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man erkannte, daß nicht möglichst fern liegende Stoffe, sondern das buntbewegte, volle Yer n dcr der Inhalt des Dramas sein müsse, es bildete sich die roniantische Schule, deren Haupt Victor Hugo war. Neben ihm ist Eg siimir Delabigne zu nennen, dessen beste dramatische Arbeit L G6cole ges vieillards« wir jüngst durch die französische Gesellschaft aufgeführt sahen. Von ihn gilt, was Lessing einmal von sich selbst sagte: ich bin kein Dichter, aber ich kenne; die Regeln der Dichtkunst und vermag deshalb ein gutes Stück zu schrei⸗ ben.“ Delavigne ahmt vortrefflich nach, erst die Klarsker, dann die Romantiker, er weiß in schönen Versen geistvohl, nicht aber dramatisch zu schreiben.
Die Herrschaft der Romantiker auf der Bühne war kurz; 1829 jauchzte man »Hernani« zu, und 1843 wurde mit der Aufführung der »Burgraves« der letzte Versuch gemacht, die romantische Schule auf der Bühne zu erhalten. Er schlug fehl.
Kurz vorher hatte man, durch ein äußeres Moment ver⸗ anlaßt, das Interesse wieder der klassischen Tragödie zugtwen— det. Die begabte Schauspielerin Rachel brachte es zuwege, daß Corneille und Racine neu in Scene gingen; aber man wollte für die neue Künstlerin auch einen neuen Dichter und glaubte ihn in Pon sard gefunden zu haben, der nach der Aufführung seiner Tuüucrece« in demselben Jahre als Haupt einer neuen Schule, der »„6cole du hon sens« begrüßt wurde, als Hugo's . Herrschaft auf der Bühne ihr Ende erreicht hatte. Seine späte⸗ . ren Leistungen rechtfertigten die Hoffnungen nicht, welche man
auf ihn setzte. Er griff zu einem romantischen Stoffe zurück, H aber ohne Erfolg, bis er im Gebiet der Sittenkomödie, durch H das Stück »I Bourse« wieder Anklang und Anhang fand. ö Zuerst im Geiste der romantischen Schule, dann aber zur Periode der Restauration überleitend, erschien im Jahre 1829 A. Dumas auf der Bühne, auf welcher er mit größter Ge⸗ wandtheit einhergeht. Er weiß aus kleinen Motiven schein bar Bedeutendes zu gestalten, er zeigt Leidenschaftlichkeit ohne ideale Tendenz; die Triebfäden seiner Personen sind überwiegend sinnlicher, weniger geistiger Art. Aber der Dialog ist gewandt und glänzend, und so ist es erklärlich, daß sein Lustspiel Les demoiselles de St. Cyr« von der französischen Gesellschaft mit vielem Beifall gegeben wird.
Der fruchtbarste und geschickteste Dramatiker während und nach der Restauration ist Eugsne Seribe. Wie Beau⸗ marchais und Molisre vertrat er die Durchschnittsanschauungen seiner Mitbürger auf der Bühne, fügen wir hinzu, der wohlhabenden Mittelklasse, der Financiers. Er weiß aufs Angenehmste zu unterhalten, ohne irgendwie tief in den Gegenstand sich zu ver⸗ senken, er schürzt und löst die Knoten mit größter Leichtigkeit, ja er löst oft nur die Verwickelungen, um ste sofort noch kom⸗ plizirter eintreten zu lassen. Wir sahen früher im Saaltheater von ihm »lͤe verre d'sau«, la camaraderie« und „Valqrie«, in diesem Winter nur das einaktige Stück »1les premieres amours«. Das erstgenannte Lustspiel hat ihm in Deutschland den meisten Beifall erworben, aber auch gleichzeitig den ent⸗ schiedensten Tadel hervorgerufen. Das zweite der genannten Stücke ist eines derjenigen, welches sich scharf gegen die Unlau— terkeit in dem Treiben derer richtet, die auf der Jagd nach dem Glück sich aller erdenklichen Intriguen bedienen, ohne eigenen Werth oder persönliches Verdienst zu ihren Gunsten sprechen lassen zu können. Scribe giebt hier, wie gleicherweise in dem ersten Stücke, welches 1827 von ihm auf dem théätre frangais gegeben wurde, Ale mariage d'argent«, eine lebendige und scharfe Charakteristik der Geselischaftsschicht, in welcher er lebte und für die er vorzugsweise schrieb. »Valsrie« zeichnet mit Vorliebe eine innige, reine Frauennatur, die in so vielen seiner Vaudevilles uns wieder entgegentritt, wie beispielsweise in dem in dieser Saison wiederholt aufgeführten Vaudeville les premieres amours«, wo Emmeline in so kindlicher Naivetät erscheint, wie sie die späteren Lustspieldichter kaum kennen. Wie den Frauen, so wendet er auch den Soldaten seine Vorliebe zu. Wenn Seribe auch nicht aus der Tiefe schöpft, und es sich oft gar zu leicht mit der Anlage und Durchführung macht — das Verdienst muß ihm zuerkannt wer⸗ den, ein getreues und farbenreiches Bild seiner Zeit geliefert zu haben. »In seinen Formen und Stoffen“, sagt ulian Schmidt von ihm, „bewegen sich sämmtliche Lustspieldichter des heutigen Frankreichs; keiner bietet etwas Neues, und die Kritik müßte sich beständig wiederholen.
