1870 / 36 p. 9 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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en härter zu beurtheilen, als es nach seinem innern moralischen Henn nach . Unantastbarkeit seines Zweckes, nach der unzweifel⸗ haften finanziellen Rechtlichkeit, in der das Versehen gemacht wurde, verdienen sollte, und ich kann Sie nur bitten, ertheilen Sie jetzt, oder, wenn Sie wollen, nach einer gründlicheren Prüfung, zu der uns möglicherweise eine außerordentliche Sitzung im Sommer Gelegenheit eben wird, der früheren Finanz ⸗Verwaltung Indemnität, und haben Ei das volle Vetrauen zu der gegenwärtigen Verwaltung der Finan- zen ein Vertrauen, das Sie bisher schon mehrfach bethätigt haben, und das Sie gewiß nicht täuschen wird daß Sie einen strengen und treuen Wächter des konstitutionellen Rechts auf seinem Posten nden. ö Nach einer persönlichen Bemerkung des Abgeordneten Dr. Virchow entgegnete der Minister⸗Präsident: .

Ich habe auf das Mißliche des Eingreifens in eine Debatte, die man nicht von Anfang an gehört hat, schon von Hause aus auf⸗ mertsam gemacht, und die weitere Entwicklung hat nur bestätigt, wie berechtigt das Mißtrauen war, mit dem ich das mir unbekannte Eis betrat. Aber ich freue mich dennoch, daß der Herr Berichterstatter mir Gelegenheit giebt, ihm zuzustimmen, wenn er diejenige Aeußerung von mir, die er gewiß in der wohlwollendsten Absicht repristinirt hat, als lediglich der Kriegszeit angehörig und als im Frieden begra⸗ ben und unanwendbar meinerseits bezeichnet, und hoffe, daß sie auch im Sinne des Herrn Berichterstatters als eine solche angesehen wer— den wird.

Der Finanz-Minister Camphausen nahm nach dem Referenten, Abgeordneten Dr. Virchow, das Wort:

Meine Herren, es ist für mich eine schwierige Aufgabe, nach dem ausführlichen Berichte des Herrn Referenten, der in dieser wichtigen Frage aus den Gruͤnden, die angeführt sind, nur mündlich hat er— stattet werden können, dessen Inhalt mir also erst im Laufe der De⸗ batte zur Kenntniß gekommen ist, sofort das Wort zu ergreifen, um so schwieriger, als es sich um Handlungen handelt, die während einer

eit stattgefunden haben, während deren ich nicht die verantwortliche 6 des Finanz Ministeriums zu führen hatte, und wo ich ebenso vorsichtig sein muß in Lob wie in Tadel, in Zugeständnissen wie in

