1870 / 73 p. 12 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Die Hünengräber in der Provinz Hannover. (Entnommen der Zeitschrift »Haus und Schule «.

Die Lüneburger Haide trägt Gepräge eines durch unterirdische Kräfte gehobenen Meeresbodens an sich. Von Osten nach Westen zieht sich, zwölf Meilen lang und zwei bis drei Meilen breit, ein hoher dürrer Haiderücken, mit feinem sterilen Quarzsande und Granitgrus; langgestreckte, kahle Flächen oder schwache wellenförmige Hügel überall dasselbe düstere Braun, dieselbe schwermüthige Stille. Haide an Haide ilammert sich in den heißen Sand, so weit das Auge reicht; genügsam streckt sie ihr trocknes Zweigwerk auß, das nur einmal, in der Blüthezeit, mit den zart— rothen, dichten Aehrchen die traurige Steppe mit einem lieblich schimmernden Kleide überzieht. Hier und da wandert eine Heerde kleiner schwarzgrauer Schafe mit Hörnern und haariger Wolle, Haidschnucken, die selbst im Winter aus dem Schnee die Haide hervorscharren, wie das Rennthier das Moos. Aber nirgends in dem weiten öden Rund, so fern der Horizont sich zieht, ein Kornfeld in der offenen Haide, nirgends eine fröh— lich belebte Straße, nirgends ein Dorf, dessen schlanker Kirch-

thurm den Wanderer aus der drückenden Einsamkeit in den

Kreis des geselligen Lebens winkt. Doch solchen Anblick

Natur sich noch in ihrer ganzen Ursprünglichkeit offenbart, ent—

behren für den sinnigen Naturfreund des Reizes nicht ganz.

Wo aber, wie namenflich in den tiefer in die Haiderücken ein schneidenden Flußthälern, die obere Sanddecke durch die Gewalt heftig strömender größerer Wassermassen fortgeschwemmt ist, da ist fruchtbarer Untergrund zum Vorschein gekommen, da stehen Lehm und Mergelschichten zu Tage und hier haben sich schoͤn in ältesten Zeiten behäbige Ansiedlungen entwickelt. Selten trifft man hier, wie in der ergiebigeren westfälischen Landschaft, inmitten seines Grundbesitzes den Einzelhof = es sammelte sich vielmehr, schon durch die natürlichen Verhältnisse selber dazu angehalten, die Bevölkerung zu engumzogenen Dörfern, wo der Einzelne neben seinem uͤnmittelbaren Eigen auch sein An— recht erhielt auf die maßlos sich erstreckenden Haiden, die für Heerden und Bienen, zu Streu und Plaggen zur gemeinsamen Rutzung standen. In neuerer Zeit, wo die Gemeinheiten großentheils durch Verkoppelungen und Theilungen an die ein⸗ zelnen Besitzer zu besonderer Verfügung gekommen sind, ist die Kultur in die Einöden mit immer mächtigeren Schritten ge⸗ drungen, nicht nur dehnen sich die Waldungen, zumeist die mit dürrem Boden zufriedene Kiefer, über immer größere Strecken aus, sondern der rastlose Pflug und die emsige Hacke breiten ihre Eroberungen Jahr um Jahr über stetig wachsende Feld—⸗ fluren, und, wo vordem nur magere Haidschnucken spärliche Weide fanden, da verheißen jetzt vieler Orten üppig wogende Saaten gesegnete Ernten.

