1868 / 283 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Ihre Majestät die Königin reist heute von Coblenz ab und übernachtet in Weimar, von wo Allerhöchstdieselbe am 2. Dezember in Berlin eintreffen wird. Der QOberst⸗Hofmeister Graf Nesselrode und die Palastdame Gräfin Hacke haben die Ehre, Ihre Majestät zu begleiten.

Der Bundesrath des Norddeutschen Bundes hat heute Mittag seine Sitzungen wieder begonnen. .

Die Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs einer Livil-Prozeßordnung für das Gebiet des Norddeutschen Bundes hat im November außer zwei der Zulässigkeit des Lohnarrestes gewidmeten außerordentlichen Sitzungen 14 ordentliche Sitzungen abgehalten, in welchen die »allgemeinen Bestimmungen« vom Beweise, ferner die Lehren vom Beweise um ewigen Gedächtnisse, vom Geständnisse, vom Beweise durch 4 und vom Zeugenbeweise erledigt worden sind.

Die heutige (13) Plenarsitzung des Hauses der Ab— ö wurde um 10 Uhr durch den Präsidenten von

orckenbeck eröffnet. Am Ministertische befanden sich der Mini— er für landwirthschaftliche Angelegenheiten von Selchow, der Minister des Innern Graf zu Eulenburg, der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt und mehrere Regierungs-Kommissarien. Der Präsident theilte das Resultat, der von den Abtheilungen ge— troffenen Wahl einer Kommission von 21 Mitgliedern zur Vorberathung des Entwurfs einer Subhastationsordnung mit. Die Tagesordnung betraf zuerst: Wiederholte Abstimmung über den Abänderungsantrag des Abg. von Mallinckrodt über die Angelegenheit der Abgg. Krüger und Ahlmann (vgl. Nr. 281 dieses Blattes), und Abstimmung über den Antrag der Kom— misston für die Geschäftsordnung über dieselbe Angelegenheit. Nachdem der Antrag des Abg. v. Mallinckrodt angenommen war, trat das Haus dem Äntrage der Kommission mit der vom Abg. v. Mallinckrodt beantragten Abänderung mit sehr großer Majorität bei. . Der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt übergab darauf im Allerhöchsten Auftrage dem Hause einen Gesetzentwurf, betref— fend den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbstständigen Gerechtigkeiten, und begründete diese Vorlage durch die folgende Rede: ; Durch Allerhöchste Ordre vom 28. d. M. bin ich ermäch⸗ tigt, dem hohen Hause einen Gesetzentwurf vorzulegen über den

Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grund—

stücke, Bergwerke und selbstständigen Gerechtigkeiten.

Meine Herren, die Lage der Verhältnisse enthebt mich der

Nothwendigkeit, dem vorgelegten Gesetzentwurf gegenüber die

Bedürfnißfrage zu erörtern. Auch gestatten mir die Rücksichten

auf die Oekonomie der Dei nicht, auf die einzelnen Grund— e

satze und Vorschläge dieses äußerst wichtigen Gesetzes einzugehen, dagegen erbitte ich mir die Aufmerksamkeit des Hauses für einige allgemeine Bemerkungen, welche die allgemeinen Rich— tungen kennzeichnen, welche ich, bei Bearbeitung dieses Gesetzentwurfs befolgt habe. Zuvörderst giebt mir gerade dieser Gesetzentwurf,; eine sehr naheliegende Veranlassung, mich über das Verhältniß auszusprechen, in welchem der preu⸗ ßische Justiz⸗Minister zu der preußischen Justiz-⸗Gesetzgebung steht. Meine Herren, diese Stellung hat sich seit kurzer Zeit ganz wesentlich geändert. .

Wenn ein preußischer Justiz⸗Minister diesen Umstand sich nicht zur Klarheit und zum vollen Bewußtsein bringt, so muß er darauf verzichten, seine Aufgabe zu erfüllen.

Der erste Grund der Aenderung liegt darin, daß im Jahre 1866 ein sehr weites Ländergebiet der preußischen Monarchie einverleibt worden ist, in welchem gemeines Recht und gemein⸗ rechtliche Jnstitutionen bestehen. Dieses Ländergebiet, welches von der Nord und Ostsee bis zum Main hinunter reicht, bildet gleichsam einen Keil in der Monarchie. In dieseni Ländergebiete, meine Herren, hat sich, wie das ganz natürlich ist, einem nicht kodifizirten Recht gegenüber,

ein sehr reges wissenschaftliches Rechtsleben entwickelt, und es

hat sich auf diese Weise in diesen Ländern ein wirksamer Rechts⸗ gährungsstoff aufgehäuft, welcher nach rechts und links, nach oben und unten reagirt. Bis zum Jahre 1866 kamen für den preußischen Staat wesentlich zwei Ländergebiete in Betracht, in welchen verschiedenes Recht galt. In dem größeren Theile der Monarchie galt das Landrecht und die damit zusammen— hängende Gesetzgebung, in dem anderen Theil, dem kleineren, das sogenannte Rheinische Recht. Diese beiden Rechtssysteme haben im Ganzen und Großen sehr lange Zeit unvermittelt und unversöhnt neben einander bestanden.

