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lichen Kulturkosten angerechnet aber niemals zu einem geringeren Werthe, als das Land bei der Benußung zur Sol ach haben würde.
Die auf dem Abfindungslande befindlichen Holzbestände verbleiben dem Forsteigenthümer. Er muß dieselben vor der Uebergabe des Landes, im Mangel einer Einigung, nach der Bestimmung der Aus— einandersetzungsbehörde binnen einer Frist, welche drei Jahre nicht übersteigen darf, abräumen.
Bis zur vollständigen Abräumung und Uebergabe des Entschädi⸗ gungslandes hat der Forsteigenthümer eine dem Ertragswerthe der noch nicht abgetretenen Fläche entsprechende Geldrente dem Berechtig - ten zu zahlen.
Für Dienstbarkeitsreckte zum Mitgenuß von Holz und zum Streu— holen ist jedoch der belastete Grundbesitzer befugt, die Entschädigung des Berechtigten in auch nur zur Holzzucht geeignetem bestandenen Forstlande mit Anrechnung der darauf befindlichen Holzbestände zu gewähren, wenn letztere zu einer 2 forstmäßigen Benutung
eeignet sind. In diesem Fall muß aber die Abfindungsfläche, wenn . einen nur zu Hochwaldwirthschaft geeigneten Holzbestand enthält, mindestens einen Umfang von 30 Meter Morgen haben.
§. 15. Findet der belastete Eigenthümer einzelne Diensibarkeits— Berechtizte ab, so ist er befugt, nach Verhältniß des Theilnehmungs— rechtes des abgefundenen einen unter Berücksichtigung der wirthschaft— lichen Interessen beider Parteien zu bestimmenden Theil des benutzten Gegenstandes der Mitbenutzung der übrigen noch nicht abgefundenen Theilnehmer zu entziehen und darüber frei zu verfügen.
§. 16. Eine jede Landabfindung ist in derjenigen Lage auszu— weisen, welche den gegen einander abzuwägenden wirihschaftlichen In teressen aller Betheiligten am meisten entspricht.
Eine Verloosung findet nur insoweit statt, als die wirthschaftliche Lage der Abfindungen dadurch nicht beeinträchtigt wird.
Jedem Theilnehmer müssen die erforderlichen Wege und Triften zu seiner Abfindung verschafft werden, auch ist für die nöthigen Gräben zu sorgen, ohne welche der Boden denjenigen Ertrag, zu dem er abgeschätzt worden ist, nicht gewähren kann.
Desgleichen ist jeder Theilnehmer zu verlangen befugt, daß ihm die unentbehrliche Mitbenußung der Tränkstätten auf den auseinander— gesetzten Grundstücken vorbehalten und diese Stätten so ausgewiesen werden, wie es für alle Betheiligten am bequemsten ist.
Die vor der Auseinandersetzung schon gemeinschaftlich benutzten Lehm⸗, Sand, Kalk- und Mergelgruben, Kalk. und andere Stein— brüche bleiben zur gemeinschaftlichen Benutzung auch ferner vorbehal— ten, insofern die Tbeilnehmet deshalb nicht durch Ueberweisung be— sonderer Vorräthe dieser Art ausgeglichen werden können.
Die zur Herstellung und Unterhaltung aller dieser Anlagen zu machenden Verwendungen sind von allen Betheiligten nach Verhält— niß ihrer Tbeilnehmungsrechte aufzubringen.
§. 17. Die über die betheiligten Grundstücke führenden Wege können, insoweit es für die zweckmäßige Einrichtung des Auseinander— setzungsplans nöthig erscheint, verlegt und selbst aufgehoben werden, ohne daß den bei dem Gebrauche dieser Wege Betheiligten, sobald ihnen nicht ein erheblicher Nachtheil aus der Veränderung enisteht, ein Widerspruch dagegen gestattet ist.
8 ö gilt in Betreff der Verlegung von Gräben, Flüssen und rücken.
§. 18. Die Umlegung derjenigen Grundstücke, welche nicht zur Abfindung aufzuhebender Berechtigungen abzutreten sind, erfolgt nicht nach den Bestimmungen dieses Gesetzes, sondern nach der Verordnung vom 2. September 1867, betreffend die Güterkonsolidation (Gesetz⸗ Samml. S. 1462).
