1870 / 268 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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orps, sowie der 5. und 6. Kgl. preuß. Kavalleriedivision, welche auf 6 s. M. vorrückend, zuvörderst die Aufgabe hatte, die Armee von Mac Mahon aufzusuchen, über deren Starke, Zusammensetzung und VWufstellung bestimmte Nachrichten fehlten. An Stelle Sr. Königl. Hoheit des Kronprinzen übernahm Se, Königl. Hoheit der Prinz Georg das Kommando des Königl. sächsischen Armee Corps, Sberst v. Rontbé die hierdurch erledigte 23. Infanterie ⸗Division und für den durch einen Sturz mit dem Pferde leider schwer verletzten Generalstabs - Chef, Oberst Lieutenant v. Zezschwitz, der Com- mandeur des Gardereiter Regiments, Oberst v. Carlowitz, die Function des Generalstabs Chefs. ö Das 17. Armer - Corps bildete den rechten Flügel der Armee⸗ Abtheilung Sr. Königl. Hoheit des Kronprinzen; der Vormarsch gegen Chälons ward am 2X2. August angetreten und hatte das General- kommando die Etappen am 22. August Jeandelize, am 23. Haudiomont, am 24. Dieuze · sur Meuse, am 25. * Jubscourt J Meile von Clermont en · Argonne.) Während dieses Vormarsches wurde der Versuch gemacht, das be⸗ festigte Verdun durch einen überraschenden Angriff zu gewinnen. Hierzu ging die 2. ö auf der Straße Etain Verdun, die 24. Infanterie ˖ Diviston und Corps Artillerie auf der Straße résnes-Verdun vor. Die Avantgarde der 23. Division, das Schützen- Regiment Rr. 108, setzte sich mit großer Bravour in Besitz der Faubourg. le⸗ aus und hielt solche troß des Feuers aus den Festungs⸗ werken besetzt, während die Batterien des Corps Festungswerke und Stadt levhasl beschossen. Die Voraussetzung, daß man durch die se Maßregel einen bedeutenden moralischen Eindruck erzielt haben würde und die Stadt zur Kapitulation vermögen könnte, er- wies sich inzwischen als unrichtig. Die Uebergabe wurde vielmehr auf das Entschiedenste verweigert, und hatte der Kampf nur festge: stellt, daß Verdun sturmfrei, vertheidigungsfähig, hinlänglich besetzt und ausreichend mit schweren Kalibern armirt war. Das 12. Armee Corps gab deshalb den Angriff, welcher eben nur als ein über- raschender, Aussicht auf Erfolg hatte, auf und überschritt die Meuse ober. und unterhalb Verdun, vor letzterem Orte zur Beobachtung die 17. Infanterie Brigade stehen lassend; welche am 25. August beim Westermarsch des Eorps in einer Stellung bei Lempire dessen rechte Flanke deckte. . . Am 26. August waren beim großen Hauptquartier Sr. , n. des Königs von Preußen sichere Nachrichten eingegangen, daß die französische Armee ihre Stellung bei Chälons aufgegeben und sich gegen Norden in Bewegung geseßt habe, eine Maßregel, die vom rein

militärischen Standpunkte aus als unrichtig bezeichnet werden muß.

Ein auf diesem Wege zu hoffender Entsatz von Metz und der darin eingeschlossenen Armee des Marschalls Bazaine konnte sich nur auf die unbegründete Vorgusseßung einer Unaufmerksamkeit, Unthaätigkeit oder Schwäche der im Rücken der Armee vor Metz operirenden deutschen Streit kräfte stützen. Die nächste Folge des Abmarsches von Mas Mahon war für die Ärmee des Kronprinzen von Sachsen, offiziell die Maas Armee benannt, daß sie die Argonnen nicht überschritt, sondern ihre Marschrichtung gleichfalls nach Norden nahm, das 12. Armee ˖ Corps fam hierbei am 26. nach Varennes und ging am 27. nach Dun die schwierige Aufgabe lösend, im Flankenmarsche sich hinter die Maas

