1870 / 27 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die , nzessin . gestern Vormittag um 11 Uhr Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzoge und der Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin im Königlichen Schlosse einen Besuch, der von den Großherzoglichen Herrschaften um 1 Uhr erwiedert wurde. Nachdem Se. Königliche Hoheit A bends einer Sitzung des Vereins zur Hebung der Fischzucht und Fischerei beigewohnt hatte, fand im Kronprinzlichen Palais um 9 Uhr eine Assemblée mit Ball statt, zu der gegen 900 Einladungen ergangen waren.

Das Staats ⸗Ministerium trat gestern unter Vorsitz des Minister-Präsidenten Grafen von Bismarck-Schön“ hausen zu einer Sitzung zusammen.

Die heutige (L.) Plenar-Sitzung des Herren hau ses wurde um 11 Uhr 20 Minuten durch den Präsidenten Graf Eberhard Stolberg-Wernigerode eröffnet. Von den. Ministern waren anwesend der Handels-Minister Graf Itzenplitz und der Finanz⸗Minister Camphausen. Der Präsident machte Anzeige von der Mittheilung des Ministers des Innern, betreffend die Berufungen neuer Mitglieder des Hauses, sowie von den statistischen Mittheilungen andrer Minister. Von den vom Abgeordnetenhause herübergekommenen Gesetzentwürfen wurde das Hwpothekengesetz einer besonderen Kommission von 20 Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen. Das Haus be— zeugte durch Erheben von den Sitzen das ehrende Andenken an die drei seit der letzten Sitzung verstorbenen Mitglieder, den regierenden Grafen von Stolberg-Roßla, den Ober⸗Präsi— denten a. D. von Beurmann, den Grafen von Solms-Sonne— walde. . Nachdem die neueingetretenen Mitglieder die Erklärung ab— gegeben, daß sie bereits den in Art. 108 der Verfassung vorge⸗ schriebenen Eid geleistet, ging das Haus zur Tagesordnung über.

Der erste Gegenstand der Tagesordnung betraf: Schluß— berathung über den mit dem Königreich Sachsen unterm 16. April 1869 abgeschlossenen Vertrag wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung der beiderseitigen Staatsangehörigteit. Der Referent, Herr Hasselbach, empfahl die verfassungsmäßige Zu⸗— stimmung des Hauses zu diesem Vertrage. Das Haus beschloß ohne Diskussion nach dem Antrage des Referenten. ;

Ueber den Gesetzentwurf, betreffend die Theilnahme der Staatsdiener in Neuvorpommern und Rügen an den Kom⸗ munallasten und den Gemeindeverbänden, referirte Herr Denhard. Derselbe befürwortete die Annahme des Gesetzent⸗ wurfes in Uebeinstimmung mit dem Abgeordnetenhause.

Das Haus trat diesem Antrage ohne Debatte bei. .

Es folgte in der Tagesordnung: Mündlicher Bexicht der Finanzkommission über die Petition des Agenten Kühn und Genossen in Reppen wegen zeitgemäßer Reform des Pensions⸗

wesens. Der Bexichterstatter Herr v. Rabe motivirte den Antrag

der Kommission: ,

Das Herrenhaus wolle beschließen:

über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. Das Haus beschloß in diesem Sinne.

Die nächste Nummer betraf: Mündlicher Bericht der Fingnzkommission über die Petition des Obersten und Ritter— gutsbesitzers Riedel auf Marienberg, Kreis Arnswalde, be⸗ treffend die Vertheilung der Grundsteuer-Entschädigung auf die Besitzer der in der Feldmark der Stadt Arnswalde liegenden Grundstücke und Vorwerke,. Der Bexichterstatter, Herr Freiherr v. Tettau, empfahl den Antrag der Kommission:

über die . Tagesordnung überzugehen. Der Antrag wurde angenommen. . ;

Der chi Gegenstand der Tagesordnung betraf: Münd⸗ licher Bericht der X. Kommission über die Petition von Mit— gliedern der Dorfgemeinde Mallmitz, betreffend die Beseitigung einer Beschränkung, welche die Königliche General- Kommission zu Breslau bei Bestätigung des unter dem 30. September 1865 vollzogenen Schafhütungs-Ablösungs-Rezesses in der Konfir⸗ mation vom 8. Februar 1866 getroffen hat. Der Bericht— erstatter Herr Graf Behr-Negendank begründete den Antrag der Kommission:

über die Petition zur Tagesordnung überzugehen.

Nachdem das Haus diesem Antrage beigetreten war, wurde die Sitzung um 1 Uhr 15 Minuten geschlossen. .

