1869 / 36 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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vom 2. Januar 1869 an der Zweigbahngesellschaft zufallen. Auf diejenigen 60 Pridritätsobligationen, welche, die Verwaltung der Zweigbahngesellschaft aus früheren Betriebs überschüssen angekauft und in den Reservefond gelegt hat, ist von der Schleswigschen Eisen⸗ bahn ⸗Aktiengesellschaft resp. der Firma Peto, Brassey & Betts kein Anspruch zu erheben. .

§. 9. Falls wider Erwarten dieses Dokument als stempelpflich⸗ tig angesehen werden sollte, oder Falls sonstige Kosten für dasselbe bezahlt werden müßten, haben die kontrahirenden Theile hierzu jeder die Hälfte beizutragen. ;

§ę. 10. Es wird ausdrücklich bemerkt, daß die von der einen und anderen Seite in dieser Vereinbarungsakte ausgesprochenen Erklä— rungen, Einräumungen und Verzichte 2c. 2c. als nicht erfolgt und als gänzlich unverbindlich betrachtet werden sollen, wenn die Ausführung des heabsichtigten Arrangements durch die Verfagung der nachzusuchen⸗ den Genehmigung der Staatsregierung oder durch eine verneinende Abstimmung der zu berufenden Generalversammlung der Zweigbahn⸗ gesellschaft unmöglich gemacht werden würde.

Urkundlich dessen ist die vorstehende Vereinbarungsakte von den kontrahirenden Theilen, unter Entsagung aller Einreden, Rechtswohl— thaten und Behelfe eigenhändig unterschrieben und untersiegelt worden.

So n Flensburg, den 29. Oktober 1868.

(gez Davids. v. Warnstedt. . J. Fir jahn. (L. S) T S. Lou th. H. Münchmeyer. D. Schröder.

Verhandelt Schleswig, den 2. Januar 1869.

Da der Vertrag zwischen der Klosterkrug Schleswiger Eisenbahn⸗ gesellschaft einerseits und der Schleswigschen Eisenbahn-Aktlengesell. schaft, resp. der Firma Peto, Brassey & Betts andererseits über die Einlösung der Zweigbahn von Klosterkrug nach Schleswig vom 29. Oktober 1868 am heutigen Tage, den kontraktlichen Bestimmungen gemäß, vollzogen werden sollte, solches aber, der zur Zeit noch nicht erfolgten Allerhöchsten Genehmigung wegen, nicht hat geschehen können, so haben die kontrahirenden Theile, nämlich

der Betriebsdirektor J. S. Louth

und der Generalbevollmächtigte Schröder als Vertreter der Schleswigschen Eisenbahn ⸗Äktiengesellschaft

und der Amtmann a. D. Davids, sowie

der Fabrikant Firjahn als Direktoren der Klosterkrug⸗Schleswiger Eisenbahngesellschaft sich über folgende Punkte verständigt.

