1869 / 27 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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habe, Hrn. v. Eschwege, einen großen, gut aussehenden Herrn mit schwarzem Bart, in keiner Weise gedacht habe. Daß er es sei, habe ich nach seiner ganzen Stellung und Gesinnung nie— mals vermuthet. Ich muß dabei hervorheben, daß Se. Königl. Hoheit der Kurfürst auch in Prag »Flügel-Adjutanten« ernennt, und darauf bezog sich der Ausdruck, den ich gestern gebrauchte, daß dieser Herr im »Privatdienste« des Kurfürsten gestanden hätte. Von einem Flügel⸗Adjutanten, so lange der Kurfürst in Cassel regierte, würde ich den Ausdruck »in Privatdiensten« niemals gebraucht haben. Wenn Jemand den Namen Eschwege führt, muß er sich die Ehre, für einen Hessen gehalten zu wer⸗ den, gefallen lassen. Wenn er außerdem im Interesse des Kur— fürsten in Hietzing das Wort führt, Reisen nach Prag macht und dort Instruktionen holt, vielleicht nur von Schimmielpfeng, und dann als Adjutant des Kurfürsten bezeichnet wird, so kann es, wie ich schon gestern angeführt habe, ziemlich gleich sein, ob dieser Hr. v. Eschwege von Geburt Hannoveraner oder Hesse ist. Ich habe seit gestern gehört, daß fruher bei den hanno⸗ verschen Gardes du Corps ein Hr. v. Eschwege gestanden hat, das thut aber Alles nichts zur Sache. Ich halte mich an die amtliche und durch den Kabinets⸗Sekretaͤr des Kurfürsten als amtlich und mit Wissen Sr. Königlichen Hoheit geschrie⸗ bene Aufforderung an die fremden Regierungen, welche ich selbst aufgefordert worden bin, Sr. Majestaͤt meinem Allergnädigsten Herrn mitzutheilen und in welcher offen eingestanden wird, daß mit Wissen und mit Willen des Kurfürsten die fremden Mächte aufgefordert werden, die Provinz Hessen von dem preußischen Staate wieder loszureißen. Ich frage Sie, ist dies eine ganz leere Drohung, eine ganz straflose Handlung? ist dies in Pa⸗ rallele zu stellen mit kleinlichen polizeilichen Ungeschicklichkeiten über Gemüsekörbe, kann das Ausland, wenn wir annehmen, es sei kriegslustig gewesen, wenn wir annehmen, es habe sich ge— fragt, welches sind wohl die Chancen eines Krieges, mußte es nicht wesentlich ermuntert werden durch die Vorspiegelung, daß bedeutende Theile der hannoverschen, der hessischen Bevölkerung einem feindlichen siegreich eindringenden Heere bereitwillig zu— fallen und ihm den Sieg erleichtern würde? Der Zustand der Zerrissenheit, in dem leider in Deutschland sich die Gemüther immer noch befinden, ist an sich dem Ausland bekannt genug; die Stim⸗ mung, die vor Kurzem noch einen Mainzer den Biebericher als einen rechtlosen Ausländer betrachten ließ, dem man den Hafen zudämmen könnte,; die den Frankfurter bewogen, den Bockenheimer als einen von allen frankfurter Rechten auszuschließenden Fremd⸗ ling zu behandeln, ist noch nicht ganz vergangen und wird im Auslande eher überschätzt in ihren Wirkungen. Die heut hier bekundete Gesinnung, welche sich dahin ausdrückt: Wenn ich eine Eisenbahn mehr bekomme, was frage ich dann nach dem ganzen Deutschland! die ist im Auslande auch bekannt. Be⸗ züglich der Art, wie die Eisenbahnen früher in Hessen zu Stande kamen, möchte ich den Herrn Vorredner an eine Thatsache erinnern, die ich nicht erwähnen würde, wenn sie nicht in den amtlichen Akten stände, die wir in Cassel gefunden haben. Ein Kurfürstliches Reskript an den damaligen Finanzminister sagt: daß Se. K. Hoheit nunmehr seine Einwilligung zum Bau der hanauer Essenbahn geben will, weil und nachdem diese Gesellschaft, ich weiß nicht ob 200 Aktien zu 259 Gulden oder umgekehrt unentgeltlich zur Disposition Sr. Königl. Hoheit gestellt habe. Ich könnte diese Beispiele vermehren, Sie werden die Gründe zu würdigen wissen, weshalb ich darauf verzichte, es ist nur zur Gewissens⸗ beruhigung des Hrn. Vorredners, dessen Motive fo aufzutreten, wie er aufgetreten ist, ich in keiner Weise verkennen will. Leider kann sich das Ausland sagen, daß, wenn eine Armee siegreich bei uns vordränge, sie nicht überall auf denselben feindlichen Widerstand stoßen würde, wie er vielleicht bei jeder anderen eschlossenen europäischen Nation zu erwarten wäre. Die Eoriolane sind in Deutschland nicht selten, es fehlt ihnen nur an »Volsker«, und wenn sie Volsker fän— den, würden sie sich bald demaskiren; nur den letzten ver- söhnenden Abschluß Coriolans würden alle Frauen Cassels und Deutschlands dann nicht im Stande sein herbeizuführen. Es ist sehr zu beklagen, daß dem bei uns so ist. Vergegen— wärtigen Sie sich den Eindruck, den es in Spanien wie in Rußland, in England wie in Frankreich, in Ungarn wie in Dänemark machen würde, wenn dort irgend Jemand erklärte, er wolle seine partikularistischen Gelüste, seine Familien⸗ Interessen, seine Partei- Interessen mit ausländischer Hülfe durchführen, er setze seine ganze Hoffnung darauf und arbeite dahin, daß die Fluren seines Vaterlandes zertreten würden von siegreichen ausländischen Kriegsheeren, daß seine eigene Heimath in dieselbe Unterjochung verfalle, wie wir sie im Anfang dieses Jahrhunderts in Deutschland erlebt haben; was kümmern ihn die rauchenden Trümmer seines Vaterlandes, wenn er nur auf ihnen steht! Nehmen Sie an, daß in allen Ländern bis in das kleine Dänemark hinein eine Partei, eine Clique