Das Haus der Abgeordneten nahm in seiner gestrigen Sitzung den Entwurf eines Gesetzes über den Eigen⸗ thums⸗-Erwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen. Gexechtigkeiten mit sehr großer Majorität an, nachdem noch der JustizMinister Dr. Leonhardt und der Regierungs⸗Kommissar Geh. Justiz⸗Rath Dr. Förster zu wiederholten Malen das Wort ergriffen hatten. Die zu diesem Gesetze eingegangenen Petitionen wurden somit gleich— falls für erledigt erklärt. ;

Es folgte die Schlußberathung über den nachfolgenden Antrag der Abgg. Wölfel u. Gen:: »Das Haus der Abgeord—

neten wolle beschließen, folgendem Gesetzentwurfe seine Zu stimmung zu ertheilen: Gesetz, betreffend die Form der Grund. stücks ⸗Zertheilungs-Verträge«: Wir Wilhelm von Gottes Gnaden König von Preußen zc. verordnen für die Provinzen Preußen, Brandenburg und Pommern, jedoch mit Ausschluß von Neuvorpommern, sowie für die Provinzen Schlesien, Posen und Sachsen unter Zustimmung der beiden Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt: Einziger Artikel. Die §§. 2 bis 5 des Gesetzes vom 24. Mai 1853 zur Ergänzung des Gesetzes, betreffend die Zerstückelung von Grundstücken und die Gründung neuer Ansiedelungen, vom 3. Januar 1845 werden hiermit aufgehoben. Wenn Grund— stücke durch Kauf⸗ oder andere Veräußerungsverträge zertheilt, von einem Grundstücke einzelne Theile abgezweigt, oder Grund⸗ stücke, welche Zubehör eines andern Grundstücks sind, von diesem abgetrennt werden sollen, so genügt fortan zur Gültig. keit des Vertrags die schriftliche Form. Urkundlich ze.

Der Antrag der Referenten Abgg. Lesse und Lampugnani ging dahin: Das Haus der Abgeordnesen wolle beschließen: » dem vorstehenden Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustl immung zu ertheilen «. Das Haus stimmte diesem Antrage, sowie einem dazu gestellten Antrage des Abg. Bahlmann, dem Gesetz als Art. II. hinzuzufügen: » dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1871 in Kraft,« nach kurzer Debatte zu und erklärte sodann noch die Petition der bei den Kreisgerichten in Worbis, Heiligenstadt und Nordhausen angestellten Notare durch diesen Gesetzentwurf für erledigt. Hierauf wurde die Sitzung vertagt. Schluß 44 Uhr.

Die heutige 69. Plenarsitzung des Hauses der Abgeordneten wurde vom Präsidenten von Forcken beck gegen 11 Uhr eröffnet. 6

Am Ministertische befanden sich der Minister des Innern Graf zu Eulenburg, der Justiz-Minister Pr. Leonhardt, der Finanz Minister Camphausen und mehrere Regierungs⸗ Kommissare. n

Den rsten Gegenstand der Tagesordnung bildeten die Be⸗ richte der X. Kommission über den Entwurf einer Grundbuch⸗ Ordnung und über den dem Entwurfe einer Grundbuch.Ord— nung beigefügten Kostentarif. ;

Eine Generaldiskussion fand nicht statt. Die Referenten Abg. Bahlmann und Abg. von Seydewitz empfahlen die Vor— schläge der Kommission. ; ,

Der Finanz-⸗Minister Camphausen erklärte, daß die König liche Staatsregierung zu ibrem Bebdauern die von der Kom. mission beantragten Tarif ⸗Ermäßigungen nicht bewilligen könne Nach einer kurzen Debatte, an welcher sich die Abgg. Lasker und von Diest betheiligten, und in welcher der Regierungs Kom missar Geh. Ober⸗Finanz-Rath Wolny das Wort nahm, wurde auf den Antrag des Abg. Dr. Kosch ohne vorherige Spezial Dis kussion über die Grundbuch‚Ordnung im Ganzen abgestimmt und die selbe nebst dem Kosten Tarife nach den Kommissions⸗Vorschläͤ—⸗ gen mit sehr großer Majorität angenommen.

Es folgte ) Bericht der X. Kommisston über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Stempelabgaben von gewissen bel der K anzubringenden Anträgen.

Nach kurzer Debatte wurde dieser Entwurf nach den Kom— missionsvorschlägen angenommen.