Der Vertrag vom 29. Gktober 1868, wegen Uebertragung der mehrgedachten Zweigbahn an die Schleswigsche Eisenbahn⸗Aktiengesell⸗ schaft, bleibt in allen seinen Theilen in Kraft und wird nur hinsicht · lich der festgesetzten Ueberlieferungs⸗ und Zahlungstermine dahin ge⸗ ändert: 1) Die Bahn cum pert. wird dem Vertrage gemäß zwei Tage nach Eingang der offiziellen Mittheilung der er olgten Allerhöchsten Genehmigung überliefert und in Empfang genommen. 2) Der §. 7 bestimmte erste Termin von 42000 Thlr. R.-M. oder 31,566 . pr. Courant wird entweder am Tage der Ueberlieferung der Bahn oder am darauf folgenden Tage in schleswigschen Stammaktien zum Course von 96 pCt. oder nach Wahl der Firma Peto, Brassey K Betts in, preußischen Silherthalern nach dem 30⸗Thalerfuß an die Direktion der Zweigbahngesellschaft eingezahlt werden. 3) Vier Wochen nach geschehener Zahlung des ersten Termins wird ein Belauf von 43,6590 Thlr. R.-M. oder 32625 Thlr. pr. Courant dergestalt zur Disposition gehalten, daß die denselben Betrag aus— machenden, bisher uneingelösten Prioritatsobligationen der Zweigbahn⸗ Gesellschaft gegen baares Geld in Silberthalern nach dem 30⸗Thlr.⸗ Fuß in Flensburg ausgetauscht werden. I Die alsdann noch resti⸗ renden 13,8090 Thlr. RM. oder 10350 Thlr. pr. Courant werden gleichzeitig bei der betreffenden Behörde in Schleswig bis zum Ablauf des zu erlassenden Proklams in den vorgedachten Stammiaktien zum Course von 96 pCt. deponirt und wird es im Uebrigen ganz dem Kontrakte vom 29. Oktober 1868 gemäß verhalten. 5) Der Betrieb der Bahn bleibt in den Händen der Direktion der Klosterkrug⸗Schles⸗ wiger Eisenbahngesellschaft bis zur erfolgten Genehmigung und Ueber— lieferung, und die Zinsen der zu zahlenden Stammwttien verbleiben den Vertretern der Schleswigschen Eifenbahn Aktiengesellschaft, resp. ö. y Peto, Brassey C Betts bis zum Tage der Ueberlieferung er Bahn.

Vorgelesen, allseitig genehmigt und unterschrieben.

gez. Davids. (gez.) J. S. Louth. J. Firjahn. D. Schrs der.

Landtags ⸗Angelegenheiten.

Berlin, 11. Februar. In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten erwiderte der Minister der geist⸗ lichen 2c. Angelegenheiten Dr. von Mühler in der Diskussion über den Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung der letzten Bestimmung des Art. 25 der Verfassungsurkunde, dem Abge⸗

ordneten Lasker:

Ich habe auf zwei Punkte etwas zu erwidern. Zunächst wird mir von dem Herrn Abg. Lasker vorgehalten, daß in dem Kommißssionshericht von min gesagt worden, die Schulgeld⸗ Frage sei eine Präjudizialfrage. Allerdings steht das in dem Bericht. Aber ich habe in der Kommission die Bezeichnung der Frage, als eine Prãäjudizialfrage nicht in dem Sinne gebraucht, als hätte ich meinerseits beantragt und gewünscht, die Kom⸗ mission möge ihren Bericht über die Gesetzesvorlage I. isolirt zur Sprache bringen und die zweite Vorlage bei Seite

lassen, vielmehr ist es mein Wunsch von Anfang an ge⸗

wesen, sowohl bei Schluß der Berathungen in

der Einbrin der Kommission,

gung als auch bei dem

daß beide

Gesetzentwürfe J. und II. gemeinschaftlich zur Berathung gestell würden. In diesem Falle würden alle Unterscheidungen un

Widersprüche, die man zu

finden geglaubt hat, sich sehr einfach

aufgeklärt haben, und die Sache wurde schon in der Kommi sion eine ganz andere Gestalt gewonnen haben. Ob ich davon ausgehe, es darf in Zukunft kein Schulgeld mehr erhoben wer. den, oder ob ich davon ausgehe, es kann in Zukunft Schulgeh erhohen werden, und es kommt nur darauf an, das Schulgeld in richtige Jormen und Bahnen zu bringen, Maß und Ziel anzu. legen, das ist entschieden eine Präjudizialfrage, und das zu bestreiten ist mir nie eingefallen, weder in der gestrigen Debatte, noch an irgend ö.

einer anderen Stelle.

