1869 / 27 p. 8 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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den, sich darüber schlüssig zu machen, ob es die Garantie aus Staats- fonds übernehmen will oder nicht, und dadurch ist die Mitwirkung des Hauses bei dieser Bestimmung eingetreten. Sieht man die Sache unbefangen an, so ist durch das Gesetz nur genehmigt, daß diese frei⸗ gewordenen Garantiefonds der Staatskasse zur Disposition gestellt werden, es ist aber die Genehmigung, wie die Verwendung erfolgen soll, nicht ertheilt. Ist aber ein besonderes Gesetz dazu erforderlich, daß die betreffenden Summen aus dem Aktiv⸗-Kapitalienfonds verwendet werden dürfen, so ist jedenfalls auch ein besonderes Gesetz nothwendig, durch welches die Verwendung der frei gewordenen Garantiefonds gestattet wird.

Ich mache ferner darauf aufmerksam, daß über solche Kapitalien, selbst wenn unzweifelhaft feststand, daß fie dem Staatsschatz gehören, wiederholt durch den Etat disponirt worden ist. Herr von Kleist hat speziell auf den Fall vom Jahre 1859 hingewiesen. Ich will darauf nicht Bezug nehmen, weil er fontrsvers geblieben ist und daher nicht als maßgebend anerkannt werden könnte; ich will aber erwähnen, daß im Etat von 1861 bei der allgemeinen Kassen⸗ verwaltung ein extraordinärer Zuschuß von 1,B763,722 Thlr. in Ansaß gebracht ist, unter welchem sich, wie Sie aus diesem Etat ersehen werden, eine Summe von 1,A453,722 Thlr. aus den Ueberschüssen des Jahres 1869 befindet. Obgleich darüber nie ein Zweifel bestanden hat, daß die Ueberschüsse in den Staatsschatz abzuliefern seien und dies auch regelmäßig geschehen ist, so hat das Haus doch die Genehmigung ohne * Gesetz dazu ertheilt, daß diese Summe zur Deckung bestimmter

Bedürfnisse des Jahres 1861 hat verwendet werden dürfen. Auch auf den Etat des Ministeriums für landwirthschaftliche Angelegenheiten heziehe ich mich, insofern sich in diesem Etat von Jahr zu Jahr ein Meliorationsfond von einigen hunderttausend Thalern befindet mit der Bestimmung: auch verbleiben die Rückzahlungen auf die aus diesem Titel zu gewährenden Darlehen der landwirthschaftlichen Verwaltung. Nach dieser Bestimmung wird über Darlehne, die nach der Kabinets⸗ ordre von 1826 dem Staatsschatze gebühren, disponirt, und es sind auf diese Weise, wie ich Herrn von Kleist noch besonders mittheilen will, dem Staatsschatze 1767, 000 Thlr. bisher entzogen worden, also fast eine ebenso hohe Summe, als die Regierung jetzt in Anspruch nimmt zur Deckung des Defizits.

Herr v. Kleist sagt, es waͤre leicht, durch Gesetz die Angelegenheit

u ordnen. Dabei bleibt zu erwägen, daß das Gesetz ein Finanzgesetz ̃ würde, daß es zuerst dem andern Hause vorgelegt werden müßte, und daß dieses doch überrascht sein würde, nachdem es den Etat ge— nehmigt, die Deckungsmittel bewilligt hat, wenn die Regierung käme und sagte: wir müssen noch ein neues Gesetz zu dieser Bewilligung haben. Ich glaube schwerlich, daß das Haus sich auf die Berathung eines solchen Gesetzes einlassen oder es doch ablehnen würde. Wie stände die Sache dann, und wie sollte überhaupt die Regierung dem andern Hause gegenüber die Vorlage rechtfertigen, sie müßte ihre eigne Ueberzeugung, der sie bisher in ihren Erklärungen und in den Etats pro 1868 und 1869 bestimmten Ausdruck gegeben, geradezu verleugnen. Das kann man wohl nicht verlangen. Wenn ein solches Gesetz aber nicht angenommen würde, so käme es gar nicht hierher, und die Staatsregierung säße gewissermaßen zwischen Baum und Borke. Herr v. Kleist schlägt ferner vor, daß die Regierung nur erklären dürfe: sie wolle das, was pro 1869 geschehen sei, künftig nicht wieder thun. Eine solche Erklärung sieht sehr einfach aus, aber sie ist in ihren Folgen doch nicht ohne Bedenken. Würde die Regie⸗ Lung eine solche Erklärung abgeben, dann würde sie anerkennen, daß Alles, was Herr von Kleist behauptet hat, auch richtig sei, und sie wäre genöthigt, sofort den Staatsschatz mit 1300, 600 Thalern zu füllen, sie würde sich dadurch die Mittel entziehen zur Deckung des Defizits und solche aus andern Fonds entnehmen müssen, so daß jedenfalls die disponibeln Mittel der Staatsregierung geschmälert würden. Ich glaube, das kann ebenfalls nicht von der Regierung verlangt werden.