Der Ausspruch bedarf einer Modifikation, indem durch A. Du mas fils allerdings eine neue Schule gebildet wurde, welche mit des Genannten Diane de Lys in die Erscheinung trat und in der dame aux camélias im Jahre 1855 die größten Erfolge auf der Bühne errang. Mit desselben Verfassers „Demi-
monde“ machte Mr. Luguet bereits vor einigen Jahren das Publikum des hiesigen französischen Theaters bekannt. In den genannten Bühnenstücken wird der Materialismus aus dem
realen Leben auf die Scene gebracht, wie Dumas fils dat selbst zugiebt, indem er saat: »Meine Gestalten sind nicht er.
funden, sondern aus dem Leben genommen«, freilich charactirisiren
diese Sittenbilder nur die Schattenseiten der pariser Gesellschaft.
Die Stücke des jüngeren Dumas, denen sich besonders diejenigen des Barriére als geistes verwandt anschließen, dessen „filiess de marbre« uns gleicherweise früher vorgeführt wurden, scheinen nicht einmal die Epigonen Scribes überdauęgrn zu sollen. Als solche nennen wir Sandeau, Augier, Mélesville — frühere Mitarbeiter Scribes — und Mme. de Girardin, alles Namen,
die auf dem Repertoire unsres französischen Theater vertreten sind. San deau's Marquise de la Seiglisro war es, womit die französische Gesellschaft in diesem Winter debütirte. Der Dichter hat in ganz vortrefflicher Weise
den Konflikt gezeichnet, in welchen der Marquis gerathen mußte, als er mit seinen früheren Anschauungen nach langer Abwesen. heit das ganz neu organisirte Vaterland wieder betrat. Die Frau ists hier, wie auch bei Scribe, welche die edle Rolle der Vermittlerin spielt. Au gier wurde uns in seinem besten Erzeugnisse, dem gendrèe de Mr. Poirier *, wiederholt vorgeführt. Man könnte die Lustspiel ein Seitenstück von Moliéres »George Ondin« nennen, denn er behandelt denselben Gegenstand: die Folgen einer Mißehe. Von Méles ville wurde die Marquise de Seneterre gegeben, ein Stück, welches nicht nur durch die darin auftretende Marion Delorme, sondern auch durch die ganze Faktur auf die Werke des jüngeren Dumas hinweist. — Mme. de Girar din lernten wir in der heiteren comédie „le chabeau d'un horloger«“ und in dem die Mutterliebe verherrlichenden, im besten Sinne Rührstück zu nennenden „la joie fait peurs kennen und schätzen.
