1770
645,000 Thlr, heraus. Denn indem man auf der einen Seite eine Abgabenerhöhung von 1A250 000 Thlr. ins Auge faßt, proponirt man auf der andern Seite einen Abgabenerlaß von 605000 Thlr. Und nun, meine Herren, dieser Abgabenerlaß setzt sich zusammen theils aus Zollermäßigungen, theils aus Zollbefreiung en. Bei den Sollermäßigungen sind ja schon sehr Viele rasch bei der Hand ge— wesen, um den Regierungen vorzuführen, daß bei den Zollermäßigun gen der rechnungsmäßige Ausfall nicht vollständig eintreten werde. Ich hoffe, daß die Herren darin Recht behalten werden. Wenn Sie aber darin Recht behalten, was folgt dann daraus, meine Herren? Dann folgt daraus, daß der Nation nicht allein erlassen wird an Steuern der Betrag, der in der Regierungs ⸗Denkschrift berechnet ist, sondern daß die Nation in die Lage gebracht wird, in Folge der Preisherabsetzung der von dem bisherigen Zoll betroffenen Gegen stände sich billigere Genußmittel zu verschaffen und daß der Gewinn für die Nation ein bedeutend größerer sein wird, als der Verlust, der auf Seiten der Staatskasse eintritt. Außer den Zollermäßigungen aber, wo neben dem Gewinn der Nation auch ein Gewinn für die Steuerkassen, wenn ich es so nennen darf, eintreten kann, erstrecken sich die Vorschläge hauptsächlich auf vollständige Zollbefreiungen, sie umfassen an Zollbefreiungen 390,797 Thlr., also nahezu der ganzen in Betracht kommenden Summe. Meine Herren, bei den Steuer befreiungen gewinnt die Nation sehr viel mehr, als wie dieser Zahlen— ausdruck besagt. Die Steuerpflichtigen, die mit dem Grenzverkehr zu thun haben, ersparen die gesammte Belästigung, die früher mit der Entrichtung der Abgabe verknüpft war; sie ersparen in manchen Fällen mit dieser Belästigung etwas, was, zu Gelde veranschlagt, mehr beträgt, als die ganze, vielleicht unerhebliche Steuer. Die Nation im Ganzen erspart unbedingt den berechneten Betrag; sie erspart den Mehraufwand, den die Erhebung der Steuer in dieser Form den Steuerpflichtigen bisher verursacht hat; sie erspart aber außerdem und sie entzieht dem Staate in dem Falle die Mehreinnahme, welche der steigende Wohlstand, welche die Zunahme der Bevölkerung nothwendig bei einem solchen Artikel mit sich führt. Es wird also hier auf der einen Seite eine Summe geopfert mit der Unmöglichkeit, an dieser Stelle den Ersatz dafür zu erlangen, während auf der anderen Seite Ihnen ein Steuerzuschlag proponirt wird, der, wie ich glaube, zur Folge hat, daß der Nation auch nicht ein Pfennig mehr abgenommen wird, der in Folge dessen in die Zollvereinskasse fließt.
Und nun, meine Herren, indem ich Ihnen hiermit dargelegt zu haben glaube, daß doch in der That die Auffassung der Regierung auf Billigkeit beruhe, daß man in der That nicht darauf Bedacht ge— nommen hat, gleichsam die Gelegenheit benutzen zu wollen, um Ihnen hohe Steuererträge gleichzeitig anzusinnen, während Sie dies Alles anerkennen müssen, glaube ich, daß Sie der Vorlage ihre unveränderte Zustimmung würden geben können. Welchen Entschlüß die Regierungen zu fassen hätten, wenn diese unveränderte Zustimmung, die ja soeben schon in einem Punkte durchbrochen worden ist, nicht ertheilt weiden möchte, das würde eine Frage der Zukunft sein. So wie auf der anderen Seite Eines — ich mochte sagen — unerbittlich ausgesprochen zu werden scheint, daß Sie unter keinen Umständen in eine Mehrbewilligung gegen den aktuellen Zustand, so glaube ich, auf der anderen Seite davor unbedingt warnen zu sollen, die Regierung in die Lage zu n daß ihre Stellung noch schlechter werden möchte, als sie zur
eit ist.
