1870 / 61 p. 10 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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mebrt haben, fast vollständig bei Seite gesetzt und sich lediglich 2 . und Kritik der neueren preußischen Gesetz⸗ gebung, so wie der Ergebnisse der Rechtsprechung des Bber⸗Tribunals beschränkt. Inzwischen aber hatte jene Be⸗ wegung auf dem Gebiete des gemeinen Rechts, zum Theil ge⸗ nährt durch die Schöpfung neuer gemeinsamer Gesetzbücher und durch weitere gesetzgeberische Pläne, in das preußische Recht hin⸗ übergegriffen. Die Wissenschaft des gemeinen Rechts und die des preußischen Rechts standen sich nicht mehr so fremd gegen⸗ über, als vor 20 und 30 Jahren. Zum Theil Kochs eigenes Verdienst, zum Theil das des Herausgebers der »Beiträge zur Erläuterung des preußischen Rechts« (Hr. Gruchot in Hamm) und anderer preußischer Juristen war es, daß sich ein innigeres Verhältniß entsponnen hätte, welches dringend mahnte, auf der von Jenem eröffneten Bahn fortzuschreiten.

Besondere Ziele verfolgt das noch unvollendete Werk von Heydemann , eine Erweiterung des von demselben im J. 1851 herausgegebenen »Systenis des Preußischen Ciyil— rechts im Grundrisse'. Aus einer reichen akademischen Er⸗ fahrung hervorgegangen, hat dasselbe namentlich den Lern⸗ zweck für die jüngere Generation der Praktiker im Auge. Der enge Anschluß an das landrechtliche Syst em soll nicht zu bloßen Rubriken des Inhalts oder zu einem dürren Schema für den Schulgebrauch führen, sondern zur Rekonstruktion des Gesetzbuchs von Innen heraus und dadurch ganz besonders zur Lösung der dogmatischen Schwierigkeiten behülflich sein. In diefer Richtung leistet das Werk in der That sehr erhebliche Dienste. Wer sich mit dem eigenthümlichen Geiste des Allge⸗ meinen Landrechts vertraut machen will, dürfte kaum ein besse⸗ res Hülfsmittel finden. Ausgiebig benutzt ist namentlich die Recht sprechung, welcher Heydemann geradezu rechtsbildende Bedeutung einräumt. Sehr beschränkt dagegen ist die Zahl der allegirten gemeinrechtlichen und preußischen Schriftstelller, wäh⸗ rend andererseits durch Parallelstellen aus dem Code Nabolëon und dem Oesterreichischen Civilgesetzbuche der Gesichtskreis des Studiums erweitert wird.

Die Einleitung verbreitet sich über Inhalt, Tendenz und Plan der Vorlesungen über Preußisches Landrecht, ferner über die Geschichte der preußischen Kodifikation, Quellen und Lite⸗ ratur und schließt mit einer gediegenen Abhandlung über das System des Allgem. Landrechts, dessen Bedeutung für die

iums Heydemann vielleicht überschätzt. Methode des Studiums, Heydem mr , u . ef islirender,

xegetischer Form, sondern mit eigener, obschon aug! . buche geschöpfter Systematikt er , ge enn, k rechtlichen Titel und Abschnitte. Ausführlich behandelt ist das

Publikationspatent und die Einleitun S. 68 - 12 ĩ 3 der allgemeine Theil (Theil 8 6 1 e g, , . erste Band abschließt. In der Vorrede erklärt dies der

erf. aus der »überaus abstrakten und mageren Beschaffenheit der allgemeinen Lehren unseres Gesetzbuchs, welche konkreter ge⸗ staltet und gleichsam mit Fleisch uͤnd Blut versehen werden , . Von dem besonderen Theil, den der Verf. mit Rück⸗ sicht auf die große konkrete Ausführlichkeit des Gesetzbuchs selbst auf diesem Gebiete mit 2 Hauptabschnitten (Vermö ensrecht Jamilien- und Erbrecht) in einen verhallen , engeren Umfang zusammenzudrängen beabsichtigt, ist erst eine den

neunten Titel ersten Theils des Allgem. Landrechts (mit Aus.