blehnungen. 9 . Punkt möchte ich im Beginn meiner Aeußerungen klar stellen. Es könnte nach der Ausführlichkeit, mit der der Herr Nefe⸗ rent immer und immer wieder sich auf die Aeußerungen des jetzigen Finanz-⸗Ministers bezogen hat, den Anschein gewinnen, als wenn ich in der Lage gewesen wäre, den sehr ausgedehnten Verhandlungen der Kommission beizuwohnen, überall Rede und Antwort zu stehen, jeden einzelnen Punkt aufzugreifen, zu bekämpfen oder anzu⸗ erkennen. Von dem allen ist nichts der Fall gewesen. Ich bin leider nicht in der Lage, mich verdoppeln und verdreifachen zu können, und so war es mir denn zu meinem Bedauern nicht möglich, der Diskussion anders beizuwohnen, als daß ich mich an einem Tage zur Sitzung eingefunden habe, die beiläufig nahezu eine halbe Stunde später begann als sie beginnen sollte, so daß ich genöthigt war, durch bereits anderweitig eingegangene Verpflichtungen ich erwähne den Umstand nur aus dieser Rücksicht, denn sonst hätte ich mir eine andere Zeit auswählen können mich sehr bald zu entfernen. Ich will nun versuchen, heute, wo ich ja vor diesem Hause, wo ich vor dem ganzen Lande spreche, Ihnen eine vollständigere Ansicht von dem bei⸗ zubringen, wie nach meiner Auffassung die Sache zu betrachten ist / ich will also versuchen, Ihnen den Gang, den diese Sache genommen hat, zu schildern. Da werden Sie mir nun schon gestatten müssen, auch meinerseits etwas ausführlicher zu werden als es sonst meine Ge— wohnheit zu sein pflegt. Meine Herren, durch das Gesetz vom 9. März 1867 ist die Staatsregierung ermächtigt worden, allmählich je nach dem Bedürfniß eine Anleihe von 24 Millionen Thalern für den Bau gewisser Eisenhahnen aufzunehmen. Die Ermächtigung, mit der Aufnahme dieser Anleihe vorzugehen, hegann schon im Jahre 1867, und es wäre an sich sogar das Natürlichste gewesen, daß man im April 1867 sich sofort den Geldbedarf für das Jahr 1867 gesichert hätte. Bekanntlich traten im Frübjahr 1867 friegerische Verwicke— lungen will ich nicht sagen aber es traten die luxemburger Händel ein, die nicht ohne Rückwirkung auf das ganze Jahr hlieben und auch dazu geführt haben, daß der ursprünglich in Aussicht genommene Bedarf für Bauten an den in Frage stehenden Eisenbahnen geringer ausfiel, als man unterstellt hatte. Genug, die Finanzverwaltung war in der Lage, die mäßigen Summen, die näch und nach im Jahre 1867 zu verwenden waren, vorschußweise herzugeben. Sie hat für diese Summen dem Lande Zinsen nicht in Abrechnung zu stellen gehabt; die Summen, die im Jahre 1867 vorschußweise verausgabt waren, beliefen sich auf etwas über 4 Millionen Thaler

egen Ende 1367. Anfang 1868 trat nun die Frage für meinen ges eve dün er ein: wie sollen wir wegen Beschaffüng der Geldmittel für das Jahr 1868 operiren. Ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, daß mittlerweile der in Ihrer Aller Erinnerung noch frische Nothstand der Provinz Preußen eingetreten war, ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, daß damals die Staats-Einnahmen bedenklich im Rückstande blieben, genug es entstand die Frage, was wird der Bedarf der Staatsregierung für Eisenbahnzwecke im Jahre 1868 wahrscheinlich sein, und auf welchem Wege ist am besten Vorkehr zu treffen, um sich in der zweckmäßigsten, d. h. für den Staat vortheilhgf⸗ testen Weise die Geldmittel zu beschaffen? Da trat nun die Erwägung, sehr bald nahe. ich appellire an das Alrtheil aller der Finanzmänner, die sich in diesem Hause befinden, die mit Geldsachen specieller Bescheid wissen die Erwägung: wenn wir mit mehrfachen kleineren Anleihen vorgehen, so werden die Course fort und fort gedrückt, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir größere Geldinstitute, größere Banquiers dazu vermögen müssen, für

eine ansehnliche Summe die nöthigen Geldmittel herzugeben. Auf

Grund dieser Erwägungen haben damals Verhandlungen stattgefun

Verhandlungen, bei denen natürlich die Banquiers auch ihre , , ,, . haben. Die Verhandlungen haben stattgefun⸗·

den, als dem Landtage in Folge des Nothstandes in der Provinz

2 2 * 2 2 1n⸗ en bereits ein neues Gesetz über eine umfangreiche A * . Vierzig Millionen Thalern vorgelegt war. Da ist

nun zu dem Resultat . / n 3Min mnitè! zu beschaffen, sei die, daß die vorhandene Anleihe von

gekommen, die zweckmäßigste Form,

ihrem vollen Betrage nach von diesem Konsortium übernommen . daß daneben die außerdem beabsichtigte Anleihe von vierzig

illionen Thalern nicht für das ganze Jahr 1868, sondern nur für . Theil . nicht mehr an den Markt gebracht werden . und zwar war die Stipulation, nicht vor dem Oktober 1868. enn der Herr Referent hervorgehoben hat, daß man eine Ausnabme tis. macht habe für Kriegszwecke, da scheint mir viel Irriges mit unter-

