549 auftraten legten dann den Keim zum Mlmählichen Herabsinken der Stadt von ihrer mittelalterlichen Größe, um das Maß voll zu machen, folgte 1666 ein großer Brand, der über 4000 Häuser zerstörte. Seitdem vermochte sich Aachen zur früheren Blüthe nicht wieder zu erheben, diese hat sich erst wieder eingestellt, seitdem nach den Bestimmungen des Wiener Kongresses die Stadt im Jahre 1815 an Preußen

men war. eon es zu Ende des vorigen Jahrhunderts mit der Indu— strie Aachens und seiner nächsten Umgegend bestellt war, dar— über erhalten wir einige Auskunft in »den Ansichten vom Riederrhein im April, Mai und Juni 1790. von Georg For— ster, dem Reisegefährten Cooks auf dessen zweiter Weltfahrt. Diese . gewinnen um so mehr Interesse wenn ihnen die gegenwärtigen industriellen Verhältnisse Aachens gegen. übergestellt werden. Forster spricht sich etwa folgendermaßen

. »Die Tuchfabrikation Aachens ist nach und nach in Ver— fall gerathen; rechtschaffene und unternehmende Männer zogen sich allmählich von dort zurück und ließen sich in der Umgegend auf holländischem oder Kaiserlichem Boden nieder, wo es ihnen freistand, ihre Fabriken vollständig einzurichten, und wo sie keine andere Einschränkung als das Maß ihrer Kräfte und den Umfang ihres Vermögens kannten, während die Fabrikation in Üachen selbst mannigfachen Beschränkungen unterworfen war. Zu Burtscheid, Vaals, Eupen, Montjoie, Verviers und überhaupt in ganz Limburg entstanden unzählige Tuchfabriken, wovon einige jährlich ein Vermögen von einer halben Million

in den schnellsten Umlauf bringen und ihre Comtoire theils in

Cadix, theils in Konstantinopel und Smyrna errichtet haben, dort gi e nf Wolle ausführen, hier die reichen Tücher wie⸗ der absetzen. ;

9 surtscheid befinden sich auch mehrere Nähnadelfabriken, denen die dort vorhandenen und sorgfältig unterhaltenen Teiche sehr zu statten kommen. Wir besahen nur das Merkwürdigste, nämlich die Polirmühle, welche vermittelst eines am Wasserrgde angebrachten Getriebes die erforderlichen Vorrichtungen in Be⸗ wegung setzt. Von dem Kammzapfen steigt ein senkrechtes Ge—⸗ stänge in die Höhe, welches vermittelst eines Daumens mit einer Horizontalwelle im zweiten Stockwerke des Gebäudes in Verbindung steht und sie hin⸗ und herschwankend bewegt. Die Nadeln liegen in Rollen von dickem hänfenen Zwillich einge⸗ wickelt, zwischen Schichten von scharfen Kieseln von der Größe einer Linse, welche man aber zuletzt mit Sägespänen vertauscht. Indem sich nun die Walze bewegt, zieht sie ein in Haken han- gendes wagerechtes Gatter hin ünd her, wodurch die darunter liegenden Rollen bewegt und die, darin befindlichen Nadeln polirt werden. Unter jedem Polirgatter liegen zwei Rollen und jede Rolle enthält 300 000 Nadeln. Ich freute mich, hier wieder zu bemerken, wieviel man durch mechanische Uebung an Geschicklichkeit gewinnt. Einen Haufen verwirrt durcheinander liegender Radein bringt der genmeinste Arbeiter durch Schütteln und Schwingen eines Kastens in wenigen Augenblicken voll⸗

kommen in Ordnung. VJ

urtscheid beschäftigt na erhältniß me / als . , , 93 sowohl als in Vaals und Aachen verfertigt man blos einfarbige Tücher, die im Stück gefärht werden, wogegen Verviers und die dortige Gegend blos melirte Tücher, die schon im Garn gefärbt sind, liefern. Vigogne oder Vikuntücher werden insbesondere zu Montjoie fabrizirt. Der Handel mit einfarbigen Tüchern scheint indeß ungleich sicherer zu sein, weil diese Fabrikate nicht dem Eigen sinn der Mode

unterworfen sind. . . . in Aachen auf wirklich vorhandene Verord—

von spanischer Wolle gewebt werden. In Vaals bestehen wirk⸗ lich Kette und Einschlag aus spanischer Wolle, nicht blos der Einschlag, wie in anderen deutschen Fabriken. Diesen ersten Stoff bezieht der Tuchfabrikant unmittelbar aus Spanien. Die feinste Wolle erhält man aus Bilbao, die gröbere kommt von Cadix. Nachdem sie in Ostende gelandet worden, geht sie wieder auf Kanälen bis Herzogenbusch und dann zur Achse nach Aachen. Hier wird sie zuerst in ausgemauerten Vertiefungen gespült, aus denen man das unreine Wasser nach Gefallen ab⸗ leiten kann. Die reine Wolle wird den Landleuten zum Spin nen ausgetheilt. Für Aachen und die umliegenden Fabrikorte spinnen hauptsächlich die Limburger und die Flamländer. Im Herzogthum Jülich, wo der Ackerbau sehr stark getrieben wird, hat der Landmann viel zu harte Hände, um einen feinen Faden zu spinnen. Unstreitig würde man es im Spinnen weiter bringen, wenn es durch fabrikenmäßige Anstalten, wo die Spin- ner einerlei Licht, Wärme und Obdach genössen, so vortheilhaft eingerichtet würde, daß eine eigene arbeitsame Klasse von Men— schen sich blos diesem Gewerbe ergeben und davon allein sub— sistiren könnte. /

