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Wenn Spieler einem Einnehmer oder Unter ⸗Einnehmer Loose anvertrauen, um der Vorzeigung derselben bei der Erneue⸗ rung überhoben zu sein, dann sind diese Loose mit dem Namen und Wohnort der Spieler beschrieben, aufzubewahren und außerdem in einer Nachweisung zu verzeichnen, welche zu diesem Zweck bei jeder Lotterie⸗Einnahme zu führen ist. Ferner werden die Einnehmer fortan vor dem Empfange der mit Unterschrift und Stempel der General Lotterie⸗Direktion beglaubigten Gewinnlisten, mit welchen ihre Verpflichtung zur Zahlung der Gewinne eintritt, die sogenannten Frühlisten ohne diese Beglaubigung, wiewohl in vollkommener Richtigkeit, ledig lich zu dem Zwecke zugefertigt erhalten, um danach das Zah⸗ lungsgeschäft sich vorzubereiten. Berlin, den 1. März 1869. Königliche General⸗Lotterie⸗Direktion. von Lentz. Tuchen. Dammas.
Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten.
Dem Rittergutsbesitzer, Rittmeister a. D. von Platen auf Parchow, auf der Insel Rügen, ist die silberne Gestüt⸗ Medaille verliehen worden.
Angekommen: Se. Durchlaucht der Prinz Christian Kraft zu Hohenlohe⸗-Oehringen, von Bonn;
Der General-Major und Inspekteur der 2. Ingenieur⸗In⸗ spektion, Schulz, von Glogau.
Abgereist; Der General⸗Major und Commandeur der 13. Kavallerie⸗Brigade, Graf zu Dohna, nach Schlesien.
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„Berlin, 16. März. Se. Majestät der König haben , . geruht: Zur Anlegung des dem Professor Dr. Gurlt zu Berlin von des Königs der Niederlande Ma— jestät verliehenen Offizierkreuzes des Großherzoglich Luxembur⸗ gischen Ordens der Eichenkrone und des dem 1 des Vorddeutschen Bundes, Bartels in Alexandrien, von des Sultans Majestät verliehenen Medschidje⸗Ordens vierter Klasse Allerhöchstihre Genehmigung zu ertheilen.
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 16. März. Se. Majestät der König empfingen heute Vormittag den Feldmarschall Grafen von Wrangel, nahmen um 11 Uhr im Beisein des Prinzen August von Württemberg Königliche Hoheit und des Gouver⸗ neurs und des Kommandanten von Berlin militärische Mel— dungen entgegen und arbeiteten dann mit dem General⸗ Adjutanten und Chef des Militärkabinets von Tresckow. . Ihre Majestät die Königin beehrte gestern den Verkauf zum Vortheil des Frauen-Groschen⸗Wohlthätigkeits—⸗ Vereins mit Allerhöchstihrer Gegenwart und erschien Abends mit Sr. Majestät dem Könige in der Soirée der Ober-Hof⸗— meisterin Gräfin Schulenburg. — Zu dem bevorstehenden Ge— hurtstage Sr. Majestät des Königs steht ein Besuch Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden in Aussicht. ö Se. Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern Vormittag der Einsegnung der Konfirmanden in der Marien— Kirche bei und empfing um 1 Uhr den rumänischen Obersten Mano. — Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin begab sich um 10 Uhr in den Frauen-Groschenverein.
= Die vereinigten Ausschüsse des Bun desrathes des Norddeutschen Bundes für das Landheer und die Festun⸗
gen, sowie für Rechnungswesen traten gestern zu einer Sitzung zusammen.
Die heutige (8.) Plenarsitzung des Reichstages des Norddeutschen Bundes wurde . 112 Uhr . . Präsidenten Dr. Simson eröffnet. Von den Bevollmächtigten zum Bundesrathe wohnten der Sitzung bei: der Bundeskanzler Graf von Bismarck -⸗Schönhausen, der Königlich sächsische Staats—⸗ Minister Frhr. von Friesen, der Präsident des Bundeskanzler⸗ Amtes, Wirkliche Geheime Rath FPelbrück.