Ein Grund hiervon lag auch in der starren Anhänglichkeit der Rheinländer an ihrem Recht. Diese Anhänglichkeit wird nicht allein erklärt durch sachliche Gründe, sondern, wie ich meine, auch wesentlich dadurch, daß die Rheinländer in den ersten Dezennien dieses Jahrhunderts einen sehr lebhaften Kampf für ihr Recht gegen das Landrecht zu bestehen hatten, was

man aber im Kampfe erringt, das pflegt besonders lieb werden. Die Rheinlaäͤnder werden sich übrigens einer neu Rechtsentwickelung gegenüber an den Gedanken öh nen müssen, daß nicht jede Bestimmung ihrer Hes Chung gleichsam als sacrosanct anzusehen sei M. Zerren, nachdem die große Länderstrecke . Rechts in die Monarchie aufgenommen . es ganz unthunlich, daß auf die Länge der cht. systeme in der Monarchie neben einander b isse versöhnt werden. Das hat auch keine üb chm keiten, weil einerseits das Landrecht und an eu Recht mit einander in nahem Zus recht und Rheinisches Recht sind die Töchter einer

doch erzeugt von verschiedenen Vätern, die versch

nischen Stämmen angehören. Ich meine nun Gesetzgebung sich an das

soll, es wird vielmehr

die Stelle der drei Rechtssysteme treten

dieses neue Gesetz wird sich stützen mässen a Entwickelung des Rechts- und Kulturlebens,

agen zu beachten haben, welche das Leb

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Der zweite Grund, meine Herren, wodurch die Stellun des preußischen Justiz. Ministers wesentlich verändert ist, bestehl darin, daß der preußische Staat in den Norddeutschen Bund eingetreten ist und selbstverständlicher Weise in demselben eint an, hervorragende Stellung einnimmt, wodurch dem preußj chen Staate der Beruf wird, nach allen Seiten förderlich wirken. Dieses gilt auch für das Rechtsgebiet, denn wie in Volk durch Sitte und Sprache, so wird es auch individualißt durch das Recht. Allerdings, meine Herren, nimmt in preußische Justiz⸗Minister dieser Rechtsentwickelung gegen über äußerlich eine sehr untergeordnete Stellung“ h allein es wird ihm doch möglich sein, im Stillen eine sest erhebliche Wirksamteit zu entfalten. Er wird in dieser Bijr hung aber schon wirken, weil jede Gesetzgebung, die für sänmn liche Gebiete der Monarchie geeignet ist, ohne Weiteres geeignet ist, als Grundlage für die Gesetzgebung des Norddeutshhn Bundes zu dienen, denn es bestehen in ganz Deutschland kenn Rechtselemente, welche nicht bei einer Gesetzgebung zu beritz sichtigen wären, die sich auf das ganze Gebiet der Monarch erstreckk. Wenn für die Monarchie eine gemeinsame Gestz ebung ins Leben tritt und wenn diese den Anforderungen en pricht, welche ich soeben hervorgehoben habe, so wird fie aut geeignet sein, als Gesetzgebung für den Norddeutschen Bun zu gelten. Mit demselben Moment, in welchem dieser nath nale Akt für den Norddeutschen Bund sich vollzieht, win dieser Akt auch, für ganz Deutschland, auch für nn Deutschland jenseit des Mains vollzogen sein und zwischen diesem Moment und der Ausführung in den süuͤddeutshhen Staaten wird, wie ich glaube, ein Zeitraum liegen, der mi nach Monaten zu berechnen sein wird.