In dem Gesetzentwurf Il. ist nun aber

das Schulgeld vorausgesetzt, als eine Mithülfe für die Auf. bringung der Schulkosten, es sind auch billige Beschränkungen

desselben in

Aussicht genommen worden;

Ausübung der Befugnisse, welche das bestehende Gesetz der Regierung giebt. Denn die Regierungsinstruktion vom 25. Okto—

ber 1817, welche positives Gesetz wird, weist

hin sie nicht gehört,

ordentlichen Gesetzgebung zu bringer

mit dürren Worten der gelung des Schulgeldes zu; es ist dieses welche die Regierung auf Grund der Ge Tage gehandhabt hat und handhabt.

wurf J. hat gar keinen andern Zweck geh Schulgeldes von dem Boden einer

ist und als

solches gehandhabt

Regierung die Re also eine Kompetenz, setze bis zum heutigen Der ganze Gesetzent;⸗ habt, als die Frage des Verfassungsbestimmung, wo—

wieder herab und auf den Boden der 1. Dabei ist es aber nicht

die Absicht gewesen, der Regierung in infinitum die unbedingten

Vollmachten zu erhalten,

die ihr gegenwärtig gesetzlich zustehen;

im Gegentheil, die Regierung hat sich bereit erklärt und ist bereit, im Wege der Legislative weiter zu verhandeln über 8 Schulgeld zulässig sein soll,

die Grenzen, innerhalb deren da

und innerhalb deren die schützende

Hand der Regierung gegen

Bedrückung der unvermögenden Klassen eintreten soll' Aber das gehört eben in den Weg der Legislative, erst wenn die

Beseitigung

der Bestimmung der Verfassungsurkunde in Aus.

sicht steht, erst dann ist es möglich, über diesen Gegenstand

schlüssig zu werden.

Im Uebrigen bin ich bar für die sachliche Erklärung, Frage gegeben hat; ich finde in

dem Herrn Abgeordneten sehr dank— die er über seine Stellung zur ihr einen für mich sehr brauch—

baren und sehr wünschenswerthen Anknüpfungspunkt für alle

weiteren Schritte. nehmen muß, daß mit der ausfallen, wie sie wolle,

Denn wenn ich annehmen kann und an— er heutigen Abstimmung, möge sie nicht die materielle Frage wegen Bei—

behaltung oder Beseitigung des Schulgeldes un ter alten

Umständen erledigt

. sei, sondern daß der Frage in Verbindung mit den Modalitäten,

eine Wiederaufnahme

unter welchen

eine theilweise Aufhebung oder eine Einschränkung des Schul—

geldes möglich ist, wiederum Gegenstand der Verhandlung im Hause werden kann, wenn ich das als Resultat der Ab⸗ betrachte ich es als einen Ge⸗

stimmung annehmen kann, so winn für alle weiteren Schritte.

Der Regierungskommissa motivirte die Regierungsvorlage . Die 3 Gesetzentwürfe, welche u einigt sind, und am 123. November

Hause eingebracht worden sind, sind nich Unterrichtõkommission beralhen worden.

r Regierungs ⸗Assessor Scholz

wie folgt: . nter Nr. 26 der Drucksachen ver⸗ hier zusammen in dem Hohen

Es

rathung des ersten Gesetzeniwurfs stattgefunden. hat der Herr Berichterstatter in seinem gestrigen einleitenden Vortrage

nicht umhin gekonnt, Haupt ˖ Gesetzentwurfe

um auf eine Aeußerung zurückzuko werden könnte.

wesen keine Rede sei; ja, handlungen angedeutet, nicht bestehe, daß

gehörigen Geseße in der verstärkten gefundenen Verhandlungen beizuwoh lung über den 2ten 94

dabei also auch in dem Gesetze nicht zugesagt sei.

vorigen Jahre die Ehre gehabt habe,

Er hat unter Anderem her 2ten Haupt⸗Gesetzentwurfe von Staats unterstützungen

etzentwurf hat nicht stat keine Rede davon gewesen, Wären aber d gekommen, so würde ich ganz in derselben

Ihnen bereits sehr vieles mitzutheilen und mit Rücksicht darauf sein Votum zu begründen. Ich erinnere daran nur in die leicht mißverständlich vorgehoben, daß in dem

mmen,

t zusammen in der verstaͤrkten hat bis jetzt nur die Be.

