1870 / 305 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

3934 Was die Betheiligung der Stadt Berlin betrisst, Namens deren T . ; 225 * = * . 9 U ð 4. Oftober. (W. ö B.) eine Bewilligung eintteten zu lassen die Stadtverordneten ⸗Versamm. J. ) ir aut m, lung wie wir nach dem Beschlusse vom 29. v. MW. annehmen Aas Rouen hom, 4. Ytteber wird gemmelbet; Dies, Nack

freudig bereit sein wird, so dürfte diese unseres Ermessens mit einem

Beitrage ven 20600 Thlren. zu erfolgen haben. 31 Indem wir die Stadtverordneten⸗Versammlung daher ersuchen:

zur Herstellung des der Einwohnerschaft Straßburgs durch die Be— lagerung entstondenen Schaden? Lie Summe von 20,000 Thalern aus dem Extraordinarium der Stadthauptklasse für unvorhergesehene

Ausgaben bewilligen zu wollen, . bemerken wir zügleich, daß unsererseits bereits Schritte gescheben sind, um die Vertheilung der durch unsere Vermittelung nac, Straßburg gelangenden Gaben durch Organe der dortigen Bürgerschaft bewirken

U lassen. ö agi sm u hiesiger Königlicher Haupt. und Residenzstadt. Seydel.«

Gleichzeitig wurde ein Antrag des Stadtverordneten von Meibom, »den Magistrat zu ersuchen, in Gemeinschaft mit der Stadtverordnetenversammlung einen Aufruf an die Bürger— schaft zu erlassen, etwaige Beiträge für die Stadt Straßburg an die Stadthauptkasse abzuliefern«, angenommen.

Beim Beginn der Sitzung wurde das nachstehende, auf das Glückwunsch-Schreiben des hiesigen Magistrats und der Stadt— verordneten zum Geburtstage Ihrer Masestät der Königin eingegangene Allerhöchste Handschreiben verlesen:

»Wenn Ich auch immer die Glückwünsche, die Berlin mir dar— bringt, dankbar empfange, so fühle Ich doch, das im gegenwärtigen Augenblicke eine tiefere Beziehung zwischen der Stadt und Mir be— steht, der auch Ich den geeigneten Ausdruck zu geben wünsche. Angst und Freude theilen, mit vereinten Kräften helfen und den ganzen Ernst der Zeit in gleicher Weise würdigen, ist in dem Maße nur bei uns möglich, wo das feste Band der Vateclandsliebe Alle umfaßt und keine Trennung gestattet. Es wird Mir stets als erstes Vorrecht Meiner Stellung erscheinen, daß es in diesem Wendepunkte unserer Geschichte Mir vergönnt war, inmitten einer Bevölkerung zu wirken, die, in ihrer Opferfreudigkeit unermüdlich, nur das Wohl des Ganzen im Auge hält. Möge bald ein segensreicher Friede die ge— meinsamen Anstrengüngen krönen! Auch in diesem Wunsche fühlen wir uns Alle vereint.

Berlin, den 1 Oktober 1870. Au gu sta e

An den Oberbürgermeister, die Beigeordneten und die Stadtycrordneten der Stadt Coblenz hat Ihre Majestät die Königin folgendes Antworischreiben gerichtet:

Ich habe die Glückwünsche der Stadt Coblenz dankbar empfangen. Als am 14. Juli der König die Rheinanlagen besuchte, hoffte er noch den Frieden zu erhelten Er war umringt von Vielen und kein Auge war trocken. Dies war der Anfang einer großen Zeit! Die Wacht am Rhein« begleitete ihn hinüber, dem erusten Wendepunkt ent— gegen. Am nächsten Tage war der Krieg erklärt; was darauf folgte, gehört der Geschichte an. Solche Eindrücke sind unvergeßlich und erhohen in unsern Augen den Werth einer Treue, mit welcher die Söhne des Rheinlandes kämpfen und das Rheinland selbst opfer freudig bleiht. Diese Treue hat sich auch Mir kundgegeben und ded⸗ balb ist der Glückwunsch der Stadt die Veranlassung zu Meinem herzlichen Danke. Gott helfe weiter zu einem gesegneten Frieden.

Berlin, den 1. Oktober 1870. Au gusta.