Im AUebrigen kann ja die Frage eine offene sein, es kann ja die Frage entstehn, ob eine große Majorität des Hauses auf eine be— stimmte Steuerreform den Werth legt, um davon das Zustandekom⸗ men des ganzen Gesetzes abhängig zu machen und es kann dann an die Regierungen die Frage herantreten, ob sie einem solchen Verlan. gen einen unbedingten Widerspruch entgegensetzen wollen. ü
Ich hoffe und ich wünsche, daß das Hohe Haus der Vorlage der , , ö. der Schlußabstimmung unverändert seine Zustimmung geben werde.
— Nach dem Abgeordneten Oehmichen nahm der Präsident des Bundeskanzler · Amis, Staats ⸗Minister Delbrück, das Wort:
Meine Herren! Der Herr Redner, der so eben die Tribüne ver— läßt, hat die feste Ueberzeugung ausgesprochen, daß die Tarifreform zu Stande kommen werde auch obne Erhöhung des Kaffeezolls, denn es handle sich ja schließlich bei der ganzen Reform nur um ein Objekt, welches die Regierung berechnet habe zu 600, 060 Thlr. und welches er herabminderk auf 500 000 Thlr. Der Herr ÄAbgeordnete scheint dabei übersehen zu haben, daß, wie im Augenblick die Dinge liegen, bei Erwägung der finanziellen Frage auszugehen ist von dem Be— schluß, den soeben das Zollparlament wegen Ermäßigung der Reis- zölle gefaßt hat. Allein durch dieses Moment würde sich seine Be—⸗ rechnung wesentlich anders siellen. Indessen, wenn ich auch diefen Beschluß mir für den Augenblick einmal wegdenken wollte, was ich freilich nicht kann, so würde ich doch mit derfelben Sicherheit der Ueberzeugung, mit welcher der Herr Abgeordnete behauptet hat, die Tarifreform würde ohne eine Erhöhung des Kaffeezolls zu Stande kommen, mit derselben Sicherheit der Ueberzeugung, und vielleicht mit etwas größerer, das Gegentheil behaupten.
Ich komme nun zu einigen Vemerkungen, welche die beiden früheren Herren Vorredner, die Abgeordneten fur Dortmund und Osnabrück, in a . die vorliegende Frage gemacht haben. Ich beginne damit, zwei Mißverständnisse zu berichtigen, die zum Theil in den Auffassungen der beiden geehrten Redner obgewaltet haben. Es ist die Aeußerung des Herrn Finanz -Ministers, daß er Anstand nehme, den Nachweis eines finanziellen Mehrbedarfs zu führen, so aufgefaßt worden, als ob er Anstand nehme, den Nachweis über⸗ haupt zu führen. Seine Aeußerung bezog sich lediglich darauf, daß er hier, vor dem Zollparlament, nicht den Nachweis er— bringen wolle und konne, daß das preußische Budget einer Kräf— tigung durch Mehreinnahme bedürfe.