u ziehen, um diese wichtige Linie hauptsächlich an den

unkten Dun und . n etwa von Westen kommende fran⸗ zösische Angriffe auf das Entschiedenste zu behaupten. Die Truppen erreichten unangefochten ihr Ziel und bivouakirten in der Nähe der ausgesuchten Befenstvpositlonen. Nur die 2. Kavallerie Brigade stieß während einer Rekognoszirung bei Buzancy auf 6 Schwa— dronen des 12. Chasseur⸗Regiments; soweit die offiziellen Berichte dieses Gefechts Erwähnung thun, nöthigte das Feuer der reitenden Batterie Zenker den Feind zum Zurückgehen und gelangte dabei die J. und die halbe 5. Schwadron des 3. Reiter Regiments zur Attaque. Der Commandeur des französischen Chasseur Regiments wurde ver wundet gefangen. Nur gedachtes Gefecht bestätigte die erlangten Nach⸗ richten, daß am VN. Auguͤst die Hauptkräfte der Armee des Marschalls Mac Mahon noch bei Vouziers ständen. Waͤhrend daher das 12. Armee Corps am 28. August in der Position bei Dun verblieb, setzten die andern Corps der Maas - Armee und die III. Armee den Marsch auf Buzaneh und Vouziers fort. Die beiden folgen den Tage brachten dem 12. Armee Corps im Vormarsch über Beaumont glückliche Gefechte am 29. bei Nouart, am 30. bei Beau mont. Am 29. August ging das Armee Corps der erhaltenen Dis⸗ position gemäß auf Nouart vor. Die Höhen hinter letzterm Orte waren vom Feinde besetzt. Da man die Stärke der gegenüberstehen den Truppen nicht kannte, so ging die 46. Brigade 8. und 4. In- fanterie⸗ Regiment) zur Rekognosztrung vor. Der Feind räumte jedoch nach längerem Gefechte und Widerstande seine Stellung und zog sich in eine weiter rückwärts vor Bois des Dames gelegene zurück. Sowohl durch dieses Gefecht als durch die Rekognoszirung bei den übrigen Armee Corps war fonstatirt, daß die feindliche Armee sich zwischen Beau⸗ mont und le⸗Chöne befand, für den 30. August war daher der gleich⸗ zeitige Angriff durch die III. und die Maasarmee angeordnet. Das 12. Corps focht dabei auf dem rechten Flügel, sein Vormarsch geschah von Nouart über Laneuville durch das Föoröt ⸗-de⸗Dieulet auf Beau—= mont, welches nach längerem Artilleriekampf durch das 4. Armee ⸗Corps genommen worden war. Beim Zurückweichen des Feindes (nach den gemachten Gefangenen, des Corps de Failly) auf Mouzon gelangte die 15. Infanterie⸗Brigade (Leib und 2. Grenadier⸗ Regiment) mit dem Schützen Regiment 5 Aktion und erreichte dieselbe bei lebhafte Nach— drängen mit ihren Spitzen Villsmontry. Die Verluste des sächsischen Torps in den Gefechten vom 29. und 30. waren mäßig, hatten aber immerhin 18 Offiziere inkl. Rtodt und zwischen 400 und 500 Mann außer Gefecht gesetzt.

Als Hauptresultat der von der vereinten III. und der Maaßg gelieferten siegreichen Kämpfe war schon jetzt zu betrachten, da ma Absicht Mac Mahon's, Metz zu entsetzen und seine Verbindung ie Bazaine herzustellen, vollständig vereitelt war; es galt aber, die Et theile der erlangten Siege auszubeuten und deshalb wurde für n 31. Fortsetzung der Offensive beschlossen. Das 12. Armee. Enn gin hierzu auf das rechte Maasufer über, um im Verein init

oniglich' preußischen Garde- Corps gegen die Linie Mon Carignan e, nn An diesem Tage kam von dem Ron sächsischen Truppen nur die Kavallerie⸗Diviston zur Aktion, . hier zu erfolgreicher Thätigkeit. Sie erhielt am Morgen des i Befehl, die Wiags bei Brouilly zu überschreiten und das Maar abwärts in Verbindung mit der über Sailly und Carignan dir Garde. Kavallerie ⸗Division vorzugehen, um den Abzug der Trainz ö französtschen Armee zu sibren. Iiuf der Höhe nordwestlich des Za deVauz rekognoszirte die Division in Carignan bereit stehende Ei bahn ⸗Trains und abziehende Kolonnen, gegen welche die reitende Ju terie sogleich mit . feuerte. Beim weitern Vordringen 6 Douzy, welches mit feindlicher Infanterie stark besetzt war, und delt nur von der reitenden Batterie beschossen wurde, bot sich Gelegenzt⸗ einen großen Train, theils bespannter, theils unbespannter Veipssst und Ambulancewagen zu attaquiren. Das Garde Reiter ⸗NRegiman war zu diesem Zwecke bei Brevilly über die Chiers gegangen, un die auf der Chaussee zurückgehenden Kolonnen anzugreifen, ez komm aber nicht weiter, als nach Pauru St. Remy vordringen, da eh don von stärkeren feindlichen Infanterie ⸗Abtheilungen, besonders aber von den Einwohnern beschossen worden war und Infanterie nicht in Hand sein konnte.