Im Königlichen Opernhause fand gestern Abend die erste Aufführung einer neuen dreigktigen Oper: »Zieten« Husaren« von Bernhard Scholz statt. Der Text ent— nimmt seinen Stoff dem letzten Jahre des siebenjährigen Krie— ges und entrollt ein lebendiges militärisches Gemälde jener Zeit, ähnlich wie dies in Meyerbeer's »Feldlgger in Schlesien« geschehen ist, nur nicht in so großartigen Verhältnissen. Die Musik von Bernhard Scholz fand in dem geschickt arrangirten Text mehrmals Gelegenheit zu frischen volksthümlichen An— klängen. Im ersten Akt, in welchem ein Bivouak der Zieten. Husaren im Park eines böhmischen Schlosses dargestellt wird, regte die Komposition des bekannten Gleimschen Gedenkverses auf die Schlacht von Leuthen:

Es lebe durch des Himmels Gnade

Der König, der uns schützen kann,

Dann schlägt er mit der Wachtparade ; Noch einmal achtzigtausend Mann!l« die patriotische Stimmung des Publikums mächtig an, so daß der Vers auf Begehren wiederholt werden mußte. Im dritten Akt machte die eingelegte, in volksthümlichem Styse gehaltene Löwe'sche Komposifton zu Wilibald Alexis' Fridericus Rex, unser König und Herr«, von den Husaren in ihrem Feldͤ— lager gesungen, einen ähnlichen Effekt, der später in dem Friedenshymnus einen harmonischen Abschluß erhielt.

Vom Kriegsschauplatz sind französischerseits fol.

entgleiste ein französischer Militärzug bei Eritot zwischen Amienz und hier. 15 Soldaten waren sofort todt, 115 mehr oder we— niger schwer verwundet.

Aus Belfort vom 4. wird gemeldet, daß der schweizerisch Bundesrath im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit, daß deutscht Truppen auf Belfort marschiren, den Befebl erlassen habe, daß unverzüglich die Grenze durch die neunte Brigade beseßt werden soll.

Nach Briefen, welche die Indép. belge- unterm 27. Sep, tember erhalten hat, sind nicht nur Montmartre, sondern auch der Arc de b'Etoile« in Festungen umgewandelt worden. Man hat in Paxis Geschütze und Racketen »von einer Zerstörungz. kraft, wie sie bisher noch nicht bekannt ist, und die Mittel, sie in unbegrenzter Zahl herzustellen«. In dem Park Buttes Chau— mont ist ein großes Petroleumlager abgebrannt. Die »Indéy. belge« theilt aus dem »Journal officiel, vom 27. Seplember mit, daß die Barrikadenkommission in Paris um zwei Mit. glieder verstärkt ist und nun aus 9 Personen besteht.

Das General- Gouvernement des Elsaß, wel— ches von dem General-Lieutenant Grafen von Bismarck. Bohlen, als General-Gouverneur, und von dem Regierung. Präsidenten von Kühlwetter, als Civil-⸗Kommissarius, ge— leitet wird, hatte seinen Sitz bisher in Hagenau, wird aber nunmehr nach Straßburg verlegt werden.

Wies baden, 1. Oktober. Der General⸗Major von Diepenbroick-Grüter, der in der Schlacht bei Marg la— Tour an der Spitze der 14 Kavallerie ⸗Brigade schwer verwundet wurde und bierher gebracht worden wär, ist gestern seinen Wunden erlegen.

Sachsen. Dres den, 4. Oltober. Der König ist heute Vormittag in Begleitung des Kriegs-⸗Ministers von Fabxice und des General-AÄdjütanken General-Lieutenants von Witzleben nach Leipzig zur Besichtigung des dortigen Baracken ⸗Lazareths abgereist und gedenkt heute Abend zurückzukehren.

Die Kronprinzessin begab sich heute Mittag zur Besichtigung des Reserve-Lazareths nach Chemnitz, von wo die selbe heute Abend nach Leipzig zu reisen gedenkt, um den dortigen Lazarethen morgen gleichfalls ihren Besuch abzustatten. . Bade rr. Karlsruhe, 2. Oktober. Der r er e ist gestein nach längerer AÄbwesenheit aus Lambertsheim hier wieder eingetroffen.

ayern. München, 2. Oktober. (A. Z) Der König von Bayern hat folgendes Allerhöchste Handschteiben an den Grafen zu Castell, den ersten Vorstand des bayerischen Landes. Hülfsvereins, gerichtet: »Mein lieber Obersthofmeister Graf zu Castelll Mit lebhafter er r gung, hl Ich aus den eingesendeten Nachweisungen über die bisherige Thäligkeit des bayerischen Landes Hülfsvereins die Ueber⸗ zeugung gewonnen, daß die reichen Spenden, welche gus allen Janzestheilen für die Armee dargebracht werdin) durch por— trefllich auf einem wohlgeordneten Verwaltuͤngsfystem beruhende Dispositionen die nutzbringendste Verwendung finden. Ihre Vorlage bietet Mir Anlaß allen Organen des bayerischen Landes-⸗Hüfsvereins neuerdings wärnistö'n Dank und freudige Anerkennung auszudrücken. Den Gebern wie den Verwaltern deß Gegebenen erblüht der herrlichste Lohn in dem Bewußtsein durch Sorge für die Kämpfenden den Sieg und somit auch die erhabenen Endzlele des Kampfes, Deutschlands Größe und Bayerns Glüch gefördert zu haben. Mit bekannten Ge— sinn ungen Ihr gnädiger König Ludwig. Schloß Berg, 30. Sep— tember anf Der Königliche Staats Minister des Auswärtigen, Graf Brap, hat sich für einige Tage auf sein Gut Irlbach in Nieder⸗ Bayern eee gg. J Die Adreßbewegung in Bezug auf die künftige Gestal— tung Gesammtdeutschlands dauert noch fort. Der ahi Theil

der betreffenden Eingaben eignet sich den Standpunkt be⸗ kannten Münchener Adresse n sich ndpunkt der

OeFsterręrich⸗- Ungarn. Wien, 2. Oktober. Der Kaiser hat gestern Mittag die amerikanischen General ⸗Majore Barnard und Wright, und den Obersten Michie, später den Königlich preu ßischen Gesandten General von Schweinitz empfangen.

Die Gymnasial · Enquetekommission hat Sonnabend Abends ihre Berathungen beendet. Minister von Stremayr hielt eine kurze Schlußrede, in welcher er sorgfältige Beachtüng der Be— wong zusagte. Prag, 4 Oktober. Die Kommission, welche der Landtag in seiner am 29. September stattgefundenen Sitzung mit der

Vorberathung der n n des an denselben gerichteten

gende Nachrichten eingegangen:

Allerhöchsten Reskriptes vom September J. J. beauftragte hat mit 10 gegen 5 Stimmen beschloffen, den ö. 8 .

daß das Allerhöchste Reskript mit einer Adresse beantwortet werde, die folgendermaßen beg nnt: .

Wir haben in unserer allerunterthänigsten Adresse vom 14. Sep tember diefes Jahres und in der derselben angeschlossenen Denkschrist die geschichtliche Entwickelung und rechtliche Begründung der eigen— berechtigten Stellung des Königreiches Böhmen dargelegt, wir haben nachgewiesen, da wir diese staatsrechtliche Stellung im Interesse des Landes, des Reiches und der Dynastie aufrecht zu erhalten als unser Riecht und unsere Pflicht erken gen, wit gaben ausgespeochen, daß dieses Recht zu üben und diese Pflicht zu erfüllen unser En tschluß isi, wor haßen unsere Bereitiilllgkeit erklätt, in Wege der rein; balung die Rechtsausprüche unseres Landes in Einflang zu bringen mit ben Anforderungen der Machistellung des Reiches und mit den berechtigten Ansprücen der anderen Königreiche und Länder.

Ünfere Bereitwilligkeit steht unverändert aufrecht; doch auch unsere Uebeizeugung ist unerschüttert geblieben. )

Es ist unsere Ueberzeugung, daß nur ein fester und gesicherter Rechtsöboden den Ausgangspunkt zu bieten vermag eines heilsamen Ausweges aus den bedauerlichen Verwirrungen des öffentlichen Rechtes. Einen solchen Rechtsboden erblicken wir aber nur in jenem egenseitigen Verhältnisse von Rechten und Verpflichtungen, dessen Bestand zwischen dem Lande und dem Monarchen die Worte des allorhöchsten Reskriptes selbst anerkennen. ö

Diefes gegenseitige Rechtsverhältniß kann aber nie einseitig auf- gehoben oder abgeändert, es können auch die in diesem Verhältnisse beruhenden Rechte der Krone nicht einfach an einen außer der Ver— fassung des Landes stehenden legie lativen Körper übertragen ader wit diesem getheilt werden. Eine Abänderung der staatsrechtlichen Ver- haͤltnisse kann nur im Wege freler Vereinbarung stattfinden.