,. erbrechtlichen achten Abschnitts) behandelnde Lieferung

In einem besonderen Nachtrage am Ende d ; es Werks verspricht der Verf. die neueren gesetzlichen ,, . richterlichen Entscheidungen und literarischen Erscheinungen I fan ner zustelfn, welche er bei dem allmählichen FJortschreůen rbeit nicht an den geeigneten Stellen zu benutzen ver—

mochte. Das, was Koch (Privatrecht J. §. 17 28 on von d ö,, zaftlichen Behandlung des einheimischen Rechts und als Leitfaden für die eigene Thätkakent un ech gilt in noch höherem Ma igtei Borzügliches leiste, . , , , n . dem Werke in seiner vorliegen!

Mur im Allgemeinen der Tenden na

die Art und. Weise der Aus führunn . 16 . J hend besprochenen ein bereits vollendetes Werk nahe, das »sSystem des preußischen Civilrechts« des veremigten

n. Einleitung in das System des Preußischen Civi

vil n. Ludwig Eduard Heydemann, Königl. . eh! uf . n , d. Rechte in Berlin. Zweite, völlig umgearbétele Auflage . run drisses. J. Bd. Leipzig s86I. II. Bd J. Lieferung. Leipzig

von Daniels). Dasselbe hat seine Vorläufer in einem bereitz 1851 erschienenen Werke desselben *), welches der Verfasser zur Grundlage seiner Vorlesungen bestinimte, in dem er sich vorbehiel, mündlich »die tiefere Begründung, die Erörterung von Streit fragen und die Vergleichung mit den entsprechenden Grund sätzen des römischen wie des eigenthümlichen deutschen Rechte. zu geben.

Auch in der Vorrede zu der neuen Bearbeitung kehrt die Beziehung zu der Lehrthätigkeit des Verfassers wieder, Sein Be⸗ streben war, »eine einfache, faßliche und vollständige Darstellun des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts in der Eigen. thünlichkeit zu geben, in welcher sich dasselbe auf der Grund läge des allgemeinen Landrechts durch die Fortschritte der Geseh gebung und der Rechtsprechung entwickelt hat.“ Die Zurück führung der gesetzlichen Bestimmungen auf ihre geschichtlichen und theoretischen Grundlagen« behielt der Verfasser dagegen seinen Vorlesungen vor, hoffte jedoch gleichzeitig, »daß die neue gedrängte Darstellung des seitdem (dem Erscheinen der 1. Auf. des älteren Werkes) wesentlich modisizirten Rechts als Hülfe mittel fur das Selbststudium auch über den Kreis seiner Zu— hörer hinaus nicht unwillkommen sein werde..

Das System ist ein dem Verfasser eigenthümliches. Nach einer »allgemeinen Geschichte der preußischen Rechtsentwickelung, welche über die Redaktionsgeschichte des Allg. Landrechts und die spätere Entwickelung schätzenswerthe genaue Notizen giebt, wird in der »Einleitung« noch die Lehre von den Rechts. quellen in gedrängter Weise dargestellt. Der Körper des Werks selbst zerfällt in 3 Theile: 1) »Allgemeine Bestimmun⸗ gen«; Y) »Personenrecht«; 3) Vermögensrecht . .

Wäs die Ausfüllung des Rahmens anlangt, so gieht der Verfasser, abgesehen von einzelnen gehaltvollen Exkursen (. B. über causa I. S. 203, titulus und modus J. S. 135 u. s. w., im Ganzen nur den Inhalt des Allgemeinen Land= rechts (unter genauer Allegirung) paraphrasirend wieder. Die neuere Gesetzgebung ist vollstaͤndig verarbeitet. Von den Obertribunals⸗Entscheidungen sind die wichtigsten annotirt. Eben so finden sich durchgehend Verweisungen auf die gangbaren Pandektenkompendien, sowie auf die Lehrbücher von Bornemann und Koch, aber auch zahlreiche Spuren einer Berücksichtigung der neueren in Monographien und Zeitschriften zerstreuten Ar. beiten über preußisches Recht.

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Das Berliner Rathhaus.

