1869 / 212 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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zeit niederlegt, verliert für die nächsten sechs Jahre das Wahlrecht und die Waͤhlbarkeit für jedes kirchliche Amt.

§. 9. Zu Kirchenvorstehern dürfen nur solche im §. 18 genannte Gemeindemitglieder gewählt werden, welche das 30. Lebensjahr zurück- gelegt haben, einen unsträflichen Wandel führen, ein gutes Gerücht in der Gemeinde haben, ihre Liebe zur evangelischen Kirche, namentlich auch durch Erziehung ihrer Kinder im evangelischen Bekenntnisse, be— thätigen und durch ihre Theilnahme am öffentlichen Gottesdienste und an dem heiligen Abendmahle ihre kirchliche Gesinnung beweisen.

§. 10. Unmittelbar nach der Wahl sind die Wahlakten dem Vor⸗ stande der Kreissynode einzusenden, welche zu prüfen hat, ob in for⸗ meller Beziehung den Bestimmungen der Wahlordnung entspre— chend verfahren worden ist. Ergiebt diese Prüfung Anstände, welche nach Ansicht des Vorstandes der Kreissynode die Gültigkeit des ge— sammten Wahlverfahrens oder einzelner Theile desselben in Frage stellen, so hat derselbe hierüber die Entscheidung des Konsistoriums einzuholen. Ist das Wahlverfahren in formeller Hinsicht ohne Mangel, oder sind die vorgefundenen Anstände beseitigt worden, so werden die Namen der gewählten Kirchenvorsteher an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen der Gemeinde von der Kanzel verkündigt.

Einsprüche gegen die Wahl können nur bis zur vollzogenen zwei⸗ ten Verkündigung bei dem Kirchenvorstande eingelegt werden. Ueber dieselben entscheidet in erster Instanz der Vorstand der Kreissynode und auf Rekurs, welcher jedoch nur innerhalb einer präklusivischen Frist von 14 Tagen, vom Tage der Bekanntmachung der ersten Enischeidung an gerechnet, zulässig ist, das Konsistorium.

Sind Einsprüche innerhalb der bestimmten Frist nicht vorge— bracht oder die vorgebrachten endgültig verworfen, so werden die er— wählten Kirchenvorsteher durch den Pfarrer vor der Gemeinde in ihr Amt eingeführt.

§. 11. Der Kirchenvorstand versammelt sich auf schriftliche oder ortsübliche Einladung des Vorsitzenden der Regel nach in jedem Monat einmal in einem angemessenen Lokale der Kirchengemeinde.

Der Vorsißende eröffnet und schließt die Verhandlungen mit Gebet und hat darauf zu halten, daß Ordnung, Anstand und Würde in der Versammlung nicht verletzt werden.

Bei Verhandlungen über einen Gegenstand, bei welchem ein Mitglied des Kirchenvorstandes persönlich betheiligt ist, darf dasselbe nur auf ausdrücklichen Wunsch des Kollegiums anwesend sein.

Zur Fassung eines Beschlusses müssen zwei Drittheile der Mit⸗ glieder Theil nehmen. Ist der Gegenstand der Verhandlung bei der Einladung angegeben worden, so genügt zur Beschlußfähigkeit die An— wesenheit der absoluten Mehrheit der Mitglieder. Die Entscheidung erfolgt nach Stimmenmehrheit; bei Gleichheit der Stimmen giebt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Ueber die Verhandlungen wird ein Protokoll geführt, welches in das Protokollbuch eingetragen, vorgelesen und von den Anwesenden unterschrieben wird.

Außer den regelmäßigen Sitzungen kann der Vorsitzende nach Be—⸗ dürfniß auch außerordentliche Versammlungen berufen und er ist dazu verpflichtet, wenn wenigstens die Hälfte der Mitglieder unter Angabe des Zweckes es verlangt.