Mit Recht konnte hervorgehoben werden in Hinsicht auf Hannovers fruchtbare Weser⸗ und Elbmarschen und besonders in Hinsicht auf die Naturschönheiten des Harzes und die blühen⸗ den Gelände seiner Vorberge mit ihren langgestreckten, hochkulti⸗ virten Thälern, daß die Geest, d. h. das sogenannte unfrucht—⸗ bare Land, insbesondere die Lüneburger Haide, noch eine rechte Zukunft hat, und eine um so glänzender, je weniger ihr Wohl⸗ stand von den Elementarereignissen zu fürchten hat, welche in ben Marschen und im Berglande so oft in kurzen Stunden den Wohlstand der Bevölkerung vernichten. Fleiß und Intelligenz sind die Faktoren, die den spröden Boden der Haide den Menschen völlig dienstbar machen werden. Während die ergie⸗ bigeren Gegenden des hannoverschen Landes schon alle in Kultur genommen sind, sind hier dem Thätigen noch viele Landstriche zu lohnender Arbeit offen und es dürfte nur wenige, selbst in dem ödesten Theile der Lüneburger Haide geben, die nicht jenen beiden Faktoren bei redlichem Streben die lohnende Frucht in der einen oder anderen Weise gewährten.

Am hohen Ufer der Böhme, einem Nebenflüßchen der Aller, die unterhalb Verden sich mit der Weser vereinigt, liegt in einer wirklich lieblichen Gegend, das Kirchdorf Fallingbostel mit einem Amtssitz, wo die Dankbarkeit der Amtseingesessenen dem hoch verdienten Ober ⸗Amtmann v. Quintus⸗JIeilius mit seiner Statue im Jahre 1861 ein schönes Denkmal setzte. Noch etwas weiter die Böhme hinauf gestaltet sich die Landschaft zum sogenannten »Paradiese der Haide« von malerischer Schön⸗ heit, üblich liegt Oberndorfmark, eine langgestreckte Ortschaft, und in deren Nähe zwei Höfe, mit der Benennung Südbostel. Gen Osten erhebt sich hier ein allmählich ansteigender Haide⸗ rücken, öde und nur stellenweise mit Kiefern bepflanzt. Meilen⸗ weit streckt sich die Fläche in eintönigem Charakter nach allen Richtungen ohne Spuren menschlicher Ansiedelungen so recht die echte Lüneburger Haide.

Diese Gegend birgt ein Denkmal, das unter den Alter—

in allen landschaftlichen Zügen und sin ihrer geognostischen Beschaffenheit das unverkennbare

bieten nur die entlegensten Gegenden der Lüneburger Haide, und selbst diese, wo die ungezwungene

s thumsfreunden schon Jahrhunderte lang Grenzen Hannovers hinaus hochberühmt hinter Südbostel den spärlich benutzten Weg über den Hath rücken und biegen da, wo die Kiefernpflanzungen mit in letzten verkümmerten Stämmchen sich in die weglose Haide rn lieren, gleichfalls in die Wildniß, so stehen wir plötzlich, n am Saume des Gehölzes, vor einer Felsengruppe, die sich m ihren grauen Massen aus dem düstern Grün der Kiefern win, dersam hervorhebt. Bei näherer Betrachtung entdecken m darin ein förmliches Steinhaus und so, als das Stein, haus bei Fallingbostel (eigentlich Südbostel) ist es i langen Zeiten auch weit und breit unter den Alterthumssn schern nicht nur, sondern auch im Publikum wohl bekannt.

Sieben genau aneinander passende, nach innen glahz Granstblöcke bilden eine oblonge Kammer von 14 Fuß in und 16 Fuß Breite; als Decke ist in einer Höhe von H Fu eine gewaltige Granittafel darüber gelegt, die über 16 zij lang, 15 Fuß breit und mehr oder weniger 2 Fuß dick ist. J der südöstlichen Wand befindet sich ein verhältnißmäßig schmaln Eingang und vor demselben stehen zwei Granitblöcke von 3h Fuß Höhe als Thürpfosten. Es ist ein richtiges kleines Hau aus gewaltigen Felsen zusammengethürmt.