vorhin vorgetragen hat, von den Kolonialwaarenhändlern in
Ich glaube, daß mit dieser
Berichtigung die Folgerungen von selbst erledigt sind, welche von den Herren Vorrednern aus der mißverständlich aufgefaßten Be. merkung gezogen sind. Ein zweites Mißverständniß, welchem der Herr Finanz ⸗Minister unterlegen, ist das, daß der Herr Abgeord— nete für Osnabrück meint, es sei von ihm als ein Vorzug der jeßtt vorliegenden Reform das bezeichnet, daß die Erhebungskostenm der
Zölle; wie sie aus den Einnahmen der Zölle durch die Regierungen
bestritten werden müssen, sich vermindern würden. Der Herr Finanz. Minister hat das nicht gesagt und hat das nicht wohl sagen können, weil schwerlich anzunehmen ist, daß die jetzt vorliegende Tarifreform einen irgend fühlbaren Einfluß auf die Erhebungskosten ausüben könne. . der Herr Finanz -Minister gesagt hat und was unzweifel. haft richtig ist, ist das: eine erhebliche Erweiterung, namentlich der Zollbefreiungen des Tarifs entlastet die Nation von denjenigen Aus. gaben, welche sie zu bringen hat, um zollpflichtige Gegenstände zoll. amtlich abfertigen zu lassen. Das ist eine Ausgabe, die der Handel, der Einführende, zu bestreiten hat, nicht aber eine Ausgabe, die der Staat zu bestreiten hat.
Ich wende mich hierauf zunächst zu den Bedenken, welche der
Herr Abg. für Dortmund gegen die Erhöhung des Kaffeezolls daraus hergeleitet hat, und welche, wie der Referent Ihrer Kommission .
achen getheilt werden, daß durch eine Erhöhung des Kaffeezolles der Schleich, handel im bedenklichen Maße sich steigern würde. Ich glaube nicht, daß diese Besorgnisse gegründet sind. Der Schleichhandel mit Kaffee ist in früheren Zeiten unzweifelhaft recht blühend gewesen; er ist dat auch noch gewesen, als der Zoll auf 5 Thaler heruntergesetzt war. Er hat selbst, nachdem ein in die Zwischenzeit fallendes Zollkartel mit den Niederlanden sein Ende erreicht hatte, in sehr er— freulicher und sehr erheblicher Weise abgenommen. Der Grund da. von liegt einfach darin, daß sich die Erwerbsverhältnisse der Grenz˖ bevölterung ganz ungemein gebessert haben und daß, wo günstige Erwerbs. verhältnisse sind und wo der Einzelne in der Lage ist, auf ehrliche Weise sein Brod zu verdienen, er da das Brodverdienen auf ehrliche Weise dem Brodverdienen auf unehrliche Weise vorzieht. Das ist das wesentliche Moment, welches dahin gewirkt hat, dem Schleich; handel mit Kaffee, der im Uebrigen unter sehr günstigen äußeren Ver. hältnissen auch heute noch betrieben werden könnte, an der niederländi · schen Grenze im Großen und Ganzen ein Ende zu machen, oder ihn wenigstens im Vergleich mit den früheren Zeiten auf ein sehr unbe— deutendes Maß zurückzuführen. .
Der Abgeordnete für Osnabrück hat nun sein Amendement durch die Erwägung empfohlen, daß er einerseits nicht geneigt sei, den verbün deten Regierungen höhere Einnahmen zu bewilligen, als die Ausfälle betragen, welche von den Tarifreformen zu erwarten sind; daß er andererseits aber der Meinung sei, daß durch Annahme seines Amen. dements Ausfälle gegenüber den Zollbefreiungen und Zollermäßigun— gen, welche die Vorlage enthält, nicht eintreten können. Der Herr Abgeordnete hat dies auch in der Unterstellung gethan, die gegeben ist durch die vorher stattgefundene Abstimmung über die Ermaͤßigung des Reiszolles. In dieser Beziehung kann ich seine Anführungen für begründet nicht erachten und kann, nachdem die Ermäßigung