Den Interessenten einer Ablösung oder Theilung ist es jedoch ge⸗ stattet, in Verbindung mit derselben auch ihre dabei nicht betheiligten Grundstücke dem Umtausch zur Herstellung einer wirthschaftlichen Lage zu unterwerfen Auf solche Nebengeschäfte findet der §. 8 der Verordnung vom 30. Juni 1834 (GesetzSamml. für 1834 S. 96) Anwendung.
§. 19. Eine Vereinigung der Parteien über eine andere Rente als eine feste Geldrente ist unzulässig.
Alle Enischädigungsrenten für aufgehobene Nutzungsrechte sind auf den Antrag sowohl des Berechtigten als des Verpflichteten nach vor— hergegangener sechsmonatlicher Kündigung durch Baarzahlung des zwanzigfachen Betrages derselben ablösbar.
Dem Verpflichteten ist es gestattet, das Kapital in vier aufein— ander folgenden einjährigen Terminen, von dem Ablauf der Kün⸗ digungsfrist an gerechnet, zu gleichen Theilen abzutragen, doch ist der Berechtigte nur solche Theilzahlunzen anzunehmen verbunden, welche mindestens Einhundert Thaler betragen. ins Der jedes malige Rückstand ist mit fünf Prozent jährlich zu ver— zinsen.
Den Parteien steht es frei, sich über andere Zahlungstermine und einen anderen Ablösungssatz zu vereinigen, jedoch darf der letztere nie den. fünfundzwanzigfachen Betrag der Jahresrente übersteigen; Verabredungen, welche dieser Vorschrift zuwiderlaufen, haben die Wirkung, daß der Berechtigte auf Grund derselben nur den fünf und zwanzigfachen Betrag der Jahresrente zu fordern befugt ist.
. 20. Sind bei einer Servitutablösung oder Theilung dritte Personen, namentlich Ober-⸗Eigenthümer, Lehns- und Fideikommiß⸗ Interessenten, Wiederkaufs berechtigte, hypothekarische Gläubiger, Nieß. brauchsberechtigte, Leibzüchter. Pächter betheiligt, so steht denselben ein Widerspruchsrecht gegen die Auseinanderseßung nicht zu.
§. 2. Die Abfindung, welche jeder der Theilnehmer durch die Auseinandersetzung erhält, tritt an die Stelle der dafür aufgehobenen Theilnahmerechte, der dadurch abgelösten Berechtigungen oder der dafür abgetretenen Grundstücke und überkommt in rechtlicher Beziehung alle Eigenschaften derselben.
Das zur Ablssung eines Nutzungsrechtes abgetretene Land wird von allen auf dem verpflichteten Grundstücke lastenden Pfandverbind—
lichkeiten frei und dagegen den auf dem Nutzungsrechte haftenden Pfandverbindlichkeiten unterworfen.
Renten und Kapitalien, welche zur Abfindung für eine abgelsste Dienstbarkeit zu entrichten sind, haben einen Pfandrechtstitel in Bezug auf dasjenige Grunpstück, welches der abgelösten Dienstbarkeit unterlag und genießen vor allen hypothekarischen Forderungen dasselbe Vorzugs— recht, welches dem abgelösten Rechte zustand. Desgleichen haben Renten und Kapitalien, welche an die Stelle aufgehobener Theil nahme— rechte oder abgetretenen Grundeigenthums treten, einen Pfandrechtstitel in Bezug auf diejenigen Grundstücke, auf welche sie durch den Aus— einandersetzungsplan gelegt werden und zwar mit dem Vorzugsrechte vor allen übrigen Hypotheken.
Der Eintrag der Renten und Kapitalien in die betreffenden öffent— lichen Bücher mit dem zuständigen Vorzugsrechte erfolgt auf Grund der gegenwärtigen Bestimmung.
Im Konkurse findet bezüglich der fälligen Renten ein Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung nur insoweit statt, als ein solcher den aus dem abgelösten Rechte stammenden fälligen Forderungen bisher zugestanden hat.
Die Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten und der Justiz werden ermächtigt, mit Rücksicht auf die verschiedene Hypothe— kenverfassung den Behörden die näheren Anweisungen zu ertheilen, welche zur Sicherung der Rechte der Renten und Kapitalsempfänger und deren Realberechtigten erforderlich sind.
8. 22. Die Grundsteuern und öffentlichen Lasten verbleiben auf 3 Grundstücken, auf welchen sie vor der Auseinandersetzung gehaftet
aben.