Hierauf erfolgte die Verlesung folgender von den Abgg. Müller (Solingen), G. v. Bunsen und Hardt gestellten Inter—

ellation:

r An die Königliche Staatsregierung richten die Unterzeichneten die Anfrage: Hat die Staatsregierung ein Bedenken, dem Hause die Gründe mitzutheilen, welche dieselbe bewogen haben, den für eine fernere zwölfjährige Amtsperiode einstimmig wiedergewählten Bür— germeister Trip zu Solingen nicht zu bestätigen? Eventuell: Welcheh sind die Gründe gewesen?

Der Abg. Müller (Solingen) begründete die Interpellation. Der Minister des Innern Graf zu Eulenburg erklärte, daß die Königliche Staatsregierung nach Lage der bestehenden Gesetze es verweigern müsse, die Gründe derartiger Nichtbestätigungen mitzutheilen.

Auf Antrag des Abg. v. Bunsen trat das Haus in die Besprechung der Interpellation ein.

An derselben betheiligten sich die Abgg. v. Bunsen, Richter (KGönigsberg), Laßwitz. ,

Der Minister des Innern Graf zu Eulenburg ergriff wiederholt das Wort. (Schluß des Blattes.)

Am 19. Januar d. J. ist das aus besonderem Aller höchstem Vertrauen berufene Mitglied des Herrenhauses, der QOber⸗-Präsident a. D. und Kurator der vereinigten Friedrichs Universität Halle⸗Wittenberg, Dr. Moritz von Beurmann Keb. -8. November 18027, und am 31. Januar das erbberechtigt⸗ Mitglied der Standesherr Alfred Graf zu Solms-Sonne— walde (geb. 5. Mai 1810) gestorben.

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Mecklenburg. Schwerin, g. Januar. Der Erb. habe nur das Geheimniß, das mir auferlegt war, gewahrt. Der

großherzog hat sich gestern Morgen gr Uhr von hier nach Dresden zurückbegeben.

Heute ist die Nr. 10 des Regierungs. Blattes ausge⸗ geben worden. Dieselbe enthält ein Publikandum des Groß⸗ herzoglichen Finanz -Ministeriums vom 24. d. Mts., betreffend die Denaturation des Vieh- und Gewerbesalzes, und drei Be— kanntmachungen der Ober⸗Post⸗Direktion, betreffend Veränderung von Postcoursen und Ermäßigung des Personengeldes bei meh⸗ reren Personenposten.

Bremen, 31. Januar. Die hier gepflogenen Berathun⸗ gen von Deputirten norddeutscher Küstenstaaten über den Ent. . einer Bundes ⸗Seemannsordnung sind vorgestern beendigt worden.

Sachsen. Dresden, 30. Januar. Der König hat gestern dem zum Kaiserlich österreichischen und Königlich un⸗ garischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am hiesigen Hofe ernannten Wirklichen Geheimen Rath und Kämmerer Grafen von Paar eine Partikular⸗ audienz ertheilt und aus dessen Händen sein Beglaubigungs— schreiben, sowie das Abberufungsschreiben des bisherigen Kai⸗ serlich österreichischen und Königlich ungarischen außerordent. lichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers, Wirklichen Geheimen Raths Freiherrn von Wer ner entgegengenommen.

31. Januar. Die Zweite Kammer hat heute die den Bau-Etat umfassende Abtheilung des Ausgabe⸗Budgets berathen.

Hessen. Darmstadt, 39. Januar. Der Prinz Ern st Ludwig ist von einem milden Scharlachfieber befallen worden.

Bayern. München, 31. Januar. In der heutigen

Sitzung der Abgeordneten kam mer wurde die Adreßdebatte fortgesetzt. Der Kommissarius des Ministeriums, Völderndorf, vertheidigte die Regierung gegen den Vorwurf, daß sie die Re' sultate der Berathungen der Bundes Liquidationskommission geheim gehalten habe, indem er erklärte, dies sei im Interesse Bayerns erforderlich gewesen. Die Angriffe des Abg. Greil ge⸗ gen die innere wie die äußere Politik des Ministeriums wuͤr— den vom Fürsten Hohenlohe, dem Handels. Minister v. Schlör, dem Minister des Kultus und der Justiz, v. Lutz, und dem früheren Minister des Innern, v. Hörmann . zurückgewiesen. Der Abg. Bucher tadelt die bisherige Handhabung der Preß⸗ polizei, Gerstner vertheidigte den von? der Fortschritispartei ein— gebrachten Gesetzentwurf. Die » Correspondenz Hoffmann? meldet, daß der Lega— tions-Rath Baron von Truchseß⸗Wetzhausen zum außer⸗ ordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Bayerns am russischen Hofe ernannt ist.