Nachdem der erste Gezenstand der Tagesordnung, Wahl— angelegenheiten betreffend, durch Gültigkeitserklärung der Wahl des Abg. von Benda erledigt war, folgte die erste und zweite Berathung über den Antrag der Abgeordneten Lasker und Ge— nossen wegen Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die Nichtverfolgbarkeit der Mitglieder der Landtage und Kammern. An der Debatte betheiligten sich, außer dem Antragsteller Lasker, die Abgg. von Blanckenburg, Graf Bethusy⸗Huc, von Mallinck?
Der Bundeskanzler, Graf von Bismarck Schönhauj nahm nach den 26 von Mallinckrodt, von Hennig f Löwe Twesten das Wort, (S. Reichstags. Angelegenhel len r
Die Verweisung des Antrages an eine Kommission w ) abgelehnt. Es folgte darauf die zweite Berathung, in . der Graf Kleist das Wort nahm. Der Bundeskanzler ö. v. Bismarck -⸗Schönhausen antwortete demselben. Nachdem le der Antragsteller Abg. Lasker gesprochen, erfolgte namenssoß Abstimmung über den vorliegenden Antrag. Derselbe . mit 140 gegen 51 Stimmen angenommen. (Schluß des let
Mecklenburg. Strelitz, 15. März. Die gestern p , . Nr. ö . ,. e,, Ifstzieln
nzeiger⸗ en u. A.: Verordnung, betreffend d lliti J J z .
Sachsen. Dresden, 15. März. In dem Be Majestät des Königs, welcher in den 6 . Der von einer Grippe befallen war, ist bereits wieder mpg Besserung eingetreten, daß derselbe heute Vorträge ent ᷣ ,. ö . ö gen. e ssen armstadt, 15. März. (D. Z.) Die .
Kammer fuhr in ihrer heutigen Sitzung nn e e el, Militärbudgets fort. Im Eingange der Sitzung erklärte der Direl. tor des Kriegs-Ministeriums, Oberst Dornseiff, daß die Großher Regierung gegen eine Detailberathung des von den Abgg. gur u. Dumont ausgearbeiteten Budgets Verwahrung einlegen müse Es beruhe dasselbe, wie bereits gezeigt, und wie noch an weiteren Beispielen gezeigt werden solle, auf total irrthümlichen Vor, aussetzungen und habe die Großherzogl. Regierung das Recht,
vorlage, den von deni Kriegs-Ministerium vorgelegten Etat, zu verlangen, und dann erst sei eine Abstimmung über die andern An. träge zulässig. Intendantur⸗Rath Niepoth erklärte gegenüber einer Aeußerung des Abg. Dumont, daß das Kriegs⸗Ministerlum den Budgetentwurf der Abgeordneten Fink und Bumont nicht Mo⸗ nate lang, sondern blos 8 bis 19 Tage in Händen gehabt und stückweise erhalten habe. Es habe sich außerdem nicht ver— pflichtet gefühlt, einen von zwei Abgeordneten ausgearbeiteten Budgetentwurf einer Prüfung zu unterwerfen. Bas Kriegö⸗ Ministerium könne auf Grundlage dieses, eine Menge irrthüm. licher Ansätze enthaltenden Etats — der Regierungskommissir führt Beispiele an — unter keiner Bedingung wirthschaften.
Bayern. München, 14. März. Das Befinden des Königs hat sich soweit gebessert, daß derselbe bei günstigem Wetter morgen wieder ausfahren wird.
— Während der an den Masern erkrankte Prinz Luitpold rasch seiner vollen Wiedergenesung entgegengeht, sind dagegen jetzt auch seine beiden Söhne, die Prinzen Lüdwig und Arnulf, von der nämlichen Krankheit besallen worden, und auch bei der Prinzessin Therese haben sich Anzeichen eingestellt, welche gleich⸗ falls den Ausbruch der Masern bei ihr als wahrscheinlich er—⸗ scheinen lassen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 15. März. Der Kaiser hat Agram am 13., Nachts, verlassen, , am fi Fiume, wo auch der Gouverneur von Bosnien, Osman Pascha, eingetroffen ist, um dort Se. Majestät im Namen des Sultans zu begrüßen.
— Graf Beu st ist aus Agram hier wieder eingetroffen. — Im Abgeordnetenhause wurde der Antrag über das Gesetz, betreffend die Organisation der Landwehr, zur Tagesordnung überzugehen, nach mehrstündiger Debatte fast einstimmig verworfen.