Der Versuch des 1. Ulanen-Regiments Nr. 17, in Douzy einn dringen, mißglückte anfangs wegen eines heftigen Infanterieftuen Durch die weitere Vorbereitung der reitenden Batterie aber gen es demselben Regiment doch, Douzy zu forciren und die abmarst renden Trains gegen 40 Wagen, welche von 2 Compagnien deb fan, zösischen 24. Infanterie · Regiments eskortirt worden waren, wegzunehmmn und dabei viele Gefangene zu machen, sowie die auf, dem Bahnhof stehenden Trains in sächsische Hand zu bringen. Drei Schwadtonn des Regiments verfulgten die feindliche Eskorte bis an die Gchöh von Francheval und raillirten sich dann wieder hei Douzy, wöodutz der Besitz dieses Ortes bis zur Ankunft der 24. Infanterie - Dipsson welche daselbst gegen 6 Uhr anlangtt, gesichert wurde. Das lun Regiment hatte bei dieser schänen Waffenthat nur einen Verlust von 9 Mann und 18 Pferden, dabei nächstdem seinen Commandeur Oben v. Miltitz leicht verwundet und 2 Offiziere todt und verwundet.

Durch die Resultate der am 31. geführten partiellen Kämpft war der Kreis um die auf Sedan zurückgeworfene Armee von Mac Mahon immer enger geschlossen worden, noch schien ein Ausweichen dessllhen auf Mézisres nicht völlig unmöglich, da erfolgte am 1 Septimbhtt der entscheidende und glänzende Sieg der vereinigten beiden kronptmm lichen Armeen unter den Mauern von Sedan. Welchen ruhmwolnn Antheil das 123 Corps anl diesem auf ewig denkwürdigen Tu hatte, möge aus folgender Darstellung beurtheilt werden.

Nach der allgemeinen Disposition Sr. Majestät des Bundtksth errn für den 1. September nahmen alle Corps der Maaß und J. Armee an einer großen konzentrischen Bewegung Theil, will

bestimmt war, die bei Sedan stehende feindliche Armee von Alm Seiten einzuschließen. Am rechten Flügel (Carignan - Douzh dit Maasarmee unter Befehl Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Sachsen von Osten vordringend, im Süden die bayerische Atmet gegen Bazeilles und von Westen die preußischen Corps der III. Amt bei Donchery über die Maas gehend, auf Monges. rüh 5 Uhr setzten sich die Armeen in Bewegung.

