1870 / 245 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Heute Morgen erhielt Ihre Majestät die neueste Depesche Seiner Majestät des Königs, welche die Stadt mit Jubel erfüllt. Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin ist am 31. v. Mts. in Homburg eingetroffen und hat am fol⸗ genden Tage die Besichtigung der in Stadt und Umgegend be— findlichen, mit zahlreichen Schwerverwundeten belegten Lazarethe

begonnen.

»Welch eine Wendung durch Gottes Führung!«

Von unseres Königs Lippen kommen diese Worte in einem großen entscheidenden Moment.

Erblaßt ist der Glanz der Kaiserlichen Adler vor unseren siegreichen Fahnen. Die zweite große Armee Frankreichs hat sich ergeben, und der Kaiser der Franzosen ist selbst Sr. Majestät des Königs Gefangener.

Mit den preußischen Fahnen steht das weiße Kreuz der preußischen Landwehren siegreich auf französischem Boden.

Dem Sohne und Enkel König Friedrich Wilhelms und Louisens sind auch die Söhne und Enkel der Männer mit dem weißen Kreuze von 1813 gefolgt. Unter diesem heiligen Zeichen, in wuchtigen Bataillonen haben sie Weib und Kind mit dem⸗ selben freudigen Muth verlassen, um endlich unter Gottes gnädiger Fügung das mit zu erkämpfen, was ihren Vätern, trotz aller blutigen Opfer, zu erstreiten nicht beschieden war einen vollen, gerechten Frieden für unser deutsches Vater⸗ land!

So Gott will, wird das große Werk nun bald vollbracht sein! Unsere siegreichen Krieger werden heimkehren, unter ihnen die Söhne und Enkel der Ritter des eisernen Kreuzes von 1813, von den Greisen mit zitternder Hand begrüßt! Viele der Sieger selbst mit dem eisernen Kreuze geschmückt, in dem sich das Schwarz und Weiß der vaterländischen Farben so schön vermählt!

Mit Stolz werden auch unsere deutschen Stammes und Kampfesgenossen aus Nord und Süd dieses Kreuz auf der Brust ihrer siegreichen Brüder und Söhne sehen. Und dies ge—⸗ meinsame Ehrenzeichen wird fortan ein schönes inhaltschweres Symbol sein für die langerstrebte Einheit unseres großen, deutschen Vaterlandes! Das walte Gott!

Ihre Majestät die Königin erhielt in der fünften Morgenstunde des heutigen Tages das inhaltsreiche Telegramm, welches die Kapitulation von Sedan und die Er— gebung des Kaisers Napoleon an Se. Majestät den König meldet. Allerhöchstdieselbe ließ diese De⸗ pesche sogleich auf den, gewöhnlichen Wegen verbreiten und war die Siegesnachricht bereits an einem großen Theile der Säulen angeschlagen, als die Bewohner der Hauptstadt an ihr Tagewerk zu gehen begannen. Schon um 8 Uhr wehte in den Straßen Flagge an Flagge; auf den Dächern, in den Fenstern selbst der entlegensten Straßen zeigte sich heute das Festgewand der allgemeinen Stimmung, welche durch die von 97 eingetroffene Nachricht zum höchsten Jubel gesteigert worden.

Unter den Linden und in den angrenzenden Straßen wogten seit dem frühen Morgen Tausende auf und ab, deren Menge, je näher dem Königlichen Palais, um so gedrängter wurden. Von dem Brandenburger Thor wehte eine Flagge; die Victoria auf demselben war siegbekränzt. Vom Pariser Platz aus begleiteten den General-Feldmarschall von Wrangel, der unter endlosem Jubel sich in däs Königliche Palais begab, zahllose Schaaren der aufwachsenden Jugend. Die Volksmenge vor dem Königlichen Palais wuchs von Stunde zu Stunde; Ihre Majestät die Königin erschien wieder⸗ holt auf dem Balkon, um den jubelnden Dank des Volks ent. gegenzunehmen. Patriotische Gesänge wechselten mit zahl losen Hurrahrufen. Gegen 10 Uhr begannen Umzüge durch die Stadt. Die Schulen hatten fast durch⸗ weg, und vereinzelt auch die Geschäfte geschlossen: ganze Klassen der ersteren zogen, voran ihre Fahnen oder die bekränzte letzte Depesche tragend, die Linden entlang. Später folgten die Um— züge verschiedener Gewerke, unter denen die Maschinenbauer den Anfang machten. Voran eine große Fahne, welche »Die Wacht am Rhein« als Inschrift' führte, zogen diesel⸗ ben vom Oranienburger Thore bis an! das? Denkmal König Friedrich II., das bis auf seine höchsten Punkte mit Jubelnden bedeckt war, das Roß bekränzt, der König mit einem Lorbeerkranze geschmückt und in der Hand