Dem ohnerachtet aus dem zweiten der einen Absicht,

für das Schul⸗

der Regierungskommsssar habe bei den Ver⸗ daß eine solche a fan es eine Art Gnadensache sei. habe die Ehre gehabt, als Regierungskommissar

des Staates gar Meine Herren! ich

für diese 3 zusammen«

Unterrichts kommisfion den statt⸗ nen. Wie ges, eine Verhand⸗

in der

gefunden, und es ist daß eine Staatsbeihülfe ie Verhandlungen soweit Art, wie ich bereits im n ,. des Herren⸗

hauses zu erklären, das gerade Gegentheil von dem er art haben, was

der Herr Berichterstatter angedeutet hat, regierung eine Verpflichtung des Staats zu rückweise diese Unterstützung des Volks

als eine Gnadensache zu behandeln.

dem Herrn Berichterstatter eine Verwechsel die zu dem vierten Gesetzent

Bemerkungen, wenkassen, gemacht worden sind. ich nicht beigewohnt, was dort gesag

nämlich daß die Staats—⸗ anerkenne, und daß sie es schulwesens seitens des Staates

Ich kann nur vermuthen, daß

t worden ist,

ing begegnet ist mit den wurf, betreffend die Witt⸗ Den Verhandlungen darüber habe

weiß ich nicht; aber

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ich muß nach der Bezugnahme vorausseken, daß bei diesen Verhand— lungen die Staatsbeihülfe als auf einer rechtlichen Verpflichtung nicht beruhend bezeichnet worden sei, dann muß ich Sie bitten, aber auch den großen Unterschied ins Auge zu fassen, der da besteht zwischen der verfassungsmäßigen Verpflichtung des Staats ergänzungsweise für die Kosten des Schulunterrichts einzutreten, und der irgendwo aus— gesprochenen Verpflichtung des Staates, für die Wittwenkassen⸗Kapita— lien herzugeben, beziehungsweise für die laufenden Unterstützungen aus denselben einzutreten.

Im Uebrigen habe ich noch für den Fall, daß der Antrag der Her⸗—

ren Abgg. v. Hennig und v. Puttkamer nicht angenommen werden, das Hohe Haus also in die Lage kommen sollte, materiell über die Sache sich auszusprechen, einige Bemerkungen zu machen.

Es ist in dem Kommissionsbericht und dem entsprechend von mehreren der Herren Vorredner die Sache wesentlich fo dargestellt worden, als handele es sich um einen bedenklichen Eingriff in ver— fassungsmäßige Rechte. Es ist dagegen hervorgehoben worden und kann nicht genug hervorgehoben werden daß es ganz im Gegen⸗ theil eine Frage der Freiheit, eine Frage der Selbstverwaltung ist, um die es sich handelt. Die Frage lautet: Soll es den Gemeinden künftig⸗ hin verboten sein oder nicht verboten, als Beitrag zu den Schul Unterhaltungskosten ein mäßiges Schulgeld zu erheben? So lautet die Frage. Allerdings handelt es sich dabei um die Beseitigung eines verfassungsmäßigen Verbotes, aber das ändert nichts daran, daß derjenige, der ein Verbot, der eine Freiheitsbeschränkung beseitigen will, die allgemeine Präsumption für sich hat und den Gegner die Beweislast trifft für die Nothwendigkeit der Beibehaltung des Verhots. Wie steht es nun mit den Beweifen, die erbracht sind? Mir scheint, meine daß bis jetzt wenigstens Beweifse für die Nothwendigkeit der Beibehaltung eines solchen Verbots nicht erbracht sind. Was wir seit der gestrigen Debatte gehört haben, was wir in dem Kommissionsbericht nur irgend auffinden können es trifft Alles nur darin zusammen, als selbstständiges, positives Argument für diese Nothwendigkeit des Verbots aufzuführen, die sogenannte un leu g⸗ ba re« so steht es im Kommissionsbericht Korrelation zwischen der Aufhebung des Schulgeldes und dem Schulzwange. Diese Korrela⸗ tion muß trotz des Prädikates der »Unleugbarkeit« geleugnet werden, sowohl praktisch, wie theoretisch. Ich darf das nicht wiederholen, was schen von mehreren Seiten in Bezug auf die praktische Seite der Sache ausgeführt worden ist, und ich will auch in, theoretischer Beziehung nur das andeuten, daß, wenn Sie auch in dem Schulzwange eine Ausnahme von dem Grundsatz erblicken: beneficia non obtruduntur, es doch ein eminentes beneficium bleibt im Interesse der Familien und der Kinder, wenn diese gezwungen sind, in dem Alter, wo das Gesetz die Schulpflichtig⸗ keit hestimmt, nützliche Kenntnisse sich zu erwerben und sich Bildung zu verschaffen, und deshalb ist das Interesse an der Schule, welchem der Schulzwang dient, ein dreifaches: in allererster Tinie der Fa⸗ milie, in zweiter Linie erst der Gemeinde, und in drit— ter des Staates, Diesem dreifachen Interesse entspricht also auch theoretisch die dreifache Theilnahmè an der Tragung der Kosten der Schulunterhaltung: durch Schulgeld Seitens der Familie, durch ergänzende Beiträge Seitens der Gemeinde und endlich durch die allgemeine subsidiarische Garantie und die Unterhaltung der An— stalten, die über das Interesse der einzelnen Gemeinden hinausgehen, Seitens des Stagtes. Es scheint mir somit die Beweisführung Sei— tens derer, die Beweise für die Nothwendigkeit des Verbotes beizu— bringen hätten, in der That nicht sehr gelungen. ,

