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der Vorlage vor, daß sie der Strömung unserer Zeit auf Selbst⸗ verwaltung zu wenig Rechnung trägt und daß dieser Entwurf bureaukratischer, strenger, schlimmer sei, als das alte Gesetz. Namentlich behauptet der Herr Redner, daß der Landrath mehr als in der bisherigen Gesetzgebung von der Regierung überall in den Vordergrund gestellt sei, um den Excedenten auf dem Gebiete der Jagdpolizei entgegenzutreten. Der Herr Redner hat Thatsachen, positive Bestimmungen, die der Entwurf ent⸗ halten soll, auf diesem Gebiete nicht angeführt, ich bin also auch gar nicht in der Lage, darüber gegen ihn einen dampf aufnehmen zu können; ich bestreite daher nur die Thatsachen und behaupte, daß die Selbstverwaltung ihren wesentlichen Ausdruck dadurch gefunden hat, daß bei der Bildung der Jagdbezirke Jagdkom⸗ missionen vorgeschlagen sind, die von den Grundbesitzern ge⸗ wählt werden sollen. Ich glaube, das ist ein sehr wesentlicher Schritt in der Strömung, die der erste Herr Redner empfahl, der Strömung der Zeit, dem allgemeinen Streben nach Selbst⸗ verwaltung, gerecht zu werden. Auch der zweite Herr Redner hat, wie es scheint, wesentlich aus demselben Gesichtspunkt den Entwurf bekämpft.
Er ist ihm zu bureaukratisch, und er will daher vor allen Dingen seine Giltigkeit ausgeschlossen wissen bezüglich der Städte und bezüglich einiger Provinzen. In dieser Beziehung muß ich dem Antrag entgegentreten. Die Regierung hat geglaubt — und so weit paßt das von ihm angezogene Beispiel meines Erachtens nicht vollständig —, gewisse allgemeine Prinzipien für das ganze Land erlassen zu müssen, und in einzelnen Gegenden, seien es Provinzen, seien es Kreise, seien es Städte, seien es Gegenden, wo besondere Wildsorten besondere Rücksichten erheischen, die vielleicht in andern Gegenden nicht vorkommen oder weniger schädlich sind, den Polizeiverord— nungen der Lokal- oder Provinzialbehörden ein Terrain über⸗ lassen zu sollen, auf dem sie die schädlichen Spitzen des Gesetzes abbrechen können. Wir sind beispielsweise erinnert worden an den Gemüse und Blumenbau in einzelnen großen Städten, z. B. den großen Hyacinthenbau bei Berlin. Ich glaube noch aus meinen eigenen Erfahrungen als Regierungs⸗Präsident in solchen Regierungsbezirken, wo der Weinbau betrieben wurde, im Sinne des Herrn Vorredners zu handeln, wenn ich, seine Beispiele vermehrend, der Weinberge Erwähnung thue. kann in dieser Beziehung die Versicherung hinzufügen, daß die Lokal- und Provinzialbehörden stets bereit gewesen sind, was des Schutzes bedürftig ist, durch Polizeiverordnungen zu schützen. Wenn beispielsweise das Polizei- und Schonungsgesetz die Jagd zu einer Zeit eröffnet, wo man die Weinberge noch nicht be— treten darf, wo Weingärten noch geschlossen sein müssen, ist die Regierung, und ich g aube ganz zweckmäßig, eingeschritten und hat gesagt: »Ja, auf die Jagd gehen könnt ihr Überall aber nur nicht in den Weinbergen, hler ist eine Polizeiverordnung, welche ausdrücklich bestimmt, daß diese vorläufig aus—⸗ geschlossen bleiben muͤssen etwa bis zum 1. November oder bis zur Zeit, wo kein Schaden mehr den Trauben zugefügt werden kann.« Das bleibt auch heute be— stehen bei diesem neuen Jagdpolizeigesetz, daraus bilden sich allmählich die lokalen und provinzialen Eigenthümlichkeiten aus, und ich glaube daher vorschlagen zu dürfen, daß man nicht ängstlich sein und sich einem erneuten Polizeischutz, wie ihn die heutige Zeit erfordert und die neue Vorlage bletet, nicht widersetzen sollte.
