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Landestheile, einschließlich des Geldwerthes der Freiholzabgaben, in Vergleich stellt mit dem Bruttoertrag der alten Landestheile, welche ähnliche Forstkultur ⸗Verhaltnisse haben. Ich meine die Provinzen Rhein, Westfalen und Sachsen. Daraus ergiebt sich nun, daß der vorliegende Etat für die neuen Landestheile einen Bruttoertrag in Aussicht stellt von 55 Sgr., während in den bezeichneten alten Landes theilen der Bruttoertrag im Jahre 1866 59 Sgr. betragen hat. Auch diese Uebereinstimmung der Zahlen deutet wohl darauf hin, daß die Ansätze des Etats für die neuen Landestheile als angemessene betrachtet werden können. Für die neuen Landestheile ist allerdings der Reinertrag ein sehr be— schränkter, er ist um 1,9 Sgr. geringer, als durchschnittlich für die übrige Gesammtmonarchie, und er ist sogar um 12 Sgr. geringer, als in den zur Vergleichung geeigneten westlichen Provinzen, Rhein, West— falen nnd Sachsen. Meine Herren, dieser geringe Reinertrag der Staatsforsten in den neuen Landestheilen ist eine Folge einerseits der dort allerdings noch sehr hohen Administrationskosten, andererseits haupt- sächlich aber ist er eine Folge des Umstandes, daß die Forsten in den neuen Landestheilen noch ganz außerordentlich mit Servituten und Freiholzabgaben belastet sind. Von welchem Belange dies ist, werden Sie, meine Herren, ermessen, wenn ich erwähne, daß allein im han— noverschen Harz durch Freiholzabgaben der Staatskasse ein Verlust erwächst von 340, 000 Thlr., daß ferner im Regierungsbezirk Cassel auf Grund eines dort bestehenden besonderen Geseßes über die Verwerthung der Waldprodukte der größte Theil des Holzein— schlages nach gesetzlich festgestellten Taxen aus freier Hand weggegeben werden muß; ferner daß im Regierungsbezirk Cassel circa 15 pCt. der gesammten Staatsforsten aus sogenannten Halbengebrauchswaldun— gen besteht, aus welchen nach Abzug der den Berechtigten zustehenden Bezüge wenig oder gar kein Reinertrag übrig bleibt. Diese auch volkswirthschaftlich sehr ungünstigen Verhältnisse zu beseitigen, ist die Staatsregierung eifrig bemüht. Es liegt aber in der Natur der Sache, daß damit nur langsam vorgegangen werden kann und wir werden uns bis dahin, wo die Purifikation der dortigen Waldungen erreicht sein wird, mit geringeren Reinerträgen begnügen müssen. Meine Herren, wenn in der Presse und namentlich in österreichi⸗ schen Blättern, neuerdings die tendenziöse Behauptung verbreitet wor⸗ den ist, daß die preußische Forstverwaltung nicht mehr nachhaltig wirth— schafte, sondern, um nur viel Geld zu beschaffen, übermäßig viel Holz schlage, so halte ich mich verpflichtet, Ihnen die beruhigende Versiche—⸗ rung zu geben und hier öffentlich zu erklären, daß diese Behauptung durchaus unwahr ist. Meine Herren, es gehört eine große Portion Unwissenheit oder Böswilligkeit, vielleicht auch Neid dazu, wenn man daraus, daß die Einnahme für Holz in den preußischen Staatsforsten seit dem Jahre 1849 bis 18665 von 43 auf 97 Millionen Thaler ge— stiegen sind, deduziren will, dies könne nicht mit rechten Dingen zu—