Dagegen hat die Regierung in den Motiven ihrer Vorlage bereits die allerwichtigsten und bisher vollkommen unwiderlegten Momente für die Aufhebung dieses Verbotes beigebracht. An erster Stelle fin⸗ den Sie, seiner inneren Bedeutung entsprechend, das im Volke that⸗ sächlich vorhandene Rechtsbewußtsein hervorgehoben. Meine Herren, der Herr Abg. Dr. Wehrenpfennig hat gestern auch gerade bei diesem Punkte in gleicher Weise eingeseßt, um das Gegentheil zu behaupten, gerade wie Sie es auch im Kommissions⸗ bericht behauptet finden. Es ist außerdem in dem Kommissionsbericht gesagt, daß dieses Motiv ein hoöchklingendes sei, das aber eines greif⸗ baren Sinnes entbehre, ein Wort des Kommissionsberichtes, das mir den Motiven der Regierung eine nicht verdiente Geringschätzung entgegenzubringen scheint. Denn, meine Herren, es ist ja natür— lich der Regierung nicht entgangen, was in den Geseßen steht, die sie selbst täglich anzuwenden hat, also sie weiß sehr wohl, was das General ⸗Landschulreglement von 1763 besagt, was im Land⸗ recht steht, was in dem in Bezug genommenen Ministerialreskript von 1822 steht. Alle diese Dinge sind ihr vollkommen bekannt, und Sie finden sie in den Motiven zur Regiexungsvorlage auch angedeutet. Es ist dort angeführt, daß die Gesetzgebung vorübergehend, von humanster Absicht geleitet, aber im Irrthum, geglaubt habe, gegen das Schulgeld, welches als volksthümliche Einrichtung vorhanden war wie es jetzt ist, zu Felde ziehen zu müssen, und es ist in den Motiven zur Re ierungsvorlage ausgeführt, daß trotz dieser Bestrebungen der Gesetzgebung die Gewohnheit des Schulgeldes mächtiger gewesen sei und sich bis auf die heutige Zeit erhalten habe. 4 gerade basirt in erster Linie dieses Motiv der Regierungs⸗ vorlage.

