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zu Konflikten und zu Differenzen zwischen der Regierung und und die in e —
Italien. Florenz, 11. Dezember. Die Deputirten⸗ kammer beschäftigt sich in öffentlicher Sitzung seit drei Tagen mit dem Gesetzentwurfe über die administrative Reform, welcher von dem Berichterstatter Bargoni den Namen hat.
Serbien. Belgrad, 11. Dezember. Heute ist die Landes⸗ trauer um den ermordeten Fürsten Michael aufgehoben. Der italienische General⸗Konsul Scovasso überreichte heute, unter der Versicherung der freundschaftlichen Gesinnungen Italiens, sein Abberufungsschreiben. Der Vize⸗Konsul, Graf Campo, wird innen hf, als sein Vertreter fungiren.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 16. Dezember. In der im Hause der Abgeord⸗ neten gestern stattgehabten Spezialdiskussion über den Etat für das Unterrichtswesen ergriff der Minister der geistlichen 2c. An⸗ gelegenheiten Dr. von Mühler nach dem Abg. Dr. Karsten das Wort und erklärte:
Der Herr Abg. Lasker hat in seiner Rede die Verhältnisse des Unterrichtswesens in ihrer Totalität, mit Ausschluß der Universitäten, zum Gegenstande seiner Betrachtung gemacht. Er ist zu dem Schluß gekommen, daß die Verhältnisse desselben sich in einem von Jahr zu Jahr sich verschlechternden Zustande befinden. Er hat diese Behauptung durch mehrere Ausführun⸗ gen zu begründen gesucht, und zerfallen diese seine Ausführun⸗ gen in zwei Haupttheile. In dem einen Theile sucht er durch eine Reihe von Spezialfällen diejenigen Unzuträglichkeiten — nicht zu erschöpfen, sondern nur beispielsweise darzulegen, welche auf diesem Gebiete hervorgetreten seien; in dem zweiten Theile seiner Ausführung Ich er auf die inneren Gründe und auf die Prinzipien zurück, welche diesen Erscheinungen seiner Ansicht nach zu Grunde liegen, und auf die Mittel, welche sich zur Abhülfe darbieten würden.
Was den ersten Theil dieser Darstellung anlangt, nämlich die Spezialitäten, so würde es sich, wenn ich ihm auf die Einzel⸗ heiten derselben folgen wollte, an sehr vielen Stellen nachweisen lassen, daß dieselben zum Theil auf unzuverlässigen und un⸗ genauen Nachrichten beruhen, wie er denn ja selbst bei mehre⸗ ren derselben nur Zeitungsnachrichten, von denen er selbst an—⸗ erkennt, sie seien ihm nicht ganz verständlich, zum Belege und zur Basis hat anführen können. Ich würde ihm nachweisen können, daß bei anderen derselben ein bestimmter thatsächlicher Irrthum von seiner Seite zu Grunde liegt, der zwar erklärlich, aber deshalb doch immer vorhanden ist, wie beispielsweise in denjenigen Stücken, die er über die Schule in Arolsen angeführt hat. Ich würde mich dagegen verwahren können, daß schwebende Sachen, die noch nicht ihre letzte Entscheidung gefunden haben, als Grund der Anklage erhoben werden. Ich würde weiter hinweisen können auf Punkte, wo ihm die gesetzlichen Bestim⸗ mungen nicht in ihrer Totalität gegenwärtig gewesen sind; wie beispielsweise bei dem Punkte, wo er bei der preußischen Schul⸗ ordnung die §§. 12 —15 heranzieht, dabei aber übersieht, daß der §. 17 ausdrücklich und gesetzlich der Regierung das Recht get zh da, wo die in dem Gesetze genannten Minima der
ehrergehälter nicht ausreichen, zu höheren überzugehen. Endlich würden auch noch Fälle übrig bleiben, die zur An⸗ klage benutzt sind, wo die Regierung in höchster In— stanz selber bereits Remedur getroffen hat; wie bei⸗ spielsweise bei dem Erlaß eines Landraths im erfurter Regie⸗ rungsbezirk über den Wirthshausbesuch der Lehrer, der aller— dings über das Maß hinausgegangen ist, welches in dieser Be⸗ ziehung anwendbar erscheint. Indessen glaube ich, mich mit ihm im Einverständniß zu befinden, wenn ich in die detaillirte Behandlung dieser Spezialfälle nicht eingehe aus dem Grunde, den er seinerseits anerkennt. Er selbst hat erklärt, daß es nicht möglich ist, die Regierung für alle Fälle in oberster Instanz verantwortlich zu machen. Andrerseits hat er angeführt, daß ebenso wenig die verschiedenen angeführten einzelnen Fälle das ganze Material erschöpften, und wenn ich ihm gern zugestehe, daß in der That noch andere Gegenstände vorhanden sein mögen, die hier herangezogen werden könnten, so glaube ich, können wir in diesen gegenseitigen Zugeständnissen uns begegnen.