gehen und könne nur durch eine Raubwirthschaft erreicht werden. Nein, meine Herren, es ist Las die naturgemäße Folge eines intelligenten Wirthschaftsbetriebes und einer günstigen Entwickelung der forstwirth⸗ schaftlichen Ertragsverhältnisse überhaupt. Ein ganz ähnliches Steigen, wie es bei uns stattgefunden, hat in allen übrigen deutschen Staaten mit fleißiger und intelligenter Forstwirthschaft auch stattgefunden. Bei uns beträgt das Steigen von 1849 bis 1865 107 Prozent,
in Bayern beträgt es für denselben Zeitraum 102 Prozent und jene 107 pCt. lassen sich auch rechnungsmäßig ganz genau nach— weisen. Sie sind herbeigeführt erstens durch die sorgfältigere Aus— nutzung und Verwerthung der Hölzer, durch die Verbesserung der Transportmittel mittelst Eisenbahnen, Chausseen, Wegebauten und die Eröffnung neuer Wasserstraßen, namentlich in Preußen und durch die steigenden Holzpreise und erhöhte Nutzholzkonsumtion im Allge— meinen. Der Effekt dieser verschiedenen Momente, meine Herren, stellt sich dar in einem Steigen der Nutzholzquoten in dem angegebenen Zeitraume von Al bis 31 pCt. und in dem Steigen der durchschnittlichen Verwerthungspreise für den Kubikfuß Derbholz von 1,3 auf 2,2 Sgr. Hierdurch, meine Herren, haben wir schon einen Zuwachs von 70 pCt. Das Steigen ist ferner herbeigeführt durch den verbesserten Zustand der Waldungen überhaupt, durch den intensiveren Kulturbetrieb und durch die Verbesserung und Erhöhung des Ertragsvermögens der Forsten. Durch die Taxationsrevision ist ermittelt, daß hierauf 18 pCt. Stei— gerung zu rechnen sind. Es ist diese drittens herbeigeführt durch die sorrschte tende Ablösung der Forstservitute und namentlich der Frei⸗ holzberechnungen. Wir haben, meine Herren, von 1849 bis 1865 auf die Ablösung von Forstservituten, namentlich Freiholzberechtigungen, ein Werthkapital von 10,000,000 Thlr. verwendet.
Die Zinsen dieses Kapitals ergeben ein Steigen von 19pCt. Diese 19, 18 und 70 Ct. stellen genau jene 107 pCt. dar. Meine Herren, der Felgen sch ag in den preußischen Staatsforsten bewegt sich seit einer teihe von Jahren zwischen 14 und 155 Kubikfuß jährlicher durch— schnittlicher Abnutzung pro Morgen Holzboden. Wie mäßig das ist, meine Herren, werden Sie daraus ermessen, daß nach den sehr mäßigen Ertragstafeln von Pfeil bei den gewöhnlichen Umtriebszeiten auf einem Boden, welcher in der Mitte steht zwischen den beiden schlech testen Boden, der jährliche Durchschnittszuwachs pro Morgen für Kiefern 15, für Buchen 19 und für Fichten 32 Kubikfuß beträgt, der Durchschnitt dieser drei wichtigsten Holzarten ist also 22 Kubikfuß. Wenn wir nun blos 14 bis 155 Kubikfuß abnutzen, so ernten wir damit sehr mäßig, und sind mit dieser Abnutzung auch noch erheblich hinter der Abnutzung zurückgeblieben, die in andern Staaten stattge— funden hat. So hat dieselbe beispielsweise im Jahre 1865 betragen im vormaligen Königreich Hannover 225 Kubikfuß, in Bayern 23, in Sachsen 33.
Meine Herren! Ich gebe Ihnen die Versicherung und verbürge mich dafür, daß in der Abnutzung der preußischen Staatsforsten die Grenze der unbedingten Nachhaltigkeit, so lange ich die Ehre habe, der technischen Leitung der Verwaltung vorzustehen, weder bisher je über schritten worden ist, noch künftig je überschritten werden wird.