Erfolgt ein Umtausch grundsteuerfreier oder bevorzugter Grund— stücke gegen vollbesteuerte Grundstücke, so treten die letzteren dadurch in die Klasse der grundsteuerfreien oder bevorzugten über.
In den Gemarkungen, in welchen eine Umlegung von Grund- stücken stattfindet, kann gleichzeitig mit der Ausführung derselben unter Genehmigung der Steuerbehörde der Gesammtbetrag derjenigen Grundsteuer, welcher von den der Umlegung unterworfenen Grund stücken bis dahin entrichtet worden ist, auf die Landabfindungspläne anderweitig nach den für die Auseinandersetzung angewandten Rein— nit vertheilt werden.
ei der Auseinandersetzung nach den Bestimmungen dieses Ge— setzts findet weder eine Ermäßigung der Abfindung iwegen der den servitutpflichtigen Grundstücken auferlegten oder aufzuerlegenden Grundsteuern, noch auch eine Umschreibung der von den servitutberechtigten Grundstücken für die abgelösten Dienstbarkeitsrechte zu entrichtenden Steuern auf die verpflichteten Grundstücke statt.
Dagegen haben im Gebiete des vormaligen Herzogthums Nassau die Servitutberechtigten die nach Vorschrift des § 16 und folgende des nassauischen Steueredikts vom 10.14 Februar 1809 von dem In⸗ haber des belasieten Grundstücks für die Dienstbarkeitsrechte mit Vor- behalt des Rückgriffs bezahlten Grundsteuern dem letzteren in denselben Terminen wie bisher bis zu dem Zeitpunkte zu erstatten, wo in Folge der durch §. 3 der Verordnung vom 11. Mai 1867 (GesetzSamml. S. 593) angeordneten anderweiten Veranlagung der Grundsteüer von den Liegenschaften in Gemäßheit des Gefetzes vom 21. Mai 1861 (GesetzSamml. S. 253) die bisherige nassauische Grundsteuer sowohl . 1 Grundstücken als von den Diensibarkeitsrechten in Wegfall ommt.
. §8. 23. Nießbraucher müssen sich mit dem Genusse der Abfindung egnügen. „Pächter müssen sich mit der Nutzung der Landabfindung begnügen, ihnen fallen die Entschädigungen für vorübergehende Nachtheile zu, insoweit sie sich nicht über die Pachtzeit hinaus erstrecken; auch müssen die Verpächter die Anlegung der erforderlichen Wege, Gräben, Tränken und Einfriedigungen der Grundstücke bewirken oder den Pächtern die
dafür gemachten Auslagen erstatten.
Eine Rentenentschädigung bezieht während der Pachtzeit der Pächter, und bei einer Kapitalentschädigung ist er berechtigt, deren Zinsbetrag zu fünf Prozent von der jährlichen Pachtzahlung nach Verhältniß der kontraktlichen Zahlungstermine abzuziehen.
Will der Pächter sich mit diesen Entschädigungen nicht begnügen,
so steht ihm frei, binnen drei Monaten, nachdem ihm der Ausein⸗ , bekannt gemacht worden ist, die Pacht zu ündigen. . Bie Pacht hört alsdann mit dem Ende des laufenden Pacht⸗ jahres auf; wenn aber seit dem Tage der Kündigung bis zu diesem Termin nicht mindestens drei Monate verstrichen sind, so währt das Pachtverhältniß noch für das nächste Jahr fort.
Der Nießbraucher desjenigen Grundstücks, welches die Abfindung gewährt, hat die Abfindungsrente während der Dauer des Nießbrauchs zu entrichten und muß im Falle einer Kapitalentschädigung dem Eigenthümer, welchem die Baarzahlung derselden obliegt, die Zinsen . ö zu fünf Prozent gerechnet, vom Zahlungstage ab
ergüten.
Das Nämliche gilt von dem Pächter eines solchen Grundsiücks. Doch steht es demselben auch in diesem Falle frei, . J. den obigen Bestimmungen zu kündigen. .