i der Magsarmee war das Garde-Corps und das 12 Atmen

Corps in erster Linie. Das Garde- Corps war auf Villers: Cerngh

das 12. Armee Corps von Douzy über Lamöcourt auf la Monelll

dirigirt. Früh 7. Uhr kam die von Douzy aufgebrochene Avantgardt d 2. Diviston ins Gefecht. Das 8. Infanterie⸗Regiment Nr, 107 an dir Spitze, drang in la. Moncelle ein und setzte sich darin fest. Vi den Sturme auf das Dorf wurde Brigade TCommandeur Generalmost p. Schuls verwundet, Pie leichte Batterie der Avantgarde faßte Je sition auf der Höhe östlich laMoncelle. Sie hatte anfangs gegend franzöfische Batterien einen schweren Stand, da nur nach und, mah Verstärkung an Geschütz und Infanterie anlangen konnte. Vom ftind sichen Artillerie; und Mitraslleufenfeuer vom Rücken westlich h Moncelle, und vom Infanteriefeuer aus dem vorliegenden Grun leidend, hielten die Basterien der Divisions ⸗Artillerie, wie immer, nl bewunderungswürdiger Festigkeit Stand. . Sobald als dies möglich war, wurde die Hälfte der Coꝛpdattlli zur Rerstärkung der wichtigen Posttion vorgeschickt. Die Verhätn waren noch nicht die günstigsten und auch die nun sehr verssh große Batterie vermochte sich nur mit der äußersten Anstrengum . halten. Während diefer Zeit wurde der Commandeur des in artillerie Regiments Nr. i2 Oberst Funcke in den Fuß verum Auf dem rechten Flügel focht das 6. Infanterie-Regiment N. l und das 1. Jäger-Batnillon Nr. 12 in der Richtung auf Oi gegen Zuaven und fielen ihnen 3 Mitrailleusen in die Hände 6 10 Uhr früh iangte die 23. Diviston an. Um den nickt . sichern linken Flügel, auf welchem die Bayern in De standen und sich mit Mühe zu halten schienen, zu Pelle ward die 46 Infanteriebrigade auf la. Moncelle geschickt. Sie iu unter persnlicher Führung des General⸗Majors v. Months 3 im feindlichen Besitze befindlichen Theile des Ortes und (esesihs, den diesseitigen linken Fiügel Eine imposante Artillerielinie, 1 hend aus sämmtlichen Batterien des Armee - Corpss und . bayerischen, entwickelte nun wahrhaft glänzende Thätigkeit. Dll und bei la⸗Moncelle nach und nach vereinigte 23. Division

in die ursprüngliche

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om kommandirenden General Prinz Georg Königliche Hoheit ö Uhr befehligt, im Grunde auf Daignh , . * e zwes Uhr weiter vor auf die Höhen zu debouchiren. Das Vorgehen im be⸗ wachsenen Thalgrunde kostete inzwischen der Division Opfer, da die Gehölze voller e, gr en, ,, die auf unsere Truppen feuerten. Zu gleicher Zeit rückte die preußische 8 Diviston in die Linie zwischen kem 12. Corps und den Bayern bei la Moncelle ein. Die Corps. Artillerie wurde angewiesen, nach und nach auf dem jenseitigen Höhen- juge Position zu nehmen. Gegen 3 Uhr Nachmittags begann das Pebouchiren der Avantgarde der 23. Division auf die Höhen westlich Daigny, welche von feindlicher Infanterie hartnäckig pertheidigt wurden. Der Widerstand wurde mit vielen Opfern überwunden und hierbei mit stürmender Hand vom 1. Ba— faillon des 1. Grenadier Regiments Nr. 1600 zwei Mitrail- leusen genommen. Ungefähr 1600 Gefangene fielen bei diesem An. rifft in unsere Hände. Gegen 4 Uhr trat Ruhe ein, nur die Bayern eu hften noch um Balan. Von den Batterien des sächsischen Eorps wurde nur noch zeitweise auf, wie es schien, nach irgend einer Selte aus dem bereits geschlossenen Kreise zu entkommen versuchende Fran—= zosen gefeuert. Daß die Letzteren hierhei vor keinem Täuschungs. mittel zurückscheuten, geht aus folgender Episode hervor. Unter Anderem näherten sich der sächsischen Linie einige Tausende. Da sie nicht feuerten, auch nicht in Gefechtsformation waren, so glaubte der anwesende kommandirende General Prinz Georg Königliche Hoheit, sie wollten sich ergeben und schickte ihnen Offiziere entgegen. Man rief denselben Pardon! Pardon! zu. Sie näherten sich aber immer mehr, plötzlich begannen sie zu feuern. Dies gab natürlich diesseits die Veranlassung, das Feuer zu erneuern und auch Brandkugeln in die Vorstädte von Sedan zu werfen, welche voll feindlicher Flüchtlinge waren. Um 5 Uhr Nachmittags hatte das Corps folgende Stellung:

23. Division auf den Höhen westlich Daigny,

24. Diviston auf den Höhen östlich des Grundes zwischen la Moncelle und Daigny,

Corpsartillerie auf dem Höhenzuge neben der 23. Division.

Die Kavallerie Division war bei Douzy in Reserve gelassen wor u n. 9. if e srann ihr keine Gelegenheit zu erfolgreicher Ver—⸗ wendung bot.

Auf dem linken Flügel des Corps stand die 8. preußische Dipi—⸗ 6 auf dem rechten das Garde Corps, welches auf Illy mar—

xt war. =

Abends 36 Uhr versuchten die Franzosen über Balan hervorzu— brechen, welches mittlerweile von der 8. preußischen Division besetzt worden war. Auf Wunsch des Divisions ⸗Commandeurs der letztern wurde das geib-Grenadier ⸗Regiment in der Richtung dahin entsendet. Ein Eingreifen war jedoch nicht erforderlich, weshalb es bald wieder Position zurückkehrte.