— Zu dem Etat für die Verwaltun . der geistlichen ꝛ. Angelegenheiten gab der Geheime Ober Regie rungs⸗Rath Dr. Knerk folgende Erläuterungen:
Meine Herren! Der Ihnen vorliegende Etat des Kultus. Ministe. riums weist bei den Einnahmen ein auf Seite 12 speziell erläuterzez Mehr von 310 Thlr. nach. Derselbe ergiebt ferner, daß es moglich gewesen ist, zu neuen fortdauernden Ausgaben die Summe von 234,663 Thlr. zu übernehmen. Es vermindert sich solche um 1090 Thaler, welche zur Erhöhung der Besoldungen des Unter ⸗Staats. Sekr. tärs und des Präsidenten des Evangelischen Ober-Kirchen⸗Raths in Ansatz gebracht waren, nach dem Beschlusse des Staats-Ministeriumß aber wieder abzusetzen sind; ferner steht derselben ein Ersparniß von 9731 Thlr. gegenüber, so daß die Staatskasse nur mit einer Mehrauz. gabe von 2235932 Thlr. belastet wird. An der eben genannten Summe sind mit wenigen Ausnahmen sämmtliche Zweige der Verwaltung des Kultus — Ministeriums betheiligt. Ich darf mich wohl Ihrer Zustimmung, meine Herren, erfreuen, wenn ich iz ünterlasse, Ihnen in Zahlen vorzuführen, welche Betrage den einzelnen Titeln zugewiesen sind, da der Etat und die demselben beigefügten speziellen Nachweisungen hierüber genaue Auskunft geben, Hervorzuheben erlaube ich mir nur, daß zur , Besol. dungen der Universitätslehrer 10000 Thlr., zur weiteren Aussührung des Normal ⸗Besoldungsetats für die Direktoren und Lehrer an den Gymnasien landesherrlichen Patronats 10000 Thlr., zur Verbesserung des Diensteinkommiens der Elementarlehrer 100 0090 Thlr., zur An. stellung von zwei Lehrern der Landwirthschaft an den Universitäten Königsberg und Breslau 2400 Thlr. und zur Reorganisation des Medizinalwesens in der Provinz Nassau 7229 Thlr. in Ansatz gebracht worden sind. Ich thue dies besonders deshalb, um den Beweis zu liefern, daß das Kultus. Ministerium bemüht e ist, den von dem Hohen Hause bei der Etatsberathung pro 1868 gefaßten Beschlüssen so weit als irgend thunlich Rechnung zu tragen. Sämmtliche Mehr. ausgaben sind in der Anlage A. speziell erläutert; ich beziehe mich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf diese Erläuterungen und be— halte mir vor, dieselben bei der Spezialberathung auf Verlangen zu ergänzen.
. Zum Bedauern der Regierung haben in Folge der allgemeinen Finanzlage viele Bedürfnisse auf dem Gebiete der Unterrichts verwaltung ünbefriedigt bleiben müssen, und die Beschlüsse des Hohen Hauses wegen Erhöhung der Dotationen für die Akademie der Wissenschaften und für die hiesige Königliche Bibliothek nicht zur Ausführung gebracht werden können.
Dem Extraordinarium sind nur 476,520 Thlr., mithin gegen den Etat von 1868 222,684 Thlr. weniger zugewiesen worden. In Folge dessen hat man sich darauf beschränken müssen, zur Fortseßung der von dem Hause bereits genehmigten und in Angriff genommenen Bauten mäßige Beträge zum Ansatz zu bringen, dagegen zum großen Bedauern der Regierung, mit wenigen Ausnahmen, von der Erbit. tung erster Bauarten für Neubauten bei den Universitätsinstituten, Gymnasien und Seminarien ganz zu abstrahiren.
In der Hoffnung, daß der Etat pro 1870 der Unterrichtsverwal⸗ tung die zur Befriedigung der vorliegenden dringenden Bedürfnisse erforderlichen Mittel wird gewähren können, soll die unausgesehte Sorge darauf gerichtet sein, alle Vorbereitungen so zu treffen, daß mit der Ausführung der Bauten nach der Feststellung des Etats pro 1870 unverweilt vorgegangen werden kann.
— Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Mühler erwiderte dem Abg. Richter (Sangerhausen) Folgendes:
Der Herr Abgeordnete hat Veranlassung genommen, bei der Einleitungsdebatte über das Budget des mir anvertrauten Ministeriums einen Ueberblick über das System zu geben, nach welchem die Verwaltung dieses Ministeriums nach seiner Ansicht geleitet wird. Er hat diesen Ueberblick über die ver— schiedenen Gebiete und Zweige derselben hin geführt. Ich folge ihm auf diesem Gange in derselben Reihenfolge, die er aufge⸗ stellt hat, und fasse zuerst die Berhältnisse ins Auge, die sich in Beziehung auf die evangelische Kirche ihm dargeboten haben. Den Schiüssel zu der Verwaltung, welcher vorzustehen ich die Ehre habe, hat er in einer Auffassung zu finden geglaubt, oder in meinem System, welches den Grundsätzen der Selbstver⸗ waltung auf diesem Gebiete durchaus zuwider sei, welches Alle nur von oben her, von einem Punkte aus, reguliren und be⸗ herrschen wolle und der Freiheit der Entwickelung, wo sie sich rege, Schranken entgegensetze. Ich kann ihm die seine Behauptung eben so wenig zugeben, wie ich die Beweise, die er dafür anführt, als richtig und stringent aner, kennen kann. Wenn er zurückblickt auf Momente meiner eigenen Vergangenheit, so hätte er wohl auch, insofern er si eben mit der Person beschäftigt, auf öffentliche Manifestationen auf dem Gebiete der Literatur zurückgehen können, die von mir ausgegangen sind, und in denen ich gerade für den Bereich der evangelischen Kirche und der evangelischen Kirchenverfassung in einer umfassenderen wissenschaftlichen Arbeit den Grundsatz einer synodalen Entwickelung als eine Nothwendigkeit für die van, gelische Kirche unseres Vaterlandes anerkannt habe. — Schon dazumal — es ist vor 22 Jahren gewesen — hin ich auf öh. Wege hinzuweisen bemüht gewesen, wie diesem Ziele näher ge treten werden könne. Es ist richtig, daß ich vor zwei Jahren, als hier über das Budget des diesseltigen Ministeriums berathen wurde, sagte, daß ich' das als eine Wohlthat, die meinem
des Ministerium
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inisterium zu Theil geworden sei, anerkenne, daß si
rtr n die Kirche in Frieden habe weiterbauen . Wenn nun aber in letzterer Zeit eine größere Unruhe auf biesem Gebiete sich gezeigt hat, so kann ich das doch nicht als ein Unglück und einen Schaden für die Sache ansehen. Denn die Bewegung hat ihr Gutes und eben aus der Bewegung und dem Kampfe — davon bin ich fest überzeugt — wird sich gerade für unsere evangelische Kirche Vieles und Gutes entwickeln, und sch bin nicht derjenige, der die Bewegung und den Kampf cheut, wenn er geboten wird. Aber wenn man mir den Vor— wurf macht, daß in den zwei Jahren, die rückwärts liegen, die Entwickelung der synodalen Verfassung auf dem kirchlichen Gebiete keine weiteren Fortschritte gemacht habe, so ist das ein Vorwurf, den ich für meine Person nicht annehmen lann. Es liegt diese Entwickelung nicht in meiner Hand, ich habe nach der bestehenden Verfassung dabei nur ein beglei—⸗ tendes Votum, dergestalt, daß ich durch meinen Einspruch zwar bis zu einem gewissen Grade Schritte hindern kann, aber ich habe nicht die Initiative. Allerdings wäre es mein lebhafter Wunsch gewesen, daß in diesen zwei Jahren die Entwickelung des synodalen Wesens in unseren alten Provinzen jedenfalls bis jur Stufe der Provinzialsynode zur Ausführung gekommen wäre. Denn ich halte dafür und spreche es ganz offen aus, daß die Bildung einer evangelischen Provinzialsynode in unse— ren östlichen Provinzen — die westlichen besitzen eine solche — das nächste und dringendste Bedürfniß und die unerläßliche Aufgabe unserer Kirchenentwickelung ist, und daß, was in meinen Kräften steht, um dieses Ziel zu erreichen, — und zwar in einer Weise, die kein bloßer Schein ist, sondern der Synode einen wirklichen Repräsentativcharakter verleiht — ich es daran nicht werde fehlen lassen.