u u sein. Der Staat hatte sich des Rechts begeben, für Eisen · . h demselben Jahre vor Beginn des Monats Oktober

irgend eine andere Anleihe an den Markt zu bringen, und glaubte,

sich des Rechts nur begeben zu durfen, mit dem Vorbehalte, daß , der . nahcn nan dann an die Landesvertretung treten dürfe, um sich eine Kriegsanleihe bewilligen zu lassen, und diese 6 ziüiren dürfe. Eine andere Bedeutung hat dieser Vorbehalt a 6 nicht gehabt; es war nur eine Einschränkung des zu Gunsten der Banquiers gemachten Verzichtes. .

Nun, meine Herren, erschien Ihrer Kommission auf einmal der Umstand, daß man, abweichend ich erkenne das ja unumwunden an abweichend von dem Wortlaut des Gesetzes vom 9. März 1867, mit einer solchen Operation vorging, ich sage, das erschien Ihrer Kommission auf einmal als ein großes Vergehen; es ist sogar seitens des Herrn Referenten vom Staatsanwalt bei dieser Frage ge—

ochen worden. . ͤ ö denn erlauben Sie mir, auch nach dieser Richtung hin das Ver—

hältniß etwas näher zu untersuchen, welche Schranken der Staats

regierung auferlegt waren. . . Da muß ich nun vorab wiederum eine Kleinigkeit geltend machen. Ich muß nämlich darauf hinweisen, daß bei der Anleihe des Jahres 1867 die Zinscoupons laufen vom 1, April bis 1. Oktober ünd vom 1. Oktober bis 1. April, Indem die Staatsregierung Ihnen vorschlug, in dem Etat pro 1868 die Zinsen für 6 Millionen zum J. Aprik und die Zinsen für 10 Millionen zum 1. Oktober zu be— willigen, für das gesammte Jahr also 360,000 Thlr., da hatte sie Ihnen vorgeschlagen, die Zinscoupons vom .. Oktober 1867 bis J. April 1868 für einen Betrag von 6 Millionen und die Zins coupons vom 1. April 1868 bis 1. Oktober 1868 für einen Betrag von 10 Millionen Thaler in jenem Jahre in Ansatz zu bringen. Es ist durchaus nicht richtig, daß etwa irgend eine Festsetzung dahin ge⸗ troffen wäre, im Jahre i868 dürfe unter keinen Umständen ein größe— rer Betrag als 15 Millionen Thaler verausgabt werden. In dem Etat pro 1868 heißt es; . Ankle vom gi. 1867 über 24 Millionen Thaler, negoziirt in Gemäß heit des Geseßes vom 9. März 1867 und des Allerhoöͤchsten Erlasses vom 5. August 1867, vorläufig am 1. April von muthmaßlich 6 Millionen das waren Eoupons vom 1. Oktober 1867 bis 1. April 1868, muth⸗ maßlich 6 Millionen, in Aussicht genommen am 1. Oktober muth. maßlich 19 Millionen und, um gar nichts zu versäumen war in der Kolonne Bemerkungen noch hinzugefügt: die Zinsen sind nach Maß⸗ gabe des bis zum 1. Oktob er 1868 erforderlichen Bedürfnisses der Anleihe berechnet. Sie werden daraus also zunächst entnehmen, daß eine unbedingte Verpflichtung, nicht weiter zu realisiren, durch die Feststellung des Staatshaushalts-Etats nicht übernommen war. Daß in dem Gesetz vom 9. März 1867 eine Winkulirung liegt, das, wie derhole ich, stelle ich nicht in Abrede. . ö. Demnächst nun, meine Herren, als jene Transaktion mit einem Konsortium . Banquiers im Jahre 1868 stattgefunden hatte, da traten, und es beruhte dies auf Vorschrift der von der Staats. regierung gestellten Bedingungen, die Mitglieder dieses Konsortiums mit einer offentlichen Erklarung vom 16. Januar 1868 auf, zu einer Zeit, wo der preußische Landtag versammelt war mit einer Bekannt- machung, worin gesagt war: das Königliche, Finanz ⸗Ministerium emittirt 2c. 2c. 2c eine Anleihe von 24 Millionen Thalern, worin weiter im Absatz 3 gesagt war, die und die Institute haben die vor genannte Anleihe mit der Verpflichtung übernommen, die Hälfte der selben zur öffentlichen Subskription aufzulegen, und es sind da⸗ mals 12 Millionen aufgelegt worden und 12 Millionen blieben im Besitze dieser Banquiers. Nun, meine Herren diese Bekanntmachungen sind durch alle Zeitungen in zahlloser Menge ergangen, eine große Zahl von öffentlichen Kassen ist mit der Annahme von Subskriptionen beauftragt worden; ich kann mir ez nicht möglich denken, daß es irgend einen Abgeordneten zu jener Zeit gegeben hat, der von diesem Vorgange keine Kenntniß gehabt hätte, und, meine Herren, es pflegt doch sonst bei minder wichtigen Vorfällen nicht gerade an einer Interpellation zu fehlen, wenn man dem Gegenstand eine besondere Aufmerksamkeit widmen zu müssen und wenn man hierin, wie der Herr Berichterstatter, eine Art Staatsverbrechen sehen u müssen glaubt. . Win meine Herren, nachdem dies also ganz öffent · lich geschehen ist, nachdem da ganz öffentlich gesprochen war über die 24 Millionen Thaler, ist ein neuer Kredit in An⸗— spruch genommen worden. Jedoch ich kann nicht sagen, na ch: dem ich weiß nicht ganz genau die Daten, Sie wissen, ich habe bei dieser Angelegenheit nicht mitgewirkt; aber ich glaube, nachdem dies eschehen war, hat nun die Berathung über die 40 Millionen -Anleihe aged nd oder wenigstens gleichzeitig. Genug, am 17. Februar 1868 ist das Gesetz vollzogen und demmächst pubiizirt worden, was