Von den neuesten Bühnendichtern wurde uns Octave Feuillet und Victorien Sardou vorgeführt. Ersterer, der Scribe's Platz in der Akademie ersetzte, schildert in der Causerie „le cheveu blanc, welche Mr. Luguet aufführte, die Ver söhnung oder vielmehr das Finden und Erkennen eines entfremdeten Ehepaares der vornehmen Welt und deutet damit an, daß er sich im Gegensatz zu der vorhin erwähnten Richtung befindet, deren Zielpunkt im Drama die Trennung der Ehe ist. Auch Feuil— set's »Montjoie«, von der deutschen Bühne her bekannt, wurde früher schon im Saaltheater von den Franzosen dargestellt. — Sar dou, welcher vor wenigen Monaten in Paris mit seinem neuesten Drama »Patrie« so großen Erfolg hatte, war früher durch seine »bons villagéois«, in diesem Winter durch »nos intimes« auf dem Repertoir des Herrn Luguet vertreten. Er hat die Aehnlichkeit mit Dumas fils, daß er die Stoffe aus der Wirklichkeit nimmt und in oft zu großer Natürlichkeit auf die Bühne bringt; aber er will durch Darstellung des sittlich Häßlichen eine ethische Wirkung hervorbringen. Man erzählt von ihm, daß er überall nach drastischen Scenen aus dem Leben suche, dieselben ausarbeite, sammle und durch Verknüpfung derselben ein Drama bilde. Seine Bühnenwerke haben daher auch sämmtlich lebensvolle Einzelheiten, wenn das Ganze auch nicht gleichmäßig fesselt. .
Neben diesen größeren Werken bringt das französisch Theater Stücke leichten Inhalts, die dem Augenblicke angehören, in dem sie gespielt werden; es sind Schwänke, die keinen Zwelk haben, als Lachen zu erregen, was ihnen bei der gewandten Darstellung, in der sie uns entgegentreten, auch gelingt. Im Allgemeinen darf man behaupten, daß Scribe und seine Nach. folger noch immer die französische Bühne beherrschen. J.
Vierteljahrs⸗Hefte des Königlich Preu ßischen Stants-Anzeigers. Zweiter Jahrgang. Viertes Heft: Okt, ber, November, Dezember. 1869. Berlin. Druck und Verlag det Königlichen Geheimen Ober⸗-Hofbuchdruckerei (R. v. Decker).
Die Vierteljahrs⸗Hefte des Königlich Preußischen Staat Anzeigers erscheinen am Schlusse jedes Quartals und enthalten sämmtliche in den »Besonderen Beilagen« des Staats ⸗Anzeigers hublizirten Artikei. Dieselben sind durch alle Post-Anstalke⸗ und Buchhandlungen für den Preis von 73 Sgr. vierteljckhrlic zu beziehen.
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Königlich Preußischer
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6 62.
Berlin, Montag den 14. Maͤrz Abends
1870.
1 —
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
rer Königlichen Hoheit der Großherzogin von 6 z nburg⸗Schwerin den Luisen⸗Orden erster Abtheilung
n verleihen.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Den ordentlichen Professor der Rechte Dr. Roderich von stintzing in Erlangen unter Verleihung des Charakters als hcheimer Justiz⸗Rath zum ordentlichen Professor in der juristi- ten Fakültät der Universität zu Bonn zu ernennen und dem szentlichen Professor in derselben Fakultät Dr. HugoHaelsch⸗ jer, den Charakter als Geheimer Justiz-⸗Rath zu verleihen, Den Staatsanwalts⸗Gehülfen Blumenthal in Schweidnitz üm Staatsanwalt in Frankenstein zu ernennen; und Dem Bau⸗Inspektor Reißert zu Erfurt den Charakter 6 Bau⸗Rath; sowie ; Den Photolithographen Gebrüdern Michael Friedrich
bilhelm und Adolph Otto Friedrich Ernst Burchard serselbst das Prädikat Königlicher Hof ⸗Steindrucker zu verleihen.