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Am 28. Dezember 1869 besichtigten re Majestäter der König und die Königin das neue . ier, zu welchem in Allerhöchstderen Gegenwart am 11. Jun 166 der Grundstein gelegt worden war.“ Am 6. Januar d. J. hielt die Stadtverordneten. Versammiung ihre erste Sitzung in den neuen Räumen. Damit ist der monumentale Bau, wenngleich noch nicht ganz vollendet, doch zu einem Abschluß gelangt, welcher einen Ueberblick über denselben gestattet. Bevor wir das neue Gebäude beschreiben, fassen wir die Geschichte der J ö kurz zusammen. *)

. eerste Nathhaus zu Berlin stand vermuthli dem ältesten Platze Berlins, dem Molkenmarkt, auf , ö noch im 14. Jahrhundert das Symbol der städtischen Gerichts. barkeit, die Rolandssäule, erhalten hatte. Als die rasche Er— weiterung der Stadt nach Norden hin den Mittelpunkt derselben ö und die Anlegung eines zweiten Markts, des Reuen 5 nothwendig gemacht hatte, erfolgte um das Jahr

0 auch die Verlegung des Rathhauses nach Norden 53 zwar nach der Ecke der Spandower⸗ und der Oder. 3. (jetzigen Königs-) Straße. Das hier erbaute Rathhaus estand aus einem fast quadratischen Vorbau und einem sich anschließenden oblongen, größeren Bau, und lag auf einem freien Platz, dem Krautmarkt, der erst später durch den Anbau zweier Flügel, in der Spandower⸗ und der Königsstraße, ver— ,. ist. Jener quadratische Vorbau war die Laube (lo— bium), der Schöffenstuhl, eine nach drei Seiten offene Halle, in welcher das Schöffengericht der Stadt öffentlich gehegt und vor welcher die Bürgergemeinde von dem in der Laube ver⸗

) System des Preuß. Civilrechts . Ober⸗Tribunalsrath 6

. . 34 Daniels, . essor Ber. 6c. Witaö. Vuchhand tamgn e he or der Rechte. 2 Bde B v. D Aehrbuch des gemeinen preußischen Privatrechts von Dr. A. 9 n n. König!; Geheimen Ober Revisions. Rath u. Professor der ., . , , entschrift zur Grundsteinlegung für das Rath⸗

haus ain 11. Juni 186 „Das Berliner j. helle 186.

sammellen Rath über wichtige Angelegenheiten der Stadt befragt und ihr Rechenschaft über die Verwaltung ertheilt wurde. Diese halle ist mit vier Kreuzgewölben bedeckt, deren alterthümlich viereckigen, in der Mitte flach abgeschrägten Rippen von einer runden Mittelsäule mit Sandstein-Kapitäl getragen werden. Die Gewölbe sind ohne Busen und schlank emporsteigend, aufge— mauert, ihre Gurten und Rippen zeigen das gleiche Profil, ihre Schlußsteine und Konsolen sind . und einfach ge⸗ zeichnet. Alle Formen haben große Aehnlichkeit mit denen der Gewölbe in der Krypta des brandenburger Doms, welche aus den letzten Jahren des 13 Jahrhunderts stammt. Von be— sonderem kunsthistorischen Interesse ist neben den Resten der altgothischen Baukunst, welche in der Laube erhalten sind, das bereits erwähnte Sandsteinkapitäl der Mittelsäule. Dasselbe ist mit Reliefskulpturen, zu welchem die Thierfabel den Stoff . hat, reich geschmückt. Leider ist ein Drittel der Bildwerke in späterer Zeit abgemeißelt worden; der noch vorhandene Theil zeigt in derber, kräftiger Arbeit einen Affen, welcher ein Blatt von einem Baume reißt, zwei Schweine unter einer Eiche, einen Raubvogel, der in den Fängen einen Knochen hält und zwei Vogelgestalten mit mensch— ichn Köpfen. Die Behandlung des Ornaments, besonders in den Blattformen, erinnert an die romanischen Details vom Ende des zwölften Jahrhunderts, wie solche zahlreich in Nie— dersachsen vorkommen. An dem südwestlichen Eckstrebepfeiler der Halle war außen das Prangerbild, der Knaak, mit dem halseisen eingemauert.

Ueber der offenen Laube befand sich der Rathsstuhl, in welchem der Rath seine Sitzungen hielt. Die Treppe zu dem— selben war in dem anschließenden oblongen Gebäude angebracht, welches als Kaufhaus und Festsgal diente, dessen ursprüngliche un aber durch spätere Umbauten ganz unkenntlich ge— worden ist.

Unter beiden Gebäuden befanden sich geräumige, trefflich überwölbte Kelleranlagen von 12 Jochen, welche unter den Vorbau mit sehr starken Pfeilern und schmalen, gangartigen Nischen endigten.