Die bei der Adreßdebatte in der Abgeordnetenkammer am 29. abgegebene Erklärung des Fürsten Hohenlohe, deren wesentlicher Inhalt bereits telegraphisch mitgetheilt worden ist, lautete nach der ausführlicheren Fassung des »R. K.“, wie folgt:

Der von der Kommission vorgeschlagene Entwurf verlangt einen Leiter der bayrischen auswärtigen Angelegenheiten, welcher das Ver⸗ trauen des Landes besitze. Damit will er selbstverständlich mir dieses Vertrauen absprechen, aber er giebt hierfür keinen Grund an, er sagt nur, jenes Verlangen sei ein unwillkürliches. Auf das Gebiet der subjektiven Empfindungen, der Sympathien und Antipathien kann ich nicht eingehen, und wenn der Entwurf, indem er von den Deutungen der Verträge mit Preußen spricht, mir nicht die Fähigkeit zuerkennt, sie zu deuten, so will ich darüber nicht streiten. Aber eine positive Grundlage für Ihr Urtheil möchte ich geben, und deshalb gestatten Sie mir einen Rückblick auf meine dreijährige Amtsführung. Die Grundsätze, mit denen ich in das Ministerium getreten und denen ich treu geblieben bin, sind dieselben, welche die Thronrede ausspricht, und diese hat Ihre Zustimmung gefunden. Der leitende Gedanke meiner Politik faßt sich in zwei Sätze zusammen- Suchen nach einem Zusammenhang der süddeutschen Staaten mit dem Norden und Erhaltung der Selbst— stän digkeit Bayerns. Seit 1818 kommt der nationale Gedanke in allen politischen Verhandlungen auch in dieser Versammlung zum Vorschein, selbst das Jahr 1866 hat darin keine Aenderung hervorgebracht, die durch dasselbe geschaffenen Gefahren haben jenen Gedanken nur noch verschärft, und der Umstand, daß die Existenz der deutschen Mittelstaaten nicht auf ihrer Macht, sondern auf ihrem Recht und auf den Verträ— gen beruht, hat dahin geführt, daß man suchte, für beide einen ver— tragsmäßigen Boden wieder zu gewinnen. Man trachtete also, die Bestimmungen des nikolsburger Präliminarvertrages auszuführen, denn je länger Bayern isolirt bleibt, desto schwerer wird ein späteres Bündniß geschlossen werden, desto größer werden die Opfer sein, welche wir um dasselbe zu bringen haben! Dies zeigt schon die Krisis des Zollvereins im Oktober 1867; wäre Bayern damals abseits ge⸗ blieben, so hätte es in kurzer Zeit seinen Wiedereintritt um jeden Preis nachsuchen müssen. Ich bin stolz darauf, daß ich damals auch nur eine zeitweise Abtrennung Bayerns verhindert habe. Eine weitere Frage war die gleichmäßige Gestaltung des Wehr⸗ systems. Auch ich beklage die Lasten, welche das neue Gesetz dem Lande auferlegt, aber diese Lasten sind nothwendig und können nicht vermindert werden ohne Pflichten zu verabsäumen, welche der Allianz. vertrag und die Interessen Deuischlands uns auferlegen. Dieser Vertrag war schon vorhanden, als ich in das Ministerium eintrat, und ich habe nie, wie mir vorgeworfen wurde, ihn abgeleugnet, ich