Wichtiger, als diese Details, ist die Frage: woher rühren die Mißstimmungen, von denen er redet und welches ist der Grund dersellben? — Er findet den Grund derselben darin, daß die Regierung nicht die Organe geschaffen habe, welche der Selbstverwaltung auf dem Gebiete des Schulwesens dienen, und daß, wo und insoweit dieselben vorhanden sind, die Regie⸗ rung der Selbstthätigkeit dieser Organe in einer kleinlichen Weise entgegentrete.
Wären diese Behauptungen in ihrer Totalität begründet, ich würde ihm und seinen Konklusionen vollkommen Recht geben müssen. Ich glaube aber, er ist in seinen Voraussetzun⸗ gen zu weit gegangen. Betrachte ich die Gegenstände, welche
zwischen den Gemeinden geführt haben, der Presse und in der Einwirkung auf die öffentl Meinung vorzugsweise ausgebeutet werden, so tre hauptsächlich zwei Gegenstände entgegen, bei denen eine solche Mi inm )! kundgegeben hat. Der eine betrifft die Erhöhung der Lehrergehälter, vornehmlich auf dem Lande Und da ist ja nicht in Abrede zu stellen, daß in dieser Sach, ein mehr oder weniger starker Widerstand und eine Abnei ung namentlich von Seiten der Landgemeinden, die zur Erhöͤhun der Lehrergehälter beitragen sollen, hervorgetreten ist. Ich u auch ganz und gar nicht in Abrede stellen, daß an eĩnzelnen Stellen und in einzelnen Fällen bei der Durchführung die er großen Generalmaßregel vielleicht mit Härte, vielleicht nicht immer mit ganz sorgfältiger Beobachtung und Erwägung der individuellen und einzelnen Verhältnisse zu Werke gegangt sein mag. Im Großen und Ganzen aber kann ich diese Behauptungen nicht als zutreffend anerkennen; im Großen und Ganzen sind die Königlichen Regierungen, in deren Hand die Ausführung, der. Maßregel gelegt ist, mit großer Einsicht und Gewissenhaftigkeit, mit sorg fältiger Berücksichtigung dessen, was die einzelnen Gemeinden leisten können, zu Werke gegangen. Es war eine zwingende Nothwendigkeit für die Staatsregierung, mit der richtigen Ver. wendung der durch die Bewilligungen dieses Hauses und des anderen Faktors der Gesetzgebung ihr zu Gebote gestellten 200,000 Thlr. gleichzeitig auch die Leistungsfähigkeit der Ge— meinden ernstlich in Anspruch zu nehmen, wie dieses ja auch hier im Hause, und mit vollem Rechte gefordert worden ist. — Denn das wäre doch offenbar eine Ungerechtigkeit und eine Beeinträchtigung der minder vermögenden Gemeinden des Landes gewesen, wenn man jene Summe lediglich zu Zulagen hätte verwenden wollen für die vorhandenen Lehrerstellen, ohne Unterschied, ob eine Aufbesserung derselben aus den Kräften der Gemeinden möglich sei oder nicht; es wäre ein Widerspruch gewesen mit den Grund sätzen der Verfassungsurkunde, welche die Leistungen des Staates erst subsidiarisch in Anspruch nehmen, nachdem die Gemeinden das Ihrige gethan haben. Es war also, wenn die Königliche Staatsregierung nicht diese 200,000 Thlr. zurückbehalten oder in unwirthschaftlicher Weise verwenden wollte, für sie eine