„Das dem Pächter in diesem Paragraphen eingeräumte Recht der Kündigung findet nicht statt, wenn nach dem Ermessen der Auseinan⸗ dersetzungsbehörde bei Servitutablösungen das abgelöste Recht im Ver— hältniß zur ganzen Wirthschaft so unbedeutend ist, daß aus der Ab— lösung keine merkliche Veränderung der Wirthschaftsverhältnisse ent- stehen kann und bei Theilung oder Umlegung von Grundstücken durch dieselbe weder ein erheblicher Nachtheil für den Pächter erwächst, noch eine erhebliche Aenderung der Wirthschaftsverhälinisse des verpachteten Guts zu erwarten ist. Sind sür den Fall einer Theilung oder Abls— sung zwischen dem Pächter und Verpächter in dem Pachtvertrage andere Abreden über die Auseinandersetzung auf rechts verbindliche Weise getroffen worden, so behält es bei diesen sein Bewenden.
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§. 24. In Anschung der Rechte und Verbindlichkeiten dritter Per sonen, so weit sie nicht darch die 89 20 bis 23 geregelt sind, und in Ansehung des ganzen Auseinandersetzungsverfahrens, sowie der Kosten-⸗ ansätze, finden dieselben Vorschriften Anwendung, welche durch das Geseß wegen Ablösung der Reallasten in den vormals nassauischen Landestheilen und in der Stadt Wetzlar mit Gebiet vom 4. Juli 1840 (GesetzSamml, von 1840 S. 195) und durch dessen Ergänzungen er— theilt worden sind. . 2
Jedoch findet bei der Würdigung von baulichen Anstalten, Forsten und Torflagern ein schiedsrichterliches Verfahren nur mit Einverständ— niß aller Betheiligten statt .
Die Ausführung der Geschäfte wird der Regierung zu Wiesbaden als Auseinandersetzungs behörde, einem daselbst zu errichtenden Spruch— kollegium für landwirthschaftliche Angelegenbelten, welches aus drei zum Richteramte qualifizirten und aus zwei der landwirthschaftlichen Gewerbelehre kundigen Mitgliedern bestehen soll, und dem Revisions— kollegium für Landeskultursachen zu Berlin übertragen.
In Streitigkeiten über Theilnehmungsrechte und deren Umfang, sowie überhaupt wegen selcher Rechtsverhältnisse, welche, abgesehen von den Bestimmungen dieses Gesetzes, Gegenstand eines Prozesses im ordentlichen Rechtswege hätten werden können, hat in letzter Instanz das Ober ⸗Appellationsgericht in Berlin zu entscheiden. Dabei kommen die für dieses Gericht geltenden Bestimmungen über die Rechtsmittel und die dafür bestehenden Prozeßvorschriften zur Anwendung.
§. 25. Nußzungsberechtigungen, welche durch §ę. 1 des gegenwär⸗— tigen Gesetzes für ablösbar erklärt sind, können in Zukunft nur durch einen von einem Gerichte oder einem Notar beurkundeten Vertrag er richtet werden. ! *
Der fortgesetzte Besitz und eine auf denselben gestützte Verjährung reicht in Zukunft zu ihrer Erwerbung nicht hin. Der Lauf der er— werbenden Verjährung wird in Ansehung solcher Nutzungsberechtigunm⸗= gen mit dem Tage, an welchem das gegenwärtige Gesetz in Kraft tritt, unterbrochen.
In Ansehung der Befugniß zur Ausschließung des Antrages auf Ablösung ist auch für Nutzungsrechte, welche in Zukunft errichtet wer— den, die Bestimmung des § 5 maßgebend.
§. 26. Gemeinschaftliches Eigenthum der im §. 1 bezeichneten Art, welches nach Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes entsteht, kann nur nach Vorschrift der allgemeinen Gesetze getheilt werden.
§. 27. Von den Kosten der Ablösung einseitiger Forstservituten werden die der Vermessung und Bonitirung des belasteten Waldes, insofern dieselben unvermeidlich sind, von allen Theilnehmern nach Verhältniß der Theilnehmungsrechte getragen.
Die übrigen Auseinandersetzungskosten tragen die Theilnehmer nach Verhältniß des Vortheils, welcher ihnen aus der Auseinander⸗ setzung erwächst. ,
Das ungefähre Verhältniß dieses Vortheils wird von dem Aus— einandersetzungs⸗Kommissarius ermessen und der Kostenpunkt von der Auseinandersetzungs Behörde festgesetzt
In anderen Theilungs« und Ablösungssachen werden die Kosten der Vermessung und Bonitirung ebenso wie die übrigen Auseinander⸗ setzungskosten unter alle Theilnehmer nach Verhältniß des Vortheils vertheilt, welcher jedem Einzelnen aus der Auseinandersetzung erwächst. Ist dieser Vortheil nicht zu ermitteln, so soll statt seiner der Werth des Theilnehmungsrechts zum Grunde gelegt werden.