Triest, 13. März. Wie die »Tr. Ztg.« vernimmt, wird der Aufenthalt des Kaisers in Triest bis zum 26. d. M. ver— längert werden, an welchem Tage der Monarch Nachmittags von Miramar aus nach Laibach abreisen wird.
Großbritannien und Irland. London, 16. März . T. B.). Ihre ö die Königin hat eine Adresse des Gemeinderathes von zublin entgegengenommen, in welcher um Abschaffung der irischen Staatoͤkirche petitionirt wird. Aus Alexandrien vom 12. d. M. wird telegraphisc. gemeldet: Der Prinz von Wales ist am 8. d. M. im Assuan Syene) angekommen und beabsichtigte am nächsten Tage nach Kairo zu reisen, wo seine Ankunft am 15. erwartet wurde. Frankreich. Paris, 15. März. In den Verhandlungen des gesetzgebenden Körpers vom 12. und 13. März, deren Aus— gang bereits telegraphisch gemeldet, handelte es sich wiederum um die gesetzliche Bestätiguͤng eines Vertrags der Stadt Paris, diesmal mit dem Staat. Ein am Marsfeld liegendes hohe Plateau, genannt Trocadero, soll mit Stufen ver— sehen und zum Amphitheater des Marsfeldes um— geformt werden mit dem Namen: Platz des Königs
rodt, von ö,, Dr. Löwe, Twesten, Graf Bassewitz, von Bernuth, Braun⸗Wiesbaden, Dr. Küntzer. ö.
von Rom. Die Kosten sollen zum Theil dadurch aufgebracht werden, daß der Staat Theile des Luxembourggartens zu
zunäichst die Berathung und Abstimmung über die Regierungß.
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i e lion. Doch wurde die Umgestaltung des Trocadero
base lich genehmigt. Hinsichtlich des Luxembourggartens wurde
g e der Kommisston, welchem die Regierung zustimmte,
i Theil des Terrains ausgenommen. Der Artikel ? des Ent⸗
rf . daher zur neuen Redaktion an die Kommission ickverwiesen. .
rück Aus Toulon wird gemeldet, daß bei der Marine—
Infanlerie Befehl eingetroffen ist, die Klasse 1862 zu beurlauben.
Spanien. Madrid, 15. März. (W. T. B.) Die tern stattgehabte Manifestation zu Gunsten der Abschaffung ö Konskription gab dem Minister des Innern in der Cortes⸗ zung Anlaß, mehreren Deputirten vorzuwerfen, * sie zur kuflehnung gegen die Berathungen der Cortes aufgefordert und Doltrinen, welche zur Auflösung des Staates führten, hrollamirt hätten. Orense erklärte dem gegenüber, daß hie gestrige Manifestation durchaus friedlicher Natur ge—⸗ pesen sei. Der Marine ⸗Minister fand diese Erklärung ungenügend, zumal Orense und Pierrad sich gestern zu An⸗ rifen gegen die Souveränetät der Nation hätten hinreißen fn. Es sei die Frage, ob die Minorität solche Angriffe hilige. Pierrad erklärte, die volle Verantwortlichkeit für seine Forte übernehmen zu wollen. Im Laufe der Debatte, welche einen sehr lebhaften Charakter annahm, ergriffen noch Prim, Figueras und Sagasta das Wort. Schließlich saben Figueras und die übrigen anwesenden Mitglieder zer republikanischen Partei die Erklärung ab, daß sie fe Entscheidung der Cortes, wie dieselbe auch aus— falln möge, acceptiren würden. — Im weiteren Verlauf der Eizung stellte der Deputirte del Rio den Antrag auf Ein fihrung der Civilehe. Der Minister Romero Ortiz erklärte, baß die Regierung sich mit dieser Frage beschäftige; übrigens seien die gegenwärtig eingegangenen Civilehen noch ohne recht— liche Wirkung, da das Gesetz dieselben bis jetzt nicht zulasse.
Italien. Florenz, 15. März. (T. D.) General della Rocca hat sich heute nach Triest begeben, um den Kaiser von Desterreich im Namen des Königs zu begrüßen.
Amerika. Aus Washington, 15. März, wird per atlant. Kabel gemeldet: Der Senat hat die Schencksche Finanz⸗ bill in der Fassung des Repräsentantenhguses angenommen.