—— Die Protestanten, die von manchen Bürgervorrech⸗ ten ausgeschlossen und des Zunftwesens müde waren, fanden eine Stunde Wegs vor der Stadt auf niederländischem Gebiete nebst der freien Religionsübung auch die Freiheit, mit ihrem Vermögen und ihren eigenen Kräften nach ihrer Willkür hauszuhalten. Das kleine Dorf Vaals ist in Kurzem ein Sitz des zwanglosesten Fleißes geworden. Wohin man sieht, erblickt man jetzt große Fabrik⸗ gebäude; es giebt Tuchfabriken, eine Nähnadelfabrik u. s. w. Die Anlagen des Herrn von Clermont zeichnen sich he⸗ sonders wegen ihres Umfanges und ihrer Zweckmäßig keit aus, und seine Fabrik beschäftigt in Vagls, Aachen und Burtscheid gegen 160 Weber. Die gefertigten Tücher gehen mehrentheils nach der Levante, sie müssen zu dieser Absicht weiße Leisten haben und sehr leicht, von feinem, lockerem Ge⸗ webe sein. Wir sahen hier Tücher, die einem Grosdetours nicht unähnlich waren, von einer bewundernswürdigen Präzision des Gewebes. Die breitesten halten 16 Viertelellen und haben in dieser Breite 8400 Fäden. So fein ist das Gespinnst, so gleich förmig das Gewebe, so schön die Farbe, so vorsichtig die Bereitung dieser Tücher, daß man bei den soliden Grundsätzen, nach welchen hier verfahren wird, dieser Fabrik einen langen Flor voraus ver · künden kann. Ich habe die hiesigen Anlagen alle mit einem un— beschreiblichen Genusse in Augenschein genommen. Es beschäftigt die Phantasie auf eine äußerst üherraschende Art, hier auf einem Punkte so mancherlei Produkte fremder, zum Theil der entferntesten Erdgegenden ankommen, zur Verfertigung und Bereitung eines neüen Fabrikats angewandt und dieses wieder in ebenso entlegene Länder versendet zu sehen. Mir wenigstens ist es immer ein fruchtbarer Gedanke, daß hier Tausende von Menschen arbeiten, damit man sich am Euphrat, am Tigris, in Polen und Rußland, in Spanien und Amerika prächtiger oder bequemer kleiden könne; und umgekehrt, daß man in allen denen Ländern Tücher trägt, um den Tausenden hier Nahrung und Lebensbedürfnisse aller Art zu verschaffen. .

Von den Walkmühlen, wo die Tücher eine nasse Bereitung erhalten, führte man uns in die neue Färberei, die in ihrer Art beinahe einzig ist und wovon man nur noch zu Sedan in Frankreich etwas Aehnliches sieht. Ihre Anlage hat sicherlich mehr als 10,000 Thaler gekostet und vereinigt die drei wich. tigsten Vortheile: daß sie geräumig ist, Holz erspart und Sicher⸗ heit vor Feuersgefahr hät. Sie ist von den übrigen Fabrik ˖ gebäuden ein wenig abgelegen und bildet einen einzigen großen Saal, der durch viele Fenster erleuchtet wird, die zugleich zur Erhaltung des so nöthigen Luftzuges dienen. Genau in der Mitte desselben ist ein großer Thurm mit Mauern von un: geheurer Dicke angelegt, welcher sich in den Rauchfang endigt; rings um denselben tig, die n oder Farbekessel. Die

euerung geschieht von Innen im Thurme. . ö. s green gehörenden Wasserleitungen sind ebenso vortheilhaft eingerichtet und jedes Zimmer wird dadurch hi länglich mit Wasser versorgt. In der Färberei füllt man die Küpen vermittelst geöffneter Hähne in wenig Augenblicken und leert sie ebenso schnell durch große Heber. Das unreine Wasser hat seinen Äbfluß durch Röhren unter dem Fußboden. Noth und Grün wird hier 2 schön gefärbt. Es giebt Schar⸗ lachtücher, welche der Fabrik selbst im Färben auf 1 ½ Thaler die Elle zu stehen kommen. Dabei wird man freilich einen Aufwand von Cochenille gewahr, den man in anderen . zum Schaden der , vermittelst des wohlfeileren Fernam⸗ u sparen weiß. ö roßen Zimmern sitzen die Scheerer und Tuchbereiter. Die . deren man sich bedient, werden in der Gegend von Aachen gezogen. Die Scheeren kommen von Remscheid und die Preßspaͤne, welche bei dem Pressen zwischen

nungen hielte, so dürften daselbst keine anderen Tücher als blos

die Tücher gelegt werden, von Malmedy. Ein Vorzug der