Es ist dies eins jener in der norddeutschen Ebene noch s⸗ häufig vorkommenden Hünengräber, die der Mund des Voll auch Riesengräber, Teufelsaltdre und Hünenkeller nennt ch dem nicht Behausungen für die Lebendigen, sondern Denkmaͤllt

von unsern Altvordern ihren großen Todten errichtet: Todten male aus unvordenklichen Zeiten, worin die Urbewohner unset

Landes uns die Kunde von ihrem Dasein und theilweise aut

ihrer Kultur hinterlassen haben, Alterthumsforschung und aut

Schatzgräberei haben uns den Inhalt derselben vorgezeigt um es kamen nur die spärlichen Reste der hier beigeseßten Leihen zu Tage mit den Beigaben an einfachem Thongeschirr un steinernem Geräth: Messer, Lanzen⸗ und Pfeilspitzen aus Furt stein; Hämmer und Keile von demselben Material, aber aut von Granit, Gneis, Hornblende, Syenit und Basalt; manchetli Schneide⸗, Grab- und Stechwerkzeuge aus Knochen und Horn und zum Schmuck Thierzähne und Stücke oder Perlen von Bernstein Beigaben, dem Todten mitgegeben zu seinen Gebrauche im unbekannten Todtenreiche, oder aus Pietät um Scheu, weil er sie im Leben besonders benutzte. Es sind Pty dukte einer einfachen primitiven Kultur; noch kannte man nicht den Gebrauch und die Verarbeitung der Metalle, mühsan verfertigte man sich das Geräth aus dem zunächstliegendn Material, dem Steine, und einfach formte man das Geschin aus Thon mit der Hand und ließ es an der Sonne oder an offenen Feuer trocknen.

Eben der Charakter der Lüneburger Haide hat es verursach daß hier von solchen Denkmälern eine ziemliche Anzahl sich not erhalten hat. Sie sind aus jenen, theilweise ungeheuren errah schen Blöcken errichtet, die wir über die ganze norddeutsche Eben und über die benachbarten Länder so zahlreich verbreitet finden Einst, so wird uns erklärt, als die nun untergegangene Ailantů den Golfstrom von Europas Küsten abhielt, als die noch mern bedeckte Sahara noch nicht der große Erwärmer von Eutcht war, als endlich im Osten von Finnland das nördliche Eidmett mit der Ostsee noch in Verbindung stand, damals war der sp sammte Norden Europas ebenso vergletschert als es heute Ert land ist. Hier ziehen sich zahlreiche Gletscher längs der Thil bis an die Meeresküste herab; unaufhaltsam vordringend, w god ratur aller Gletscher ist, erreicht ihr Fuß das Meer in schiebt in dasselbe hinein, bis endlich, sobald der Auftrieb M

und weit über h

Festigkeit seines Zusammenhangs, ungeheure Eisberge dave abbrechen und durch die Strömungen in südlichere Breiten getti Len werden nuf ihrein Rücken sühren sie ungeheuere Scht massen und die gewaltigsten Felsblöcke mit sich, bis sie an d Ufern Labradors und Reufundlands stranden oder in wärmb ren Meeresgegenden allmählich sich auflösend, die mitgebracht Massen ins Meer fallen lassen. So sind auf gleiche Wi Auch die erratischen Blöcke oder sogenannten Findlinge von d nordischen Urgebirgen in unsere Gegenden gelangt. a Diese Gesteinmassen sind aber gerade hier, wo Gebit mangeln und Steinbrüche zu den größten Seltenheiten zählt von nicht hoch genug zu schätzender Bedeutung. n ö Holz lieferken sie in früheren Zeiten fast das einzige Baum rial und auch jetzt, wo zahlreiche Ziegelbrennereien dem e dürfnisse zu Hülfe kommen, sind sie dennoch unenihehti Hierin liegt aber auch gerade die große Gefahr, für unsere christlichen Hünengräber. Zahlreiche Denkmäler si zunehmenden Landeskultur bereits verschwunden. wenigen Jahrzehnten war ein Alterthumsforscher i allein in der Gegend von Oelzen im ehemaligen Ban (im Lüneburgischen), auf einem Gebiete von ungefähr dratmeilen, etwa 7000 heidnische Monumente und