Meine Herren, das ist der Standpunkt, welchen ich mi vollem Bewußtsein dem vorgelegten Gesetzentwurf gegenüber eingenommen habe, und ich bitte Sie, den vorgelegten Gesth entwurf von diesem Standpunkt aus zu würdigen. Ich kam den Gedanken auch so ausdrücken: obwohl es sich zur Zeit mi um eine Gesetzgebung für das landrechtliche Gebiet handelt, habe ich dennoch in diesem Gesetzentwurf den Standpunkt de Partikularismus aufgegeben. Aber, meine Herren, diest Standpunkt hat wesentliche Folgen, materielle Und formell Was die materielle Seite der Sache betrifft, so mustzf Grundlagen gewonnen werden, welche für das Rc der ganzen Monarchie dienen können und welche iht Anwendung auf dieses Recht finden werden, sobald geps⸗ äußere Hindernisse beseitigt sein werden. Nicht weniger sind z Grundlagen so zu stellen, daß sie Geltung erlangen können si das Gebiet des Norddeutschen Bundes. Der Gedankt daß das Hypothelenwesen der Reichsgesetzgebung fin liege, ist mir fremd. Der Reichstag hat beschlossen, c den Bundesrath das Gesuch zu richten, eine allgemenn Strafprozeßordnung vorzulegen und hat zugleich beschlossen, 9 Grundsätze für die Gerichtsverfassung vorgelegt würden, sow sie sich auf den Strafprozeß beziehen. Der Reichstag betracht also die Grundlage der Gerichtsverfassung als nothwendih Voraussetzung des Verfahrens. Wenn der Reichstag konseque sein will, so wird er sagen, eine nothwendige Voͤrausseßun für das Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen ist die Gemen samkeit der Gerichtsverfassung für bürgerliche Rechtsstreitigtt ten, und auf diesem Wege wird auch der Reichstag in der C sein, zu sagen, eine nothwendige Voraussetzung einer vollstin digen Konkursordnung fei auch ein gemeinsames Hyhpothekt wesen, wenigstens in, seinem wesentlichen Bestande. In pot meller Beziehung, meine Herren, ergab sich nun aus dem g geineinen Standpunkt zuvörderst, daß bei der Bearbeitung

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Gesetzentwurfes von früheren Entwürfen, als Grundlage für diese Bearbeitung, vollständig abgesehen werden mußte. Die Bearbeitung ist eine ganz neue, welche die Spuren der frühe— ren Entwürfe nur spaͤrlich an sich trägt; die früheren Entwürfe konnten nur beachtet werden als einfache Vorarbeiten.

Sodann war aber durchaus nöthig, daß das Hypotheken— recht vollständig kodifizirt wurde. Drittens und das ist das wichtigste der Entwurf mußte mit dem System der Kasuistik in der Gesetzgebung vollständig brechen und hat das auch

n. gethe ein Herren, das System der Kasuistik in der Gesetz⸗ gebung ist ohne Weiteres Feind jeder Rechtswissenschaft, hält ben Keim des Todes für diese in sich, entwöhnt nur zu leicht von jeder juristischen Konstruktion, weil diese nicht mehr er— forderlich ist, und führt demgemäß ebenso leicht zu einer Juris— prudenz der Worte und der Formen.

Die Erfahrung hat Innen auch gezeigt, daß einer Gesetz⸗ gebung gegenüber, welche so sehr durch die Kasuistik beherrscht sst, eine lange Zeit verstrichen ist, bevor an eine wissenschaft— liche Bearbeitung der Rechtsbücher gedacht worden ist. Erst in der neueren Zeit ist die Wissenschaft lebendig geworden gegen— über diesen Rechts büchern, indem sie davon ausging, den In— halt der Rechtsbücher zu vergleichen mit dem gemelnen Recht.

Meine Herren, es ist für mich immer eine auffallende Er— schiinung gewesen, daß die großen Rechtsschöpfungen des preu⸗ ßischen Staates in einem so unverhältnißmäßig geringen Maße eingewirkt haben auf die übrigen deutschen Staaten. Das hängt eben mit der Kasuistik der Gesetzgebung zusammen. Die preußischen Rechts bücher sind meiner Ueberzeugung nach garnicht

enügend gewürdigt worden in ihren Grundlagen, uͤnd das Jö. daher, weil diese Grundlagen verdeckt und verschoben werden durch das große Detail, das die Kasuistik herbeiführt. Die auffallendste Erscheinung für mich ist immer die gewesen, daß der bei Weitem interessanteste Theil der preußischen Rechts—⸗ bildung, nämlich das Hypothekenwesen, bis zum heutigen Tage eine eigentliche monographische Behandlung noch nicht gefunden hat.