Es ist sodann gesagt und auch von Herrn von Kleist weitläufig auseinandergesetzt worden, daß für die Regierung keine Verlegenheit entstehen könne; es handle sich nur um unbedeutende Summen von 3. und 500,000 Thalern; diese würde man ohne Bedenken beschaffen

nnen.

Meine Herren! Es ist bei allen diesen Erörterungen übersehen worden, daß zwischen 1367 und 1869 noch das Jahr 1868 liegt und daß die Re— sultate der Finanzverwaltung des Jahres 1868 noch nicht bekannt sind. Soviel läßt sich mit Bestimmtheit übersehen und ist aus den Erfah— rungen, die täglich in der Finanzverwaltung gemacht werden, bekannt, daß die Finanzverwaltung gerade in Bezug auf die Deckung der Aus⸗ gaben für 1868 mit außerordentlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben wird. Ich will aus dem mir vorliegenden Abschlusse pro Januar bis Dezember 1868, welcher noch nicht sämmtliche Ausgaben und Einnahmen umfaßt, einige Posten mittheilen, woraus Sie die Aeberzeugung gewinnen werden, daß die Regierung keine Gelder ent— behren kann, um sie in den Staatsschatz zu legen. Meine Herren, zunächst mache ich auf die indirckten Steuern aufmerksam. Dieselben sind bekanntlich, der Norddeutschen Bundesverwaltung überwiesen worden, insoweit es sich um Zölle und Verbrauchssteuern handelt. Bei all diesen Steuern muß im Laufe des Jahres ein sehr erheblicher Kredit gegeben werden, was sich auf allgemeine Vorschriften gründet und nicht zu beseitigen ist, wenigstens nicht ohne großen Rachtheil für den Handelsstand? Nun sagt der Rorddeutschs Bund, 'iwenn Ben preu⸗ ßische Staat Kredit giebt, so ist das lediglich feine Sache, uns muß haar Geld gegeben werden es ist alf der Betrag der Stluern, merh cher zum Soll gestellt wird, an den Norddeutschen Bund abzuliefern. Wie stellt sich nun die Sachs Ende Dezember v. J. betrugen die Steuerkredike überhaupt 18,56 1,000 Thlr., darunter befanden sich aus den neuen Landestheilen 2026 000 Thlr., in den alten Landestheilen also 14,535 0090 Thlr. Am Schluß des Jahres 1857 betrugen die Kredite 11,263, 000 Thlr., sie sind also im Jahre 1868 um 3,72 006 Thaler gestiegen. Nun ist das kein Unglück, denn diese

Kredite werden in dem nächsten Jahre einkommen /

es ist mit Sicherheit anzunehmen? und es muß dri gewünscht werden, daß die Kredite im Jahre 1869 nicht