Die Kosten, welche durch Weiterungen einzelner Theilnehmer oder durch Prozesse entstanden sind, fallen nach den Regeln über die Prozeßkosten dem unterliegenden Theile zur Last. . .
§. 28. Durch das gegenwärtige Gesetz werden die vor dem Ein— tritte seiner Rechtskraft in Theilungs und Ablösungssachen auf xechts— beständige Weise erfolgten Festsetzungen über die Art und Höhe der Entschädigung und über das Kosten⸗Beitragsverhältniß nicht geändert.
Die dem Hauptgegenstande nach noch nicht zur Ausführung ge— brachten Theilungen und Servitutablösungen gehen in derjenigen Lage, in welcher sie sich befinden, in das neue Verfahren über. .
§. 29. Alle bisherigen Vorschriften über Gegenstände, worüber diese Gemeinheitstheilungs⸗ Ordnung Bestimmungen enthält, werden, insoweit sie mit derselben unvereinbar sind, außer Kraft gesetzt. Die nassauische Verordnung für die Bewirthschaftung der Hauberge vom
5. September 18065 bleibt aber unverändert stehen.
§. 30. Die Bestimmungen der §§. 20 bis einschließlich 23 dieses Gesetzes und des §. 109 des Gesetzes vom 2. März 1850 (Gesetz⸗ Samml. für 1850 S. 77) kommen auch bei den nach der Verordnung vom 2. September 1867 (GesetzSamml. für 1867 S. 1462) statt= findenden und den früher eingeleiteten, noch nicht zum Abschluß ge⸗ langten Güterkonsolidationen zur Geltung. ;
Werden von Güterkonsolidationen solche Grundstücke betroffen, welche einer gemeinschaftlichen Benutzung unterliegen, die nach dem gegenwärtigen Gesetze aufgehoben werden kann, so muß die Servitut= ablösung oder Theilung gleichzeitig mit der Konsolidation bewirkt werden. . .
Urkundlich unter ,. K Unterschrift und bei⸗
edrucktem Königlichen Insiegel. . g Gegeben Berlin, den 5. April 1869. ; (L. S.) Wilhelm. Gr. v. Bismarck Schönhausen. Frh. v. d. Heydt. v. Roon. Gr. v. Itzenplitz. v. Mühler. v. Selchow. Gr. zu Eulenburg. Leonhardt.
Neichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 17. April. In der gestrigen Sitzung des Reichs—⸗ tags des Norddeutschen Bundes ergriff über den Antrag der Abgeordneten Twesten und Graf zu Münster, die Bundes- Ministerien betreffend, nach dem Grafen Bethusy⸗Huc 1 ;
Bundeskanzler, Graf von Bismarck⸗Schönhausen, wie folgt das Wort:
Der Herr Vorredner und mehrere vor ihm haben eine Anzahl von Uebelständen geschildert, welche unserem jetzigen politischen Leben ankleben, und welche ja von Andern, als von den Rednern, auch wohl noch empfunden werden, nur den Zusammenhang sehe ich nicht, wie alle diese Uebelstände, unter welche auch die Stockung der Gesetzgebung zuletzt noch gerechnet wurde, dadurch beseitigt werden sollen, däß man dem vielfachen Räderwerk, welches unsere Maschine bewegt, noch ein fünftes Rad am Wagen hinzufügt, in Gestalt eines verantwortlichen kollegialischen Bundes-Ministeriums, mit welchem der Kanzler über jeden Schritt, den er thut, sich zu einigen hätte.