Der geehrte Herr Vorredner hat besonders noch eine Seite hervorgehoben. Die meisten Beschwerden, die bisher geltend gemacht worden sind gegen das Jagdpolizeigesetz, seien vom flachen Lande gekommen, die Städfẽ, namentlich die größeren, hätten wohl nicht solch großes Kontingent dazu gestellt. Das ist möglich. Die höhere Intelligenz und bessere Ordnung kann la zum großen Theil bei der Verwaltung größerer Städte vorausgesetzt werden. Wenn der Herr Vorredner aber nun ver— langt, es solle bei den Städten bleiben S solle nicht der Bürgermeister bezeich stanz, die künftig Jagdverträge abzu Magistrat, so erlãube ich mir darâu
die Regierung vorlage au vorstand, also in strats nennt, daß Ihre Kommission
ewesen ist, es sei besser eine ei ,. zu berufen. . J
cheidung
ium oder den Ein ohe Haus wird dar⸗ kegierungsvorlage für sion. Wenn übrigens
anderes Gutachten abgeben können,
darin — und das darf ich jetzt schon antizipiren — in den Vorschlägen der Kommission eine Gefahr gefunden wird, daß der Bürgermeister, die einzelne Person, in vielen Fällen nicht Sachverständiger ist, während in einem großen Kollegium sich vielleicht eher ein Sachverständiger finden wird, so muß ich bekennen, daß ich diesen Vorwurf nicht ganz verstehe, Ich sollte glauben, daß der Bürgermęister oder der Ober-Bürgermeister, wenn er nicht selbst Jäger ist, doch immer das Recht haben sollte, dasjenige Mitglied des Magistrats, welches für diese Fragen vorzugsweise geeignet ist, heranzuziehen als Assistenten, um die Angelegenheit zu bearbeiten; von ihm wird er sich Vor— trag halten lassen, und darnach entscheiden. . die in den besoldeten oder unbesoldeten Mitgliedern des Magi⸗ strats liegen, sind durch dieses Gesetz ja in keiner Weise lahm⸗ gelegt worden.
Ich werde mich nachher zum Worte melden, wenn weitere
Angriffe erfolgen sollten.
— Nach dem Herrn von Waldaw-Steinhövel gab der Minister von Selchow folgende Erklärung ab:
Im Namen der Regierung habe ich die Erklärung abzu— geben, daß die Regierung mit der Verweisung des Gesetzes an die Kommission, um in Berathung zu ziehen, ob es nicht an— gemessen sei, das Jagdpolizeigesetz von den Provinzialständen der einzelnen Provinzen vorberakhen zu lassen, sich nicht ein— verstanden erklären kann. Die Regierung hat sich in der Vor— lage auf allgemeine Grundsaͤtze beschränkt, die, glaube ich, im ganzen Lande Geltung finden können, auf diejenigen Grund sätze, deren Einführung absolut nothwendig war. Denn die Klagen über die schlechte Handhabung der Jagdpolizei waren im Lande ganz allgemein, und nachdem die Regierung viele Jahre lang den vergeblichen Versuch gemacht hat, die Gesetz⸗ gebung zu reformiren, glaubt sie gegenwärtig Ihnen etwas Besseres zu bieten als das, was wir bisher gehabt haben. Ge— fällt Ihnen das nicht, meine Herren, dann bitte ich Sie, amen⸗ diren Sie es in den elnzelnen Punkten, verweisen Sie es aher an die Kommission zurück, so wird, wie einer der Herren Redner schon, glaube ich, sehr richtig ausgeführt hat, die Kommisston, wenn es dieselbe ist, kaum ein als sie es bereits gethan hat, nämlich das Gutachten, es sei besser, die Sache hier zu be— handeln als in den Provinzen. Wollen Sie es aber einer anderen Kommission überweisen oder wollen Sie die Kommission durch einen neuen Schub nach irgend einer Richtung hin ver— stärken, um einen anderen Beschluß herbeizuführen, dann könnten Sie es möglicher Weise dahin bringen, daß es die einzelnen Provinzialstände zur Berathung bekämen, das wäre dann aber auch leicht eine Vertagung ad calendas graecas, denn es würden Jahre darüber vergehen, bevor Sie etwas Besseres bekämen, als wie die Regierung geglaubt hat, Ihnen hiermit zu bieten. Der letzte Herr Redner hat zwar gesagt: die Provinzialstände müßten das besser wissen, als wir hier, was in jeder einzelnen Provinz passend ist, ja, meine Herren, das ist gewiß richtig, aber ich möchte noch einen Schritt weiter gehen als er. Ueber das, was passend ist, bestehen sehr ver— schiedene Ansichten, ich glaube die Besorgniß nicht zurückhalten zu dürfen, daß selbst unter den Faktoren der Gesetz⸗ gebung darüber verschiedene Ansichten bestehen. Ich möchte