die Frechheit hätte, sich zu solchen Bestrebungen offen zu be— kennen, solche Leute würden dort überall ersticken unter der zermalmenden Verachtung ihrer Landsleute! Bei uns allein ist das nicht so, bei uns erliegen sie nicht der Verachtung, sie tragen die Stirn hoch, sie finden öffentlich Vertheidiger bis in diese Räume hinein. . .

Ueberall, wo Fäulniß ist, stellt sich ein Leben ein, welches man nicht mit reinen Glacshandschuhen anfassen kann. Dieser Thatsache gegenüber sprechen Sie doch nicht vom Spionirwesen! Ich bin nicht zum Spion geboren meiner ganzen Natur nach, aber ich glaube, wir verdienen Ihren Dank, wenn wir unt dazu hergeben, bösartige Reptilien zu verfolgen, bis in ihre Höhlen hinein, um zu beobachten, was sie treiben. Damit ist nicht gesagt, daß wir eine halbe Million geheimer Fonds brauchen können, ich hätte keine Verwendung dafür und möchte die Verantwortung für solche Summen nicht übernehmen. Es werden sich andere Verwendungen fin— den, die Ihre nachträgliche Genehmigung und Zustimmung finden werden; auf dem hessischen Hofvermögen haften, wie man sagt, Verpflichtungen dem Lande gegenüber, Baupflichten, die übernommen worden sind. Es wird eine Ehrenpflicht der Regierung sein, wenn sie in dem Besitz der Fonds ist, solche Schulden zu tilgen, aber machen Sie uns aus dem bedauer— lichen Zwange, daß wir Gelder auch zu anderen Zwecken ver— wenden müssen, keinen Vorwurf, probiren Sie selbst erst, ob Sie Pech anfassen können, ohne sich zu besudeln!

Im Herrenhause hielt in der Sitzung am 30. v. M.

der Regierungs⸗Kommissar, Geheimer Regierungs⸗Rath von Wolff, über die von der Kommission beantragte Resolution, »die Erwartung auszusprechen, daß die Königliche Staats

Regierung die Organisation einer Landespolizei⸗Behörde ferner—⸗ hin durch spezielle, dem Landtage der Monarchie vorzulegende Gesetze und nicht blos durch den Etat regele«, folgenden Vor⸗ trag, auf welchen der Handels⸗Minister Graf von Itzenplitz bei seiner Erklärung später Bezug nahm:

Meine Herren, die Ansichten, die der Herr Graf v. Rittberg im Eingange seines Vortrages ausgesprochen hat über die Befugnisse der Königlichen Staatsregierung zur Vornahme von Verwaltungsorgani— sationen, nöthigen mich zu einer kurzen Erwiderung, und zwar um so mehr, als der Herr Graf darin zugleich den indirekten Vorwurf ausgesprochen hat, daß die Staatsregierung durch ihr Verfahren die Rechte dieses Hauses verletzt habe. Ich glaube einen solchen Vorwurf zurück weisen zu sollen und mit Recht zurück weisen zu können. Die Ansichten, von denen die Staats- regierung in Bezug auf die Organisation voꝛ Behörden ausgeht, sind in der Kürze folgende: Sr. Majestät dem Könige ist durch Art.