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die Staatsregierung ermächtigte, eine Eisenbahnanleihe im Betrage von 40 Milllonen Thaler aufzunehmen. Diese Anleihe war wesent— lich veranlaßt durch den Nothstand in Preußen, sie war wesentlich dazu bestimmt, sofort die Eisenbahnbauten in der Provinz Preußen in Angriff nehmen zu können. Niemand von denen, der diesem Ge⸗ setze zugenimmt hat, hat einen Augenblick übersehen können, daß die Regierung auf Grund dieses Gesetzes im Jahre 1868 Ausgaben machen und Gelder aufnebmen mußte. Und nun wollen wir einmal fragen, wie wir zu dem Etat stehen. Der Etat ist vollzogen am 24. Februar 1868 Sie sämmtlich haben gewußt, daß in dem Etat pro 1868 für die Verzinsung der 40000, 000 Thaler Eisenbahnanleihe nicht ein ein— ziger Groschen ausgeworfen war. Wenn nun die Regierung nach dieser Theorie absolut warten mußte, bis durch den Etat die Mittel für die Verzinsung gewährt worden sind, was wurde daraus folgen? Daß sie im Jahre 1868 nicht befugt war, die Schaufel in die Hand zu nehmen ünd nur die geringste Arbeit an denjenigen Eisen— bahnen, für welche die 40 000,000 Anleihe bestimmt war, vornehmen ö. lassen, daß, um diese Arbeiten vornehmen zu können, nach die— er, Theorie zuerst eine etatsmäßige Bewilligung hätte stattfinden müssen und daß erst, nachdem diese etatsmäßige Bewilligung statt⸗ gefunden, man mit der Ausführung hätte vorgehen können. Meine Herren, das ist eine Auffassung, die von gewissen Standpunkten aus, wenn man nur das juristische Recht (möchte ich sagen) ins Auge faßt, etwas für sich anführen könnte, die aber in der Sache selbst doch eigentlich zu einem Verfahren führen würde, welches man nicht als sehr ver kan bezeichnen . un, meine Herren, wie viel in Folge der Eisenbahnanleihe, die