ge⸗ botene Pflicht, von Gemeinde zu Gemeinde anzufragen und nachzusehen, ob die Gemeinden im Stande seien, die nothwen. dige Verbesserung der Lehrergehälter herbeizuführen, und erst an den Stellen, wo die Kräfte der Gemeinden nicht ausreichten, mit Zuschüssen aus dieser Summe von 200000 Thlr. einzutreten. Nun werden Sie mir zugeben, meine Herren, daß eine Maß— regel, die über das ganze Land geht, und die den Zweck hat und den Erfolg gehabt hat, daß außer jenen aus dem Staats— fonds verwendeten 200,000 Thlr. noch einmal so viel und mehr, vielleicht noch 300,000 Thlr. dazu, aus den Gemeinden herbeigeschafft worden ist, — daß eine solche Maßregel unpo— pulär ist; denn eine Nöthigung zum Zahlen wird nirgends gern gesehen. Aber, meine Herren, wir haben auf der anderen Seite auch die Erfahrung gemacht, daß die Herbeischaffung dieser Mittel nicht gelungen wäre, wenn die Regierung ihrer— seits Nichts dazu gethan, sondern ez einfach der Selbstverwal⸗ tung und der Selbstbewilligung der Gemeinden überlassen hätte.
Man hat in der Regel — und grundsätzlich ist das überall vorgeschrieben gewesen, wenn auch in einzelnen Fällen Ah— weichungen im Drange des Geschäfts vorgekommen sein mõ⸗· gen — der Gemeinde zuerst die Verpflichtüng hingestellt, daß sie für ihren Lehrer zu sorgen und ihm eine höhere Summe zu bewilligen habe; man hat diese Summe nach var. gängiger Verhandlung festgestellt und von der Gemeinde Schritte gefordert, diese beizubringen, und erst wenn die Gemeinde sich dessen geweigert hat und man keine Hülfe in den Lokalorganen zur Verbesserung des Lehrergehalts hat finden können⸗— erst dann ist die Regierung dazu übergegangen, nun im Wege der administrativen Anordnung und des Döimn, wozu die Re. gierung nach den bestehenden Gesetzen berechtigt ist, den Zuschuß herbeizuschaffen. Die Kegierung muß die Inpopularität, il. in dieser Maßregel liegt, auf sich nehmen; sie thut es aber mi gutem Gewiffen', well sie sich verpflichtet gefühlt hat, dem Stande, für dessen Aufhülfe so lebhafte Empfindungen g. allen Selten sich kund gegeben haben, dem Lehrerstan ö zu Hülfe zu kommen und weil sie, wie durch Zahlen nat weisen, auch wirkliche Hülfe geschaffen hat. Um diesen . nimmt die Regierung gern einen großen Theil der , rität auf sich; fie nimnit um der Wohlthat willen, welche . Lehrerstanbe dadurch zu Theil geworden, gern die Mißstim mung auf sich, die aus dieser Maßregel hervorgegangen j Zum zweiten ist ein Grund der Mißstinimung, der , ö. in der Presse sich geltend gemacht bat, zu finden in denjen (n. Konflikten und Differenzen, welche zwischen der Regierung . zwischen den städtischen Behörden, den städtischen Schuldepu