Azreßentwurf betont es, daß kein Vertragsbruch begangen werden solle. Es giebt aber zweierlei Vertragsbruch: einen offenen und einen versteckten. Wir haben die neue Wehrverfassung nicht eingeführt, weil wir Preußen zu folgen haben, sondern deshalb, weil Bayern ein werthvoller Alliirter fein soll. Die Gemeinsamkeit des deutschen Südens erschien mir in jeder Hin⸗ sicht und auch dem Norden gegenüber von hohem Werth, deshalb habe ich auch mit diefen Staaken Verträge abgeschlossen, welche unfere Interessen verketten und unsere Wehrhaftigkeit erhöhen. Hieraus er— Uebt sich, daß die Regierung Alles gethan hat, Deutschland vor weil erer Zersplitterung zu bewahren und hierdurch zur Erhaltung des euro—Q paͤischen Friedens beizutragen. Man urtheile über meine Thätigkeit wie man will, es wird kein anderer bayrischer Minister einen andern Weg gehen können, den Prager Frieden mit der Selbständigkeit Bayerns in Einklang zu erhalten, als den ich gegangen bin. Theo— retische Ausarbeitungen, un andere Bahnen zu bezeichnen, helfen nicht; eine solche theoretische Ausarbeitung ist das Projekt des Süd bunds. Wenn der Südbund nicht ein Scheinbild sein soll, so müßten einzelne Staaten auf einen gewissen Grad ihrer Selbstständigkeit ver⸗ zichten. Das läßt sich bei Baden und Württemberg nicht voraus- setzen, und würden sie es, sie thäten es dann lieber zum Eintritt in ein ganzes Deutschland, als zu dem in einen Sonderbund. Die Ver— fassung des Norddeutschen Bundes ist so gestaltet, daß Bayern sie nicht annehmen kann. Erstrebte man dennoch unseren Eintritt, so wäre das eine Pflege des nationalen Gedankens, die einem bayrischen Minister nicht erlaubt ist; aber auch die Pflege unserer Selbst⸗ ständigkeit könnte zu weit ausgedehnt werden, wenn man näm⸗ lich vergessen wollte, daß Bayern 'ein Theil des großen deutschen Vaterlandes i, . Adreßentwurf erklärt sich mit den Grundsätzen einverstanden, welche die Thronrede aussprach und welche Uugleich die meiner Politik sind, dennoch spricht sie mir persönlich Mißtrauen aus. Ich muß daher bitten, daß nachgewiesen werde, wo ich der Dynastie und dem Lande Schaden zu bereiten geeigenschaftet sei. Freilich, wenn diese Eigenschaft darin besteht, daß ich unfähig bin, ein doppeltes Spiel zu spielen, zugleich dem Norddeutschen Bund Vertragstreue zu betheuern und andererstits Nänke zu schmieden, der Dynastie Ergebenheit zu beschwören und andererseits sie in Gefahr zu bringen dann allerdings hat dieses Mißtrauen vollen triftigen Grund.

Hesterre ich ungarn. Aus Wien, 30. Januar, wird der Prag. Z. über die Ministerkrisis gemelßet:

Die Neubildung des Kabinets ist nahezu als vollendet zu betrachten und dürfte die heute von der gewöhnlich gut infor— mirten »Neuen Freien Presse« veröffentlichte Liste des neuen Ministeriums so ziemlich richtig sein. Die Ernennung des Ministers von Hasner zum Minister⸗Präsidenten, wie des FMC. Wagner zum Landesvertheidigungs - Minister ist positiv. Auch die Vereinigung des Rinifleriums für öffentliche Sicherheit mit dem Ministerium des Innern und zwar in den Händen des Ministers Giskra' kann als feststehen de Thatsache betrachtet werden. Bestätigt sich, daß auch für die Portefeuilles des Unterrichts und des Ackerbaues in den Ministerial Rath. Stremayer und Baron Washington die geeigneten Repräsentanten bereits ge⸗ funden seien, so kann der amtlichen Publikation der vollzoge. nen Kabinetsbildung bereits für die nächsten Tage entgegen— gesehen werden, nachdem der Kaiser heute hier eintraf und

die betreffenden Akte auch wahrscheinlich unterzeichnet haben wird.

Driest, . Janna. Hussein Pascha, Sohn des Vize— königs von Aegyßten, ist am 23. d. M. mit der ägyptischen Dampffregatte »Mars« in Brindisi angekommen. Er begiebt sich nach Paris. In seiner Begleitung befand sich Herr von Lesseps, der nach Nizza geht.

Beigien. Brüssel, 31. Januar. Die Deputationen aus Großbritannien werden heut Nachmittag hier eintreffen.

. Großbritannien und JIeland. London, 29. Januar. Die Königin empfing am Donnerstag eine unter Führung des Lord⸗Hayors von London erschienene Deputation, welche Ihrer Majestät die Adresse an den König der Belgier, so wie das zu deren Aufnahme bestimmte Silberkästchen zur Ansicht unterbreitete.

Der »Pall Mall Gazette zufolge ruhen gegenwärtig die Unterhandlungen betreffs der Regulirung der Alabama— forderungen.

Der Handels-Minister Bright empfing vorgestern eine Deputation, welche die Beschaffung billigen Eisenbahntrans⸗ ports für Arbeiter auf dem Wege von und nach dem Orte ihrer Arbeit durch Herabsetzung des Fahrgeldes für 10 englische Meilen auf einen Penny begehrte. Bright glaubte, die Bahn⸗ Direktionen dürften zu solcher Maßregel sich bewogen finden, so⸗ bald die Arbeiter auf eine höhere Entschädigung als 100 Pfd. St. für Lebensverlust oder Gliederbeschädigung bei vorkommenden Bahnunfällen verzichten wollten. Das Parlament werde sich mit der Sache beschäftigen.

Frankreich. Paris, 31. Januar. Der Kaiser und die Laiserin empfingen gestern den türkischen Gesandten Djemil

Pascha. Im gesetzgebenden Körper interpellirte der

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