beispielsweise den Herrn Redner beim Worte halten. Er hat ausgeführt, es habe der Entwurf des Gesetzes bereits an einer Stelle angedeutet, daß ein Votum von den Provinzial⸗ vertretungen einzuholen sei, das gehe ihm nicht weit genug, der Herr Redner wünscht, daß auch noch in vielen anderen Fällen die Provinzialvertretungen gehört werden sollen. Ich zweifle sehr, meine Herren, daß gerade diese Idee bei alsen Faktoren der Gesetzgebung genügenden Anklang finden wird, und deshalb glaube ich, hat die Regierung sich bemüht, die goldene Mitte zu halten und das vorzuschlagen, was sie überall vertreten kann, in diesem wie in dem anderen Hause. Ich bitte Sie deshalb, meine Herren, nehmen Sie das Gesetz an mit beliebigen Amendements, es wird dann seinen verfassüngsmäßigen Weg an das andere Haus gehen. So schwarz wie der Herr Vorredner sehe ich nicht. Die Regierung kann und wird das Gesetz in diesem Augenblick nicht zurückziehen, Sie werden es amendiren, es wird dann seinen Weg weiter gehen, Sie werden hören, ob das andere Haus mit Ihren Amen dements einverstanden ist, oder ob es möglicherweise Amende⸗ ments im entgegengesetzten Sinne stellt. Die Sache kann noch inmal an dies Haus zurückkommen und das Wort, das die Regierung seiner Zeit darüber zu sprechen haben wird, ob sie das zwischen den Häusern verkinbärte Gesetz annehmen will oder nicht, kann sie in diesem Augenblick noch nicht sprechen. Sie hat geglaubt, Ihnen hiermit etwas Besseres zu bieten, als
Die guten Kräfte,
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was Sie bisher gehabt haben. Sind Sie anderer Meinung darüber, so bitte ich Sie, geben Sie in Ihren Amendements hre abweichende Meinung zu erkennen.
— Auf eine Bemerkung des Herrn von Kleist-Retzow ent— gegnete derselbe Minister:
In Bezug auf ein Wort aus dem letzten Satze des Herrn Redners hin ich verpflichtet, zu erklären, daß ich mir keines olchen Ausdrucks bewußt hin, welcher eine derartige Reserve enthalten hätte, Ich bin vielmehr der Meinung, daß wir an der Idee des allgemeinen Gesetzes festhalten, aus dem wir die Provinz Hannover nicht herauslassen dürfen.
— Bei der Spezialdiskussion äußerte sich der Minister über das Amendement von Bernuth:
Dem Herrn Redner, der soeben gesprochen, habe ich zu ntworten, daß in diesem Entwurfe allerdings in einigen Be⸗ iehungen auf die Entscheidung der Behörden verwiesen wird. Das thut die Vorlage um deswillen, weil die langjährige Er⸗
ahrung bei der Handhabung des bestehenden Gesetzes die Uleber⸗
seugung begründet hat, daß die meisten der eingehenden Be— chwerden darauf zurückzuführen sind, daß bei der Aufstellung er Pachtbedingungen nicht richtig verfahren worden ist— Darum sollen die Pachtbedingungen vorher geprüft werden, evor die Lizitation angesetzt wird.
Das Amendement schlägt nun ferner vor, der Be— hluß soll gefaßt werden principaliter, also in erster linie von den betheiligten Grundbesitzern, eventualiter benn das nicht angenommen würde ͤ sollte man den Uusdruck gebrauchen: »Gemeindebehörden«. Hie Regierungs⸗ horlage hat gesprochen von einem »Gemeindevorstande«. Das st ein Kollegium. Ihre Kommission hat es auf eine Person zurückführen wollen: Gemeindevorsteher. Die Regierung hat sich auch damit einverstanden erklärt, sie kann sich aber nicht damit ein verstanden erklären, daß jetzt auf die ganze Gesellschaft der betheiligten Grundbesitzer zurückgegangen werden soll. Meine Herren, ich sollte glauben, wir haben doch wohl im preußischen
tagte der Wahlen genug. Sie werden nun aber in vielen Fällen es für unmöglich halten, daß mit sämmtlichen Grundbesitzern verhandelt werden kann, wo es ihrer Hundert oder mehr find. ie würden dann also wieder in die Nothwendigkeit kommen, neue Wahlen zu kreiren. Die Gesetzesvorlage schlägt Ihnen bor, ein aus dem Vertrauen der Grundbesitzer bereits hervor⸗ g'gangenes, wenn auch zu anderen Zwecken gewähltes Organ ju benutzen, um über diese Fragen zu entsche den. Ich kann da— her nur dringend bitten, Fei diesem Grundsatze stehen zu blei— ben, und erkläre gern, daß die Regierung damit einverstanden ö wenn Sie statt des Gemeindevorstandes Gemeindevorsteher nehmen.