In Folge der Vereinigung der Städte Berlin und Köln im Jahre 1307 wurde ein neues gemeinsames Rathhaus bei der Brücke (der heutigen Kurfürstenbrücke), welche die beiden Städte nunmehr verband, auf Pfählen in der Spree erbaut.

yIndessen blieb das Berliner Rathhaus neben dem neuen in

Benutzung, bis es bei dem großen Brande am 10. August lzz0, welcher auch die Nikolai- und die Marienkirche ein— ischerte, ein Raub der Flammen wurde. Der Wiederaufbau folgte zwar in größeren Dimensionen, aber weder in künst— lerisch reich gestalteter Weise, noch wegen der schweren Verluste, velche die Stadt durch jene Feuersbrunst erlitten hatte, in ge— dieener Ausführung. Neben der Laube, nach der Königs— staße zu, wurde ein zur Aufnahme der Stadtuhr bestimmker Seigerthurm errichtet, welcher die Laube nach der Königsstraße hin verbaute, so daß die Halle nur noch zwei Zugänge von der Spandower Straße her behielt. Gleichzeitig scheint an der Hinterfront des Kaufhauses parallel mit der Königsstraße ein scmaler Flügel angebaut worden zu sein.

„Als im Jahre 1442 die gemeinschaftliche Stadtverwaltung swischen Berlin und Cöln wieder aufgehoben wurde, genügte auch das erweiterte Berliner Rathhaus dem Bedürfniß nicht mehr. Der Rath erwarb daher ein in der Nähe desselben befindliches Gebäude der Spandower Straße, die »Stadtschreibereié, welches mit dem Rathhause zusammengebaut wurde.

Ein zweiter Brand, welcher das Rathhaus im Jahre 1484 haf, hatte einen neuen Um- und Erweiterungsbau zur Folge. Wahrscheinlich wurde damals in der Front der Koͤnigsstraße in langes, schmales, zweistöckiges Gebäude errichtet, dessen un⸗ krster Raum (der Krautgarten) zum strengen Gefängniß für Verbrecher diente. Der Seigerthurm und der Rathsstühl wur— den bei dieser Gelegenheit einer gründlichen Reparatur unter⸗ porfen. Der Rathsstuhl wurde gleich der unter ihm belegenen laube gewölbt: auf dem Rundpfeiler der letzten ward eine schön gearbeitete Sandsteinsäule mit korinthischem Kapitäl und reich ver⸗ sertem Friese errichtet, welche die leicht und gefällig konstruirten vier sreuzgewölbe der Decke trug. Zierliche Laubgewinde in edleren

enaissanceformen schmücken den Fries, welcher an herabhän— nden Geschmeidestücken die Wappen berliner Patrizier, die Jahreszahl 1555 und den Spruch trägt: »Selig sind die Fried⸗— ertigen, denn fie werden Gotteskinder heißen.! Die Aehnlich— leit, welcher dieser Theil des Rathhauses mit einzelnen Archi— iekturen im Königlichen Schlosse und im Jagdschloß Grune— ld zeigt, lassen vermuthen, daß Caspar Theiß, der Baumeister Kurfürsten Joachim II., auch den Umbau des Rathsstuhls ausgeführt hat.

In dieselbe Zeit fällt auch die vollständige Vermauerung

ler Gerichtslaube, welche seit Einführung des römischen Rechts

nicht mehr benutzt wurde. Der Raum wurde der Mittel— märkischen Städtekasse überlassen. Für das Nothgeding bestand das Schöffengericht (bis 1737) zwar noch fort, die Schöffen— bänke wurden aber außerhalb des Rathhauses aufgestellt. Am 7. November 1581 wurde das Rathhaus abermals ein Raub der Flammen, die nur die Städtekasse (Laube) und den Rathsstuhl verschonten. Die Wiederherstellung erfolgte bis zum Jahre 1684 mit großer Sparsamkeit, ohne wesentliche Aenderung der Disposition. Nur wurde auf Feuersicherheit Bedacht genommen.

Im Jahre 1695 erhielt der Rathhausbau durch Vollendung eines drei Stock hohen Massivbaues in der Spandower Straße, welcher an die Stelle der Stadtschreiberei und der dieselbe mit dem Rathhause verbindenden Baulichkeiten trat, im Wesent— lichen seinen Abschluß. Den Entwurf zu diesem Bau hatte der Ober⸗-Baudirektor Nehring schon im J. 1685 angefertigt. Die ausdrucksvolle und geschmackvolle Fagade zeigte Motive, in welchen Nehring und später Schlüter sich öfters bewegt haben. Das großgequaderte Erdgeschoß erinnerte in seiner Gliederung an den allerdings monumentaleren und reicheren Unterbau des Zeughauses. Wie bei diesem waren auch die Schlußsteine der Fensteröffnungen in dem neuen Rathhausflügel mit Köpfen geschmückt, und da Schlüter seit 1691 in Berlin anwesend war, so ist zu vermuthen, daß diese Köpfe nach seinen Modellen an— gefertigt sind, wenn sie nicht gar die Erstlingsarbeit des Meisters waren.