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tt ron diesen ankaufte,

spezifisch leichten Eises im Wasser größer geworden ist, ald sich fort an den Ufern der Hase bei Mephen,

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ümlicher Hinsicht merkwürdige Orte und Plätze, allein fast y unserer Steindenkmäler nachzuweisen. Es ist ein Glück, daß für die Alterthumsforschung wenig⸗ e diefer Denkmäler erhalten bleiben durch die Für⸗ egierung, die eine Anzahl derselben für den Staat oder weil sie in abgelegeneren Gegenden, den gewöhnlichen Verkehrswegen, sich befinden. So legt hoch auf der Geest, nicht weit von Bremerlehe, auf einem linstlichen Erdhügel überaus malerisch das sogenannte Bülzen— heit, d. i. Hügelbett, gleichfalls ein Hünengrab von gewaltigen zelöblöcken zusammengethürmt, Granitblöcke von etwa 16 Fuß sieocke d Huh let. recht, und lints bie Pipinsbärß und' die Heidenstadt: Verschanzungen und Gräben von ziem— lichen Dimensionen, südlich späirliches Kulturland inmitten weit— schehnter Morre und Haiden und im Norden über die frucht—

siens eini sorge der

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are Marsch hinweg der Blick auf die geschwellten Segel und n sangwallenden Dampf der Schiffe, die aus der breiten

Besermündung der hohen See entgegenziehen.

Aber auch andere Theile des hannoverischen Landes sind noch solcher heidnischer Denkmäler nicht völlig beraubt, beson⸗ ders die Gegend um Osnabrück und weiter hinab gen Westen das ehemalige Niederstift Münster, das Herzogthum Aremberg⸗ Meppen, vor allem die vor den fruchtbaren Marschen Ostfries⸗ sands gelegenen Wüsten des Hümunlings.

Etwa anderthalb Stunden von Osnabrück erhebt sich der durch Steinkohlenbergwerke bekannte Piesberg und ihm gegen⸗ über östlich der Höhenzug der Haster Berge; durch die schmale Senkung zwischen beiden ziehk sich die Straße nach Holland hin. Hier unweit der Straße liegt auf Privatgrunde des Gutes honeburg der berühmte Karlsstein, ein Hünengrab, das den schon genannten an Großartigkeit würdig zur Seite steht, an Reichthum der damit verknüpften Sagen aber alle übertrifft. Es waren, so erzählen diese, zwei mächtige siznige: Wittekind und Karolus Magnus. Wittekind, auch König Wieck geheißen, war noch ein Heide und regierte in diesem Lande. Karolus Magnus war ein König in Frankreich und ein eifriger Christ. Der ließ dem Wieck sagen, er solle fine Götter abschwören. Wieck aber antwortete: Schlage mich ber Donner, wenn ich das thue! Da zog Karl aus und wollte den Wieck zwingen; sie stritten mit einander und Karl behaup⸗ tete das Feld (welches darnach »Karlsfeld« hieß) und verfolgte den Wieck bis an' die Hase, wo er ihn abermals schlug. Wo sich zwischen der Haster Egge und den Vorhügeln des . es die Schlucht! des Hones herabsenkt, liegen große