§. 12. Zu dem Geschäftskreis des Kirchenvorstandes gehört im Einzel⸗ nen: ) die Handhabung der kirchlichen Ordnung in der Gemeinde innerhalb der gesetzlichen Grenzen, 2) die Sorge für eine christliche Sonntagsfeier, . die Aufrechterhaltung der Ordnung beim öffentlichen Gottesdienste, 4) die Aufnahme in die Gemeinde, 5) die Führung des Verzeichnisses der Gemeinde ⸗Angehsrigen, 6) die Einleitung zur Wahl der Kirchen⸗ vorsteher und der größeren Gemeindevertretung, die Aufstellung der Wählerliste und die Theilnahme an diesen Wahlen nach Maßgabe der näheren Bestimmungen der Kirchenordnung, 7) die Ernennung, Ueberwachung und Entlassung der niederen Kirchendiener (Kirchen rechner, Organisten, Küster, Kirchendiener, Calcanten, Läuter u. s. w.) soweit nicht wohlerworbene Rechte entgegenstehen oder jene Aemter mit einem Schulamte verbunden sind, 9 die Verwaltung des Pfarr— und Kirchenvermögens nach Maaßgabe der Gesetze, 9 die Leitung der kirchlichen Armen und Krankenpflege, 10 die Ueberwachung der reli—⸗ ag Erziehung der Jugend in der Gemeinde, 11) die Vertretung er Gemeinde nach außen, insbesondere auf der Kreissynode und den Behörden gegenüber.

Zur Gültigkeit der schriftlichen Willenserklärung eines Kirchen— vorstandes in Rechtsangelegenheiten bedarf es der Unterschrift des Vorsitzenden oder dessen Stellvertreters und zweier Kirchenvorsteher. Durch die Unterschrift wird bekundet, daß der dem Akt zu Grunde liegende Beschluß ordnungsmäßig gefaßt worden. Eine in dieser Form e s rn Erklärung gilt Dritten gegenüber ohne Weiteres als rechts— erbindlich.

§. 13. Der Kirchenvorstand kann zur Ausübung der kirchlichen Armen und Krankenpflege sich durch Diakonen und Diakonissen unter— stützen lassen und hat bis zur gesetzlichen Ordnung der kirchlichen Armenpflege die desfalls beabsichtigten Einrichtungen der Bestätigung des Konsistoriums zu unterbreiten.

§. 14. Ein Kirchenvorsteher kann wegen unwürdigen Verhaltens oder beharrlicher Vernachlässigung seines Amtes des letzteren entsetzt werden. Die Entsetzung wird, nachdem dem Beschuldigten Gelegenheit zu seiner Vertheidigung gegeben worden ist, auf erfolgte Anhörung des Kirchenvorstandes und des Vorstandes der Kreissynode, durch das Konsistorium verfügt; welches in dringenden Fällen auch zur vor— läufigen Suspension des Kirchenvorstehers ermächtigt ist.

Gegen die von dem Konsistorium verfügte Entsetzung steht dem Betroffenen das Recht der Beschwerde bei der vorgesetzten Kirchen behörde zu. Die Beschwerde muß aber binnen 14 Tagen präklusivischer Frist eingelegt werden und hat keine aufschiebende Wirkuͤng.

Eine endgültig verfügte Entsetzung macht den Betreffenden für immer zum Kirchenvorsteher⸗Amte unfähig und entzieht ihm auf sechs Jahre das Wahlrecht und die Wählbarkeit zu kirchlichen Aemtern.

II Von den größeren Gemeindevertretungen.

§. 15. Jede evangelische Kirchengemeinde erhält außer dem Kirchen. vorstande eine größere Gemeindevertretung.

In Gemeinden unter 500 Seelen werden die Rechte der größeren Gemein devertretung von allen stimmfähigen Gemeinde ⸗Angehörigen (8. 17) ausgeübt.

In Gemeinden von 500 bis inkl. 1000 Seelen werden 20 Ver. treter, von 1000 bis inkl. 2009 Seelen 24 Vertreter, von 2000 biz 5000 Seelen 40 Vertreter, in Gemeinden mit mehr als 5000 Seelen 60 Vertreter auf acht Jahre gewählt.

Umfaßt eine Pfarrgemeinde mehrere Kirchengemeinden, so werden Behufs Erledigung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten die einzelnen , zur gemeinsamen Versammlung an den Pfarrort

erufen.

Werden hierbei Kirchengemeinden vereinigt, von denen die eine über, die andere unter 500 Seelen zählt, so 46 zu diesem Zweck auch für die letztere nach Verhältniß eine besondere Gemeindevertretung gewählt werden.