Gehe ich von da über auf das, was in den neuen Pro— vinzen geschehen, so sind in der so eben gehaltenen Rede nur zwei Provinzen erwähnt, Hessen und Hannover, beide nicht in dem richtigen Lichte. In Hannover fand die preußische Regie— rung, als das Land unter ihre Leitung kam, ein Gesetz vor, wel— ches die Bildung von Kirchenvorständen, von Bezirkssynoden und demnächst einer Landessynode vorschrieb. Zur Ausführung gebracht war in dem Augenblicke, wo die preußische Regierung eintrat, nur die Bildung der Kirchenvorstände. Gleich in den ersten Wochen, nachdem das Land preußisch geworden, ist es geschehen, daß das preußische Gouvernement, das Ministerium, dem ich vorstehe, nach Hannover hin ganz bestimmte Anweisungen er⸗ ließ, daß mit der Bildung von Bezirkssynoden und demnächst der Landessynode unverzüglich vorgegangen werde, und es ist von da an in kurzen Terminen der Fortschritt der Sache genau kontrolirt und gefördert worden, in aller und jeder Weise. Die Schwierigkeit der Durchführung lag auf dem Gebiete der Administration. Die Abgrenzung der alten Superintendenturbezirke im vormaligen Koͤnigreich Han— nover beruhte nämlich zu einem großen Theile auf ganz alten historischen Entstehungsgründen; es fanden sich Stellen vor, wo ein Synodalbezirk in zwei oder drei von einander räumlich getrennte, wie Inseln zerstreut belegenen Stücke zerrissen war, während die dazwischen liegenden Stücke wieder andern ange—
hörten. Daß eine solche territoriale Zersplitterung nicht eine rich⸗
tige Basis darbieten konnte, um einer in sich konsolidirten Syno— dalverfassung zum Unterbau zu dienen, war offenbar; es mußte alsoC, wenn man die Bildung von Bezirkssynoden so ins Leben führen wollte, daß darin eine dauernde Grundlage geschaffen würde, eine Ausgleichung dieser Unzuträglichkeiten eintreten, die jum Theil nicht ohne langwierige Verhandlungen, auch nicht ohne Aufwendungen aus den zur Verfügung der Regierung stchenden Mitteln hat geschehen können. Erst auf diesem Wege it es möglich geworden, daß in dem n ,, . Momente bon hundert und einigen Synoden der Provinz Hannover zwei Drittel bereits zusammengetreten und in Uebung sind, das letzte Drittel in der ersten Hälfte des kommenden Jahres zusammen— kreten wird, und der Zusanimentritt der Landessynode, wie mir von den Behörden jetzt berichtet und versichert worden ist, mit Sicherheit im Herbste des bevorstehenden Jahres erwartet werden kann. sch bin den Kirchenbehörden in Hannover das Zeugniß schul— dig daß sie in dem Fortgange dieser Angelegenheit mit der giößten Gewisfenhaftigkeit zu Werke gegangen sind und den ihnen ertheilten Anweisungen genau Folge geleistet haben,; ich habe nie wahrzunehmen Gelegenheit gehabt, daß sie mit hinter— haltigen Gedanken die Ausführung der Synodalordnung zu hintertreiben bemüht gewesen seien, vielmehr muß ich ihnen das Gegentheil bezeugen.
Wenn der Herr Abgeordnete auf Berufungen, die in der Provinz Hannover stattgefunden haben, Bezug nimmt, so ge⸗ sche ich, ich weiß nicht, welche er damit meint; es haben keine Derufungen statigefunden in dem Sinne, den er hier bezeichnet
8 Förderungen einer preußenfeindlichen Gesinnung. Mir wird so eben der Ober⸗Konsistorial⸗Rath Uhlhorn genannt. Der
Aber ⸗Konsistorial⸗ Rath Uhlhorn hat unter der preußischen Regierung keine neue Stellung erhalten, er ist nur in denjenigen Stellungen verblieben, die ihm bereits unter dem früheren Gouvernement überwiesen waren. Er ist Mitglied des Landeskonsistoriums und des Konsistoriums in Hannover gewesen, noch ehe die preußische Regie⸗ rung in Funktion trat, und in dieser Stellung ist er noch gegenwärtig.
Was die Fonds anlangt, auf welche der Herr Abgeordnete Bezug genommen hat, weiche sich in unserem Etat aufgeführt finden, so sind dieselben wohl zum größten Theil — ich glaube, wenn man sie speziell durchginge, würde es fast von allen nach= zuweisen sein — in ihren Verwendungen so bestimmt, daß zu einer freieren und selbstständigen Disposfition über dieselben durch andere Organe kaum noch ein Raum übrig bleiben möchte. Ich kann aber versichern, daß prinzipiell ganz und gar kein Grund für die Staatsregierung vorhanden ' ist, einer Synodalver waltung, wenn sie sich erst entwickelt haben wird, auch aus den der Staatsregierung zu Gebote stehenden Mitteln für die den Synoden zuständigen Gebiete das Ent⸗
sprechende vorzuenthalten, ein prinzipieller Grund besteht dem gegenüber nicht.