Es ist aber als weiterer Beweis für dies im Volke vorhandene Rechtsbewußtsein Bezug genommen worden auf die jetzt noch täglich zu machende Wahrnehmung, daß in autonomischer Weise dieselbe An⸗ sicht sich im Volke manifestirt. Wenn wir heute eine Schule neu ein⸗ richten wollen und die Verpflichteten konvociren und sagen: wie sollen nun dit Kosten aufgebracht werden? meine Herren, da erleben wir es in neun Fällen unter zehn, daß, wenn über alles Andere unter den Interessenten selbst Streit ist, darüber Einmüthigkeit besteht, daß ein Theil der Schulkosten durch Schulgeld aufgebracht werden muß. Ich habe schon in der Kommission die Ehre gehabt, einen Fall unter

vielen als Beispiel anzuführen, wie in den jüngsten Tagen in der Stadt Gnesen für die evangelische Schulgemeinde die Frage eine bren⸗ nende wurde: soll das Schülgeld abgeschafft werden, soll es beibehal⸗ ten werden? Da wurden alle Hausväter unter Bezeichnung des Gegen standes konvocirt, um darüber zu verhandeln. Es erschienen 86, und von diesen 85 stimmten 83 gegen 3 für die Beibehaltung des Schul⸗ geldes als einer gerechten, nothwendigen und nüßlichen Einrichtung. Meine Herren, solche Beschlüsse hat die Regierung, haben die Schul⸗ aufsichts behörden zu beachten und daraus ihre Schlüsse zu ziehen. Es ist aber weiter für das von der Regierung angenommene Jechtsbewußt— sein, das im Volke herrscht, Bezug genommen auf die außer- preußischen deutschen Gesetzgebungen, in denen sich doch auch, meine Herren, deutsches Rechtsbewußtsein manifestirt. Es ist namentlich her⸗ vorgeheben worden, die Gesetzgebung des vorigen Jahres im Groß— herzogthum Baden, wo man nicht nur die Zulässigkeit, sondern die Nothwendigkeit des Schulgeldes zum Geseße gemacht hat. Es ist dann noch in den Motiven der Regierungsvorlage nur als unter⸗ stützendes Moment nebenher aufmerksam gemacht worden auf eine zahlreiche Reihe von Fällen ganz ähnlicher Anschauung auf anderen Gebieten. Die Kommission hat auch diese Hinweisung verworfen, aber nicht mit Gründen, sondern sie hat nur positiv gesagt, daß die Hinfälligkeit aller dieser Beispiele sich von selbst ergebe. .

Ich will nur Eins hier noch hervorheben, das sind die Gebüh— ren, welche in Vormundschaftssachen beispielsweise gezahlt werden müssen. Der Staat zwingt auch die Mündel, die Wohlfahrt der obervormundschaftlichen Verwaltung der Gerichte sich gefallen zu lassen und die Kosten nach Vermögen zu bezahlen, eine Analogie, gegen deren Aehnlichkeit sich nicht viel wird einwenden lassen. Nicht viel besser, als mit dem von der Regierung betonten Motive des im Volke lebenden Rechtsbewußtseins, ist mit dem zweiten Motive um— gegangen, mit dem behaupteten praktischen Nutzen. Die Regierung hat, nicht auf einzelne Urtheile hin, sondern auf die Erfahrungen ihrer Organe und die darüber empfangenen Berichte hin, angenommen, daß Schulen, wo Schulgeld bezahlt wird, von den Leuten höher ge⸗ schätzt werden, daß mehr Leute ihre Kinder hinschicken, und daß auch die ärmeren Leute mehr darauf halten, daß die Kinder regelmäßig die Schule besuchen. Was sagt gegenüber diesem Motive der Kommissions⸗ bericht? Er sagt, es sei einer erleuchteten Gesetzzebung nicht würdig, auf so ungebildete Leute Rücksicht zu nehmen. Ja, meine Herren, wenn einem Motive der Regierung der Vorwurf Jemacht worden ist, daß es hochklingend sei und keinen greifbaren Sinn habe, fo, glaube ich, läßt sich das hierauf zurückgeben. Es ist gewiß nicht einer erleuch⸗ teten Gesetzgebung unwürdig, auf die wirklich vorhandenen Verhält⸗ nisse Rücksicht zu nehmen. Im Gegentheil, sie muß nicht mit fingir⸗ ten Verhältnissen rechnen, die nur fein sollten, sondern sie muß mit denen rechnen, die wirklich sind. Und, meine Herren, wenn wir so gebildete Leute nur überall in Betracht zu ziehen hätten, fo brauchten wir wahrscheinlich gar keine Schulgesetztebung und gar keinen Schul— zwang, dann wäre das Alles übrig.