Ich habe, als ich diesen Antrag zuerst gelesen, einige Schwie⸗ rigkeiten empfunden, mir ein Bild von seiner Tragweite zu machen. Der erste Eindruck, den ich davon hatte, war der eines ganz entschiedenen Mißtrauensvotums geßen sämmtliche Organe des Norddeutschen Bundes — mit alleiniger Ausnahme des Reichstages; wenn ich die Unterschriften aber las, so war es mir bei manchem Namen doch schwer, zu glauben, daß die⸗ ses Mißtrauen, sei es mir gegenüber, sei es dem Präsidlum, sei es dem Bundesrath gegenüber, alle die Herren Unterzeichner beseelt haben sollte. Ich fand Viele darunter, mit denen ich mir bewußt gewesen bin, in voller Uebereinstimmung an dem Werke der Verfassung gearbeitet zu haben, Viele, deren Ver— trauen nicht nur persönlich, sondern auch als Träger einer bundesverfassungsmäßigen Institution, des Bundeskanzler⸗ Amtes, zu besitzen ich mir schmeichelte. Auf der anderen Seite wiederum konnte ich mir doch nicht denken, daß ein An⸗ trag, der in vier Zeilen, ohne alle Motive, so wesent⸗ liche und tief greifende Veränderungen des Bundes erstrebte, aus etwas Anderem hervorgegangen sein könnte, als aus einem starken Gefühle der Unzufriedenheit mit dem, was besteht, dem Gefühle der Unzufriedenheit mit den bisherigen Leistungen, welche die vor zwei Jahren vereinbarten Institutionen geschaffen haben, namentlich aus dem Gefühle der Unzufriedenheit auch mit der Thätigkeit des u, weil ich sonst wohl hätte voraussetzen dürfen, daß unter den 102 Unterzeichnern sich doch vielleicht Einer gefunden hätte, der mich der Ehre werth gehalten, meine Ansicht in der Sache zu erforschen, da es sich um die theilweise Vernichtung eines Werkes handelte, an dessen Herstellung ich mit so vielen dieser Herren gemein schaftlich gearbeitet hatte, und da ich von vielen der Herren glaubte, mich ihres persönlichen Vertrauens erfreuen zu dürfen. Der Text des Antrages, der ja für so einleuchtend gehalten worden ist, für ein so natürliches Ergebniß der allgemeinen Stimmung, daß ihm eine Motivirung gar nicht beigefügt wor⸗ den ist — der 29 des Antrages brachte mich doch immer wie⸗ der auf das efühl des Mißtrauens, der Unzufrieden— heit, welches die Antragsteller beseelte, zurück, und auch selbst die heutigen Vertrauensvoten, die ich von der Tribüne gehört habe, haben mich kalt gelassen, da ich sie mit der Tendenz des Antrages nicht zu vereinbaren vermag. Aus dem Antrage tönt immer wieder das kurze und energische Votum (welches ich als ein Vertrauensvotum doch nicht charakterisiren konnte) eines unserer Mitarbeiter, des da⸗ maligen Abgeordneten für Hagen, hervor: Fort mit diesem Ministerium! Fort mit diesem Kanzler! — nicht mit mir als Fleisch und Bein, ich will es so nicht auffassen, aber als Insti⸗
tution. Diese Tendenz des Antrages vermag keine Versicherung,
die mir gegeben werden könnte, wegzuwaschen.
Ich war zweifelhaft, wie weit die politische Bedeutung des Antrages sich erstrecken sollte, ich hätte deshalb gern gesehen, wenn die Herren Antragsteller die Mühe, diesen Antrag in ein Gesetz zu formuliren, nicht dem Bundeskanzler überlassen, son⸗ dern selbst die Verfassungsänderungen gekennzeichnet und gesagt hätten: wir beantragen, daß die Verfassung dahin abgeändert werde, daß Artikel so und so künftig so und so laute, daß der Artikel, welcher die Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers be⸗ stimmt, aufgehoben werde. Eine solche Formulirung würde von Hause aus einen klareren Einblick in die Tendenz des Antra⸗ ges gewährt haben, und es würde dann, wenn auch vielleicht eine Minderzahl von Unterschriften auf diese Weise erreicht worden wäre, dem Antrage an sich das Verdienst der Klarheit doch nicht abzusprechen sein. Ich habe ausdrücklich gewartet, bis die Herren Antragsteller und einige andere Herren gesprochen hatten, um mir darüber klar zu werden, bis wie weit die politische Tendenz geht. Es ist dies auch nach den Rednern, die wir heute gehört haben, außerordentlich schwierig zu erkennen, und selbst wenn das Publikum die Reden der Herren Antragsteller, die heute gesprochen haben, liest, so glaube ich, daß selbst Kenner der Bundesverfassung nicht mit voller Sicherheit sagen können, was die Herren wollen, und wie weit sie gehen. Der erste Redner, der Abg. Twesten, hat die Wichtigkeit des Antrages! äußerlich, küim Vergleich mit