— Das Budget der Republik Mexico für das Jahr 1868 bis 1869 ist nach dem »Diario official⸗ fol⸗ endermaßen festgestelll. Die Einnahmen, sind in runder . auf 18 Millionen Dollars geschätzt, und sollen dazu beitragen: die Zölle: die Einfuhrzölle / õd3 / 947 Dollars, Additionalabga ben 4,606,761 D., Ausfuhr von Silber und Gold in Barren 1,230,000 D., Hafenabgaben 150,000 D., Mauthgebühren 400,060 D., Holzausfuhr 24000 D. Total der Zollerträge 12,994,708 D. Die allgemeinen inneren Steuern höCh,M00 De, die Stempelsteuer 2,600,000 D., Eigenthums—⸗ seuer 500M, 006 D., Verkauf von Staatseigenthum 6069000 D., Eingänge von der Staatsmünze 200,600 D., Einnahme von den Staatsschulen 100,000 D., Land verkauf und ver⸗ Hiedene Einnahmen 300 005 D., Wagensteuer 25000. D, otal 18219,7(8 D. Die Ausgaben sind fixirt: gür die Legislatur 735.3660 D., für den obersten Ge— richthof 488,290 D., für die Exekutive: a) für den Fräsibenten und die Präsidialbehörden 52380 D, Y für das Ministerium des Aeußern 1245540 D., ch für das Ministerium des Innern 1925, 989 D.“, I Ministerium der Justiz und des Ilnterrichts Vo lb D., e) Ministerium der öffentlichen Arbei⸗ kn 2252937 D., f) Ministerium der Finanzen (wobei zö0h0 60h D. für Amortisation und die Staatsschuld Zinsen hltzfez D., g Ministerium des Krieges 8,450, 990 D., Total 8694,48 D.
(Telegraphische Depesche des Staats -A Anzeigers)
Kiel, 16. März, Vormittags. Das Postdampfschiff »Eide⸗ ten« traf heute erst 5 Uhr 20 Minuten früh aus Korsoer hier n. Die Passagiere und die Briefpost in der Richtung nach Altona haben noch mit dem Eilzuge Beförderung erhalten. die Fahrpost ist mit dem Zuge 7 Uhr 5. Minuten weiter ge⸗ sandt worden.
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Neichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 16. März. In der heutigen Reichstagssitzung nahm der Bundeskanzler 6 v. Bismarck-Schönhausen nach dem Abg. v. Mallinckrodt in folgender Weise das Wort:; Ich habe seit drei Jahren so selten das Glück, mich mit em Herrn Vorredner im Uebereinstimmung zu befinden, daß h den Augenblick, wo dies der Fall ist, nicht vorübergehen assen kann, ohne mir die Senugchuung zu geben, es zu kön—
en und Plätzen veräußert. — Der Gesetzentwurf fand leb⸗ statiren. Sogar auf das letzte Argument, welches er hervor—⸗
hob, habe ich bereits im vorigen Jahr hingewiesen, nicht im im Interesse der Regierung, nicht im Interesse des Bundes- raths, wohl aber im Interesse der landtäglichen Freiheiten und der Einzelverfassungen, ob es im Sinne der Herren Antragsteller jederzeit wohlgethan sein wird, dem Reichs- tage, welche 3 er auch haben mag, bezüglich der Landesverfassungen ähnliche Befugnisse beizulegen, wie Sie z. B. einst mit Unrecht befürchtet haben, daß sie einem Tribunal in Lübeck beigelegt werden könnten, nämlich einem Gerichtshofe über das Maß der den einzelnen Ländern zu bewilligenden verfassungsmäßigen Freiheit. Ich habe auch dies schon im vorigen Jahre erwähnt; überhaupt ich finde in dem Antrage nichts Neues, was nicht im vorigen Jahre schon vorgelegen hätte. Ich habe mich damals darüber ausgesprochen, ich habe meinen damaligen Aeußerungen auch kaum etwas hinzu— zufügen; meine Auffassungen haben sich seitdem nicht ge⸗ ändert. Wohl aber hat sich die Sachlage einiger—⸗ maßen geändert. Ich habe damals zugesagt, meinen Einfluß in Preußen zu verwenden, um die Ansicht der Fi ,, zum Durchbruch zu bringen. Daß ich dies nicht ohne Erfolg gethan habe, zeigt Ihnen die Stellung, welche das Königlich preußische Staats⸗Ministerium im Abgeordnetenhause, welche ich selbst dazu im Herrenhause eingenommen habe. Ich habe in einer Sitzung des