Ich will nur noch ein paar Worte über das dritte Motiv der Re— gierung sagen, die finanzielle Seite der Sache. Es ist auch dies, wie mir scheint, sehr unterschätzt worden in ihrer Bedeutfamkeit. Freilich hat dabei eine vage Hoffnung die Hand im Spiele, daß von den 3 Millionen Thalern, die jetzt mittelst Schulgeldes aufkommen, doch ein erheblicher Theil sich werde auf die Staatskasse abwälzen lassen. K 9 dieses Motiv habe ich aber schon in der Kom— mission Gelegenheit genommen, ausdrücklich Verwahrung ein— zulegen, und ich bitte Sie sich von einer so unbestimmten Aussicht nicht leiten zu lassen. Aus Ihren eigenen Deduk— tionen für die Beseitigung des Schulgeldes folgt mit unerbitt—⸗ licher Logik, daß nicht ein Groschen von diesen 3 Millionen der Staatskasse künftig zur Last fallen wird; denn Sie deduziren: jezt tragen die armen Eltern das Schulgeld, und wir wollen diese Last auf stärkere Schultern überführen, auf die stärkeren Schultern der gesetzlich verpflichteten Kommune. Nun, meine Herren, wenn jetzt die schwächeren Schultern unbestritten die Last von 3 Mill. Thlrn. jäͤhr⸗ lich tragen, und Sie diese Last eben auf stärkere Schultern legen wollen, so können Sie nicht in demselben Augenblicke verlangen, daß für die stärkeren Schultern die Unterstützung der Staatskasse eintreten soll zur Tragung einer Last, welche doch von den schwächeren Schultern jetzt getragen wird. Es ist im Uebrigen nicht in Frage gewesen, ob der Staat weitere Unterstützungen für das Schulwesen zu leisten habe, und gegen die Annahme habe ich geglaubt warnen zu müssen, daß diese Erträge des Schulgeldes würden auf die Staatskasse abzuwälzen sein. Es möchte nun alsos wenn Sie daran festhalten, daß es sich nur darum handle diese 3 Millionen auf die Gemeindebudgets zu übertragen, doch Manchem der Herren bedenklicher erscheinen, was das heißt; es ist auch nicht, wie gelegentlich angedeutet worden ist, eine verschwindende Kleinigkeit für die einzelne Gemeinde, wenn das im ganzen Lande geschieht; es sind ganze Distrikte im Lande, welche Schulgeld nicht haben, es würde sich nur um die Gemeinden handeln, in denen jetzt Schulgeld erhoben wird; da wird es ganz erheblich. Ich will mir beispielsweise erlauben, darauf hinzuweisen, daß in der Stadt Posen bei einer Bevölkerung von ca. 53 060 Seelen über 15.060 Thlr. Schul⸗ 96 eingenommen werden, und diese würden von der Gemeinde von

em Moment an, wo das Verbot praktisch wird, auf das städtische Budget übernommen werden müssen.

Ich brauche wohl nicht auszumalen, welche Schwierigkeit das haben würde, solche Summen auf die Gemeindebudgets zu übertragen, wenigstens in sehr vielen Orten; ich möchte nur daran erinnern, daß eine Einnahme, gegen die sich gewiß sehr viel mehr einwenden ließe, als gegen die Einnabme des Schulgeldes, ich meine die Einnahme aus der Mahl⸗ und Schlachtsteuer, von sehr vielen Gemeinden nicht ent⸗ behrt werden kann und nicht in eine Gemeinde Umlage umgewandelt werden kann. Wenn es also im Ganzen ge⸗ wiß schon bedenklich ist, diese Summe von 3 Millionen

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