S. 16. Die größere Gemeindevertretung wählt in Gemeinschaft mit dem Kirchenvorstande die Kirchenvorsteher.

In folgenden, die Verwaltung des Pfarr⸗ und Kirchenvermögens betreffenden Fällen bedürfen die Beschlüsse des Kirchenvorstandes, vor⸗ behaltlich der nach den bestehenden Gesetzen erforderlichen höheren Ge—

Verwendung von Grundstock⸗ Vermögen zur Bestreitung laufender Ausgaben, so wie bei Aufnahme von Kapitalien, 2) bei allen Ver. trägen, welche die freiwillige Veräußerung. Belastung oder Entlastung des Grundeigenthums betreffen, 3) bei Neubauten und allen diesen gleich zu achtenden Reparaturen der Kirchen und Pfarrgebäude, welche auf Kosten der Kirchenkasse ausgeführt werden sollen, sofern nicht über die Nothwendigkeit des Baues von der zuständigen Behörde bereits endgültig entschieden ist, 4) bei Festsetzung des Betrages der zu erheben den Kirchensteuer, 2 bei allen Bewilligungen aus der Kirchenkasse zur Dotirung neuer Stellen für den Dienst der Gemeinde, wie zur dauernden Verbesserung des Einkommens der bestehenden, 6) bei allen Bewilligungen aus der Kirchenkasse an andere Gemeinden, oder zur Unterstuͤtzung christlicher Vereine und Anstalten außerhalb der Ge— meinde, sofern der Betrag 5 Thaler übersteigt.

Daneben steht dem Kirchenvorstande frei, auch in inneren Ange— legenheiten, wo es ihm angemessen scheint, die Unterstützung der Ge— meindevertretung in Anspruch zu nehmen.

§. 17. Wähler dieser Vertreter sind alle volljährigen, selbständi gen Gemeinde⸗Angehörigen männlichen Geschlechts, welche wenigstens ein halbes Jahr in der Gemeinde wohnen, und denen nicht das Wahlrecht durch einen förmlichen Beschluß des Kirchenvorstandes oder die Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte durch richterliches Urtheil entzogen worden ist.

Als selbständig gilt derjenige, welcher entweder ein öffentliches Amt bekleidet, oder einem eigenen Geschäfte vorsteht, oder eine eigene Haushaltung hat, oder als Sohn einer Wittwe deren Geschäft führt.

§. 18. Wählbar zu Vertretern der Gemeinde sind die im §. 17 genannten Gemeinde-Angehörigen, welche einen ehrbaren Lebenswandel führen, einen guten Ruf haben und an den kirchlichen Gnadenmitteln Theil nehmen.

§. 19. Die Wahl der größeren Gemeindevertretung erfolgt nach e n, n, Wahlordnung unter Leitung des Vorsitzenden des Kirchen- vorstandes.

Wo die örtlichen Verhältnisse dies zweckmäßig erscheinen lassen, kann auf Beschluß des Kirchenvorstandes und mit Genehmigung des Vorstandes der Kreissynode eine Vertheilung der zu wählenden Ver— treter auf einzelne Abtheilungen der Gemeinde erfolgen.

. AUeber die formelle Prüfung des Wahlverfahrens, die Verkün digung der Erwählten, die Zulässigkeit und die Erledigung von Ein— sprüchen gegen die Wahl gelten die im §. 10 hinsichtlich des Kirchen vorstandes getroffenen Bestimmungen.

S. 20. Wer ohne erheblichen Grund, worüber der Kirchenvorstand entscheidet, die Annahme der Wahl zum Vertreter verweigert, ver . . ein Jahr das Wahlrecht und die Wählbarkeit zu kirchlichen

emtern.

Wenn während der Amtsdauer ein Vertreter mit Tode abgeht, oder die Gemeinde verläßt, oder in den Kirchenvorstand gewählt wird, oder seine Qualifikation verliert, worüber auf Antrag des Kirchen vorstandes in erster Instanz der Vorstand der Kreissynode, in zweiter Instanz das Konsistorium nach Maßgabe des 8. 10 entscheidet, 9 wird dessen Stelle in der ersten Sitzung der größeren Gemeindevertretung durch eine neue Wahl in der Art wieder besetzt, daß der neu Ge— wählte die Stelle seines Vorgängers bis zu dem Zeitpunkte behält, wo letzterer durch den regelmäßigen Wechsel ausgeschieden sein würde.