eine wehende Fahne. Andere Volksmengen zogen vom Pala fu den Krinisterien, vor den Hotels des Grafen Biemanttll! Kriegs⸗Ministers, des Generalstabes erschallten die zeltgemi

Lieder; den ganzen Tag über wogte eine stündlich sich mehren

Menge die Straßen der Hauptstadt auf und ab.

Von den beiden Hauptpunkten des Kriegsschaupl sind in den letzten Tagen Nachrichten über wichtige Erelgn eingegangen, welche von erheblichem Einfluß auf den t sammten Fortgang der kriegerischen Operationen sind. 9. nahezu gleichzeitige Eintreffen derselben gestattet den Sch daß die Bemühungen und Bewegungen Mac Mahon und Bazaine eine

att

kombinirte Operalin

sein sollten, und zwar diejenige, welche der Graf Palikao geheimnißvoll im gesetzgebenden Körper seit acht Tagen n zeützt, mit welcher er die täglich mehr finkenden Hössnun der Pariser anzufeuern persucht, und deren der ⸗Gaͤulbis. zur Ausführung kommen

bestimmt am 30. und 31. August erwähnt hat.

Sedan und Metz sind die momentanen Schwerpunkt

die Kardinalpunkte des Feldzuges von der Mosel bis Pan geworden:; von beiden festen Plätzen steht es fest, daß ij deutschen Waffen dort wie hier Erfolge von der größten Tra weite errungen haben.

Während Mac Mahon seit einer Woche sich ver eblich he mühte, zur Entsetzung Bazaine's durchzubrechen, ., diet selbst aufs Neue den Beweis, daß die Metz cernirenden Corjf nicht Willens waren, ihn mit seinem durch Hunger und Kran ö bereits hart mitgenommenem Heere sich durchschlagen s assen. Bazaine versuchte einen starken Ausfall nordostwätß der Festung und wurde trotz seiner großen Uebermacht von den ost⸗ und westpreußischen Armee⸗Corps und der Reserve . Divissh von Kummer überall siegreich zurückgeschlagen. Allem u nruthen nach ist diese bis jetzt hierher gelangte Mh theilung nur der Vorbote weiterer Nachrichten, es ist keinth wegs anzunehmen, daß es dem Marschall Bazaine in der Mn Ernst sein sollte, auf dem rechten Moselufer hin auszubrechin, vielmehr läßt sich annehmen, daß der Ausfall des en geschlossenen Marschalls m 1. September in der Richtun auf Ste. Barbe nur ein Scheinangriff gewesen ist, dem voran sichtlich weitere Stöße auf die Armee des Prinzen Friz. rich Karl folgen werden, welcher denselben jedenfalls mik netz konzentrirteren Truppenmengen wie der fast isolirte Genen v. Manteuffel begegnen wird.

Bei Weitem größer wie die Erfolge unserer Waffen li Metz sind diejenigen, welche die Kapitulation von Seyan und des in die Festung zurückgewor fenen Heeres dc Marschalls Mar Mahon, Herzogs von Magenta, meldn

Am 39. August begann nach vorangegangenem Ävantghh dengefecht bei Nöuart die Schlacht bei Beaumont, in welhht der Marschall Mae Mahon in nördlicher Richtung über i Maas zurückgedrängt wurde; am folgenden Tage wurde den selbe von der durch mehrere Corps der III. Armee verstarkin preußisch sächsischen Armee ⸗Abtheilung in der Stellung b Vaux auf dem rechten Ufer der Maas auf's Neue angegrifft und in der Richtung auf Sedan zurückgeworfen, Und im L. September folgte bei dieser Festung und in deren fast ganzem Un kreise der entscheidende Schlag, wie es scheint, unter dt Königlichen Oberfeldherrn perfönlicher Führung. Die Kapihn, lation ist französischerseits, da der Harl Mac Mahon selhs verwundet ist, von dem der Anciennetät nach ältesten komma direnden General, von Wimpffen, unterzeichnet worden um erstreckt sich auf sämmtliche in der Festung befindliche Kaiserlith