teinbloͤcke, einem Tische ähnlich, an den Gleisen des alten Volksweges. Sie waren dem Volke Wittekinds heilig, denn unter ihnen ruhte die Asche der Helden und auf ihnen wurden die Gefangenen den Göttern geopfert. Die wollte Karl zer— sthren. Aber der Stein widerstand dem Eisen und dem Feuer. Luch kam die Kunde, daß Wieck sein Heer wieder sammle. Run wollte der König ablassen vom fruchtlosen Kampfe. Da ermahnten ihn sieben Brüder aus seinem Heere zum Vertrauen auf Gottes Beistand und errichteten den ersten christlichen Altar in diesem Lande, den blutigen Steinen gegenüber. An diesem Altare fielen sie nieder und flehten um eine Bürgschaft der göttlichen Hülfe. König Karl aber schlug zweifelnd mit seiner Reitgerte von Pappelnholz auf den Opferstein und sprach: „Gleich unmöglich ist es, diesen Stein und die harten Nacken der Sachsen zu brechen.“ Da krachte der ungeheure Block und borst in drei Stücke. Davon heißt er Karlsstein, und um den Altar der sieben Brüder wurden sieben Buchen gepflanzt, welche die Kunde von diesem Ereignisse bis auf unsere Zeit gebracht haben.

Diese Sagen von Karl dem Großen und Wittekind setzten wo namentlich Bokeloh die älteste Kirche des Emslandes haben soll der Sage sach eben ein Denkmal des Sieges Karls im Jahre 783 über Wittekind. Drei Tage lang ward hier gestritten, die Zachsen zogen sich kämpfend zurück und nahmen am dritten

age in einem verschanzten Lager, dessen Wälle unter der Be— nennung -Wekenborg« (Wittekindsburg) noch heute vorhanden sind, eine feste Stellung ein. Wittekind unterlag, sechstausend kiher Mannen sollen in den drei Tagen erschlagen sein, unter en der König der Friesen, der sagenhafte König Surbold, n Grab, aus den kolossalsten Granitblöcken zusammenge⸗ keiselzt, lange Jahrhunderte hindurch als eine hohe Merkwür⸗ chte angestaunt wurde. Es soll die (wenn wahr, jedenfalls ehr späte) Inschrift getragen haben: Hünenkönig Surbold Lig begraven in Börgerwold g . In een vergolden Hushold. U ist das Denkmal jetzt verschwunden, im Jahrg 1827 3 der große Deckstein durch untergelegtes Feuer zersyrengt . die Stücke ins Oldenburgische verkauft. Für seine Größe ect die Angabe, daß darunter 50, nach Andern gar 1600 chafe Platz gefunden hätten.

anstalten meist

1838 fand der 1841 der zu Halle statt.

Viele der Hünengräber liegen in Gruppen zusammen, oder sind von Hügelgräbern umringt, worin sich neben den Urnen mit den verbrannten Gebeinen der Beigesetzten mannig⸗ faches Geräth von Bronze besindet. Bei Fallingbostel lagen ursprünglich sieben Steinhäuser, wovon jeßt fünf, mehr oder minder gut erhalten, noch vorhanden sind. Nördlich von Osnabrück, im Amte Bersenbrück, ist das sagenreiche Giersfeld, vordem ebenfalls mit acht Hünengräbern; hier ist aber nur ein einziges noch im guten Zustande. Auch im Lüneburgischen lagen die Denkmäler häufig in nächster Nachbarschaft, und ähnlich im Herzogthum Aremberg⸗Meppen, wo sie in den aus⸗ gedehnteren Haiden sich auch gruppenweise noch erhalten haben.

Die preußischen Gefängnisse.“

J.