hoch, sondern möglichst noch höher sich belaufen. Die Fi

tung hat aber in Folge dieser Einrichtung für 1868 einen

von 3,272, 000 Thaälern bei den indirekten Steuern, weil sie diesc Summe dem Norddeutschen Bunde zu zahlen und daher vorzuschießen hat. Dieser Vorschuß muß aber fuͤr eine Reihe von Jahren geleiste und kann erst realisirt werden, wenn die Kredite Überhaupt auf. hören oder sich vermindern. Daß die Kredite so bedeutend ge. stiegen sind, rührt davon her, daß jetzt auch bei der Salzver. waltung Kredit gegeben werden muß, der augenblicklich 1345000 Thaler beträgt, während früher, so lange das Salj⸗ Monopol bestand, solche Kredite nicht gegeben wurden. Ferner will ich noch darauf aufmerksam machen: In dem Etat für 1868 steht un. mittelhar nach den indirekten Steuern eine Einnahme aus der Salz. verkaufs Verwaltung, Erlös für Bestände, welche am Schluß de Jahres 1867 noch vorhanden waren. Der Ueberschuß aus diesen Ver⸗ waltung wurde im Etat zu 1786,000 Thlr. veranschlagt, hat sich aber in dieser Weise nicht erfüllt, weil bekanntlich die Salzpreise zurückgegangen sind, und der Erlös nicht so hoch gewesen ist, wie erwartet wurde; der wirklich aufgekommene Ueber⸗ schuß beträgt nur 874000, Thaler, der Ausfall daher beinahe 1ͤ1 Million Thaler, dazu die vorerwähnten 3 Milltonen Thaler, sind zusammen 4 Millionen Thaler. Ich könnte in diesen Mittheilun⸗ gen noch weiter gehen indeß ich nehme davon Abstand, weil ich nicht im Stande bin, bei den übrigen Verwaltungen die Zahlen so zu erläutern, daß sie nicht mißdeutet werden können; aber ich glaube, dem Hohen Hause nachgewiesen zu haben, daß die in Rede stehenden Aktiv- Kapitalienfonds dem Staatsschatze nicht gebühren, daß die K den Etat für 1869 ebenso aufgestellt hat wie den pro 1868, und daß der Antrag des Herrn von Kleist, ganz abgesehen von den Zweckmäßigkeitsrücksichten, zur Annahme nicht geeignet erscheint. abzulehnen.

In Anknüpfung hieran erklärte später der Finanz Minister Freiherr von der Heydt:

Ich möchte um die Erlaubniß bitten, ein paar Worte zu dieser Resolution zu sprechen. Ich hege das Vertrauen, daß die ausführliche sachgemäße Darlegung des Herrn Kommissars das Hohe Haus überzeugt haben wird, daß die Resolution weder aus Zweckmäßigkeitsrücksichten gerechtfertigt erscheint, noch daß sie durch die bestehenden Gesetze sich rechtfertigt. Was den zweiten Theil oder die zweite Alternative betrifft, nämlich die Nachsuchung durch ein besonderes Gesetz, so halte ich diese für erledigt, nachhem der Etat genehmigt worden ist und mit dem Etat auch die Verwendung der außerordentlichen Einnahmen. Es würde also jetzt, ganz abgesehen von der Meinungsverschiedenheit, nicht mehr eine Vorlage erfolgen kön⸗

die ich zuletzt geltend gemacht habe Ich' bitte deshalb, benschte

nen, wo die Genehmigung zur Verwendung der Effekten noch

mals nachgesucht wird. Was die erste Alternative betrifft, nämlich die Erwartung auszusprechen, daß vor der Verwen! dung des Betrages von 130060 Thlrn. und 740, 000 Thlrn. erst die Hinterlegung in den Staatsschatz stattfinden müsse, so mache ich auf das aufmerksam, was schön der Herr Regierung⸗ Kommissar ausgeführt hat, daß es sich nämlich rücksichtlich dieser beiden Posten nicht anders verhält, als wie bei den Cöln⸗Min⸗ dener Effekten, denn das besondere Gesetz, was das Hohe Haus heute genehmigt hat, disponirt weiter nichts, als daß die von der Cöln⸗Mindener Gesellschaft begehrte Staatsgarantie bewilligt wird; aber über die Verwendung der Effekten wird in dem Gesetze nichts gesagt. Wird also für die beiden anderen Betraͤge ein besonderes Gesetz für nöthig erachtet, so müßte es auch für nothwendig erachtet werden in Bezug auf die Cöln⸗Minbener Beträge, sonst läge in dem Satz selbst ein Widerspruch.

Nun möchte ich noch ein paar Worte darauf erwidern. Herr v. Kleist sagt; die Regierung nähme gegen dies Haus zu wenig Rücksicht, und das sei mit eine moralische Veranlassung zu dieser Resolution. Die Regierung ist sich hewußt, diesen Vorwurf nicht zu verdienen. Im anderen Hause wird der Regierung zum Vorwurf gemacht, wir erzeigten diesem Hohen Hause zu viel Rücksicht; hier wird gesagt, man ertheile dem anderen Hause zu viel Rücksicht. Man hat bei⸗ derseits Recht, insofern die Regierung es für Ihre Pflicht er⸗ achtet, einem jeden Hause diejenige Rücksicht zu gewähren, die jedes Haus von der Regierung zu erwarten berechtigt ist. Wenn das aber nach beiden Seiten hin geschieht, wird man der Regierung daraus einen Vorwurf nicht machen können. Ich bin überhaupt der Meinung, daß es sich um ein Mißverständ⸗ niß handelt. Herr von Kleist beruft sich auf zwei Gesetze vom Jahre 1856 und 1867. Nun steht weder in dem Gesetz von 1866 positiv, daß vor Ergänzung des Staatsschatzes nicht auch durch das Etatsgesetz zur Deckung des Etats Effekten verwandt werden können. Und ebenso wenig ist im Gesetze von 1867 gesagt, daß die betreffenden Gelder in den Staatsschatz gelegt werden müssen.