auf 40 000000 Thlr. vorgesehen worden war, im Jahre 1868 gebraucht werden würde, war im Voraus schwer zu bestimmen; doch hat in diesem Falle das Handels Ministerium ziemlich genau den Betrag arbitrirt, es hat schon im Februar 1868 dem Finanz ⸗Minister die Mittheilung gemacht, daß über 10 900,000 Thlr. erforderlich sein wür— den, und in der Wirklichkeit sind für diesen Zweck über 9 Millionen perausgabt worden und im Jahre 1868 sind über 13 Millionen überhaupt zu Eisenbahnzwecken verwendet worden. Nun, meine herren, wenn Sie diese Sachlage erwägen, so habe ich noch weiter auf einen Punkt aufmerksam zu machen, den ich beinahe vergessen hätte: daß im Herhst 1868 die Regierung vor das Land getreten ist, daß im Herbst 1868 die Regierung unter Ueberreichung der Etats pro 1869 die Erklärung abgegeben hat: es sind jetzt die Zinsen für die vollen 24 Millionen erforderlich, natür⸗ lich vom 1. 9ktober 1868 ab, indem die Gesammtsumme ausgeworfen ist, und daß die beiden Häuser Les Landtages die Etatsposition des Jahres 1869, wo für die ganze Summt von 24 Millionen Thalern die Zinsen vom 1. Oktober 1868 ab bewilligt worden sind, ohne ein Wort der Einrede bewilligt haben.

Wenn ich Ihnen Alles dies anführe, wenn ich dann anführe, daß der Herr Referent selbst hat anerkennen müssen: der Zustand der General-Staatskasse war nicht so, wie er sein sollte, wenn Sie sich vergegenwärtigen, daß die Negoziirung von kleineren Anleihen in hohem Grade unzweckmäßig gewesen wäre und das Land benachtheiligt haben würde, wenn Sie sich vergegenwärtigen, daß das Alles öffentlich ge⸗ schehen ist und daß es sich zuletzt doch nur um eine Abweichung von der formellen Bestimmung des Gesetzes handelte, so meine ich kommt man auf den Punkt, daß man sich fragt: ist in einer richtigen Weise dafür gesorgt werden, dieses Verhältniß rechtzeitig klar k stellen, und da muß ich nun, so ungern ich das sage, aner- ennen: ich würde in, dieser Weise, wie es geschehen ist, nicht vorge— gangen sein; ich würde es für erforderlich gehalteu haben, über die Motive „des Verfahrens klaren Aufschluß zu geben; ich würde es für erforderlich gehalten haben, dem Landtage zu sagen: seht hier, ich habe aus Zweckmäßigkeitsgründen, im Interesse des Landes für rathsam Febalten, über diefe An— leihe 1867 D. zu fontrahiren, für den Staat ist es ja zuletzt ganz gleichgültig, ob das Geld, das gegeben wird, 1867 D. oder 1868 X. heißt, ich habe das gemacht, weil Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprachen, es ist das eine Abweichung von den formellen Bestimmun⸗ gen des Gesetzes, prüft mein Verfahren, erklärt euch, wie ich hoffe, damit einverstanden und heißt es gut. Meine Herren, ich habe die Ueberzeugung, daß / wenn mein Amtsvorgaͤnger im Laufe des Jahres 1368 Ihnen gegenüber Ndiese Sprache geführt hätte, Sie Alle mit seinem Verfahren 'einver— sanden gewesen sein würden, und das, was Ihnen als eine so große, schwere Verletzung erscheint, und worin ich in der That eine Ab weichung von den formellen Vorschriften des Gesetzes anerkennen muß, würde, wenn die Sache rechtzeitig klargestellt worden wäre, wie ich . bei Ihnen auf Widerstand nicht gestoßen sein. Im ebrigen, meine Herren, werden Sie, glaube ich, gut thun, wenn Sie die formelle Frage nicht allzusehr auf die Spitze treiben. Die Verwaltung kann den besten Willen haben, allen diesen Forde⸗ tungen zu genügen und ich habe ihn und werde das bethätigen und dennoch können Sie ihr unter Umständen Fesseln anlegen, die