ertrag zwischen Preußen und Bremen wegen einer Erweiterung . des Bremerhaven ⸗Distrikts. Vom 8. Dezember 1869. . Nachdem die Königlich preußische Staatsregierung, um der frelen che Bremen die Erweiterung und Vervollkommnung der fen und Berkehrsanstalten zu Bremerhaven h ermöglichen, auf ön Antrag des bremischen Senats sich bereit erklärt hat, die früher ü Befestigungszwecken vorbehaltenen, von dem Bremerhaven⸗Distrikt ingeschlossenen, resp. ihm benachbarten Grundflächen des Forts Wil⸗ um, der Wefer-Hauptbatterie und des projektirt gewesenen Block= huses, welche durch die eingetretene Entfestigung Bremerhavens für stifikationszwecke entbehrlich geworden sind, dem Bremerhaven ditrikte anzuschließen und zugleich dem letzteren Einhundertvierund— pbanzig Morgen von der an seiner nordwestlichen Grenze, theils binnen deichs, theils außen Deichs belegenen unbewohnten Niederung zuzu— tzen, so sind zur Feststellung der zu diesem Behufe erforderlichen ver⸗ agömäßigen Bestimmungen zu Bevollmächtigten ernannt worden; von Sr. Majestät dem Könige von Preußen: Allerhöchstihr Geheimer Legations Rath Paul Ludwig Wilhelm Jordan; von dem Senat der freien Hansestadt Brem enz der Ministerresident der freien Hansestädte am Königlich preußischen ofe, Dr. jur. Friedrich Krüger,
peche unter Vorbehalt der Ratifikation die nachstehenden Bestim— chen vereinbart haben. .
rt. J. Die im Artikel II. bezeichneten, innerhalb des Bremer kden⸗Distrikts und respektive unmittelbar an dessen Grenze belegenen hrundflächen werden von der Krone Preußen zum Zwecke der Er— weiterung des Bremerhaven ⸗Distrikts unter . Bedingungen, pie sie in dem Staatsvertrage zwischen der Krone Hannover und der
sttien Hansestadt Bremen vom 11. Januar 1827 rücksichtlich des ur— prünglichen Bremerhaven ⸗Distrikts festgestellt worden sind, der freien
fansestadt Bremen abgetreten, wobei es sich von selbst versteht, daß ssesenigen Abänderungen, welche die gedachten Bedingungen durch die Btrfasfung des Norddeutschen Bundes erfahren haben oder ferner snden werden, auch auf die durch gegenwärtigen Vertrag abgetretenen tundflächen volle Anwendung finden.
Art. JI. Demgemäß werden dem Bremerhaven ⸗Distrikte ange⸗ sdlossen: I) das am Vorhafen des alten Hafenhassins belegene im Frivateigenthum der freien Hansestadt Bremen befindliche, 10 Mor— sen 18 Quadratruthen große Terrain, auf welchem das Fort Wil helm errichtet, und welches auf der dem Vertrage beigefügten und bon beiden Bevollmächtigten unterzeichneten Karte A. mit den Buch⸗ hben Aa, Ba, Ba, Ga, Ha, Fa, Va, a, Za bezeichnet ist; ö das an der noͤrdwestlichen Ecke des bisherigen Bremerhaven ⸗Distrikts gen mit den anschließenden Deichparzellen im Privateigenthume der tien Hansestadt Bremen befindliche, 6 Morgen 69a Quadratruthen soß bisher für die sogenannte Weser-Hauptbatterie bestimmt gewesene trrain, wie solches auf der diesem Vertrage beigefügten, gleichfalls von
beiden Bevollmächtigten unterzeichneten Karte B. durch die Linie b. B. X. Y. VI. 2. . F. F,. R. bezeichnet ist; 3) der früher für ein deta— chirtes Blockhaus bestimmt gewesenel im Privateigenthum der freien Hansestadt Bremen befindliche, 97 Quadratruthen große Platz hinter dem bremerhavener Schlafdeiche, welcher auf der Karte B. als Blockhaus ⸗Areal?« bezeichnet ist; 4 das an der Binnenseite des breverhavener Schlafdeichs und der Leher Chaussee belegene, mit der anschließenden Deichstrecke im Privatbesitze der freien Hansestadt Bremen befindliche, 3 Morgen 34335 Quadratruthen große Grund- stück, welches auf der beigefügten Karte B. mit den Buchstaben H. I. k. E. D. bezeichnet ist; 5) das in der Leher Feldmark belegene 120 Morgen große, im Südosten und Osten an den bremerhavener Distrikt, die Weser⸗Hauptbatterie und das Blockhaus ⸗Terrain gren⸗ ende Areal, welches auf der dem Vertrage beigefügten Karte B. mit en Buchstaben Hi. A. W. U. T. S. SI. R. bezeichnet ist.