§. 21. Von den gewählten Mitgliedern der größeren Gemeinde⸗ vertretung scheidet alle vier Jahre die an r aus und wird durch Neu⸗ wahl, welche auf die Ausgeschiedenen fallen kann, ersetzt.

. J. 22. Die größere Gemeindevertretung beschließt in Gemeinschaft mit dem Kirchenvorstande. Der Vorsitzende des Kirchenvorstandes ist zugleich Vorsitzender der größeren Gemeindevertretung. Er beruft die Gemeindevertretung mit Angabe der Tagesordnung.

. Die Einladung muß wenigstens am Tage vorher in der vom Kirchenvorstande vorgeschriebenen Form, sie kann aber auch durch Ver⸗ kündigung bei dem öffentlichen Gottesdienst erfolgen. Zur Beschluß— fähigkeit ist die Anwesenheit der absoluten Majorität des aus dem Kirchenvorstande und der größeren Gemeindevertretung bestehenden Kollegiums nöthig. Die Entscheidung erfolgt nach Stimmenmehr— heit. Bei Gleichheit der Stimmen giebt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Kommt auf die erste ordnungsmäßig erlassene Einladung eine be⸗

schlußfähige Versammlung nicht zu Stande, so haben die in einer,

shienenen ohne Rücksicht auf ihre Zahl das Recht der Entscheidung.

nehmigung, der Zustimmung der größeren Gemeindevertretung: I) bei

die neuen Kirchenvorsteher nach Maßgabe der Wahlordnung gewählt.

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ch Ablauf einer Woche zu veranstaltenden, zweiten Versammlung

Ueber die Verhandlungen des Kollegiums wird ein in das Pro- pokollbuch einzutragendes Protokoll geführt, welches vorzulesen und von dem Vorsitzenden, dem erwählten Protokollführer, sowie zwei weiteren Mitgliedern des Kollegiums zu unterzeichnen ist.

23. Eine Versammlung der Gemeindevertreter, welche beharr⸗ lich ihre Pflichten vernachlässigt oder verweigert, ist vom Konsistorium

ulösen. ni h zur Neuwahl der Gemeindevertretung gehen die Rechte der rößeren Gemeindevertretung auf den Kirchenvorstand über. Ein Hreiches findet statt, so lange eine ordnungsmäßige Wahl der Ge— meindevertretung nicht zu Stande kommt.

IV. Schlußbestim mungen.

§. 24. Bestehen in einer Gemeinde herkömmlich besondere, die Kirchenordnung ergänzende, näher bestimmende oder modifizirende Ein⸗ richtungen, deren Anerkennung sie wünscht, oder fühlt sie sonst das Fedürfniß, neue eigenthümliche Einrichtungen zu treffen, so können solche zu einer statutarischen Bestimmung, oder, insofern sie Gemeinde- angelegenheiten im Ganzen betreffen, zu einem förmlichen Gemeinde. Statut zusammengefaßt werden. Es ist deshalh nach Vorberathung und 14 Antrag des Kirchenvorstandes ein Beschluß der Gemeinde⸗ pertretung zu fassen und für denselben nach vorgängiger Begutachtung zurch die Kreissynode, die Anerkennung der Konsistorial⸗Bezirkssynode: zaß die statutarische Bestimmung zweckmäßig und wesentlichen Be⸗ simmungen der Kirchenordnung nicht zuwider sei, sowie die schließliche Bestätigung des Konsistoriums nachzusuchen. .

§. 235. Die Wahlordnung für den Kirchenvorstand und für die

ößere Gemeindevertretung) sowie die Geschäftsordnung für den

Kirchenvorstand wird von der Bezirkssynode festgestellt. Bis dahin trfolßden die Wahlen nach. Maßgabe der von dem Konsistorium zu lteffenden vorläufigen Bestimmungen, und regelt sich der Geschäfts—= ang bei dem Kirchenvorstande nach der für die bisherigen Kirchen- vorstände geltenden Instruktion, soweit dieselbe nicht mit der neuen Kirchenordnung in Widerspruch steht. .