Sie selbst als unwillkommene betrachten würden. Haben Sie sich

wohl vergegenwärtigt, daß, wenn Sie den Gesetzentwurf in der Fassüng, wie er vorgelegt ist, annehmen, dann der Finanz-Minister binnen Kurzem die Eisenbahnen in! der Provinz Preußen nicht fortsetzen kann Lund zwar einfach, weil die Fonds, die gerade für diese Eisenbahnen bestimmt sind, nahezu erschöpft sind. Das würde doch gewiß Ihren Wünschen nicht entsprechen, und ich glaube, wenn der Finanz-Minister vorschußweise aus dem einen Fonds nimmt und nachher sagt: das ist vorschußweise ausgegeben worden, war das nicht zweckmäßig? und Ihre Zustimmung zu diesem Verfahren in Anspruch' nimmt, Daß Sie diefe Zustimmung nicht verweigern würden. Aber, meine Herren, wenn sich die Finanz- Minister nachher gleichsam auf die Anklage— bank versetzt finden, fobald sie in bester Absicht und in dem Wunsche,

das Interesse des Landes zu wahren, zu Werke gehen, so werden sie,

fürchte ich, etwas sehr peinlich werden und das Interesse des Landes . unter einer zu peinlichen Behandlung diesr Frage sehr häufig „Nun, meine Herren, hätte ich vielleicht noch ein letztes Wort über eine Frage zu sagen, die ich mehr den Vertretern der Staatsschuldenkommission überlassen muß, indem nämlich darauf, hingewiesen ist, daß in der Budgetkommission auch Bemerkungen gefallen seien, einmal über die Hauptverwaltung der Staatsschul den, denen man keine Folge gegeben habe, und zweitens über die Mitglieder dieser Staatsschulden F*ommission, Bemerkungen, die zu dem Antrage, der sub l. Nr. 2 abgedruckt ist, geführt haben.

ch glaube, daß da in der That die Attributionen der verschiedenen

Stellen nicht richtig gewürdigt worden sind. Nach dem Gesetze vom 9. März 1867 ist es dem Ermessen des Finanz- Ministers überlassen, den Bedarf zu bestimmen, der Bedarf kann größer oder geringer sein, er hat während dieser Jahre in der That wesentlich geschwankt und die Annghmen darüber sind keineswegs unveraͤnderliche gewesen. Ob der Finanz -Minister sich bei Bemessung und bei Entscheidung dieser Frage irrt oder nicht, das kann weder die Hauptverwaltung der Staatsschulden noch die Staatsschulden⸗Kommission entscheiden. In dem vorliegenden, so besonders eigenthümlich gestalteten Falle glaube ich aber, daß weder die Hauptverwaltung der Staatsschulden, noch die Staatsschulden⸗ Kommission auf den Gedanken verfallen konnte, daß etwas, was in consbectu omnium geschehen war während der Sitzung des Landtages, was zu keiner Remonstration Anlaß gegeben hatte, nachher eine“ so harte Beurtheilung finden würde, und wenn Sie die Mitglieder der Staatsschulden ⸗Kommission auf die Akten verweisen, so wird sich muth⸗ maßlich ergeben, daß eben Akten darüber nicht existiren, wenigstens ist das die Auskunft, die mir von einem Mitgliede der Hauptverwaltung der Staatsschulden in Beziehung hierauf ertheilt worden ist.

Ich möchte aber, indem ich im Uebrigen die Darlegung in dieser Hinsicht den betreffenden Herren überlasse, nur eine Bitte aussprechen: daß man doch nicht ohne Noth die treue Pflichterfüllung der Beamten, die bei der Hauptverwaltung der Staatsschulden den ihnen zugewiesenen Wirkungskreis wahrzunehmen haben, anfechten möchte. Wir haben in dem allgemeinen und, wie ich glaube, gerechtfertigten Zutrauen, welches diese Behörden genießen, einen Besitz, den wir nicht unterschätzen sollten. Gehen wir doch bei allen Fragen von dem Einen aus, daß doch die Hauptfrage sein muß: wie wahren wir das Interesse des Landes? und wenn Sie hier den Nachweis führen könnten, daß der Minister durch diese Maßregel das Land wissentlich geschädigt hat, so würde ich der Erste sein, der auf Ihre Seite träte.