Truppen, die, nach vorheriger Gefangennehmung von ett

S000 Mann und Versprengung von ekwa halb fo viel af belgisches Gebiet, immerhin noch viele Tausende betragen müseen da sie Theile des J., V., VII., XII. Corps und der' Kavalleni des VI. umfassen. Unter den Corps-Commandeurs sind aut dem Herzog von Magenta die Generale von Wimpffen, Fliß Douay (Bruder des bei Weißenburg gefallenen Abel Douah und Lebrun zu nennen.

„Gleichzeitig mit der Kapitulation der Armee hat sich z Kaiser Napoleon für seine Person der Person Sr. Majestz des Königs ergeben, Allerhöchstwelcher Über den Aufenthnl des Kgisers der Französen die weitere Bestimmung treffen wit,

Der Vormarsch auf Paris hat allerdings in Folge M Cooperation der beiden französischen Heerführer einen Aufem halt erlitten, doch nur von wenigen Tagen, da der Kronprin von Preußen nun die nördliche, statt ber anfangs ihm zuhp theilten südlichen Straße auf die Hauptstadt einschlagen with Schon die kommende Woche wird beweisen, ob diese Verzögerun von drei Mal 48 Stunden, welche Palikao und Trochu gewonne haben, mit dem Verlust zweier Feld⸗ Armeen und zwar d letzten des Landes nicht zu theuer erkauft sein dürfte.

ein, und

der Marsch i

sostillone ꝛc. erfordert, welche

lum Schlosse.

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Emanuel Feli von Wimpffen, welcher nach Verwundung des Marschalls Mae Mahon die Kapitulation von Sedan unter— eichnet hat, ist am 13. September 1811 geboren. Derselbe war Zög— n der Schule zu St. Eyr, trat dann in die

wurde 1840 Capitain, 1847 Bataillons ⸗Chef in Algier 1853 dort Regiments Commandeur. Während des Krim— frieges wurde er Brigade General (17. März 1855) und der aiferlichen Garde attachirt; aum italienischen Kriege nahm er mit Auszeichnung Theil, und noch während desselben wurde er zum Divi— ssons General ernannt, in welcher Eigenschaft er von 1860 ab in Lyon fand, bis bald darauf seine Ernennung zuin Lommandeur der Provinz Oran erfolgte. General von Wimpffen ist feit dem 21. August 185 Fommandeur, seit dem 12. August 1861 Großoffizier der Ehrenkegion.)

Vom Kriegsschauplatze liegen folgende Nachrich—

n vor t J Mit den üher

or: Brüssel, 2. September. (W. T. B.) unsere Grenze getretenen und entwaffneten 3000 Franzosen, welche nach Beverloo dirigirt werden, sind auch mehrere Four⸗ gon, 500 Pferde, 2 Geschütze und anderes Material über die

Irenze gekommen.

Abends. Die Zahl der über die Grenze getretenen und entwaffneten Franzosen ist noch weiter gewachsen. Auch äußerst zahlreiche verwundete Franzosen sind eingetroffen. Die⸗ selben, so wie preußische Verwundete, welche die Grenze über— lrreten, finden Aufnahme in den Militärhospitälern.

Französischerseits liegt vom Kriegsschauplatz fol⸗ gendes Telegramm vor: ö (Auf indirektem Wege) (W.

Paris, 3. September. Tel. Bur.) . ö

Das »Journal officiel« schreibt: Das Kriegs⸗Ministerium hat gestern über das Resultat des Kampfes am Donnerstag noch keine offizielle Depesche erhalten. Die anderweitigen hier eingelaufenen Nachrichten sind zu widersprechender Art, um be⸗ rücksichtigt zu werden.

Das General ⸗Postamt hat angeordnet, die aus dem Felde zurückgekommenen Briefe c., deren Adressaten laut dem vom Truppentheile gemachten Vermerk gefallen sind oder ver⸗ mißt werden, den Absendern in möglichst rücksichtsvoller Weise zurückzugeben. Im Anschluß hieran ist den Post- anstalten unter dem 1. d. Mts. empfohlen worden, in den ländlichen Distrikten hierbei die Vermittelung der Ortsgeist— lichen in Anspruch zu nehmen. Das General-Postamt hat ferner von den Postanstalten eine genaue Uebersicht aller zur Fahne oder zur Feldpost einberufenen Postbeamten, fallen, verwundet werden, in Gefangenschaft gerathen oder in Folge von Krankheiten im Felde sterben. Bei der hiesigen Ober⸗Postdirektion lagert eine große Anzahl von Briefen an französische Verwundete und Gefangene, die nicht bestellt werden können, weil der Bestim— mungsort nicht oder ungenau angegeben ist. Der Ober-Post— direktor hat deshalb die Postanstalten in den preußischen ßestungen der östlichen Provinzen um Verzeichnisse der dort internirten Gefangenen, gleichzeitig um spätere fortlaufende Mittheilungen über Ab- und Zugang von Gefangenen ersucht, auch den übrigen Ober ⸗Postdirektoren Kenntniß von dieser Anordnung gegeben. .

Heute und morgen gehen von hier Beamte, Unter⸗ beamte und Postillons mit 260 Postpferden und Wagen nach dem Kriegsschauplatze, um am Beförderungsdienst theilzunehmen.

Königsberg, 3. September. (W. T. B.) Die hiesige Bürgerschaft beschloß einstimmig in der gestern Abend stattge⸗ labten sehr zahlreich besuchten Versammlung eine Adresse an Se. Majestät den König zu richten, die der in Berlin erlassenen völlig entspricht. ;

Swinemünde, 2. September. (Ostsee⸗Ztg) Das heute Nachmittag von Dünkirchen hier angekommene Schiff -Willy⸗ Kapt. Küster, hat von Kopenhagen bis hierher keine französi— scen Kriegsschiffe gesehen.

„Frankfurt a. M, 3. September. (W. R. B.) Schon st den frühen Morgenstunden ist die Stadt in Folge der ein⸗ getroffenen Siegesnachrichten in freudigster Erregung. Ueberall teicher Flaggenschmuck, die Straßen erfüllt von vielen Tausen— den von Menschen. Vor dem Hause des Stadtkommandanten und des Polizei⸗Präsidenten wurden von einer zahllosen Menge begeisterte Ovationen für König und Heer dargebracht.

(Homburg v. d. Höhe, 31. August. Rh. K.) Heute Mittag gegen F Uhr traf Ihre Königliche Hoheit die Kron— hrinzessin mit ihren Kindern und einem Gefolge von eirca O Personen mit einem Extrazug hier ein und fuhr, von den Epitzen der Behörden begrüßt, durch die festlich geflaggte Stadt

Bremen, 3. September. W. T. B) Der Juhel, mit dem die letzten glorreichen Nachrichten vom Kriegsschauplatz aufgenommen wurden, ist unbeschreiblich. Zur Feier des Sie⸗

Infanterie

Tagesordnung kommen kann.

ges wurde mit sämmtlichen Glocken geläutet. In allen Stra— ßen, Haus bei Haus, reicher Fahnenschmuck. Eine zahl. reiche Menge, die sich zu den gewonnenen Erfolgen in freudigster Bewegung beglückwünscht, erfüllt die Straßen. Gegen Mittag fand eine erhebende Feier auf dem Marktplatz vor dem Rathhause statt. Nachdem daselbst der Choral: »Nun danket alle Gott« von einer unübersehbaren Menschenmenge unter Instrumentalbegleitung gesungen war, hielt Pastor Schmelzkopf eine Rede, die mit großer Begeisterung aufgenommen wurde. Darauf wurde das Lied »Heil unserm König Heil« und »Die Wacht am Rhein« gesungen. Für den Abend werden Vorbereitungen zu einer großartigen Illumina⸗ tion getroffen.

ö . ö 3 Der Groß⸗ at von heute an sein Hoflager von Friedberg na Darmstadt zurückverlegt. . ö . Mainz, 2. September. (W. T. B. Der Ge—⸗ meinderath beschloß in heutiger Sitzung, eine Adresse an Se, Majestät den König von Preußen zu erlassen, worin es heißt, es sei nur Eine Stimme aller dem Vaterlande ergebenen Männer, daß Deutschland vor Allem die zu seinem Schutze erforder⸗ lichen Friedensbedingungen zu bestimmen habe. Die Stadt Mainz, so wie sämmtliche Städte und Bewohner des linken Rheinufers, danken dem siegreichen Vorgehen der deutschen Heere, daß sie nicht von dem Kriege heimgesuͤcht wurden, und hegen die feste Ueberzeugung, daß nur die neue Regelung der deutschen Grenzen eine künftige Sicherstellung verschaffe. Das deutsche Volk lebe der Zuversicht, daß der erhabene Heerführer die Bürg⸗ schaften eines dauernden Friedens erzielen und ein in Freiheit ö Vaterland die ihm gebührende Machtstellung erlangen erde.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 2. September. Nach der Kundmachung der Staatsschulden⸗Kontrolkommission des Reichs⸗ raths waren Ende August 411,999,212 Fl. 45 Kr. Partial⸗ Hypothekar⸗Anweisungen und Staatsnoten im Umlauf.

Brünn, 1. September. Der Landtag nahm einstimmig folgende von Dr. Sturm beantragte Refolution an: Der Landtag hält fest an der Selbständigkeit Mährens in dem unmittelbaren Reichsverbande und betrachtet die Staatsgrund⸗ gesetze als den einzigen legalen Rechtsboden für eine Verstän— digung. Der Landtag verwahrt sich gegen die Anerkennung des böhmischen Staatsrechtes und General-Landtages und hält die endliche Konsolidirung der Verfassung und strenge Neu— tralität für das unabweisbare Bedürfniß der Monarchie. Hier— auf wurde die Session geschlossen.

Lemberg, 1. September. Der Landtag nahm die Adresse an den Kaiser unverändert an, die Ruthenen stimmten dagegen. Smolka zog den Resolutionsantrag wegen Verwahrung bei , zurück. Hierauf folgten die Reichsraths— wahlen.

Graz, L September. Karlon beantragte im Namen der Klerikalen und Slovenen, die Berathung des Voranschlages zu vertagen, weil sie sich wegen Kürze der Zeit nicht informiren konnten. Der Antrag wurde abgelehnt, weshalb sie sich der Ab— stimmung enthielten; die Meisten entfernten sich.

Klagenfurt, 1. September. Der Voranschlag des Lan— desfonds pro 1871 wurde genehmigt und zur Deckung deß Abganges eine 19prozentige Umlage bewilligt.

Prag, 1. September. Die Kommission behufs der for— mellen Behandlung der Kaiserlichen Botschaft beantragte bei dem Landtgge einstimmig eine Adresse, zu welchem Behufe eine Kommission aus 21 Mitgliedern zu wählen ist. Herbst glaubt, daß trotz Adresse die Reichsrathswahlen vorzunehmen sind, da das Recht und die Pflicht zur Vornahme der Reichs rathswahlen nicht erst aus der Kaiserlichen Botschaft, sondern aus der Landtagsordnung fließen. Berichterstatter Graf Elam— Martinitz sagte: Die Aufforderung zur Vornahme der Reichs— rathswahlen sei ein integrirender Bestandtheil der Kaiserlichen Botschaft, daher dieselbe nicht vor deren Erledigung an die Der Kommissionsbericht in Be⸗ treff Erlassung einer Adresse wurde einstimmig angenommen. Hierauf wurden die Wahlverifikationen vorgenommen und das Eidgelöbniß geleistet.

Nach den Wahlverifikationen bat der czechische Ab⸗

eordnete Zeithammer ums Wort und sagte: Die Czechen eien in diese Versammlung getreten, um das Wort des Kagisers zu hören und nicht um sich mit anderen Angelegenheiten zu befassen, indem sie die Versammlung nicht, für den legalen Landtag halten. Der Präsident möge daher die Verhandlungen aller Angelegenheiten administrativer und legislativer Natur vertagen bis zur schließlichen Erledigung der Adresse an Se. Majestät. Graf Leo Thun sprach den gleichen Wunsch der Großgrundbesitzer aus, welche diesen Antrag Zeit—