Art. II. Die neue Landesgrenze wird durch die auf der Karte B. mit den Buchstaben K. E. D. Hi. A. W. U, T. S. SI. bezeichnete Linie gebildet. Dieselbe soll im Laufe des Jahres 1879 durch eine gemeinschaftliche Kommission an Ort und Stelle ausgemessen, beschrie= ben und besteint werden.
Art. IT. Die auf dem abgetretenen Areal ruhenden preußischen Staats- und Hoheitslasten fallen mit der Ueberweisung des Areals an die freie Hansestadt Bremen hinweg.
Die freie Hansestadt Bremen wird als Aequivalent der zur Zeit auf dem abgetretenen Areal ruhenden und demnächst in Wegfall kommenden preußischen Grundsteuer das Fünfundzwanzigfache des Jahresbetrages derselben sofort nach erfolgter Ueberweisung des Areals der Königlich preußischen Regierung auszahlen.
Art. V. Die auf dem abgetretenen Areal ruhenden Gemeinde⸗, Parochial, Schul ⸗, Deich und Entwässerungslasten bleiben auf den verpflichteten Grundstücken nach wie vor haften und werden von der freien Hansestadt Bremen nach den gesetzlichen preußischen Bestimmun⸗ gen getragen, bis wegen deren Ablösung ein Uebereinkommen zwischen der freien Hansestadt Bremen einerseits und den Berechtigten (der politischen Gemeinde, der Kirchen. und Schulgemeinde des Fleckens Lehe, sowie dem Deich! und Sielverbande daselbst) andererseits ge⸗ troffen sein wird.
Zur Erreichung eines desfallsigen angemessenen Uebereinkommens sagt die Königlich preußische Staatsregierung ihre Vermittelung zu.
Falls auf dem einen oder dem anderen der abgetretenen Grund⸗ stücke sonstige dingliche Rechte irgend einer Art ruhen oder vor dem Austausche der Ratifikationen dieses Vertrages darauf radizirt sein sollten, so werden solche, wenn sie etwa nach bremischer Gesetzgebung nicht dieselbe Klagbarkeit haben oder dieselben Vorzugsrechte wie in Preußen genießen, nach preußischem Rechte beurtheilt werden.
Art. VI. In Gemäßheit der diesem Vertrage zum Grunde liegen⸗ den Absicht, das der freien Hansestadt Bremen abzutretende Areal für die allgemeinen Interessen der Schiffahrt und des Handelsperkehrs nutzbar zu machen, verpflichtet sich die freie Hansestadt Bremen, sämmtliche innerhalb der Abtretungsfläche belegene Grundstücke, so—⸗ weit solche nicht schon gegenwärtig in ihrem Privatbesitze sich befinden, binnen Jahresfrist nach dem Austausche der Ratifikationen käuflich zu erwerben. Insoweit solches wider Verhoffen auf dem Wege güt—
licher Einigung nicht gelingen sollte, soll die Erwerbung des Eigen
thums an den betreffenden Grundstücken auf dem Wege der Expro⸗ priation, und zwar nach Wahl der Eigenthümer entweder auf Grund der betreffenden preufischen Gesetzesvorschriften oder auf Grund der bremischen Expropriations-Ordnung vom 14. Juni 1843 erfolgen.
Insbesondere verpflichtet sich die freie Hansestadt Bremen, die in die Abtretungsfläche fallende Strecke des dem Flecken Lehe zugehörigen Weserdeichs mit Binnendeichs. und Außendeichszubehör in der näm⸗ lichen Weise käuflich zu erwerben, wie solches hinsichtlich der in den jetzigen Bremerhaven ⸗Distrikt aufgenommenen Deichstrecke laut dem zwischen der freien Hansestadt Bremen und dem Flecken Lehe unter dem
r . Ye 1852 abgeschlossenen Kaufkontrakte geschehen ist.
„Bis zu der Regelung des Eigenthumsüberganges sollen die Eigen thümer der abgetretenen Grundstücke hinsichtlich ihrer Dispositions-= rechte und hinsichtlich der auf den Grundstücken ruhenden Lasten und Abgaben keinenfalls in eine ungünstigere Lage gerathen, als in welcher sie dor der Abtretung sich befunden haben.
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