der Verfassungsurkunde die vollziehende Gewalt eingeräumt; Ausfluß

der vollziehenden Gewalt ist nothwendig die Organisationsgewalt. Die vollziehende Gewalt muß die Behörden und Organe sich schaffen können, um die Gesetze ausführen zu können. Es gehört also zu einer sol. chen Organisationsgewalt die Befugniß zur Einsetzung von Behörden, zur Bestimmung ihres Wirkungskreises und ihrer inneren Einrichtung. Diese Prärogative der Krone ist aber in verschiedener Beziehung durch die Verfassungsurkunde und Gesetze des Landes beschränkt. Namentlich ist sie beschränkt durch Art. 895 der Verfassungsurkunde, in Bezug auf die Organisation der Gerichtsbehörden, welche ausdrück— lich einem Gesetze zugewiesen worden ist. Ferner ist diese Gewalt be schränkt durch das Budgetrecht der Landesvertretung in sofern, ald diejenigen Behörden, die die Staatsregierung einzusetzen beabsichtigt, mehr oder andere Mittel erfordern, als der Staatshaushalts-⸗Etat ge⸗ währt und als mithin für die Regierung disponibel sind. Falls eine Organisation lediglich in diesem Sinne eine Mitwirkung der Landes— vertretung erheischt, daß die Staatsregierung mehr Geld bedarf, ohne daß die Anordnung selbst in der Form eines Gesetzes erlassen zu werden braucht, dann genügt nach der Ansicht der Staatsregierung ö ö der Sache bei Gelegenheit des Staatshaushalts— ats.

Es ist aber die Organisationsgewalt ferner beschränkt durch Art. 110 der Verfassungsurkunde, welcher dahin lautet, daß die in den bestehenden Gesetzen angeordneten Behörden bis zur Ausführung der sie abändernden organischen Geseßtze in Kraft bleiben sollen. Damit ist gesagt, daß, sobald eine Verwaltungsorganisa—⸗ tion Behördenperfassungen ändert, die in bestehenden Gesetzen angeordnet sind, dann eine Mitwirkung der Landesvertretung im Wege der ,, erforderlich ist. Welche der bestehenden Behörden auf gesetzlichen Anordnungen beruhen, ist eine Sache der thatsächlichen Prüfung im Einzelfalle und wird in Bezug auf die nach dem Erlaß der Verfassungsurkunde errichteten Behörden wesent— lich nach der Form des Zustandekommens der früheren Anordnung und der Art ihrer Publikation zu prüfen sein. Für die Zeit vor dem Erlaß der Verfassungsurkunde dagegen, wo die Form des Er— lasses nicht entscheidend sein kann, weil die gesetzgeberischen Anord— nungen häufig mit reglementarischen Bestimmungen vermischt in der. selben Form erscheinen, wird der materielle Inhalt des früheren Gesetzes geprüft werden. n

Die Organisationsgewalt hat endlich noch eine selbstverständliche Beschränkung, nämlich die daß die materielle Regierungsgewalt, d. h.— also Inhalt und Umfang der in der Staatsgewalt begriffenen Hohette, rechte, nicht eingeschränkt oder verändert werden kann ohne einen Akt der Gesetzgebung, daß also, wenn in dieser materiellen Reglerungsgewalt

Sinne der 9

daß der geehrten Versammlung kein Wort von der Auseinan⸗

irtenhaus eine ö giebt, welche für viele Fälle sehr bedauerlich sein würde, dies

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Abän derungen getroffen werden sollen, diese nur. a , , moglich e . geseßmaßiger oweit durch die, vJn mir soeben angedeuteten unkt der Krone nicht eingeschränkt ist' soweit hat die n . . . Ansicht die Befugniß, selbstständig die Organisation in Verwaltungs- behörden vorzunehmen. Es wird sich diese Befugniß hauptsächlich und wesentlich erstrecken auf die Bestimmung und Bezeichnung des Wir⸗ ,, K— in territorieller Beziehung, auf en Sitz der Behörde, auf die ressortmäßige Unt auf i di,. ö ßig erordnung, auf ihren glaube, daß die Königliche Staatsregierung bei dem ö ren, welches sie in den letzten Jahren n hl n hat, . Grundsäßzen in Einklang geblieben ist. Was die Organisation in Schleswig - Holstein anbelangt, die der Herr Graf von Rittberg er⸗ wähnte, so sind bei Einsetzung der Regierung in Schleswig und Einführung der Regierungs-Instruktionen materielle Regierungsrechte nicht geändert worden und soweit die letzte Instruktion solche enthält, waren sie bereits in der Diktaturperiode Durch besondere Königliche Verordnungen eingeführt. Es wird nicht nöthig sein, daß ich in die⸗ ser Beziehung speziellere Erklärungen abgebe.

Außerdem bestanden aber in Schleswig ⸗Holstein keine Provinzial behörden, von denen man sagen konnte, daß sie eine gesetzliche Basis hatten. Sie waren in der Zeit der Skkupation gebildet und waren ohne 3 . und . geblieben.

Bar die Hrganisatioön von Hannover anbelangt, so beschrä sich die Veränderungen, die die Königl. K . legung des Etats in diesem Jahre beabsichtigt hakte, auf eine Zusam⸗ menziehung der vorhandenen 6 Landdrosteien in 3 Landdrosteien, denen sie allerdings den Titel Regierungen geben wollte, was natürlich in der Sache selbst nichts“ ändern kann. möchte auf das sachkundige Urtheil der Herren in Hause aus Hannover provoziren, ob sie nicht der sind, daß eine solche Zusammenziehung der Landdr in die übrigens lediglich auf Königliche V drosteiordnung in keiner Weise eingreift, ni Sache der Verwaltungsexekutive gewese es zur Zeit der Vorlegung des

diesem Meinung

! ch D e, auszuführen, nicht

.

Herrenhauses ist wirkt, sondern

s kann mich au sagt: »er meine das bleibt, und die Erörterungen vorliegt. Ei mich also

. . l r; Deshalb ; es für meine Pflicht, dies hier auszusprechen und . 1

daß das Herrenhaus diese Resolution in dem wie sie hier steht, verwerfe. Wird sie . so folgt daraus, daß die Staatsregierung, auch wenn sie Geld genug hätte, eine Regierung mik der anderen nicht vereinigen oder theilen dürfte, ohne darüber ein beson—⸗ deres Gesetz vorzulegen. Eine solche Vorlage eines besonderen Besetzes hat große Schwierigkeiten. Wären wir wenn die Staatsregierung im Sinne des von Herrn von Kleist gemach⸗ ten Vorschlages ein besonderes Gesetz vorgelegt hätte und das Gesetz durch beide Kammern gegangen wäre am 30. Januar schon so weit gelommen, daß in Folge des Gesetzes dann das Budget von beiden Häusern angenommen werben könnte? . . . I, ,, , Abkürzung, um das Etat⸗ ; ande zu bringen, hat das i⸗ geführt, welches beobachtet wa sᷣ ö Hauptsächlich aber le daß, wie ich wiederhole, dur Resolution in chränkt wird,

gewissen Fälle und namentlich desh olution verworfen

wird.

zusammengezogenen L entstehen müsse.

regierung in

natürli

einzuw

= Der Handels⸗Minister, Graf von Itzenplitz, erklärte

i,, nach dem Herrn von Kleist⸗Retzow?

ch, habe Eingangs der Diskussion ge laubt, daß sie si nur bezöge auf die Resolution , . von 29. ö. nisation der Verwaltungsbehsrden die Rede ist. Der geehrte Redner, der eben die Tribüne verläßt, hat sie gleich auf die andere Resolution auf, bag. 11 ausgedehnt. Sollte ich mich geirrt haben und die Diskussion sich auf beide erstrecken, fo hoffe ich doch, daß über heide getrennt und nach einander abgestimmt wird, und es auch Andern freistehen wird, ihre Meinung zur sagen oder es jetzt zu thun, wo,

Resolution auf pag. II zu eieih es auffasse, nur von der Resolutlon auf pag. 7 die

Was biese betrifft, glaube ich zunächst konstatiren zu kön— nen, daß kein Mensch bei der angefochtenen en nel .

gedacht hat, die Rechte des Herrenhauses zu beschraͤn ken Außer⸗ 29. will ich gleich konstgtiren, daß ich mich 9 den . der ezungen des Herrn Regierungs⸗Kommissars über die gesetz⸗ . und verfassungsmäßige Lage der Staatsregierung gegen⸗ . der Organisation ber Verwaltungsbehörden vollständig . i n Es versteht sich von selbst, eine Differenz innerhalb

1 Regierung besteht darüber nicht. Aber ich möchte wünschen,

ersetzung des Kommiffars entgangen ist, denn dann w erden uit mit mir ermessen, daß die votliegende Frage gar so klar und einfach ist; daß also, wenn bas bestimmte und unzweifelhafte Erklärung

en Interessen der Regierung nicht entspräche 57

Und sei außer tenhaus

gesetz

klar geworden ist. errenhause am wenig- Königs, welche nicht

durch schränkt worden sind, in der H o auch sein Exekutivrecht und das

ationsrecht, welches er früher ganz frei nur in sofern beschränkt worden ist, als en der Verfassung eine solche Einschrän⸗ äufig behauptet worden, daß der materiae, es mit klaren Worten aus⸗= aatsregierung nicht das Recht habe (Herr zwar zu verstehen, daß er darauf sich nicht gern, muß aber hier, da die Frage dis⸗ Punkt berühren, weil sonst eine Wieder- rde) es ist also gesagt worden, der Arfikel 6