§. 26. Bis zum Zusammentritt der Synoden werden die in der Kirchenordnung dem Vorstande der Kreissynode übertragenen Attri⸗ bute von dem Dekan, die Funktionen der Kreis und Bezirkssynode von dem Konsistorium verwaltet. ö

§. 27. Der seitherige Kirchenvorstand hat die Anzahl der für die Gemeinde zu bestellenden Kirchenvorsteher, sowie deren etwaige Ver hheilung auf die einzelnen Ortschaften dem zuständigen Dekan in Vorschlag zu bringen, welcher hierüber, vorbehaltlich der späteren Regelung durch die Kreissynode, vorläufige Bestimmung trifft.

§. 28. Zuerst wird die an g Gemeindevertretung gebildet. Zu diesem Zweck hat in einer jeden Kirchengemeinde der Kirchenvorstand tin Verzeichniß der zur aktiven Wahl berechtigten Gemeinde - Angehö— tigen aufzustellen. Demnächst findet unter dem Vorsitze des Pfarrers, welcher die übrigen in der Gemeinde angestellten Geistlichen und den Drtsbürgermeister, oder, sofern derselbe nicht der evangelischen Kon- fesson angehört, ein evangelisches Mitglied des Gemeinderaths hinzu zuziehen hat, die Wahl der größeren Gemeindevertretung nach Maß. . der Wahlordnung statt. ; ̃ §. 29. Nachdem die größere Gemeindevertretung gebildet ist, werden von ihr in Gemeinschaft mit dem bisherigen Kirchenvorstande

§. 30. Sobald die neuen Kirchenvorstände nach Maßgabe des H errichtet sind, , die bisherigen Gemeindevertretungen ihre irksamkeit einzustellen. .

8 51. . Hälfte der bei der ersten Wahl gewählten Mitglieder der größeren Gemeindevertretung, welche nach Ablauf von vier Jah— ren, und des Kirchenvorstandes, welche nach Ablauf von drei Jahren auszuscheiden hat, (56§. 7 und 21) wird durch das Loos bestimmt.

§. 32. Die gegenwärtige Verordnung findet auf die für bestimmte Klassen von Personen bestehenden Gemeinden (Militärgemeinden, Anstaltsgemeinden u. A. m.) keine Anwendung,

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Ich,

Gegeben Berlin, den 27. August 1869.

(L. S.) Wilhelm. (gegz) von Mühler.

(gez)

Justiz⸗Ministerium.

Die Kreisrichter Teubner in Wittstock und Illies in Wusterhausen a. D. sind su Rechtsanwalten bei dem Kreis⸗ gericht in Neu⸗Ruppin und zugleich zu Notaren im Departe⸗ ment des Kammergerichts, mit Anweisung ihres Wohnsitzes in Neu ⸗RNuppin, ernannt worden. ö

Der Kreisrichter Coppenrath in Witten ist zum Rechts⸗ anwalt bei dem Kreisgericht in Lübbecke und zugleich zum Notar im Departement des Appellationsgerichts zu Paderborn, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Lübbecke, ernannt worden.

ee. .

Saupt⸗Verwaltung der Staats schulden.

Bekanntmachung. . Die am 1. Oktober d. J. fälligen Zinsen von preußischen Staatsschuldverschreibungen können bei der Staatsschulden— Tilgungskasse hierselbst, Oranienstraße Nr. 94, unten links, chon vom 15. d. Mts. ab täglich, mit Ausnahme der Sonn

mittags bis 1 Uhr Nachmittags, gegen Ablieferung der Coupons in Empfang genommen werden.

Von den Regierungs- Hauptkassen, den Bezirks ⸗Haupt⸗ kassen in Hannover, Osnabrück und Lüneburg und der Kreis-⸗ kasse in Frankfurt a. M. werden diese Coupons vom 20sten d. Mts. ab, mit Ausnahme der oben bezeichneten Tage, einge⸗ löst werden.

Die Coupons müssen nach den einzelnen Schuldengattun- en und Appoints geordnet, und es muß ihnen ein, die Enn nhl und den Betrag der verschiedenen Appoints ent⸗ haltendes, aufgerechnetes, unterschriebenes und mit Wohnungs⸗ angabe versehenes Verzeichniß beigefügt sein. .