Die Ordnung des Hypothekenwesens im prenßischen Staat ist meines Erachtens die bei weitem größte . Preußens; jedenfalls ist sie diejenige, welche den durchgreifend⸗— sten Einfluß auf die Rechtsentwicklung in den übrigen deutschen Staaten geäußert hat. Das Verdienst dieser Rechts— schöpfung liegt nicht darin, daß das preußische Recht neue Grundlagen erfunden hätte, vielmehr liegt es darin, daß der preußische Staat für ein verhältnißmäßig weites Ländergebiet den Fluthen des allen Realkredit untergrabenden römischen Rechts einen starken Damm entgegenwarf. Die Ordnung des preußi⸗ schen Hypothekenwesens war ein Appell an die gesunde Ver— nunft des deutschen Volkes und wollte dem Volke und den Regierungen in Erinnerung bringen, daß es doch erwünscht sei, zu denjenigen Rechtselementen und Rechtsgrundsätzen zurück— zukehren, welche in dem eignen Volk erwachsen waren und sich bewährt hatten.

Das deutsche Recht am Grundeigenthum, der Realkredit, ruhte nach deutschrechtlicher Auflassung fest ünd sicher auf dem In⸗ stitute der gerichtlichen Auflassung: es konnte das Grundeigenthüm, sowie dingliche Rechte an solchen nur durch Erklärung vor Gericht er⸗ worben werden. Es ist lebhaft zu bedauern, daß das Institut der ge⸗ richtlichen Auflassung, besonders in dem begrifflichen Gegensatz zur römisch⸗rechtlichen Tradition, erst in den letzten Jahrzehnten zu einer genügenden Entwickelung gelangt ist. Wenn das früher der Fall gewesen wäre, so wäre nach dem Materialien des Landrechts gar nicht zu bezweifeln, daß die Gesetzredaktoren sich auch für den Erwerb des Grundeigenthums gestützt hätten auf den ein⸗ fachen und klaren Satz der gerichtlichen Auflassung. Jetzt ist aber an die Stelle der gerichtlichen Auflassung die Lehre von der sog. Titelberichtigung getreten, eine Lehre, die sehr unklar und unbestimmt ist. Nach der Jurisprudenz des Ober-Tribu— nals, wie sie jetzt allgemein angenommen wird, besteht für das Hrundeigenthum ein' doppeltes Eigenthum, ein »Buch - Eigen— thümer« und ein anderer Eigenthlmer, welchen das Landrecht als wahren Eigenthümer« bezeichnet, können neben einander borkomnien, und dann ist die rechtliche Lage die, daß der eine veräußern, aber nicht verpfänden, und der andere verpfänden, aber nicht veräußern kann. Das ist eine außerordentliche Anomalie.

Man kann nun, Herr Präsident, wenn man vom parti— lularistischen Standpunkt ausgeht, sagen und so ist auch m Justiz-⸗Ministerium argunientirt —, die Lehre der Titel— herichtigung sei allerdings keine korrekte, vielmehr ganz anomale, sie entspreche durchaus nicht den Grundsätzen der Publizität des Hypothekenbuches, allein große praktische Bedenken habe diese Lehre nicht, weil ja es bei Jedem stehe, was regelmäßig auch hehe, neben dem »wahren« Eigenthum auch das Buch-Eigen⸗

um zu erwerben.

„sr Von dem Standpunkte aus, den ich dem Entwurfe gegen⸗ über einnehme, mußte die Lehre von der Titelberichtigung auf. gegeben werden, wie sie jetzt landrechtlich besteht; denn es ist ganz unmöglich, eine so unklare und anomale Lehre auf andre Gebiete auszudehnen. Der Entwurf geht davon aus, daß entscheidend sei der Akt der gerichtlichen Auflassung, oder mit andern Worten, daß bei einer freiwilligen Veräuße— rung der Erwerb des Eigenthums durch Eintragung in das Grundbuch bedingt ist. In dieser Beziehung ist zu beachten, daß das Recht der gerichtlichen Auflassung, im Allgemeinen in Deutschland vollständig verdrängt, sich dennoch erhalten hat in einzelnen Städten und hier für den Realkredit von den aller— wohlthätigsten Folgen gewesen ist. Das Prinzip der gericht⸗ lichen Auflassung hat in sich eine so bedeutende Triebkraft, daß es im Stande gewesen ist, allmälig rückwärts ein großes Gebiet sich zu eroͤbern; es besteht nicht allein in einzelnen Theilen der neuerworbenen Landestheile, es besteht z. B. auch in Mecklen⸗ burg, wenigstens in den Städten; es besteht in thüringenschen Staaten, insbesondere aber ist es eingeführt in dem Königreich Sachsen, und der neueste Entwurf des Eivilrechts für das König⸗ reich Bayern schließt sich ganz offen dem Prinzip der gericht⸗ lichen Auflassung an. Ein Gesetzentwurf kann sich wohl gegen die gerichtliche Auflassung vertheidigungsweise verhalten, aber angriffsweise nicht. Jedenfalls würde ein solcher Angriff ohne alle . 1 Folge sein.