Ich weiß eigentlich nicht, solution für nothwendig erachtet. er materiell der Regierung bei,

warum Herr von Kleist die Re— In der Sache selbst stimmt von keiner Seite des Hohen

für die Hülfsarbeiter gestrichen waren,

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ses ist der Vorschlag der Regierung als unzweckmäßig er⸗ 53 . die Resolution wird in . bestehenden verhältnisse nichts geändert, das Haus mag sie nun annehmen oder nicht annehmen, Daß die Regierung nicht die Absicht haben kann, den Rechten dieses Hauses entgegenzutreten, das, laube ich, werden Sie der Regierung zutrauen müssen, denn e ist immer bestrebt gewesen, die bestehenden Verfassungs⸗ bestimmungen und die gesetzlichen Bestimm ungen auf das Aller— strupulöseste zu befolgen, und hat auch Herr von Kleist keinen Fall angeführt, wo das nicht geschehen wäre. Es ist dagegen von dem Herrn Regierungskommissar darauf aufmerk⸗ sam gemacht worden, daß im Etat von 1868 das eingehaltene Verfahren von keiner Seite gerügt worden ist, daß also für die Regierung kein Anlaß vorlag, bei diesem Etat anders zu ver⸗ fahren, als wie sie unter Zustimmung des Hauses bei dem vor— jährigen Etat verfahren ist. Wenn nun Herr von Kleist von der Regierung die Erklärung wünscht, daß sie anerkenne, es sei ihre Pflicht, künftig bei Verwendung von Beständen neben dem Etat gleichzeitig ein besonderes Gesetz vorzulegen, so nehme ich Anstand, diese Erklärung abzugeben, weil die Regierung die Rechtsansicht nicht theilt. Aber das werden Sie der Regierung zutrauen, daß sie der Bedenken, die 3 von Kleist her⸗ vorgehoben hat, auch wenn sie im Hause in der Minorität bleiben sollten, unvergessen bleiben werde. Das ist Alles, was ich sagen kann, und ich gehe Herrn von Kleist anheim, ob er es für nothwendig findet, die Resolution noch zur Abstimmung zu bringen.

In Betreff der Vermehrung der Ober -⸗Tribunals⸗Mit- glieder um drei neue Mitglieder erklärte der Justiz⸗Minister Pr. Leonhardt: JJ

Meine Herren. Die Königliche Staatsregierung hat in Betreff der Ernennung von 3 neuen Räthen beim Ober⸗Tribunal und der damit zusanunenhängenden Zurückziehung der Hülfs⸗ arbeiter beim Ober⸗Tribunal weder direkt noch indirekt die Initiative ergriffen. .

Die Königliche Staatsregierung hatte dazu keine ge— nügende Veranlassung, wenngleich die tausend Thaler