Gleichzeitig findet bei der Staatsschulden ⸗Tilgungskasse die Einlösung der durch unsere Bekanntmachungen vom 19. März d. J. zur Auszahlung am 1. Oktober d. J. gekündigten Schuld⸗ verschreibungen der freiwilligen Anleihe von 1848 statt. Bei den Regierungs-Hauptkassen und den übrigen, oben genannten Kassen können die Schuldverschreibungen von 13418 ebenfalls vom 20. d. Mts. ab eingereicht werden, sie müssen jedoch von diesen Kassen vor der Auszahlung der Staats schulden⸗ Tilgungskasse zur Feststellung übersandt werden.

Berlin, den 9. September 1869.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Wedell. Löwe. Eck.

Angekommen: Se. Excellenz der Staats- und Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, von Ostende.

u Glauzig im Herzogthum Anhalt wird am 16. September é. eine Ii n nn, mit beschränktem Tagesdienste eröffnet werden. Halle a. S., den 9. September 1869. Telegraphen ⸗Direktion.

Nicht amtliches.

Preußen. Berlin, 10. September. Se. Ma jestät der König haben gestern Stettin verlassen und Sich mittelst Extrazuges nach Stargard begeben. Vor der Abfahrt verabschiedeten sich auf dem Bahnhofe die Spitzen der Militär⸗ und Eivil⸗Behörden und Se. Majestät sprachen gegen dieselben Allerhöchstihre volle Zufriedenheit mit Ihrer Auf— nahme in der Hauptstadt Pommerns aus. In Stargard bestiegen Se. Majestät mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Karl auf dem Bahnhofe die Hofeguipage und fuhren durch die laubbekränzte und flaggende Stadt auf der Chaussee bis Zarzig, wo die Leib⸗Reitpferde des Königl. Mar⸗ stalls aufgestellt waren und bestiegen wurden. Die bereits früher aus Stettin angekommenen fremdherrlichen Offiziere hatten schon etwas weiter vor Zarzig die Pferde bestiegen und sich gegen Treptow und Schöneberg in Bewegung geseßt, wäh⸗ rend Se. Majestät der König Sich mit Allerhöchstihrem mili · tärischen Gefolge, in der Richtung zwischen Pansin und Treptow, nach dem Mansverfelde begaben. Die Truppen des II. Armee Corps waren in zwei fast gleiche Theile getheilt. Die Nord⸗ Division kommandirte General ⸗Lieutenant Hann- von Weyhern, die Süd ⸗Division der General-Lieutenant von Werder.

Se. Majestät der König nahmen zuerst Stellung auf dem Langen Berge, sädlich Karolinenthal, und beritten dann fast das ganze Manöverfeld, auf welchem sich die Truppen von einzelnen Höhenpunkten aus vollkommen übersehen ließen.

Als gegen 12 Uhr das Manöver geendet hatte, bestiegen Se. Majestät bei Treptow die Equipage und fuhren nach dem Dorfe Pansin, um in dem alten von Puttkamer schen Ritter sitze Quartier zu nehmen. Eine Compagnie des Colberg'schen Grenadier⸗Regiments Nr. 9 gab hier die Wache. Um 7 Uhr fand im Schlosse ein von Sr. Majestät gegebenes Diner von 35 Couverts statt. . ü

Se. Königliche Hoheit der Kronprinz hat in Schöneberg Quartier genommen, wo sich auch das General Kommando be— findet, während Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Karl in Barskewitz, Prinz Albrecht in Wutrow und Prinz Friedrich Karl in Stargard Quartier genommen haben. Ihre König⸗ liche Hoheit die Kronprinzessin, Höchstwelche dem Feld mänöver wieder vom frühen Morgen an beigewohnt, wird in Schöneberg verweilen. Die fremdherrlichen Offiziere kehrten Mittags nach Stargard zurück, dinirten im Kasino und sind in der Stadt einquartiert. . .

Heute uch um 8 Uhr ertheilten, wie das W. T. B.“ berichtet, Se. Majestät der König auf Schloß Pansin dem Bundeskanzler Grafen von Bismarck-⸗Schönhausen, welcher gestern Abend aus Varzin eingetroffen ist, eine Audienz. Graf von Bis⸗ marck wird in Gefolge Sr. Majestät des Königs zu Pferde dem heutigen Manöver bei Treptow beiwohnen und auch an dem Festmahl tbeilnehmen, welches dort die Stände des Saatziger

und Fesitage und der Kassenrevisionstage, von 9 Uhr Vor—

Kreises zu Ehren Sr. Majestät des Königs heute veranstalten.

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