an bezeichnet als die allgemein maßgebenden Prinzipien des Hypothetenwesens den Grundsatz der e fich en zialität und der Legalität. Von diesen drel Grundsätzen haben die beiden ersten zu wenig, der dritte Grundsatz zu viel ge⸗ leistet, Der Entwurf geht davon, aus, daß bie beiden ersten Grundsätze zu schärfen, zu erweitern seien, insbesondere der Grundsatz der Publizität. Ich bitte jedoch zu beachten, daß die Erweiterung des Grundgesetzes der Publizität, nicht der

Theorie zur Liebe, sondern nür soweit das praktische Bedürfniß dies erheischt und zugleich zuläßt, erfolgt ist. Was dagegen den dritten Grundsatz, den Grundsatz der Legalität anlangt, so ist dieser in der besonderen Bedeutung, welche man ihm beilegt, voll⸗ ständig beseitigt. Der §. 77 des Entwurfs sagt in dieser Beziehung:

Die Beamten der Hypothekenbehörden find weder berechtigt, noch verpflichtet, die Rechtsbeständigkeit der von den Parteien vorgenommenen Rechtsgeschäfte zu prüfen, auf deren Grund eine Eintragung oder Löschung im Hypothekenbuche bean- tragt wird.

„„Meine Herren, es ist ohne Weiteres klar, daß die accesso⸗ rische Eigenschaft der Hypotheken, wie sie dem römischen und dem Landrechte entspricht, in ihrer Reinheit nicht aufrecht er⸗ halten werden kann bei einem Hypothekenwesen, welches auf dem Grundsatz der Publizität beruht. Wenn der Grundsatz der Publizität fordert, daß eine Hypothek nur erlösche, wenn sie im Buche gelöscht wird, so folgt daraus logisch, daß eine Hypothek fortbestehen kann, wenngleich die Forderung, zu deren Sicherheit jene dient, erloschen ist. Von Ddiesem Standpunkte aus können dann auch andere Fälle ergriffen werden, die gleich liegen oder ähntich wie dieser geschehen durch den berühmten Anhangsparagraphen 527 zum Landrecht. Aber folgt denn von diesem Standpunkte aus irgend etwas für das ganz nebel hafte Gebilde der Realobligation oder auch nur für den Begriff einer Hypothek als eines selbstständigen Rechts? wenn man nämlich dieses Wort »selbstständig« im prägnanten Sinne nimmt —? Mit nichten! Man kann allerdings selbst— ständige Rechte an Grundeigenthum konstruiren, und das deutsche Recht kennt ein solches selbstständiges Recht in dem Rentenkauf. Allein so lange die Hypothek als ein Sicherungs— mittel für Darlehne, die begriffsmäßig zur Rückzahlung stehen, erscheint, besteht auch ein ganz nothwendiger und nakürlicher Zusammenhang zwischen Forderung und Hypothek. Die Sache dreht sich nur in der Weise, daß, während früher die Forde— rung die Hypothek nach sich zog, jetzt die Hypothek nach sich zieht die Forderung.

Der Entwurf geht aber über die bisherige Rechtsentwickelung weit hinaus. Er gestattet nämlich dem Eigenthümer, auf seinen Namen, wie man das ausdrückt, Hypothek eintragen zu lassen und diese dann zu begehen. Da liegt dann ein Fall vor, wo eine Hypothek bestellt wird, obwohl eine Forderung gar nicht existirt, ja begriffsmäßig gar nicht existiren kann. Wenn man aus äußeren oder inneren Gründen sich bestimmt fühlt, dieses Rechtsinstitut anzuerkennen, d. h. eine Hypothek anzuerkennen für den Fall, daß begriffsmäßig eine Forderung gar nicht besteht und bestehen kann, so ist es keineswegs inkonsequent, sondern konsequent, zu sagen, es könne eine Hypothek entstehen, obwohl eine Forderung zwar existirt, eben unwirksam; und sobald man diesen Schritt thut, so kommt man ganz nothwendig dahin, zu sagen, es bedarf der Prüfung der Rechtsgeschäfte, welche gleichsam die causa für die Hypothek, abgeben, nicht weiter, damit fällt denn die Legalität. Und weiter

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