des Reis. zolls hier im Hause beschlossen ist, in Tolge dessen auch sein Amend ment nicht für annehmbar erklären. Die Finanzausfälle, welche nach der Vorlage der verhündeten Regierungen zu erwarten sind, sind rech, nungsmäßig veranschlagt auf eiwa 690/060 Thlr. Der Reiszoll hat im letzten Jahre eingebracht 881,000 Thlr. Eine Ermäßigung auf die Hälfte — ich will auf die Berechnungen über den Mehrkonsum später zurückkommen — würde also ergeben 4400090 Thlr., und dies zu den 600, 000 Thlrn. gerechnet ergiebt 1.040, 000 Thlr. k
Die von dem Herrn Abgeordneten für Osnabrück vorgeschlagene Erhöhung des Kaffeezolls würde ergeben, auch wenn ich eben auf den verminderten Konsum keine Rücksicht nehme, 800,000 Thaler, also 240,000 Thaler weniger, als die Ausfälle. Nun wird zweierlei an— geführt: einmal, daß bei denjenigen Artikeln, welche nach den Vor— lagen der verbündeten Regierungen im Zoll ermäßigt werden sollen eine Mehreinfuhr stattfinden werde, die dazu führe, die Ausfälle wenigstens zum Theil auszugleichen. Meine Herren, es ist gestern von dieser Seite des Hauses (rechts) ausgeführt worden, daß die wichtigste der Zollermäßigun⸗ gen, nämlich die Zollermäßigung für das Materialeisen und die Eisen. waaren eine Mehreinfuhr von irgend einer Erheblichkeit nicht zur Folgt haben würde. Ich will dahingestellt sein lassen, wie weit dies richti⸗ ist; jedenfalls beweist diese Behauptung, die von sehr sachkundiger Seite gestern ausgegangen ist, daß es äußerst gefährlich wäre, auf die vermeintliche Mehreinfuhr in Folge der Tarifermäßigung irgendwie sicher zu bauen und eine finanzielle Berechnung darauf zu ründen. In Fragen, wie diese, wo es sich um einen wichtigen Theil der Ein— nahmen handelt, muß man vorsichtig rechnen, und Sie können von den verbündeten Regierungen nicht wohl begebren, daß sie dergleichen Wechsel auf Eventualitäten accepliren und sich für baares Geld an · rechnen lassen sollen, von denen Niemand behaupten kann, ob sie einK treten werden.
Was nun die Zollermäßigung für Reis anlangt, so hat der Herr, Abgeordnete für Osnabrück darauf hingewiesen, daß diese Er= mäßigung eine sehr erhebliche Mehreinfuhr zur Folge haben, sich also zum Theil selbst decken würde. Ich will durchaus nicht bestreiten daß eine Mehreinfuhr stattfinden wird. Indessen man wird, wie ich glaube, sehr vorsichtig sein müssen bei der Veranschlagung. Ich wein sehr wohl, daß nach der Ermäßigung des Reiszolls von 2 Thir. au den jetzt bestehenden Saßz von 1 Thlr. eine ganz außerordentliche Steigerung der Einfuhr und des Verbrauchs stattgefunden hat; in— dessen, wenn man sich auf die damals gemachten Erfahrungen be ziehen wollte, so würde man sich wohl zu vergegenwärtigen haben, daß die damals eingetretene Zollermäßigung begleitet wurde durch eine beinahe eben so große Ermäßigung des Preises des Reises au den freien Märkten. In den letzten Jahren vor der Zollermäßigunn
des Reises stand der Durchschnittspreis des Reises in Hamburg —
ich bemerke dabei ausdrücklich, die Theuerungsjahre sind bei dieter Berechnung ausgelassen — auf 487 Thlr; in den letzten vier Jahren,
von jetzt an zurückgerechnet, betrug der Preis des Reises in Hamburg 39s Thlr. und zwar war er in den letzten vier Jahren schon eiwas
böher als in den vorangegangenen vier und noch etwas höher als in ;