Die Truppen bivouakirten guf dem siegreich erkämpften Gefechts. felde, nicht ahnend, welch großartigen Erfolg die Schlacht in ihrem Gefolge haben würde.

Der Verlust des Corps beträgt nach den bis jetzt eingegangenen Nachrichten 58 Offiziere, inkl. 13 todt und circa 2000 Mann an Todten und Verwundeten.

Alle im Gefechte verwendeten Truppen des 12. Corps haben sich mit wahrhaft bewunderungswürdiger Bravour geschlagen, eine ganz hervorragende Rolle an diesem Tage hat aber die Artillerie durchgeführt. Bas sächsische Corps, Niemand wird ihm diesen Ruhm nehmen, hat an diesem großen Tage einen entscheidenden Kampf ge⸗ hr in. die Anerkennung der verbündeten Armeen wird ihm sicher nicht fehlen.

Französischerseits sind vom Kriegsschauplatz fol⸗ gende Nachrichten eingegangen:

Paris, Mittwoch, 14. September. (W. T. B.)

Das »Journal officiel⸗ meldet, daß eine Superrevision der bißöher vom Dienst in der Mobilgarde befreiten Personen statt · finden wird. Seit gestern Abend ist die Eisenbahnverbindung zwischen Paris und Lyon versuchsweise suspendirt, weil sich bei Montereau preußische Kavallerie gezeigt hat. Wie man ver⸗ sichet, wurde heute Morgen aus der Gegend von Melun Ge— wehrfeuer vernommen.

Brüssel, 14. September, (W. T. B.)

Die »Independanceg erfährt aus Paris, daß das Fort von Vincennes geräumt sei, da man der Ansicht sei, daß dasselbe nicht gehalten werden könne. Demselben Blatte zufolge sind nach Lhon 5000 Mann Truppen gesandt worden, um der dort herrschenden Anarchie zu steuern.

Paris, 13. September. (N. fr. Pr.)

Die Regierung facht durch Lobpreisung der Laoner Schand⸗ that, durch die angeblichen Riesenerfolge bei Toul und Mont mödy den bereits sehr erschlafften Volksgeist zum Widerstande an. Bisher wurden im Festungsrayon von Paris 142 Ge— bäude niedergerissen.

Der »Köln. Itg.“« wird aus Paris, 12. September, geschrieben: Eine neue Waffe soll bei dem Kampfe vor Paris in Anwendung gebracht werden. Die sogenannte Lokomotiv⸗ Nitrailleufe, welche einer jeden Schußwaffe widerstehe, soll 15ꝝ

ann im Innern bergen und ohne Aufhören Kugeln gus— spritzen. Bis jetzt hat man drei dieser Mitrailleusen neuer Art; 2 sollen aber noch andere in der Anfertigung sein. Seit dem Dekret welches die Waffenfabrikation freigiebt, geben sich viele

abriken mit derfelben ab. Unter ihnen befindet sich

auch die bekannte Maschinenfabrik von Call, die über tausend Arbeiter beschäftigt. Ungeachtet dessen fehlt es noch immer sehr stark an guten Waffen, die Mobilgarden aus der Provinz sind besonders schlecht ausgerüstet. Bis jetzt ist nur die Kavallerie und das, was von der Kaiserlichen Garde noch in Paris war, den heranrückenden Deutschen ent⸗— Ce cn eg ngen, Das Corps Vinoy ist zwar auch ausgerückt. s hält sich aber zwischen den Forts und ist so aufgestellt, daß es rasch auf die am meisten bedrohten Punkte hinmarschiren kann. Das Gas brennt heute wieder in Paris. Doch heißt es mit Bestimmtheit, daß es dieser Tage gänzlich unterdrückt werden soll. Ueber dem Patriotismus, der sich überall kund giebt, wird in Paris viel gestohlen. So ist jetzt ent⸗ deckt worden, daß man eine bedeutend größere Anzahl von Vieh bezahlte, als geliefert wurde. Dasselbe ist be—⸗ kanntlich im Bois des Boulogne und in dem von Vincennes. untergebracht, wo es Tag und Nacht im Freien zubringt. Das Vieh konnte aber zum großen Theil das Bivouakiren bei Nacht nicht vertragen und ging zu Grunde. Für die nächste Zeit ist aber jedenfalls noch genü vorhanden. Alles, was aus Paris sich fortmachen konnte, i abgereist. Die Zurückgebliebenen geben nach wie vor die feste Absicht kund, sich bis auf den letzten Mann zu schlagen. Doch darf man nicht übersehen, daß sich schon jetzt eine Partei ge⸗ bildet hat, welche dem Frieden das Wort redet und die nicht will, daß man noch weiter unnütze Opfer bringt. Das Organ derselben ist die »Prxesse⸗, welche heute zum ersten Mal ihre Stimme in dieser Beziehung hat vernehmen lassen. Wie das 3Journal officiel⸗ mittheilt, ist in Paris seit dem 11. ein an Seilen befestigter Luftballon auf dem Platz