Ich gehe von Hannover über zu Hessen und antizipire vielleicht, wenn ich schon jetzt einige Worte über die . der Staatsregierung sage, welche darauf hinausgeht, für die Bildung eines Gesammtkonsistoriums in Marburg die ent— sprechenden Mittel von Seiten der Landesvertretung zu erhalten. In der Provinz Hessen waren es drei Konsistorien, welche die Re—⸗ gierung vorfand, eines in Cassel, eines in Marburg und eines in Hanau. Die Bestellung dieser drei Konsistorien hatte ihren Grund in den Verwaltungseinrichtungen, welche die kurhessische Regierung im Jahre 1821 hatte ins Leben treten lassen. waren damals vier Regierungen in Hessen geschaffen worden und da die eine dieser Regierüngen, die in Fulda, nur eine geringe Zahl von evangelischen Bewohnern in ihrem Bezirke hatte, so hatte man sich auf die drei Konsistorien in Hanau, Marburg und Cassel beschränkt und diese an die dort vorhandenen Regierungen angelehnt. Mit dem Wegfall dieser drei Regierungen und der Einrichtung eines Gesammt— Regierungskollegiums für Hessen hat auch die Möglichkeit auf— gehört, diese drei Konsistorien bestehen zu lassen, es blieb nur übrig, ein Konsistorium an deren Stelle zu setzen. Die Wahl des Ortes Marburg hat wesentlich darauf beruht, daß in der Zeit, in welcher Hessen noch eine einheitliche kirchliche Gestaltung hatte, ehe die Scheidung in Reformirte und Lutherische eintrat, die sich erst in späterer Zeit vollzog, Hessen in Marburg seinen Mittelpunkt hatte, daß Marburg die älteste protestantische Universität in Deutschland ist, daß die Zusammen— setzung der Fakultät die Garantie bot zu einer gesun— den und keineswegs einseitigen tendenziösen Entwickelung, wie das Gegentheil irrigerweise von dem Herrn Vorredner vor⸗ ausgesetzt worden ist. Es trat noch das Moment hinzu, daß von den vorhandenen Konsistorien das in Hanau namentlich den Wunsch hatte, Marburg möge als Mittelpunkt gewählt werden, weil es räumlich am meisten in der Mitte des Landes liegt; und endlich ist auch das Motiv noch von der Staats— regierung nicht ganz außer Acht gelassen, daß dieselbe ihrer ursprünglichen Ansicht nach, für die ganze Provinz Nassau— Hessen ein Gesammtkonsistorium gewünscht hatte, und daß sie erst später von diesem Plan hat abgehen müssen, weil die Verschiedenheit von Nassau einerseits und Hessen andererseits eine zu große war, als daß eine Zusammenschmelzung dieser beiden Be⸗ standtheile in dem kurzen Uebergangstermin von Einem Jahre, in dem die Regierung frei walten konnte, sich hätte bewirken lassen. Sobald das Gesammtkonsistorium in Marburg ins Leben getreten sein wird, wird es die erste Aufgabe desselben sein — und die Vorbereitungen sind bereits in dieser Beziehung ge— troffen — auch für Hessen die Einrichtung einer Synodal— ordnung herbeizuführen.
In Nassau und in dem ganzen Bezirke des Konsistoriums von Wiesbaden sind die nöthigen Schritte dazu bereits geschehen, das Konsistorium zu Wiesbaden hat eine Presbyterialordnung, in Anlehnung an die Bestimmungen der rheinisch⸗westfälischen Kirchenordnung, entworfen, es hat zu deren weiteren Durch⸗ führung die Genehmigung der Regierung erhalten, und dieser Entwurf wird jetzt an die Kirchenvorstände in Nassau gehen, um, von diesen begutachtet, demnächst ins Leben geführt zu werden. — In gleicher Weise sind Aufträge an das Konsisto⸗ rium in Kiel ergangen, welches ebenfalls für Schleswig-Holstein die weitern Schritte zu thun beauftragt ist, um eine presbyteriale und demmächst eine synodale Ordnung für diese Provinz ins Leben zu führen. Ich führe diese Thatsachen als Belege an, daß die Königliche Staatsregierung weit entfernt davon ist, einer selbstständigen Entwickelung der evangelischen Kirche in den ihr neu zugefallenen Landestheilen entgegentreten zu wollen, daß
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