den, diesen letzteren vorangegangenen Jahren. In den Jahren 1857 bis 1860 betrug der Preis des Reises Js2 Thlre, in den Jahren 1861 bis 1864 3651 Thlr. und in den Jahren 1865 bis 1868 3,6 Thlr. durchschnittlich., Es ist die große Zunahme der Einfuhr und Ver— zollung des Reises also eingetréten unter der Zusammenwir— kung einmal einer Zollermäßfigung um 1 Thlr. und dann einer Preisermäßigung von beinahe auch 1 Thlr., es wurde damit mit anderen Worten der Preis des verzollten Reises um beinahe ein Drittel, von beinahe 6 Thaler auf beinahe 4 Thaler heruntergesetzt. Daß eine Preisermäßigung von beinahe einem Drittel einen sehr großen Impuls für den erf un giebt, das ist, gar keine Frage. Jeßt, wenn der Zoll um 15 Sgr. ermäßigt wird, handelt es sich, die letzten Durchschnittspreise zum Grunde ge⸗ legt, um eine Zollermäßigung von 16 pCt. für den Preis des ver- zollten Reises. Das ist cin fehr bedeutender Unterschied in Bezug auf die Wirkung des Verbrauchs. Ich will nun keineswegs unternehmen etwa berechnen zu wollen, wie stark oder wie gering die Vermehrung der Einfuhr, der Verzollung von Reis sein wird! wenn der Zoll um 15 Sgr. herabgesetzt wird. Eben so wenig würde ich aber auch irgend eine Berechnung anerkennen können, die versucht werden' möchte von anderer Seite, und unter keinen Umständen, selbst im Hinblick auf die früher gemachten Erfahrungen, ist es denkbar, daß eine Ermäßigung des Preises um 10 Prozent, die Einfuhr um 50 Prozent vermehren würde und eine solche Vermehrung würde nothwendig sein, um die mehr als 200090, Thaler, die in der Rechnung des Herrn Abgeordneten für Osnabrück über Einnahme und Ausgabe in der Einnahme fehlen, auszugleichen. Unter diesen Umständen werden die verbündeten Re— gierungen nicht in der Lage sein, in der Annahme des Amendements des Herrn Abgeordneten für Osnabrück die Möglichkeit der Ausfüh⸗ rung der Tarifreform zu erkennen, die durch die beschlossene Zoll ermäßigung für Reis so viel größere Dimensionen angenommen hat, als sie von ihnen vorgeschlagen waren.
— Bei der Vorherathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Besteuerung des Stärkezuckers ꝛ6., erwiderte der Finanz⸗
Minister Camphausen dem Abg. Roß: ———
Ich hatte unmittelbar ein Paar Worte entgegnen wollen; es ist nicht gerade angenehm, darauf hingewiesen zu werden, daß man nicht zu rechnen verstehe.
Meine Herren. Wenn Adam Riese richtig rechnet, dann wird er dem Exempel, das ich vorhin gemacht habe, glaube ich, nicht entgegen. treten können, denn ich habe in dem Augenblicke Ihnen nachzuweisen persucht, was die Nation gewinnt an Steuer en klastung uͤnd dem gegenüber gestellt, welche neue Belastung sie zu übernehmen habe. Ich habe Ihnen, wie ich glaube, den Nachweis geführt, daß die neue Belastung sich, wenn ich die Grundlage der Regierungsdenkschrift an- nehme, auf 645. 000 Thlr. erstrecken würde, und daß dagegen die Ent— lastung eine sehr viel größere sein würde. Ich habe das im Ein— jelnen nachgewiesen bei den Steuerermäßigungen, ich habe es aber mit besonderem Nachdrucke nachgewiesen bei den vollstän— digen Steuerbefreiungen, wo der Staat für immer sich dieser Einnghmegquellen begiebt, und wenn der geehrte Herr Vorredner ja am Schluß darauf hingewiesen hat, wie segensreich es sein würde, wenn die Zahl der steuerpflichtigen Artikei auf wenige beschränkt
zur Entscheidung gelangen muß, ob diese Industrie,
1771
würden, so kann ich darauf nur erwiedern: es sind ja die Regierun gen, die Ihnen vorschlagen, einen wesentlichen Schritt auf diesem Wege zu thun.