Herrenhauses die Annahme des ge⸗ raden Gegentheils von dem, was ich früher von der Stelle (lauf die Bänke des Hauses deutend) empfohlen hatte, von die⸗ (. Stelle, wo jetzt mein Platz ist, empfohlen mit der Erklä— rung, daß ich meine Ueberzeugung nicht geändert hätte, daß ich aber glaubte — wie der Herr Antragsteller das in seiner ersten Aeußerung dargethan hat — in dergleichen Dingen, die ich praktisch von keinem hohen Werthe hielte, dem Frieden ein Opfer bringen zu müssen. Ich glaube damit dokumentirt zu haben, daß die Stellung der preußischen Regierung zur Sache wesentlich diejenige gewor⸗ den ist, die die Herren Antragsteller erstrebt haben, und daß mein Einfluß in dieser Beziehung nicht ohne Erfolg geübt wor⸗ den ist. Daß er nicht hinreicht, eine politische Körperschaft, die gleichberechtigt mit der andern ist, zu einer Beistimmung zu vermögen, das bedauere ich. Daß ich darin irgend welchen etwa in Händen der Regierung liegenden Zwang üben sollte — einmal würde er unfruchtbar sein, und dann würde man mir das⸗ jenige entgegenhalten, was ich früher selbst gegen die Sache gesagt habe, und dann würde man erklären, daß nicht jeder Mann dieselbe Aufgabe hat, persönliche Ueberzeugungen dem Frieden des All⸗ gemeinen zu opfern, wie gerade ein solcher, der eben Minister ist. Wohl aber hat sich die Sache zum Vortheil der Auffassung der Antragsteller dahin geändert, daß die preußische Regierung — die jetzige wenigstens — in der moralischen Unmöglichkeit ist, irgend eine Verfolgung praktisch zuzugeben. Es ist also in keiner Weise periculum in mora.
Meine Stellung zur Sache hat sich auch insofern einiger⸗ maßen modifizirt, als ich der Meinung der Gegner neue gute Seiten noch habe abgewinnen können, die es mir erleichtern, die Gründe gegen die Sache, die mir auf die Zunge treten wollen, zurückzudrängen. Der Herr Antragsteller that heute Aeußerungen, die mich schließen ließen, daß gewisse Illusionen, die ich für geschwunden hielt, doch noch nicht ganz in der öffent— lichen Meinung geschwunden sind, nämlich die, daß irgend ein Grad von Muth dazu gehöre, einem Minister Unannehmlich— keiten u sagen. . . . .
Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, daß im deutschen Volke, welches sonst keine Vorliebe für eine schroffe Mißachtung der Form der Höflichkeit grade hat, doch von je her jede Ge— legenheit, bei der Jemand sie einem hochgestellten Beamten
egenüber mit rechter Geflissentlichkeit und Verachtung aller ormen außer Acht setzt, einen gewissen Anstrich von Popula⸗ rität erwirbt. Ich kann mir das nicht anders erklären, als daß, da im deutschen Volke der Muth anerkannt eine populäre Eigenschaft ist, man kann noch immer die Zustände, die uns Intriguenstücke und Romane voriger Jahrhunderte schil⸗ dern, wo es in Burgverließe führte, wenn man sich über Minister und deren Verwandte mißliebig äußerte, nicht für ganz aus— gerottet halten und sagen, daß für tapfere Herzen noch immer eine gewisse Versuchung entsteht, ihren Muth dadurch zu do⸗ kumentiren, daß sie einem Minister Dinge sagen, die sie einem Anderen nicht sagen würden, weil sie dazu zu höͤflich sind. Diese Manie mit Stumpf und Stiel ausgerottet zu sehen, würde ich für einen Vortheil halten, der erreicht ist, sobald ge— setzlich feststeht, daß man einen Minister beleidigen kann, wie man will, man bleibt straflos. Ob es nütlich ist, den auf der Bresche der Vertheidigung der Landesinteressen stehenden Persönlichkeiten ihrerseits das gleiche Privilegium zu geben, daß auch die Aeußerungen der Minister straflos sein sollen, die sie etwa in der Erregung den Angriffen gegenüber
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