Die Rathsstube wurde Ende 1695 in den neuen Flügel verlegt und die bisherige Rathsstube über der Laube dem Stadt— gericht überwiesen. Die Gefängnisse übersiedelten nach dem Kalandshof.

Die äußere, zusammenhanglose Gestaltung, welche das Rath⸗ haus durch die vorerwähnten Bauten erhalten hatte, behielt es bis zum Jahre 1819 bei. In jenem Jahre wurde der bau— fällige Thurm, zu dessen Wiederherstellung die Mittel fehlten, bis auf den Unterbau abgetragen. Durch diese Veränderung trat die Unregelmäßigkeit des ganzen Baues so grell hervor, daß die Entfernung des Thurm⸗Unterbaues, durch welche König Friedrich Wilhelm IV. nach der Krönung in Königsberg bei Allerhöchstseinem Einzuge in Berlin, am 21. September 1840, überrascht wurde, eine wesentliche Verschönerung des Gebäudes war.

Als in Folge des durch den erweiterten Verkehr hervorgerufenen Bedürfnisses der Neubau des Rathhauses im J. 1856 beschlossen und der Ankauf des ganzen Häuserviertels zwischen der Königs- Jüdenstraße, der Nagelgasse und der Spandowerstraße für die Baustellen ausgeführt war, wurde für die Entwerfung der Baupläne eine Konkurrenz ausgeschrieben, in Folge deren 18 Entwürfe eingingen, welche in der Zeit vom 14. bis 22. Mai 1858 in der Königlichen Akademie öffentlich ausgestellt wurden. Die Königliche technische Baudeputation, welche das Preis richteramt übernommen hatte, erkannte den ersten Preis für den Plan mit Läden dem Professor Schmidt zu Mailand und dem Baumeister Strauch, den zweiten dem Baurath Knoblauch, den dritten dem Architekten Klingenberg in Bremen zu. Von den Entwürfen ohne Kaufläden wurden die des Baumeisters Adler, des Professor Nicolay in Dres⸗ den und des Bau-Inspektor Cremer prämiirt. Bei der Be⸗ rathung über die Ausführung des Baues gingen die Kommunal⸗ behörden von der Einrichtung von Kaufläden im Rathhause ab und beschlossen, daß sämmtliche Konkurrenzpläne, die bei allem künstlerischen Werth doch den praktischen Bedürfnissen der Verwaltung nicht genügten, dem für die Ausführung des Baues zu wählenden Baumeister übergeben werden sollten, um mit Benutzung desselben ein neues Projekt auszuarbeiten. Die Wahl des ausführenden Technikers fiel auf den Baumeister

Wäsemann, welcher im Mai 1869 engagirt wurde und schon

am 1. November desselben Jahres die neuen Baupläne zur Genehmigung vorlegte. Da sie im Allgemeinen dem Bedürf⸗ niß entsprachen, so wurde ihre Ausführung vorbehaltlich der Entschließung über die Fagade genehmigt und mit Frei— legung der Baustellen in der Jüdenstraße am 1. April 1860 begonnen. Inzwischen war ein Gipsmodell des projektirten Gebäudes vollendet worden, welches in den Räumen der Königlichen Akademie vom 17. bis 30. April 1860 öffentlich ausgestellt wurde. Mit Rücksicht auf den durch Häuser einge⸗ schlossenen Bauplatz und die für den Beschauer fehlende Per⸗ spektiwe waren für den Bau in der Hauptfronte zwei Eckthürme projektirt. Die Bedenken, welche gegen diesen Plan erhoben wurden, veranlaßten die Kommunalbehörden, schon während der Ausstellung des Modells auf die Beseitigung der Ursachen Be— dacht zu nehmen, welche bei der Wahl der Fagade entscheidend gewesen waren. Durch den Ankauf der Grundstücke auf der Südseite der Nagelgasse und der angrenzenden Räumlichkeiten der Jüden⸗ und der Spandowerstraße gelang es, so viel Raum zu gewinnen, daß das Rathhaus in seiner Front freigelegt und