Ich weiß nun kaum, ob ich in dieser Frage noch einen Punkt berühren soll, der diese Regreßpflichtigkeit, die in Aussicht genommen zu sein scheint, wesentlich alteriren ivürde. Ich schicke voraus, allen Herren ist bekannt, daß die Vorlagen, die gemacht sind, ohne meine Zuziehung gemacht worden sind, und ich will nicht leugnen, daß, wenn ich in dem Falle gewesen wäre, diese Vorlage meinerseits zu machen, manches anders hingestellt worden wäre, als es geschehen ist. Dahin rechne ich auch die ganz eigenthümliche Behandlung dieses Falles der 24 Millionen.

. Der Herr Referent hat Ihnen bereits mitgetheilt, daß die 24 Millionen Thaler veräußert worden sind zu dem Preise von 93 pCt., unter Bewilligung einer Provpision von 4 pCt., alfo mit anderen Worten: zu dem Preise von 93 pCt. Diese Summe, wie sich Jeder rasch ausrechnen kann 24 Millionen Thaler, 100 zu 937 ergiebt richtig gerechnet den Betrag von 22,380 000 Thlr. Trotzdem ist in der Denkschrift der Regierung, wo man sich dessen anscheinend gar nicht bewußt gewesen ist, daß diese Angelegenheit nachträglich einem so sehr energischen Angriff begegnen würde, der Betrag der Anleihe angegeben auf 22 Millionen 7 Hundert und einige Tau—= send Thaler. Diese Summe ist in ihrer Weise ganz exakt: sie enthält außer dem Erlös die aufgelaufenen Zinsen, die 322, 900 Thaler und etwas darüber ausgemacht haben. In der Budgetkommission ist auch Niemand auf diesen Punkt verfallen. Das liegt doch auf der Hand: von den 720,000 Thalern hätten Sie zunächst diese 322,000 Thaler unbedingt abzurechnen. Sie würden nach strenger Rechnung sich heut sagen müssen: das Kapital, welches noch disponibel ist für Eifenbahn« bauten, ist um 322000 Thaler zu hoch angegeben, und die Zinsüber— schreitung; die der Staat in jenem Titel liquidirt hat, ist auch um 322000 Thaler zu hoch angegeben. Ich weiß nicht, ob ich mich damit verständlich gemacht habe.

Die Sache ist, glaube ich, an sich unbestreitbar; Sie mögen auch daraus entnehmen, in welchem guten Glauben die Finanzverwaltung diese Angelegenheit aufgefaßt hat, daß sie hier, wie in allen anderen Stadien, die Sachlage üngeschminkt dargelegt hat, und daß sie geglaubt hat, darauf zählen zu dürfen, für eine an sich zweckmäßige, mit den formellen Bestimmungen des Gesetzes nicht im Einklang stehende Disposition, die aber durch die nachträgliche Genehmigung des Landtags sofort geheilt werden kann, diese Genehmigung auch wirklich zu erhalten, und ich möchte Sie auch heute noch bitten, diese Zustimmung in der That zu ertheilen. Ich möchte Sie namentlich bitten, wenn es nach her darauf ankommt, die Deckungsmittel festzustellen für die Berichti= gung des Defizits, doch nicht zu vergessen, daß das Defizit der Ver—= gangenheit angehört, und daß die gegenwärtige Verwaltung, selbst wenn letztere ganz von den weitgehendsten Anschauungen sich durch= dringen ließe, die hier wohl Ausdruck gefunden haben, doch jedenfalls nicht in der Lage sein würde das Geld sofort zur Kasse zu schaffen, und daß Sie nun also nicht dem gegenwärtigen Finanz- Minister zu— muthen, mit dieser unausgefüllten Lücke fortwirthschaften zu sollen. Es scheint mir das, meine Herren, kein richtiges Verhältniß zu sein; es scheint mir, daß ihm damit große Schwierigkeiten ohne Noth be—⸗ reitet würden: und wenn ich nun wiederholt die Ansicht vertrete, daß die Maßregel meines Amtsvorgängers dem Lande einen wirklichen

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