1870 / 204 p. 1 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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wenigstens der historischen Vollständigkeit schuldig, jene Aeuße— rung, die der Herzog aus einem Schreiben des französischen Gesandten in London, Marquis de Lavalette, entnommen haben will, für absolut erfunden zu erklären.

Zu Anfange dieses Jahres machte der Graf Clarendon dem Herrn Bundeskanzler vertraulich den Vorschlag, daß der Norddeutsche Bund die Initiative zu einer allgemeinen Ver— minderung der Wehrkräfte ergreifen möchte, ließ den Vorschlag aber auf die diesseits erhobenen Bedenken fallen. denken, über deren Berechtigung ich heute kein Wort zu ver— lieren brauche, beruhten im Wesentlichen darauf, daß bei der Verschiedenheit der Wehrsysteme der einzelnen Länder, nament— lich Norddeutschlands und Frankreichs, die Herstellung und Kontrolirung einer verhältnißmäßigen Abrüstung die größten Schwierigkeiten haben werde. Der süddeutschen Staaten ist in dem Schreiben des Grafen Bismarck über diese Angele⸗ genheit mit keiner Silbe erwähnt und ebensowenig, nach der amtlichen Erklärung des Grafen Bernstorff, in den Unter— redungen, welche dieser über den Vorschlag gehabt hat.

. ersuche ich ergebenst, dem Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten diesen Erlaß vorzulesen und ihm eine Abschrift desselben zu übergeben.

Berlin, 14. August. (Mil. Wochenbl.) Unser König in Frankreich! Mit jedem Schritt nach Westen wachen die Er— innerungen Seiner Jugend auf. Es war zwei Monate nach dem Rheinübergange gewesen, als Er für todesmuthige Theilnahme an der Schlacht bei Barsur⸗Aube von Seinem erhabenen Vater den Ehrenschmuck des Eisernen Kreuzes empfing. Und jetzt hat Er die Genugthuung gehabt, Seinem Sohne dasselbe Ehren— zeichen zu verleihen für einen Sieg über die besten Truppen der Franzosen, einen Sieg, der den Paß geöffnet in's Elsaß hinein! Aber das Eiserne Kreuz von 1814 bedeutete etwas Anderes, wie das von heute. Damals war es das Sinnbild mühsamen Aufraffens aus tiefstem Fall; aus tausend Wunden blutete das Vaterland, und es hatte nur den einen Gedanken: frei zu werden von Fremd— herrschaft. Heut ist das Eiserne Kreuz zum Sinnbild geworden des einmüthigen Selbstbewußtseins und der gewaltigen Macht— entfaltung der gesammten deutschen Nation!

In Verfolg des Erlasses des Finanz-Ministers vom .. d. Mts. (Staats-Anzeiger Nr. 202) wegen des Land— verkehrs mit Frankreich, sind bereits die erforderlichen Anord— nungen getroffen, um die Verwaltung der Steuern in den von den deutschen Heeren besetzten Theilen Frankreichs sicher zu stellen. Die damit beauftragten Beamten sind ernannt und bereits abgereist, um die ihnen übertragenen Funktionen zu übernehmen.

Vom Kriegsschauplatz liegt folgendes Telegramm vor:

St. Avold, Freitag, 12. August. (Durch Anhäufung verzögert.) ;

Se. Majestät der König Wilhelm hat eine Prokla— mation erlassen, deren erster Artikel wie folgt lautet:

Die Konskription ist abgeschafft in der ganzen Ausdehnung des französischen Gebietes, das durch deutsche Truppen besetzt ist.

La conscription est abolie dans toute Pötendus du territoire frangais occupé par les troupes allemandes.

Fränzösischerseits liegen vom Kriegsschauplatz folgende Telegramme vor: ö

Paris, Sonnabend, 13. August. Kleber Brüssel.)

Aus Metz von heute Vormittags 10 Uhr wird gemeldet: Bei den Truppen nichts Neues.

Paris, Sonnabend, 13. August., (Ueber Amsterdam.)

Das französische Gouvernement läßt offiziell erklären, daß es die Genfer Konvention nicht verletzt habe. Es sei nicht rich— tig, daß französischerseits nur die französischen Verwundeten in Pflege genommen seien.

Kopenhagen, 8. August. Ueber die französischen Schiffe wird den »Hamb. Nachr.« geschrieben: Eine französische Schrau— benkorvette legte sich hier gestern auf der äußern Rhede vor Anker, der französische Avisodampfer »L'Hirondelle« verließ am Sonnabend Morgen, in südlicher Richtung gehend, die hiesige Rhede, wo er am Tage vorher, von Norden kommend, ange— kommen war. Aus Rudkjöbing (dänische Insel Langeland) wird unterm 7. d. geschrieben: »Die erste Abtheilung des nach der Ostsee bestimmten und aus 8 Panzerfregatten bestehen den fran⸗

Diese Be⸗

zösischen Geschwaders, legte sich Freitag Nachmittag ungefähr um 8 Uhr in Langelandsbelt bei Snöde vor Anker. Gestern (Sonnabend) Morgen verließ das Geschwader die Anker— stelle und passirte um 38 Uhr Spodsbjerg in südlicher Richtung steuernd. Auch auf der südlichen Küste der Insel wurden Flaggen zur Begrüßung des Geschwaders aufgezogen.«

Schleswig, 6. August. Im nördlichen Theile Schleswigs waren bei Erklärung des Kriegszustandes auch die das Ver— sammlungs⸗ und Vereinsrecht, sowie die Preßfreiheit betreffen— den Artikel der Verfassung außer Kraft gesetzt worden. Diese Maßregel ist jetzt durch folgenden Erlaß wieder aufgehoben worden:

»Die durch Verfügung vom 1. August ausgesprochene Suspen— sion der Artikel 5, 6, 27, 29 und 30 der preußischen Verfassungs— Urkunde wird von mir ohne Weiteres hiermit wieder aufgehoben.

Schleswig, am 3. August 1870.

Der stellpertretende kommandirende General des 9. Armee ⸗Corps. (gez.) v. Etzel.

Fonnels- aa M AGCti6 en -H ns.

Hear eslara, 13. August, Nachm. 1 Uhr 52 Minut. (Lol. Dep. ges Staats- Anzeigers.) Gesterreichische Banknoten SC,. ; bez. Freiburger Stammaktien —. Oberschles. Aktien Lit. A. 159 G.; Lit. B. Oberschlesische Prioritits - Obligationen Lit. D., 4proz. —; 4Iproz. 877 Br.; Lit. E. 705 bez.; do. Lät. G. S6, bez. Oderberger Stamm- Aktien 925 G. Neisse Brieger Aktien 81 Br. Oppeln - Tarnowitzer Stammaktien —. Preussi- sche 5proz. Anleihe von 1853 96 Br. Matt.

9. . *. II., 13. August. (Wolff's Tel. Bur.) Matt.

Anfangs- Course.) Amerikaner 9099, österr. Kreditaktien 222, Staatsbahn 307, 1860er Loose , Lombarden 172, Galizier —, Silberrentée —, Neue Spanier —.

HHuanmnhanrꝶ, 13. August, Nachmittags. (Wolff's Tel. Bur.) Behauptet, aber sehr wenig Geschäft.

(Schlusscourse.) Preuss. Thaler HraPᷣburger Staats- Prämienanleihe —. Silberrente —. Oesterreichische Kredit- aktien —. Oesterreich. 1860er Loose 70. Staatsbahn —. Lombarden 369. ltalienische Rente Vereinsbank —. Kommerzbank 100. Norddeutsche Bank 137. Rheinische Bahn Altona-Kiel Finnländische Anleihe 1864er Russ. Prämienanleihe 105. 1866er Russische Prämienanleihe 105. 6prozent. Vereinigte Staatenanleihe pr. 1882 865. Dis- konto 53 pCt.

Wien, 13. August. (Wolff's Tel. Bur.) Fest.

e, n. Papierrente -. 1854er Loose —. Bank- aktien 670.00. Nordbahn 196.00. National-Anlehen —. Kredit- aktion 243.00. Staats-Eisenbahnaktien-Cert. 338.00. Galizier 222.00. Czernowitzer 186.00. Pardubitzer 161.00. Nordwestbahn 183.50. London 127.25. Hamburg 94.50. Paris 50.10. Frank- furt 106.25. Amsterdam 106.50. Böhm. Westbahn 229.00. Kredit- loose 148.00. 1860er Loose 83. 25. Lombardische Eisenbahn 187.00. 18640r Loose 109.25. Anglo Austrianbank 209.50. Napoleonsd'or 19.099. Dukaten 6. 02. Silbercoupons 125. 25. Silberrente 64.25. Mähr. Schlesische Centralbahn —.

wien, 13. August, Abends. (Wolffs Tel. Bur.) Matt.

Abendbörs e. Kreditaktien 241. 50, Staatsbahn 337.00, 1860er Loose 88.59, 1864er Loose 109.90, Anglo-Austrijan 207.50, Franco-Austr. S5. 50, Galizier 220.00, Lombarden 18650, Nord- bahn —, reditloose —, Papierreénte Silberrente —, Far- dubitzer —, Volksbank —, Napolcons 10.10.

HEPro clk tem- amel Wau 'n en- Härse.

Häresie, 13. August, Nachm. 1 Uhr 52 Minut. (Tel. Dep. des Staats Anzeigers.) Spiritus pr. S000 pt. 16 bez. u. Br. 1544 G. Weizen, weisser 74 85 Sgr., gelber 74 - 82 Sgr. Roggen 53-58 38gr. Gerste 41—- 46 Sgr. Hafer 35 —- 39 Sgr.

Cöknra, 13. August, Nachmittags i Uhr. (Wolff's Tei. Bur.) Wetter trübe. Weizen niedriger, hiesiger loco 8, fremder loco 7.75, pr. November 7.17. Röggen matter, loco 6 à 5.25, pr. November 5.17. Hafer loco 7.73. Riböl unverändert, . . pr. Oktober 146M. Leinöl loco 1190. Spiritus oco 20.

A nansteratzame, 13. August, Nachmitt. 4 Uhr 30 Minuten. (Wolff's Tel. Bur.) Getreidemarkt (Schlussbericht). 1873. Trübes Wetter.

Atera, 13. August, Nachmittags 2 Uhr 30 Minuten. (Wolff's Tel. Bur.)

Getreidemarkt. Weizen behauptet, Wolgaster 313. Roggen ruhig, französischer 205. Hafer flau. Petroleüm- Markt (Schlussbericht). Teiss, logo 48 bez., 485 Br., pr. August 48 Br., pr. September

Roggen pr. Oktober

Raffinirtes, Type

185 bez., 50 Br., pr. Oktober 52 Br., pr. September-Dézemper 5235 Br. Fest.

Redaction und Rendantur: Schwieger.

Berlin, Druck und Verlag der Königlichen Geheimen Ober Hofbuchdruckerei

(R. v. Decker)

nas Abonnement beträgt A Thlr.

znsertions preis für den Naum einer

1 20M.

Ge. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

anstalten

sür das dierteljahr.

Druchjeile Sz Sgr. , 85 KR 36

Königlich Preustischer

Alle Post ⸗Anstalten des In⸗ und Auslandes nehmen gestellun an, für gerlin die Expedition des gan ; preußischen Staats Arzeigers:

Berlin, Sonnabend den 13. August Abends

Dem Pfarrer Müller zu Merzleben im Kreise Langen

salza den Rothen Adler⸗Orden vierter Klasse, sowie dem Fuß. Gendarmen Paradzik in der 6. Gendarinerie⸗Brigade und Ddem Küster und Glöckner Cierpinsky zu Jutroschin im Kreise Kröben das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen.

Norddeutscher Bund.

Bekanntmachung. Der Postanweisungsverkehr von und nach den Post—

in den Großherzoglich hessischen Provinzen Rheinhessen und Starkenburg, sowie in dem Ober ⸗Post⸗Direktionsbezirk Trier,

ist wieder in dem früheren Umfange, nach Maßgabe des §. 17 des Reglements vom 11. Dezember 1867 das Postwesen des Norddeutschen Bundes vom 2. November

zu dem Gesetze über

1867, zulässig. Berlin, den 123. August 1870. General · Postamt. Stephan.

Ministerium für Sande, Gewerbe und öffentliche

Arbeiten. Das dem Baumeister Friedrich Hoffmann zu Berlin

und dem Stadt⸗Bau⸗Rath Licht zu Danzig unter dem Asten

Mai 1858 für den damaligen Umfang des preußischen Staats

ertheilte Patent auf

einen durch Zeichnung und Beschreibung erläuterten, für neu und eigenthümlich erkannten ringförmigen feststehenden Ofen zum unausgesetzten Betrieb bein Brennen von Ziegeln und anderen Gegenständen, ohne Jemand in der Anwendung be⸗

kannter Theile zu beschränken,

. sowie das denselben Personen unter dem 22. Mai 1860 für ; das vormalige Kurfürstenthum Hessen ertheilte Patent auf

einen neu konstruirten ringförmigen Brennofen mit immer- währendem Betrieb,

sind aufgehoben.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Königliche Universitäts⸗Bibliothek.

In den Tagen vom 22. bis zum 26. August, in den Stun⸗ den von 10 bis 2 Uhr, findet die allgemeine Zurücklieferung

: aller aus der Königlichen Universitäts⸗Bibliothek entliehenen Bücher statt. Es werden daher alle Diejenigen, welche Bücher . . , . Universitäts-Bibliothek in Händen haben, hier⸗ Durch au

gefordert, solche während der angegebenen Zeit gegen die darüber ausgestellten Empfangscheine zurückzuliefern. Die Königliche Universitäts-⸗Bibliothet bleibt während der

Zeit vom 29. August bis zum 7. Ottober incl. geschlossen.

Berlin, den 12. August 1870. Der Direktor der Königlichen Universttäts⸗-Bibliothek. Dr. Pertz.

N icht amtliches. Berlin, 13. August. Ihre Maje tät die

Preußen.

König in besichtigte gestern die Lazarethẽ in der Barnim und

der Eisenbahnstraße.

brechung

Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin besuchte vorgestern Abend den zu Potsdam r, ,. a Lieutenant von Esebeck und Frau von Esebeck, um den schwer geprüften Eltern Ihre Theilnahme an dem Verluste ihres als

auptmann im Regiment Nr. 94 bei Weißenburg gefallenen ohnes auszudrücken.

Heute früh kam Ihre Königliche Hoheit die Kronprin- zessin mit dem 10. Uhrzuge nach Berlin, besuchte mit den Prin⸗ zen Friedrich Wilhelm und Heinrich die im Lazareth des Häülfs.« vereins in der Ulanenkaserne bei Moabit befindlichen Verwun— deten und wohnte einer Sitzung des Ausschusses der Victoria— National. Invaliden - Stiftung in dem Geschäftslokale dessel. ben, Dessauerstraße 36, bei. Nach einem Besuche bei Ihrer Majestät der Königin fuhr Ihre Königliche Hoheit um fünf Uhr nach Potsdam zuruck.

Hauptquartier des Ober Kommandos der Ill. Armee.

Sulz. 7. August. Wir werden den ausführlichen Bericht über die Schlacht von Wörth mittheilen, sobald die takttischen Angaben von den einzelnen e . in authentischer Weise fest ˖ gestellt sein werden, was bei der großen Ausdehnung der Kampfeslinien nicht sofort geschehen kann. Ohne ÄUnter⸗- langen neue Transporte von Gefangenen im Hauptquartier an, ihre Zahl beläuft sich zur Stunde (7. Aug.

8S Uhr Morgens) auf beinahe 000. (Wie Telegramme inzwischen

gemeldet, ist diese Zahl schon erheblich überschritten D. R.) Es gehören zu ihnen einige Personen aus dem Civilstande, die bezichtigt worden sind, von einem Thurm in Wörth, dem

Centrum des Kampfplatzes aus, auf deutsche Soldaten ge⸗

schossen zu haben. Dabei ist die eigenthümliche Genugthuung im Spiele, daß sich unter diesen Gefangenen die Redaäcteure von zwei der preußenfeindlichsten pariser Journale, den dem äußersten Chauvinismus dienenden Blättern »Figaro« und »Gaulois« befinden. Es sind Cardon (⸗Gauloise) und Chabrillat (yFigaro«). Mit ihnen ist ein dritter Literat eingebracht wor- den, Seltenmeier, Notar in Wörth, der als Korrespondent für die »Société internationale« thätig gewesen ist. Da bei der Verhaftung dieser Leute, denen 28 eine Anzahl Bürger aus Wörth sich beigesellt hatten, keine Waffen gefunden worden sind, so ist es wahrscheinlich, daß man die Anklage fallen lassen wird. Trotzdem sollen die Redacteure in Verwahrsam bleiben, um allem Nachtheil, der etwa aus ihren Mittheilungen über die diesseitigen Truppenlokationen entstehen könnte, vorzubeugen. Unter den gefangenen Soldaten herrscht eine große Erbitterung gegen Mae Mahon. Und in der That er- giebt sich dus einigen detaillirten Erzählungen schon jetzt, daß er, als die Schlacht bereits so gut wie verloren war, die Truppen planlos gegen unsere vordringenden Reihen dirigiren ließ. Es ist vorgekommen, daß sechs Schwa— dronen, troßz des Unwillens der Soldaten, in die Mitte von zwei preußischen Feuern geworfen wurden. Ihr Schick⸗ sal war natürlich völlige Vernichtung, soweit nicht Gefangen— nahme die unglücklichen Opfer rettete.

Außer dem Corps Mac Mahon, zu dem auch die Truppen des bei Weißenburg gefallenen Generals Douay gehören, haben noch andere Streitkräfte, eine Division aus der Canrobertschen Armee, Truppen des General du . und Truppen aus Grenoble, in den Kampf eingegriffen. Außerdem muß man den französischen Truppen, wohl zur Anfeuerung, eingeredet haben, daß Napoleon III. sich in ihrem Lager befinde. Daher die häufigen Aussagen der Gefangenen, die die Anwesenheit des Kaisers, wie es bis jetzt scheint, fälschlicher Weise behaupten. Auf dem Kirchhof von Sulz lagen viele Hunderte von Ge—

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