so war sie den⸗ noch in der Lage, wenigstens einstweilen das erforder— liche Hülfsarbeiter⸗Personal für das Ober-Tribunal heran⸗ zuziehen. Die Königliche Staatsregierung war auch theoretisch um mich so auszudrücken nicht genöthigt, den Schritt zu thun; denn, wenn die Königliche Regierung auch dafür hält, daß es sich prinzipiell nicht rechtfertige, Hülfsarbeiter beim obersten Gerichtshofe zuzulassen, so war sie doch nicht der An⸗ sicht, daß die ausnahmsweise Zulassung von Hülfsarbeitern, wenn in dieser Beziehung von korrekten Ansichten ausgegangen würde, irgend welche sachliche Bedenken mit sich führt. Die Königliche Regierung hat also den Antrag weder gestellt, noch hat sie einen solchen Antrag veranlaßt. Es wurden aber der Königlichen Regierung von verschiedenen Seiten des Abgeordneten⸗ hauses nichtetwa allein von der linken Seite, sondern auch von der rechten der dringende Wunsch zu erkennen gegeben, daß diese sogenannte Hülfsarbeiterfrage endlich erledigt werde, und dieser so dringend zu erkennen gegebene Wunsch hat die Königliche Regierung veranlaßt, sich einverstanden zu erklären mit einem solchen Antrag, falls er aus der Mitte des Hauses hervorgehen sollte. Das ist denn auch geschehen. Bei der ganzen Frage war aber für die Königliche Regierung folgender Gesichtspunkt der eigentlich entscheidende. Es kann nicht behauptet werden, daß die Zuziehung von Hülfsarbeitern an und für sich dem An⸗ sehen des Ober⸗Tribunals irgendwie geschadet habe. Aber die wiederholten Diskussionen über die Hülfsarbeiter und deren Zu— ziehung in der Presse, in Sonderheit im Abgeordnetenhause sind jedenfalls nicht geeignet gewesen, das Ansehen des Ober ⸗Tribu⸗ nals zu stärken. Ich möchte nun annehmen, daß wie dem Ver⸗ nehmen nach die setzige Sachlage in den Kreisen des Ober-⸗Tri⸗ bunals als eine sehr erwünschte angesehen wird, wie ich nicht bezweifle, daß auch der verehrte Herr Chef des Ober⸗Trihunals damit einverstanden ist, ich auch der hohen Einsicht und der be⸗ währten Leitung des Herrn Chef⸗Präsidenten des Ober⸗Tribu⸗ nals vertraue, daß es ihm möglich sein werde, mit drei neuen Räthen jede erheblichere Geschäftsstockung zu vermeiden.

In derselben Angelegenheit entgegnete der Justiz⸗ Minister dem Grafen zur Lippe: ;

Meine Herren, die Königliche Staatsregierung hält nach wie vor die Stellvertretung beim Ober-Tribünal wie bei son⸗ stigen Gerichten für gesetzlich zulässig. Dieser Ansicht der König⸗ lichen Staatsregierung widerspricht die Resolution des Abge⸗ ordnetenhauses in keiner Weise. Das würde allerdings der Fall sein, wenn die Resolution so lautete, wie der An⸗ trag gestellt war, nämlich dahin: die Stellvertretung soll beim Ober- Tribunal gesetzlich unzulässig sein. Wenn man nun später das Wort »gesetzlich strich, so kann die Reso⸗ lution nichts Anderes bedeuten, als daß die Zuziehung legis⸗

lativ nicht zulässig ist. In dieser Gestalt handelt es sich um eine sehr unschuldige Resolution, mit welcher man sich einver⸗ standen erklären kann, sobald man im . dafürhält, daß es richtiger sei, beim Ober-Tribunal die Rech opflege durch fest⸗ angestellte Richter verwalten zu lassen, als unter Zuziehung von Hülfsarbeitern. .

a Die Konsequenzen, die mein Herr Vorredner grogen hat, gu dem, was im Abgeordnetenhause vorgegangen ift, kann ich in keiner Weise billigen. Ich habe überhaupt gar nicht gesagt, daß, die Königliche Staatstegierung sich habe bestimmen iassen allein durch die Diskussion über“ die Hülfsarbeiter im Ab⸗ eordnetenhause, vielmehr habe ich allgemein auf die Dis— ussionen über diese Frage, insbesondere in der Presse Bezug genommen. Die Diskussionen sind sehr weit ge⸗ gangen und der Einfluß derselben hat nicht vermieden werden können und ist auch nicht vermieden worden. Rück⸗ sicht auf das Ansehen des Ober -Tribunals ist für die Königliche Staatsregierung vorzugsweise der Grund gewesen, auf die Sache einzugehen. Ich weiß nicht, wie man darin eine Nachgiebig⸗ keit finden kann. Wenn man prinzipiell der Ansicht ist, daß es richti⸗ ger sei, die Rechtspflege in der obersten Instanz verwalten zu lassen durch fest angestellte Richter, so weiß ich nicht, wie man daraus, daß, wenn man den richtigen Grundsätzen beitritt, folgern kann, man werde nun auch andere Diskussionen zu vermeiden suchen, so darüber, ob dem Landtage ein Repraͤsentations oder Er“ nennungsrecht von Ober-Tribunals-Räthen zu gewähren sei. Diese scheint mir überall in keinem Zusammenhange mit der Stellvertretungsfrage zu stehen. Ich betrachte mich als den ge⸗ borenen Vertheidiger der Interessen der Gerichte und insbesondere des Ober⸗Tribunals, und wie ich diese meine Stellung mehrfach ge⸗ wahrt habe, obwohl ich erst kurze Zeit im Amte bin, so glaube ich, daß ich diesen Interessen entsprochen habe, wenn ich mich Namens der Staatsregierung damit einverstanden erklärt habe, daß etats⸗ mäßige Richterstellen bei dem Ober-Tribunal geschaffen werden und es auf diese Weise ermöglicht wird, daß die Rechtspflege bei ö. Ober⸗Tribunal durch fest angestellte Richter verwaltet werde.