— Schließlich fügte der Minister noch erläuternd hinzu:
Ich möchte eine kurze Erklärung abgeben, um zu keinem Mißverstande Anlaß zu bieten. In den östlichen Provinzen ist 's auf dem platten Lande sehr gleichgültig, ob Sie Vorstan de der Vorsteher« sagen. Da ist ein Schulze. Das ist ine Person und da existirt kein Kollegium. Der Schulze mit den Schöppen bilden kein organisirtes Kollegium, sondern er sst derjenige, der das Organ der Polizeigewalt bildet. Anders in den Städten. Ob Sie da orstand« oder »Vorsteher« sagen, das ist allerdings ein großer Unterschied. Wenn ich vorher ge⸗ at, habe, »Vörstand« ist ein Kollegium, so schwebté mir dabei die Stadt vor. Vorstand ist der Magistrat, Vorsteher
der Bürgermeister.
Hier muß ich die Gelegenheit benutzen etwas nachzuholen,
bas ich früher zu sagen vergessen habe. Ich muß warnen gegen den Ausdruck: »Gemeindebehörden e. Der hat schon in dem alten Gesetze viele Mißverständnisse bereitet. Man hat saufig deduzirt, zu Gemeindebehörden gehören in den Städten zie Stadtverordneten, auf dem Lande 'die Gemeindeversamm— lungen; beide hätten das Recht mitzusprechen, und es hat einer mnergischen Entscheidung bedurft, um dergleichen abzupariren. ringen Sie die Regierung nicht zum zweiten Male in die Ferlegenheit, durch die Wahl eines Ausdrucks eine solche Dun kelheit in das Geseß hineinzutragen, sondern beschließen Sie, ich bitte darum, möglichst im Sinne Ihrer Kommission.
. Der Regierungs⸗Kommissar, Präsident Oppermann, hiderlegte die Bedenken des Grafen Münster in Betreff der nwendbarkeit des Gesetzes auf die Provinz Hannover, wie folgt:
Meine Herren! Ich trage von meiner Seite sehr ungern zur Verlaͤn erung der Generaldiskussion bei. Aber Sie werden es gerecht ⸗˖ eltigt finden, wenn ich mich Zunächst persönlich bei dem Herrn Vor— ner bedanke für das gute Seugniß, ivelches er meiner Tapferkeit in der Kommission ann ell hat. Ich fühle mich dazu verpflichtet,
uuch hier meine Schuldigkeit in alser Beziehung zu thun, auch bier
in der Tapferkeit nicht nachzulassen. Freilich überschätze ich mich nicht
Ich meine nscht, hat und fürchte geben wird. Alle
so, wie der
daß die Kommi
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März 1850 etwas i
sie in dem jetzigen als im hannoverischen daß auf diesem Ge⸗
Geseß. über
biete wären
gen muß. Jeder bleibt sitzt, kann
Gemeindevorsteber ihrem gewäblt be Haus das beschließt,
nun ist das Geseßz unbrauch= die Provinz Hannover ausge-
Tdat nicht die geringste Veran⸗
aus
Nun vom Schwarzwild schließlich: Dieser Punkt dat allerdings seine zwei Seiten, aber es ist die Absicht gewesen, ein allgemeines Landesgesetz zu machen. In Kurbessen kann Roth., Damm und Schwarzwild, in Hanndver Sciwarzwild nur in eingedegten Revieren gehalten werden, die Regierung dat diese Bestinrmung für unnsthig gebalten, weil die Wildschäden ˖ Geseß gebung dafür Sorge trägt, daß dieses Wildpret nit zu viel Schaden tdut, und wenn einmal generalisrt werden sollte so wäre man in der Alternative gewesen, die in Rede stehenden Vorschriften auf das ganze Land aus