„Dann habe ich noch, was den Reiszoll betrifft, darauf hinzu⸗ weisen, daß die Angaben, die der Herr Staats-Minister Delbrück vorhin Ihnen gemacht hat, sich auf eine Quelle stützen, die dem
geehrten Herrn Vorredner besonders zugänglich sein muß; es sind die
hamburger Preisverzeichnisse. Ich zweifle nicht daran, daß mein Herr Kollege sehr genau gerechnet haben wird, und wenn er es gethan hai 8x3 endet es sich um eine Herabsetzung von 10 pCt., und nicht on ;
— Nach dem Abgeordneten von Sänger nahm der Finanz— Minister nochmals das Wort: ; h d
Weine Herren! Ein wesentliches Moment des Herrn Vorredners bestand darin, daß erst im vorigen Jahre von einem Regierungs⸗ Kommissarius die Erklärung abgegeben worden sei, daß der Besteuerung des Kartoffelzuckers sehr gewichtige national -⸗wirthschaftliche und tech⸗ nische Bedenken entgegengestanden und zu dem Entschlusse geführt hätten, diese Vorlage zurückzulegen. Jene Worte hätten allerdings einer kleinen Ergänzung bedurft, zu welcher mich derjenige, der diese Worte ausgesprochen hat, ausdrücklich autorisirt hat. Nämlich hätte er ahnen können, daß man seinen Worten eine solche Auslegung geben würde, dann würde er vorsichtiger Weise gesagt haben: für jetzt⸗ zurückzulegen. Denn, was damals geschehen ist, und was die wirk- liche Sachlage war, das war, daß bei der preußischen Regierung, die sich mit der Vorbereitung der Gesetzesvorlage beschäftigte, die Frage noch nicht entschieden war, in welcher Weise technisch die Besteuerung am zweckmäßigsten auszuführen sei. Es handelte sich hauptsächlich um diese technischen Bedenken. Weit entfernt aber, daß man in jener Zeit den Gedanken aufgegeben hätte, so haben, meine Herren, die technischen Ermittelungen unausgesetzt fortgedauert, und diese Ermittelungen haben demnächst zu der Ueberzeugung geführt, daß wir in der Lage sein werden, mit einem einfachen Besteuerungsmodus den Zweck, den wir erstreben, auch wirklich zu erreichen.
Der Auffassung, die der Herr Vorredner eingenommen hat, daß man erst abwarten solle, bis daß diese vielleicht nur auf Kosten der Steuer vom indischen und vom Ruͤbenzucker zu erhaltende Industrie einen großen Umfang angenommen habe, der Auffassung kann ich durchaus nicht beitreten. Wenn durch eine verkehrte Gesetzgebung die Industrie in falsche Bahnen geleitet worden ist, dann ist es nachher
immer eine sehr bedenkliche Sache, die in dieser Industrie angelegten Kapitalien durch einen radikalen Umschwung der Gesetzgebung vernich—
ten zu wollen; wenn man aber in dem Stadium ist, daß die Frage auf eigene 36 gestellt, lebensfähig ist, dann glaube ich, daß man gerade damit eine im volkswirthschaftlichen Interesse weit mehr richtige Maßregel trifft, als wie im finanziellen Interesse. Daß ja die verbündeten Regierun—= gen auf den finanziellen Ertrag, den diese Maßregel schon jetzt in Aussicht stellt, kein übertriebenes Gewicht legen, das kann sich ja Jeder sagen. Man hat angenommen, es wird etwa ein Betrag von 200000 Thlr. herauskommen — er mag auch etwas größer oder ge—⸗ ringer ausfallen; daß es sich aber dabei hauptsächlich um das volks— wirthschaftliche Prinzip handelt, eine Industrie nicht in irrige Bahnen leiten zu lassen, das ist dabei die Hauptsache; und wenn man nun die Behauptung aufstellt, die ich nicht als begründet anerkennen würde, die Industrie vermöge diese Besteuerung nicht zu ertragen, nun dann würde ich den Antrag gerechtfertigt finden, man möge den Versuch machen mit einer etwas geringeren Besteuerung für den Anfang, aber nicht zu dem Schlusse gelangen: unterlassen wir diese Besteuerung.
Oeffentlicher Anzeiger.