Von den größeren Strafgefängnissen in den älteren Pro— vinzen Preußens stammen aus der Zeit vor Erscheinen des Allgemelnen Landrechts und der Kriminalordnung nur sechs her? die Strafanstalt zu Spandow, in den Jahren 1578 bis 1596 von dem Grafen Rochus Lynar als Schloß erbaut, vom Kur⸗ fürsten Friedrich Wilhelm 1686 angekauft und 1687, wohl nach dem Vorbilde holländischer Anstalten, zum Zucht. und Spinn— hause eingerichtet; die Strafanstalten zu Brieg und Jauer, beide, die erste in einem aus dem 17. Jahrhundert stammenden städtischen Fabrikgebäude die letzte im ehemaligen Schlosse der Herzöge von Jauer, auf Grund des Züchthaus-Edikts vom 25. März 1747 unmittelbar nach dessen Erscheinen eingerichtet; die Strafanstalt zu Grau⸗ denz, im dortigen, 1750 erbauten ehemaligen Reformatenkloster, die zu Herford 1779 begründet und die Stadtvoigtei zu Berlin, seit 17965 das Stadtgefängniß dieser Stadt. Aehnliche, inzwi⸗ schen eingegangene Anstalten, welche gleichzeitig zur Aufnahme von Bettlern und Vagabunden bestimmt waren, befanden sich in Tapiau, Königsberg und an einigen anderen Orten. Die schwereren Freiheitsstrafen wurden in den Festungen verbüßt, in denen sich noch im Jahre 1826 außer den Stubengefangenen 722 Jestungsbaugefangene aus bürgerlichen Verhältnissen befanden. Auch in den im Laufe dieses Jahrhunderts der Monarchie hinzugetretenen Provinzen sind die Straf⸗ erst in neuerer Zeit entstanden, In der Rheinprovinz ist nur das Arresthaus zu Düsseldorf älterer Gründung (1757). Die Strafanstalt für die , zu Luckau stämmt aus der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhun⸗ derts, die zu Lichtenbur für die ehemals saͤchsischen Landes- theile aber erst aus dem 6 1812. In Münster bestand die jetzige Strafanstalt als Zucht⸗ und Besserungshaus seit 1734, in Cassel das Zuchthaus an der Fulda seit 1784. Die Straf- anstalt zu Diez hat seit 1784, die zu Celle seit 1730, zu Osna— brück seit 1766, zu Glückstadt seit 1739 ganz oder theilweis zur Aufnahme von Verbrechern gedient. .

Die Zunahme der Erkenntnisse auf Freiheitsstrafen seit Einführung des Allgemeinen Landrechts und die zu Ende des vorigen Jahrhundertz in den Vereinigten Staaten von Nord— amerika angebahnte Gefängnißreform lenkte die Aufmerksamkeit König Friedrich Wil helms IW. bald nach seinem Regierungs⸗ antritt auf die Verbesserung des preußischen Gefängnißwesens. Die Folge einer schon im J. 798 angeordneten Untersuchung der bestehenden Anstalten war der »Generalplan zur Einführung einer besseren Kriminalgerichtsbarkeit und zur Verbesserung der Gefängniß und Strafanstalten vom 16. September 1804, welcher auch über den Bau und die innere Einrichtung der verschiedenen Klassen von Gefängnissen ziemlich ausführliche Vorschriften ent⸗ hält. Im Jahre 1818 wurden das ehemalige Reformatenkloster zu Rawicz, 1820 die Domäne Naugard, in demselben Jahre das Invaliden! und Armenhaus zu Brandenburg zu Straf⸗ anstalten für die Provinzen Posen, bzw. Pommern und Brandenburg umgeändert. Von 1826 bis 1830 ward der im Jahre 1811 begonnene Ausbau der Strafanstalt zu Görlitz Follendet, 1832 der Neubau der Anstalten zu Insterburg (836 vollendet und Sonnenburg (1835 vollendet) begonnen. Schon 18350 wär das vormalige Franziskanerkloster zu Wartenburg als Strafanstalt in Benutzung genommen, 1839 geschah das⸗ selbe mit dem früheren Eisterzienserkloster zu Polnisch⸗Crone. G36 bis 1339 wurde ein Theil des ehemaligen Jesuiten kolle giums zu Sagan zur Weiberanstalt eingerichtet; 1834 bis Reudau der Strafanstalt zu Cöln, 1837 bis

„Die preußischen Gefängnisse, beschreibende Ministeriums des Innern gehörenden Berlin 1870, Verlag der Königlichen (R. v. Decker).

*) Nach der Schrift: Uebersficht der zum Ressort des Straf⸗ und Gefangenansialten⸗«. Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei