1870 / 133 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

2270

Nr. 7669 den Allerhöchsten Erlaß vom 16. Mai 1870, be- treffend die Abänderung des Privilegiums wegen Ausgabe von Inhaber⸗Obligationen der Oberlausitz; unter

Nr. 7676 die Bekanntmachung, betreffend die Allerhöchste Genehmigung der unter der Firma: »Aktien⸗Bauverein Passage« mit dem Sitze zu Berlin errichteten Aktiengesellschaft. Vom 21. April 1870, unter

Nr. 7671 die Bekanntmachung, betreffend die Aller⸗ höchste Genehmigung der unter der Firma: »Deutscher Lloyd, Transportversicherungs⸗Aktiengesellschaft«, mit dem Sitze zu Berlin errichteten Altiengesellschaft. Vom 30. April 1870; unter

Nr. 7672 die Bekanntmachung, betreffend die Allerhöchste Genehmigung des revidirten Statuts der Versicherungs-⸗Gesell⸗ schaft ⸗»Deutscher Phönix zu Frankfurt a. M. Vom 21. Mai 1870; und unter

Nr. 7673 die Bekanntmachung, betreffend die Allerhöchste Genehmigung der unter der Firma: »Frankfurter Aktien⸗ brauerei mit dem Sitze zu Frankfurt a. d. O. errichteten Aktien gesellschaft. Vom 28. Mai 1870.

Berlin, den 9. Juni 1870.

GesetzSammlungs / Debits ⸗Comtoir.

Abgereist: Der Unter ⸗Staatssekretär Bitter im Ministe⸗ rium des Innern nach Marienbad.

Personal Veränderungen.

H. In der Armee.

Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Be⸗ förderungen und Versetzungen. Den 31. Mai. v. Leslie, Ob. Lieut. und Abtheilungs⸗Commandeur in der 1. Artillerie Brigade, zum Commandeur des Niederschlesischen Festungs Artillerie ⸗Regiments

Nr. 5 ernannt. N. In der Marine.

Offiziere ꝛc. Ernennungen, Beförderungen 2c. Den 19. Mai. Przewisinski, Korvetten Kapitän, zum Ober ⸗Werft⸗ Direftor in Wilhelmshaven ernannt. Vogel, Hauptmann von der See Art. in die zweite vakante Stelle eines Art. Direktors ernannt und his zu seiner Uebersiedelung nach Wilhelmshaven zur Dienstl. zum Marine ⸗Ministerium kommandirt. Thom a, Zeugfeuerwerks—⸗ Lieut, von der Werft in Danzig, zu der in Wilhelmshaven versetzt. Kapitky, Groth, Prox, Ober. Maschinisten, zu Maschinen ˖ Unter Ingenieuren mit dem Range eines Unter ⸗Lieuts. zur See ernannt.

; Bekanntmachung. Während der Zeit vom 16. bis 24. Juni er. werden nach und von Helgoland folgende Postverbindungen durch das Dampfschiff Cuxhaven unterhalten werden: aus Hamburg am Donnerstag, den 16. Juni, am Montag, den 20. Juni und am Donnerstag, den 2sten Juni, 10 Uhr Morgens; aus Helgoland am Freitag, den 17. Juni, am Dienstag, den 21. Juni und am Freitag, den 24. Juni, Morgens. Mit dem Dampfschiffe nach Helgoland erhalten sämmtliche für Helgoland bestimmte Postsendungen Beförderung, welche späte— stens am Abend vor dem Abgangstage desselben über Harburg und Altona resp. von Lübeck und am Morgen des Abgangstages mit dem Courierzuge aus Berlin, ferner Briefpost⸗ Sendungen, welche am Morgen des Abgangstages mit dem Schnellzuge von Kiel bezw. über Harburg in Hamburg eintreffen. Hamburg, den 7. Juni 1870. Ober · Post · Amt. Schulze.

Summarische Uebersicht über die Zahl der Studiren den auf der Königl. Georg-Augusts ⸗Universität zu Göt- tingen im Sommer⸗Semester 1870. Im vorigen Semester sind imma⸗ trikulirt gewesen 745 4 8 —) 753, davon sind abgegangen 212, es sind demnach geblieben 54, hierzu sind in diesem Semester ge— kommen 264 die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden be—= trägt daher 795. Die evangelisch-theologische Fakultät zählt 127 In⸗ länder, 25 Ausländer, zusammen 153. Die suristische Fakultät zahlt 100 Inländer, 51 Ausländer zusammen 151. Die medizinische Fakul⸗ tät zählt 119. Inländer, 23 Mus lande zusammen 142. Die philoso⸗ phische Fakultät zählt a) 24 Inländer früher immatrikulirt, b) 136 Inländer mit dem Zeugniß der Reife in den letzten fünf Semestern immatriku— lirt, ) 8r Inländer ohne Zeugniß der Reife nach §. 36 des Regle— ments vom 4. Juni 1834 in den letzten fünf Semestern immatrikulirt, zusammen 247 Inländer, ch 192 Ausländer, in Summa 349. Zusammen 795. Unter den Immatritulirten der philosophischen Fakultät befinden sich 14 Inländer und 2 Ausländer, welche der landwirthschaftlichen Aka⸗ demie Göttingen⸗Weende angehören. Außer den immatrikulirten Studirenden besuchen die hiesige Universität als nur zum Hören der Vorlesungen berechtigt 7. Es nehmen mithin an den Vorlesungen überhaupt Theil 802.

Nicht amtlich es.

Preußen. Berlin, 9. Juni. Se. Majestät der König besichtigten heute 97 Uhr das Garde⸗Feld ⸗Artillerie⸗ Reg iment auf dem Tempelhofer Felde, und nahmen nachher die Vorträge des Kriegs-Ministers und des General Adjutanten von Tresckow, Chef des Militär⸗Kabinets, entgegen.

Der Bun desrath des Norddeutschen Bund trat heute zu einer Plenarsitzung zusammen.

Potsdam, 9. Juni. Der Ehef-Präsident der Ober. Reh nungskammer, Stünzner, hat sich zum Gebrauch der Bahr von Wiesbaden dorthin begeben und gedenkt etwa vier Wochen daselbst zu verweilen. .

Breslau, 8. Juni. Schles. Ztg) Der Ober Präsident Graf zu Stolberg ist gestern Abend mit dem Schnellzu⸗ nach Berlin abgereist. Von dort aus wird derselbe sich nach Teplitz begeben, um daselbst eine sechswöchentliche Badekur z gebrauchen. . , Kiel, 7. Juni. Se. Königliche Hoheit der Prinz Adalbert wird, nachdem Höchstderselbe morgen noch die Flotten⸗Stamm— Division inspizirt, erst übermorgen von hier in See gehen.

S. M. Dampfkanonen boot Komet ist, nachdem dasselbe schlechten Wetters wegen die Panzerfregatten Friedrich Carl. und »Kronprinz« bei Frederickshavn nicht mehr erreichen konnte, auf seine Station in der Nordsee wieder zurückgekehrt.

S. M. Brigg »Hela ˖ ist heute in Dienst gestellt. S. M. Dampfkanonenboot Wolf⸗ ist gestern Abend in Altona eingetroffen.

Ueber die am 39. v. M. in der Nordsee stattgehabte Koll.. sion eines dänischen Schuners mit S. M. Panzerfregatte »Frie drich Earl« ist der »Kiel. C. in den Stand gesetzt, nachstehende thatsöchliche Mittheilungen zu geben:

An dem erwähnten Tage Abends 6 Uhr befand sich die Pan. zerfregatte »Kronprinz« mit dem »Friedrich Carl« im Schlepptau auf der östlichen Spitze der Doggersbank, als ein so dichter Nebel auffam daß sich oft die beiden Schiffe nicht sehen konnten. Die Fahrt de »Kronprinza wurde demgemäß von 8 auf 4 Knoten ermaͤßigt, die Dampfpfeife pfiff alle halbe Minute, auf dem »Friedrich Carl« wurde das Nebelhorn gebiasen und durch Ausstellen von zahlreichen Posten als Ausguck jede Vorsichtsmaßregel erfüllt. Gegen 7 Uhr wurde von der vorderen Kommandobrücke des »Kronprinz« aus ein Schiff ge sehen, daß kaum 200 Schritt entfernt rechts vor dem Bug aug dem Nebel auftauchte; dasselbe lag mit südöstlichem Winde über Steuerbordhalsen und kam gerade auf den »Kronprinza zu. Sobald dite deutlich wahrzunehmen war, wurde das Ruder hart Backbord geleg. Gleichzeitig luvte auch das fremde Schiff und ging dadurch eine halbe Schiffslänge vom »Kronprinz« klar, der seine Maschine stoppte, un ersterem Zeit zu lassen, auch vom »Friedrich Carl« frei zu gehrn. Wäre der Schuner, wie er nach den Regeln über das Ausweichen auf See thun mußte, auf seinem Kurse geblieben, weil er mit Steuer⸗ bordhalsen segelte, so wäre alles gut gegangen. Statt dessen aber machte n möglicher Weise durch die plötzliche Erscheinung eines so großen Schifts in Verwirrung gebracht, ein falsches Manöver und wendete. Vom stron— prinz aus wurde ihm zwar zugerufen, er solle seine Raaen wiede springen lassen, da noch ein Schiff im Schlepptau komme und e that dies auch, jedoch ließ er die Schooten seiner Vorsegel back stehen und mußte nun nothwendigerweise dem »Friedrich Carl« vor den Bug kommen, obwohl dieser bereits ebenfalls sein Ruder Backbond gelegt hatte. Sehr bald erfolgte auch der Zusammenstoß und det Krahnbalken des »Friedrich Carl« nahm beide Masten des Fahrzeuges fort, während letzteres nach hinten trieb und in dem Nebel sehr bald aus Sicht kam. Zwei Mann der Besatzung waren bei der Koll sion an Bord des »Friedrich Carl« geklettert, die übrigen auf dem Wrack geblieben. Ersterer schickte sofort zwei Boote ab, um den Rest der Mannschaft zu retten, während der »Kronprinz« vor Anker ging. Kanonenschuͤsse und Glockengeläute gab den Booten Signal, wo sie ihr Schiff wiederzufinden hatten. Nach einer halben Stunde brachten sie auch den Rest der Mannschaft, zu. gleich aber auch die Nachricht, daß der Rumpf des Schuners keinen erheblichen Schaden gelitten habe und schwimme. Sie wurden nun abermals fortgeschickt, um das Wrack heranzubugsiren und es am Friedrich Carla festzumachen; bei ihrer Ankunft fanden sie es jedoh bereits von niederländischen Fischern besetzt, die zufälliger Weise vor— beigesegelt waren und es in Beschlag genommen haiten. Da den Findern eines von seiner Mannschaft verlassenen Fahrzeuges nach dem Seerechte ein hohes Bergelohn zusteht, so mußte der Schuner den Niederländern überlassen bleiben. Die Mannschaft des Schuners ver blieb auf dem Friedrich Carl« und wurde in Portsmouth gelandch wo die beiden Panzerfregatten am 2. Juni eintrafen.

Sach sen. Dresden, 8. Juni. Das Dresdener Journal erklärt die Zeitungsnachricht, daß der König Johann den sächsischen Reichstagsdbgeordneten das Versprechen abgenommen habe, bel Berathung des Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund gegen die Todesstrafe zu stimmen, für eine Erfindung. We im ar, 7. Juni. Im Laufe des heutigen Tages im Prinz Hermann und dessen Gemahlin nebst Prinzessin Tochter wieder nach Stuttgart, deren Söhne, die Prinzen Wilhelm und Bernhard, nach Dresden zurückgereist.

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 7. Juni. Der Kaiser

wird im Laufe dieser Woche von Ischl nach Wien zurückkehren

und am Freitag, den 10. d, in der Hofburg allgemeine Audien

zen ertheilen; der Kaiser geht in den letzten . dieses Monat

9 zwei Tage nach Pesih und begiebt sich dann wieder nach ien.

. Graf Beust, der für die Dauer der Pfingstfeiertag— einen Ausflug nach Steiermark unternahm, ist in Graz erkrant.

2271

und sieht sich genöthigt, seinen Aufenthalt daselbst zu ver⸗ ingern.

lang rag, 8. Juni. Die Königin der Belgier ist gestern Nachls mit dem Wiener Eilzuge in Prag ge nf und fuhr nom Staatsbahnhofe aus unmittelbar in die Kaiserliche Hof. burg. Heute Abends wird Ihre Majestät mit dem Eilzuge die Weiterreise nach Belgien fortsetzen.

Schweiz. Bern, 7. Juni. Bei der schweizerischen Ge— sandtschaft in Wien sind, wie dem Bundesrath gestern mit— getheilt wurde, in jüngster Zeit wiederholt Klagen eingelaufen, paß Söhne von Schweizern, die sich vor einer Reihe von Jahren in den K. K. Staaten niedergelassen, jedoch peder für sich noch für ihre Kinder das Schweizer— Bürgerrecht aufgegeben haben, von den K. K. Behör⸗ den zum Militärdienst herangezogen worden seien. In Folge deen hat der Bundesrath den, Gesandten ermächtigt, segen die Heranziehung zum Militärdienst von Schweizern, bie das oͤsterreichische Staatsbürgerrecht nicht erworben haben, bei den Kaiserlichen Regierungen Verwahrung ein— zulegen, indem, wenn auch kein bezüglicher Vertrag zwischen der Schweiz und dem Kaiserstaat bestehe, es doch allgemein völkerrechtliche Praxis sei, fremde Staatsbürger nicht zum Nilitärdienst zu verhalten. Ein Anderes sei es im Falle, wo in Doppelbürgerrecht vorliege, d. h. bei Söhnen von Schweizern, die in den österreichischen Staatsverband getreten seien und zugleich das schweizerische Bürgerrecht behalten haben; diese seien zum Militärdienst pflichtig in dem Staate, wo sie ihren Wohnsitz aben. : Behufs Eröffnung einer Strafuntersuchung wegen des stattgehabten Landfriedenbruchs Hat der Bundesrath gestern be⸗ schlosen, die Besorgung der Funktionen der Bundesstaats—⸗ anwaltschaft dem alt Regierungs-Rath Könz in Guarda als Bezirköanwalt zu übertragen und an den Präsidenten des Bundesgerichts, da der ordentliche Untersuchungsrichter die bezügliche Verrichtung abzulehnen im Falle sei, das Ansinnen zu richten, einen außerordentlichen Untersuchungsrichter zu ernennen.

Belgien. Brüssel, 8. Juni. Wie der »Moniteura an— zeigt, wird die Königin am J0. hier erwartet.

Großbritannien und Irland. London, 7. Juni. Der Herzog von Edinburgh hat bei seiner Abreise von Indien an den General-Gouverneur, Lord Mayo, einen Abschieds brief gerichtet, der von dem Vizekönig bei einem Banquet in Lahore am 5. Mai vorgelesen wurde. Der Prinz sagt in diesem Schreiben unter Anderem, er habe in öffentlichen Erwiderungs⸗ reden formell den Gefühlen des Dankes für den ihm allenthal⸗ ben zu Theil gewordenen herzlichen Empfang Ausdruck gegeben, es dränge ihn jedoch, sich auch in weniger förm⸗ licher Weise darüber auszusprechen. »Als ich vor zwei Jahren heimkehrte« fügt er hinzu erfüllte mir die Königin einen langgehegten Wunsch und erzeigte mir die Ehre, mich als erstes Mitglied der Königlichen Fa⸗ milie einen Besuch in Indien machen zu lassen.“ Ueber das, was er in Indien gesehen, äußert sich der Herzog im Weiteren mit Bewunderung und vergißt nicht zu erwähnen, daß die sitt— liche und gesellschaftliche Verbesserung der Lage der ärmeren Klassen und die Wichtigkeit des Schulwesens augenscheinlich die Aufmerksamkeit der mehr Begüterten unter den Eingeborenen in Anspruch nehme. Der Brief schließt mit der Versicherung, der Prinz werde stets das lebhafteste Interesse für Indiens Wohlfahrt fühlen, da er das indische Volk lieb gewonnen und eine gute Botschaft von seiner Unterthanentreue und Ge⸗ sinnungstuͤchtigkeit der Königin zu überbringen habe.

Die Postverwaltung' macht bekannt, daß das un ter, seeische Kabel, welches bei weitem den größeren Theil des Telegraphenverkehrs zwischen England und Irland vermittelt, beschädigt worden ist, und daß das Publikum sich bis zu dessen Wiederherstellung auf Angelegenheiten von äußerster Wichtig⸗ keit beschränken möge. .

In Liverpéoi hat Lord Derby unter zahlreicher Be, theiligung die Grundsteinlegung zu dem nach seiner Familie benannten Stanley Hospital, zu welchem er selber das Grund⸗ stück geschenkt, vollzogen. Nachher eröffnete er einen Bazar zum Besten des Baufonds dieser wohlthätigen Anstalt, welche im Ganzen 15.053. Pfd. St, kosten wirs.

In Portsmouth ist die preußische Schrauben⸗ fregatt? „Friedrich Karl« gedockt worden, um qußer den Ausbesserungen der Schraube cine Reinigung des Rumpfes

durchzumachen.

Frankreich. Paris, 8. Juni. Mehrere Abendbhlätter versichern, der inc ng habe sich heute mit der Prüfung nls beschäfligt und werde morgen damit ortfahren.

Die beabsichtigten Veränderungen im diplomati⸗ schen Corps sind aufgeschoben, bis die im Augenblicke be— stehenden Schwierigkeiten, einen Ersatz für den bisherigen spa⸗ nischen Botschafter, Baron Mercier de Lostende, zu finden, ge⸗ hoben sind.

. Bezüglich der ägyptischen Jurisdiktion hat der Siegelbewahrer Ollivier einen Vertrag unterzeichnet, welcher vollständig mit den Beschlüssen der durch das frühere Ministe⸗ rium eingesetzten Kommission übereinstimmt.

Wie der »Frangais« versichert, hat der Herzog von Gramont nach seinem Eintritt in das Ministerium Instruk= tionen an Banneville gesendet, welche mit denen Olliviers voll—⸗ kommen übereinstimmen.

Im Gesetzgebenden Körper erwiderte der Kriegs— Minister auf eine Interpellation Raspails bezüglich der den straßßpurger Soldaten auferlegten Strafen: Die Strafen seien wegen Abhaltung unerlaubter Versammlungen, nicht aher wegen der Abstimmung vom 8. Mai zuerkannt worden. Es gelte, die Disziplin der Armee aufrecht zu erhalten. Ferry tadelte das gegen die Eleven der pharmazeutischen Schule angewandte Verfahren, verlas den Tagesbefehl des Obersten des 61. Regimentes und forderte, daß der Oberst für denselben eine Rüge erhalten solle. Der Kriegs ⸗Minister er⸗ klärte, er werde dem Obersten keine Rüge ertheilen. Die Eleven der pharmazeutischen Schule seien bestraft worden, weil sie eine Proklamation verfaßt hätten, die zum Aufstand anreize. Gambetta verlangte ebenfalls, daß der Oberst eine Rüge er— halten solle. Der Kriegs⸗Minister erklärte wiederholt, daß er

diese Füge nicht aussprechen werde. Wenn Jemand einen Tadel verdiene, so nehme er denselben auf sich. Hierauf wurde die einfache Tagesordnung angenommen.

Der General Mellinet ist zum Großmeister der fran⸗ zösischen Freimaurer Orden mit 173 Stimmen gegen Carnot, welcher nur 113 Stimmen erhielt, wiedererwählt worden.

Spanien. Madrid, 8. Juni. Nach hierher gelangten Nachrichten ist auch der ältere Bonnel ebenfalls wieder in Frei⸗ heit gesetzt worden. In der Nähe von Gibraltar zeigten sich abermals Banditen und versuchten zwei Offiziere der englischen Garnison hh gen zu nehmen, was indeß durch das Einschreiten spanischer Gendarmen verhindert rde.

Italien. Florenz, 8. Juni. In der heutigen Sitzung des Senates wurde das Budget berathen. Anläßlich der Debatte über den Etat des Ministeriums des Aeußern gab der Minister des Aeußern, Visconti. Venosta, folgende Erklärungen:

Die Politik Italiens, betreffend das Konzil, sei die Achtung der kirchlichen Freiheit vorbehaltlich der Rechte des Staates. An den beim päpstlichen Stuhle von mehreren Regierungen erhobenen Vorstellungen habe Italien sich nicht betheiligt, weil bei der Natur der zwischen Italien und Rom bestehen⸗ den Beziehungen anzunehmen sei, daß die Rathschläge Italiens nicht vermöchten, den Rathschlägen der andern Mächte eine günstigere Aufnahme zu verschaffen. In Betreff der französischen Oceupation habe Italien keinerlei Mittheilungen von der französischen Regierung erhalten; er glaube daher, daß die französische Politik in dieser Beziehung sich in Nichts ver ändert habe. Italien werde keine neuen Mittheilungen provo⸗ ziren, weil ihm die Politik des Zuwartens und der Reserve durch die Umstände geboten erscheine. .

Bezüglich des Vorfalles bei Marathon habe sich die italie⸗ nische Regierung mit England ins Einvernehmen gesetzt. Ita⸗ lien verlange die Bestrafung der Schuldigen und Mitschuldigen, sowie die ite cn, des Verhaltens der Behörden in dieser Angelegenheit. .

Das Budget wurde hierauf vom Senate angenommen.

Rom, 7. Juni. (W. T. B.) Es wird bestätigt, daß der Justiz⸗Minister Ollivier in den ersten Tagen des Mai eine Depesche an den französischen Botschafter in Rom, Grafen Banneville, gerichtet habe; jedoch ist ihr Inhalt durchaus nicht übereinstimmend mit der von deutschen Blättern gebrachten Analyse. Die Depesche widerspricht nirgends den von Graf! Dar. ausgesprochenen Ansichten. Sie bedauert, daß die zur Beseitigung der Schwierigkeiten gemachten Anstrengungen keinen a, Erfolg gehabt hätten. Sie konstatirt, daß die Streitfrage nunmehr als geschlossen angesehen werden muß, und daß der französische Botschafter von nun an in dieser Angelegenheit keinen Schritt mehr bei der päpstlichen Regierung machen solle. Die Note Olliviers sagt Nichts, weder über eine Trennung der Kirche vom Staate, noch über die beabsichtigte Rückberufung der französischen Truppen. Nach Empfang dieser Note soll Banneville jeden weiteren Schritt bei dem römischen Stuhle unterlassen, wohl aber den französischen Bischöfen die Sympathien ausdrücken, welche ihre Bemühungen erwecken, Ideen zu vertheidigen, welche denen der französischen Regierung entsprechen.

281