Steckbriefe und Untersuchun gs⸗Sachen.
Bekanntmachung. Der Knecht Schellin, angeblich aus Wangerin herstammend, welcher vor einigen Jahren in Biensten des damaligen Chaussee⸗Aufsehers Kühl zu Neumark stand, soll wegen Theilnahme an einer von dem ꝛ4. Kühl verübten Unterschlagung verantwortlich vernommen werden. Alle diejenigen, welche über dessen gegenwärtigen Aufenthaltsort Auskunft geben können, werden ersucht, dieselbe dem unterzeichneten Gericht zu den Akten wider Kühl 56 dé 70 baldigst zu ertheilen. Greifenhagen, den 2. Mai 1870.
Königliches Kreisgericht. Der Untersuchungsrichter.
Steckbrief. Gegen den Kaufmann Heinrich Christian Theodor Bender von hier ist die gerichtliche Haft wegen betruͤg⸗ lichen Bankerutts beschlossen worden. Seine Festnahme hat nicht aus—
geführt werden können. Es wird ersucht, den unten näher bezeichneten
2. Bender im Betretungsfalle festzunehmen und mit allen bei ihm sich vorfindenden Gegenständen und Geldern an das unterzeichnete Gericht abzuliefern. Beschreibung. Alter: geb. 18. September 843, Geburtsort: Greifswald, Größe: 5 Fuß 7 Zoll, Haare: schwarz, Augen: braun, Augenbrauen: schwarz, Nase und Kinn gewöhnlich, Mund: gewöhnlich, Gesichtsbildung: länglich, Gesichtsfarbe: frisch, Zähne: gut, Gestalt: schlank, Sprache: hoch- und plattdeutsch, be⸗ sondere Kennzeichen: keine. Bekleidung. Rock: bläulicher Ueberzieher, Mütze: Pelz. Greifswald, den 30. April 1870. Königliches Kreisgericht. J. Abtheilung.
Steckbrief. Der mehrfach bestrafte Kammmacher, auch Zink— arbeiter Joseph Komperra aus Kempen, zuletzt in Breslau, ist wegen Unterschlagung festzunehmen und mir umgehend davon Rach
richt zu geben. Signglement: Alter: 41 Jahr, Größe: 5m 5/6 21, Haare blond, Stirn; frei, Augenbrauen; blond, Augen: blau, Nase und Mund: gewöhnlich, Bart: rasirt, Zähne: defekt, Kinn: rund, Gesichtsbildung; länglich, Gesichtsfarbe: blaß, Gestalt: schwächlich, Sprache; deutsch, besondere Kennzeichen: keine. BSerselbe führt mög= licherweise noch den unterschlagenen preußischen Staatsschuldschein über 109 Thaler Littr. F. Nr. 127 824, weicher den Incourssetzungs« Vermerk des Königlichen Kreisgerichts zu Glatz vom 28. September 1869 trägt und . dessen Vorkommen man achten wolle, bei sich. Frankenstein, den 30. April 1870. Der Königliche Staats. Anwalt.
Steckbriefs - Erledigung. Der hinter den Arbeitsmann Johann Wilhelm Koehler, aus Nieste bei Liegnitz gebürtig, unterm 7. Juli resp. 6. September 1869 erlassene gi n ie ist er ledigt. Berlin, den 29. April 1870.
Königliches Stadtgericht. Abtheilung für Untersuchungssachen. Deputation V. für Verbrechen und Vergehen.
Handels⸗Register.
Handels -⸗Register des Königl. Stadtgerichts zu Berlin. 9 395 giant Firmenregister des unterzeichneten Gerichts ist unter r. die Kauffrau Wittwe Bertha Ernestine Anna Lehnert geborne Jen— nerich zu Berlin, Ort der Niederlassung: Berlin, jetziges Geschäfts—« lokal: Gneisenaustraße Nr. 1, Firma: Berth. Lehnert, zufolge heutiger Verfügung eingetragen.
222 *