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tionen und den Magistraten stattgefunden haben. ᷣ Summe dieser Differenzen ist von der Presse 9. eine 3. rößere dargestellt worden, als sie es wirklich ist. Daß einer p großen cl von städtischen Kommunen gegenüber und einer so großen Zahl von Schulen, um die es 1 handelt, in einem so großen Lande, wie die preußische Monarchie daß es da an Differenzen und Zwiespalten nicht fehlen wird ein. Jeder zugeben. Es sind auch bis zu den letz ten 6 oder 8 Monaten dergleichen Differenzen nur im Einzelnen gekommen und sind erledigt worden oder stehen eblieben, ohne daß große Bewegung und Unruhe daraus ervorgangen ist. Mil Freuden kann ich aussprechen, daß es mir namentlich mit den größeren Kommunen im Land? bis vor kurzer Zeit immer gelungen ist, in einem recht guten Einvernehmen auf diesem Gebiete zu bleiben und ich muß mit Dank anerkennen, daß diese größeren Kommunen sehr ansehn— liche und große Opfer für das Schulwesen, für das höhere Schulwesen ebenso, wie für das untere, nicht gescheut haben ; aber erst seit einiger Zeit ist es Sitte geworden, alle Fragen, jede Differenz, lange ehe sie zum Austrag gekommen ist ,wenn sie noch im ersten Stadium der Verhandlung sich befindet, in die Presse zu bringen, um daraus“ gleich Waffen der Anklage zu schmieden. Ich halte dies für unrichtig, und ich glaube, wenn einer die Sache unbefangen ansieht, so muß man anerkennen, daß hier eine große Ueber— treibung stattfindet. Aber sehen wir uns auch die Differenz⸗ punkte selbst näher an, so sind es meist Punkte, in denen es ch darum handelt, daß die Kommunen nicht innerhalb des wirklich bestehenden Rechtsbestandes bleiben wollen, sondern wo zum Theil über, die bestehende Rechtsordnung hinaus von ihrer Seite Anträge erhoben werden.
Der Herr Abgeordnete selbst hat, indem er die Haltung der Administration auf dem Gebiete des höheren Schulwesens 1 charakterisiren versucht, eine Reihe von Attributionen der— elben, welche ihr Kraft des Gesetzes zustehen, in den Kreis nur administrativer Befugnisse verwiesen, insbesondere die Handhabung des Bestätigungsrechts und der Disziplin. Das sind aber Dinge, die ja in ganz positiven Gesetzen, in der Gesetzsammlung publizirt, vorgeschrieben sind. Was die Hand⸗ habung des Bestätigungsrechts anbelangt, so begreife ich, daß eine Kommune, ein Patron, dem ein von ihm präsentirter Mann zu dem Amte, für welches er ihn geeignet hält, nicht bestätigt wird, dies unangenehm empfindet, aber man kann doch nun und nimmermehr sagen, daß damit dem Rechte ent— gegengetreten würde. So verhält es sich auch in Bezug auf die Frage der konfessionslosen Schulen, von denen vielfach die Rede gewesen ist.
Bie Staatsregierung ist ganz einfach geblieben in der Rechts— ordnung, die sie überkommen hat von ihren Vorgängern. Macht man der Staatsregierung es zum Vorwurf, daß in allen den Fragen, wo von Seiten der städtischen Verwaltun⸗ gen auf neue Entwickelungen, auf neue Prinzipien gedrängt wird, 0 sie sich nicht beeilt, daselbst schöpferisch legislativ ein— trete — so geht man, glaube ich, zu weit, man verlangt von der Administration Etwas, was die Administration eben nicht fich 2 was nur die Gesetzgebung zu leisten im Stande
n würde.
. Der Herr Abgeordnete ist dann weiter übergegangen auf die Frage des Unterrichtsgesetzes. In diesem Stücke habe ich zunaͤchst einen Irrthum zu berichtigen, in dem er sich befindet, wenn er nämlich meint, daß die Vorlage der jetzt in diesem Hause zur Berathung stehenden Gesetze erst erfolgt sei durch eine Immediateingabe einer Anzahl von Lehrern: das ist nicht der Fall. Die Veranlassung dazu ist ganz einfach ausgegangen, wie ich es auch bei Einbringung des Gesetzes erklärt habe, von dem Beschlusse des Hauses der Abgeordneten im Jahre 1865. Damals hat das Haus der Abgeordneten selbst den Wunsch ausgesprochen, die Staatsregierung möge sobald als möglich in Gesetz einbringen, welches die äußeren Verhältnisse der Volksschulen regele. Derselbe Antrag wurde in den Jahren 1866 und 1867 von diesem selben Hause erneuert. Die Staats. regierung hat ihn aufgenommen, sie konnte aber im Jahre 1866 mit der Vorlage des Gesetzes noch nicht kommen, weil in diesem Jahre zu den bisherigen acht alten Provinzen des Lanbes drei neue hinzutraten und die zu lösende Aufgabe nicht von der Basis einer allgemeinen Gesetzgebung auf die einer nur pro— vinziellen Regulirung herabgesetzt werden konnte.
Im Jahre 1867 hat die Staatsregierung einen Entwurf eingebracht, er ist im Herrenhause nicht zur Verhandlung ge— sommen. Wenn nun der Herr Abgeordnete daraus, daß die Kommission des Herrenhauses diesenm Gesetzentwurf gegenüber in einer wenig entgegenkommenden Weise sich verhalten hat — ein Argument entnimmt, welches die Schlechtigkeit dieses Ent wurfes beweisen solle, so, glaube ich, ist er von seinem Stand— punkte aus nicht ganz logisch zu Werke gegangen. Denn die
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Einwendungen, welche an einer anderen Stelle gegen den Ge— setzentwurf gemacht worden sind, beruhen ae tscch auf Moti⸗ ven, die von den seinigen verschieden sind. Die Ablehnung, die von Seiten der Kommission erfolgt ist, würde vielmehr den Beweis liefern, daß der Gesetzentwurf — mag er an ihm aus ien / was er will — doch jedenfalls den Auffassungen näher steht, von denen er ausgeht, als den Auffassungen, von denen die Kommission in dem anderen Faktor der Gesetzgebung aus—⸗ gegangen ist. Die von dieser Kommission gemachten Ausstel⸗ lungen mußten daher, von seinem Standpunkte aus, nicht als Mängel, sondern als Vorzüge des Gesetzentwurfs gelten. ö Er glaubt nun, daß der Unruhe auf dem Gebiete es Unterrichts am besten abzuhelfen sei, wenn ein Gesetz vorgelegt würde, welches das ganze Unterrichtswesen umfaßt und welches auf das Prinzip der Selbstverwaltung stärker und anders zurückgeht, als es bisher der Fall gewesen ist. Ich glaube, daß in dieser Auffassung sich manche Selbsttäuschung einmischt, die wohl die weitern Verhandlungen (welche bei der Berathung über die Gesetzentwürfe selbst stattsinden werden) doch nach mancher Seite klarer stellen werden. Die Vorlage eines Unterrichtsgesetzes in seiner Totalität, welcher prinzipiell ja nichts entgegensteht, die vielmehr durch die Verfassungs—⸗ urkunde entschieden gefordert ist, würde, glaube ich, schwerlich den Fortschritt auf der „Bahn der Gesetzgebung för— dern. Das, was gegenwärtig vorliegt, enthält Fragen, bei welchen vielleicht eine Möglichkeit vorhanden ist, eine Einigung zwischen diesem Faktor und dem anderen Faktor der Gesetzßebung und der Königlichen Staatsregierung zu Stande zu bringen, Fragen, die überwiegend auf unmittelbar prak⸗ tischen Bedürfnissen und auf unmittelbar praktischer Behand— lung derselben beruhen. Die Erfahrung ist ja in allen Dingen oft genug gemacht worden, daß Männer oder Parteien, die von verschiedenen Grundanschauungen ausgehen, nicht einer den anderen überzeugen, daß sie aber dessen ungeachtet auf dem Gebiete des praktischen Lebens, wenn und so weit es sich darum handelt, einem wirklichen Bedürfniß abzuhelfen, dennoch Punkte der Vereinigung finden können. Das ist der Grundgedanke und das Grundmotiv, von dem aus die Vorlage der' gegen— wärtigen Gesetze erfolgt ist. Die Staatsregierung besorgt, daß, wenn Fragen, die so tief in die prinzipiellen Anschauungen von Kirche, Staat und Schule eingreifen, in ihrer Totalftät jetzt durch ein Unterrichtsgesetz in die Berathung hineingezogen werden, dann schwerlich eine Einigung über die praktischen Be— dürfnisse, insbesondere über die Nothverhältnisse des Lehrer— standes, zu Stande kommen würde. Es wird den Er— wägungen und der Beschlußfassung des Hauses vorbe— halten bleiben, wie weit dasselbe auf diese Anschauung eingehen zu können glaubt, aber in dem gegenwärtigen Stadium der Verhandlung finde ich mich nicht in der Lage, zu der Ansicht überzugehen; trotz der Einwendungen, die gemacht werden, daß es ein verkehrter Weg sei, den die Staatsregierung mit der Vorlage dieses Gesetzes eingeschlagen hat. Vlelmehr halte ich fest an der Meinung, daß sie den richtigen und prak— tischen Weg eingeschlagen hat, und daß trotz alledem, was da— gegen gesprochen und angeführt ist, dennoch die Möglichkeit vor⸗ handen ist, auf diesem Wege wirklich brauchbare Resultate für das praktische Leben zu gewinnen.
Was die Erweiterung der Selbstverwaltung anlangt, auf die der Hr. Abg. einen so großen Werth legt, so bin ich weit entfernt, eine solche in ihrer Bedeutung, insonderheit auch für die Unterrichts verwaltung, zu unterschätzen. Ich darf aber doch auch nicht verschweigen, daß noch nicht alle die Vortheile der Selbstverwaltung, die das bestehende Recht darbietet, ausgenutzt und ausgebeutet sind. Wir haben für die Landschulen Ver—⸗ ordnungen, die ihren Ursprung schon in den ersten Dezennien unseres Jahrhunderts haben, wonachüberallSchulvorstände eingeführt wer⸗ den sollen und — ich glaube — mit sehr wenigen Ausnahmen auch eingeführt sind, Schulvorstände, die das in den Händen haben, was die Verfassungsurkunde den Gemeinden zuweist, nämlich die Leitung der äußern Angelegenheiten der Volksschule. Den⸗ noch aber ist von den Schulvorständen im Großen und Ganzen — auch da erkenne ich sehr rühmliche und sehr erfreuliche Aus- nahmen gern an — bei Weitem nicht das geleistet worden, was nach ihren Institutionen von ihnen geleistet werden könnte. Viel weiter geht die Staatsregierung auf dem Gebiete des städ⸗ tischen Schulwesens. Wollte die Staatsregierung sich nur an dem Artikel der Verfassungsurkunde halten, so würden die städ—⸗ tischen Gemeinden nur für die äußeren Angelegenheiten der Schule eine Leitung in Anspruch zu nehmen haben, wie es in dem Artikel der Verfassungsurkunde steht.
Nun aber besteht für die städtischen Gemeinden, wenigstens in den alten Theilen der Monarchie, eine Verordnung vom 26. Juni 1811, kraft deren einer aus den städtischen Behörden hervorgehenden und durch sachverständige Männer verstärkten Schuldeputation nicht blos die äußern Angelegenheiten, sondern
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