St. Pierre (Montmartre) in Thätigkeit. Matrofen bedienen denselben.

Königsberg, 14. September. Der Dampfer »Colberg« ist gestern von Pillau nach Stettin in See gegangen, da der Hafen von keinem französischen Kriegsschiffe blokirt ist.

„Lon don, 12. September. Von verschiedenen Punkten der Süd- und Südostküste sind gestern Nachmittag und Abend Telegramme über das Vorbeipassiren eines französischen Panzer geschwaders eingetroffen. Fünf bis sechs Panzerschiffe passirten

die Goodwin Sands.

Kopenhagen, 10. September. (H. R). Der mit der französischen Flotte in Verbindung stehende und sich hier aufhaltende französische Schriftsteller Rens de Pont Jest hat, in der Form eines Briefes an die Re—⸗ daktion des Blattes Dagens Nyheder«, einen Bericht über die Operationen und Lage der Ostsee⸗Flotte veröffentlicht. Es wird darin u. A. mitgetheilt, das dem Admiral das bestimmte Versprechen ertheilt war, daß ihm in kürzester Ji Panzer- batterien und Kanonenboote, sowie 25 30,9000 Mann Lan— dungstruppen nachgesandt werden sollten. Es wird ferner be⸗ merkt, daß es nicht in der Absicht gelegen habe, Danzig, Swinemünde, Memel und Colberg anzugreifen. Kiel sei fast unangreifbar durch seine Vertheidigungsmittel jeder Art. Theils sei der Eingang zum Hafen durch Torpedos und versenkte ö 2c. gesperrt, theils lägen die Küstenbatterien in einer

öhe von 100 Fuß, weshalb das Feuer des Feindes nicht beant⸗ wortet werden könnte und es auch zu gefährlich für Schiffe sei, sich einem solchen plongirenden Feuer auszusetzen. Die Flotte sei deshalb auf die Blokade beschränkt e, . was bereits mit Man müsse

an. Schwierigkeiten verbunden gewesen sei. ag und Nacht längs einer Küste segeln, welche vollständig von Leuchtfeuern entblößt sei, und in einem Fahrwasser voll seichter Stellen, dabei hätte man beständig auf eine Ueberrumpelung vorbereitet sein müssen, während man zugleich keine einzige

sichere Zuflucht gehabt habe. Zwar biete die dänische Küste eine Zuflucht dar, wo man hätte Ruhe suchen können, allein der Admiral habe in keiner Weise die neutrale Stellung Däne⸗ marks kompromittiren wollen ꝛc. Ungefähr einen Monat habe die Flotte an der preußischen Küste unter den ungünstigsten Bedingungen gekreuzt, 45 Tage habe »La Surveillante« un—⸗ unterbrochen den Dampf fertig gehabt. Die Mannschaft und der Stab des Admirals hätten ebenfalls ununterbrochen Tag und Nacht die Wacht gehabt und der Vize⸗Admiral sei in all dieser Zeit nicht ein einziges Mal aus den Kleidern gewesen. Die letzten Neuigkeiten aus Frankreich hätten ihn nun fast zu einer vollständigen Unthätigkeit gejwungen. Man frage sich, welche Bestimmung wird das Ministerium jetzt in Betreff der Ostsee ˖ Escadre treffen ꝛe.

Die gestern hier eingetroffenen eroberten französischen Geschütze waren zwei 4Pfünder; dieselben wurden nebst dem mit Munition gefüllten Munitionswagen gestern gegen Abend

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