Die Vorlegung des Gesetzentwurfs, betreffend die Auf bringung der Kosten der örtlichen Armenpflege in der Provinz Schlesien mit Ausschluß der Oberlausitz leitete der Minister des Innern, Graf zu Eulenbuxg, in nachstehender Weise ein:

ch beehre mich eine Gesetzesvorlage einzubringen. In Schlesien, mit Ausnahme der Oberlausitz, besteht in Bezug auf die Lasten der örtlichen Armenpflege eine Gemeinschaft zwischen den Domänen und der Gemeinde, wenn in derselben Feldmark bäuerliche und Domanialgrundstücke liegen. Für den Fall, daß eine Einigung über den Maßstab, nach dem zu diesen Lasten beigeträgen werden soll, nicht zu Stande kam, war durch Reglements mit gesetzlicher Kraft festgesetzt, daß die Bei⸗ träge nach der Proportion der Beiträge zur Feuersocietät ge⸗ leistet werden sollten. Abgesehen von vielen anderen Gründen, welche diesen Maßstab schon seit längerer Zeit nicht zweck— mäßig erscheinen ließen, findet auch die Fortführung der alten Grundsteuerkataster nicht ferner statt, und es tritt schon aus diesem Grunde die Nothwendigkeit hervor, einen anderen Yaß— stab für diese Verhältnisse zu finden. Dies ist der Zweck des Gesetzentwurfes, den ich die Ehre habe dem Hause vorzulegen. Die Gemeinschaft zwischen den Domänen und den Gemeinden sollen nicht aufgehoben werden, es soll nur für den Fall der Nichteinigung die Grund und Gebäudesteuer künftig als Maß— stab dienen. Ich glaube, die Sache kann wohl im Wege der Schlußberathung erledigt werden. Sie hat bereits dem Pro- vinzigllandtage vorgelegen. K

Ich habe die Ehre, die Ermächtigung mit dem Gesetzent— wurfe zu überreichen. .

Statistische Nachrichten.

Im »Journ. off. ist eine Uebersicht über die Grundstü cke veröffentlicht, welche in Paris im J. 1868 vor der Kammer der Notar und im Justizpalais öffentlich versteigert sind. Die Zuschlagssumme belief sich auf 100 050,720 Fr. 12 Häuser erzielten ein Meistgebot von über 500000 Fr. bis 1B 129334 Fr. Was den Verkaufspreis im Verhältniß zum Ertrage betrifft, so stellte sich von 374 verkauften Häusern bei 57 () eine Verzinsung des Kaufpreises zu 5— 6 pt. und darunter, bei 214 Ce) von 6— 8 pCt., bei 103 G) von 8 = 10 pCt. und darüber heraus. In den 12 ersten Arrondissements ist die Zahl der Häuser, deren Verkaufspreis 6— 8 pCt. betrug, 6, dagegen der sich mit 8 10 pCt. verzinsenden nur mit ½; in den 14 neuen Arrondissements (der ehemaligen Bannmeile) war zwar die Zahl der zu einem Zinsfuß von 6— 3 pCt. verkauften Häuser um 1,0 geringer als in den alten Arrondissements, aber die Zahl der zu 8 10 pCt. ver- kauften Häuser war hier verhältnißmäßig beinah dreimal so groß () als dort. In den 3 Jahren 1866, 1867, 1868 hat sich der Verkaufs- preis der Häuser in Paris fast ganz gleichmäßig so herausgestellt, daß no zu 5—6 pCt. und darunter, M zu 6—8 pEt., „, zu 8 10 pCt.

und darüber verkauft worden sind.