Nachdem in der Adresse die Auffassung der Mgjorität in Betreff der Rechte Böhmens nochmals erörtert ist, schließt die Adresse wie folgt: .

Wir haben in unserer allerunterthänigsten Adresse vom 14. Scp— tember J. J. unsere ehrsurchtsvollen Vorschläge ersattet, wie in dieser Hinsicht über die Schwierigkeiten der Lage hinausgelangt werden tönnte. Unsere Vorschläge id laut des Allerhöchsten Reskriptes nicht angenommen worden. Sollte es Ew. Majestät gefallen, in dieser Bezichung andere Vorschläge an uns gelangen zu lassen, so wird der gegenwärtige Landtag so sehr er überzeugt ist, daß als erste und nothwendigste Bedingung der Wiederherstellung fester Rechtszustände das Zustandekommen einer gerechten und vollberechtigten Vertretung

des Landts anzustreben wäre selbst in seiner gegenwärtigen Zu

sammensetzung solche Vorschläge mit gebührender Ehrfurcht entgegen nehmen und in ernste Erwägung ziehen. ; .

Allein n , Ueberzeugungen getreu, können und dürfen wir jenen festen Rechtsboden nicht preisgeben; können und dürfen wir nicht eintreten in den gegenwärtig tagenden Reichérath.

Allergnädigster König und Herr!

Wir sind uns der Verantwortung wohl bewußt, welche wir durch unseren Entschluß und dessen rückhaltslose Erklärung überneh— men; tief bewegt üns das schmerzliche Gefühl, einem wiederholt und dringend ausgesprochenen Wunsche Euerer Majestät nicht entsprechen zu können. 13

Allein wir sind uns bewußt, treu unserer liefsten Ueberzeugung zu handeln, einer Ueberzeugung, welche das Gemeingut der uͤber— wicgenden Mehrheit des Volkes von Böhmen bildet; wir sind uns bewußt, unsere Pflicht zu erfüllen; dem Lande wie dem Neiche und der Bynastie gegenüber; wir sins uns auch bewußt, eben durch Wahrung der Selbständigkeit der Krone Böhmen, durch Wahrung des legitimen Rechtes den Boden frei zu erhalten, auf welchem allein eine gesetzliche Vereinbarung zwischen dem Monarchen und der politi— schen Nation von Böhmen jene dauernde Befriedigung derselben er⸗ zielen kann, welche Euerer Majestät Herzen erwünscht ist. .

Ist durch eine solche Vereinbarung die innere Einigung zwiscten Monarch und Volk glücklich vollzogen dann möge sie wir wünschen es sehnlich in dem weihevollen Akte der Krsnung ihren leuchten⸗ den Ausdruck finden; dann wird auch das Volk von Böhmen das geheiligte Symbol der staatsrechtlichen Selbständigteit und der Sruveränität des 56e, Böhmen auf dem gesalbten Haupte Euer Mäjestät mit Jubel begrüßen.

er , Gott schütze Oesterreich! Gott erhalte Eure Kniserliche und Königliche Aposßolische Majestät!

Aus dem Landtage zu Pran, am Oktober 1876.

Eine Minorität von fünf Mitgliedern stellten hingegen folgenden Antrag: . ö .

Der hohe Landtag wolle beschließen, es sei den in den Kaiscerlichen Reskespten vom 25. August und 26. Septemher 1879 wiederholt ausgesprochenen Allerhöchsen Aufforderungen entsprechend, auf Grund des § 16 der Landesordnung ohne neuerliche Erstattzing einer aller— untetthänigsten Adtesse ungesäumt die Wahl der Abgeordneten für den Neichsath vorzunehmen. 2 .

Zum Berichterstatter der Majorität ist Graf Leo Thun, zu jenem der Minorität Dr. Herbst gewählt.

Schweiz. Zürich, 3. Oktober. Die »N. Zür. Ztg.« schreibt: Schon über 8 Tage sind verflossen, seitdem die repu— blikanische Regierung die Bedingungen des Waffenstillstundes verworfen und sich zum Kampf aufs Aeußerste entschlosen hat. Sie hat dem französischen Volke von den Verhandlungen zwischen Herrn Jules Favre und Graf Bismgr Kenntniß gegeben und die Erwartung ausgesprochen, daß ganz Frank reich daraus die Nothwendigkeit der Fortsetzung des Kampfes erkenne, den Entschluß der Regierung billige und wie ein

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Mann sich erhebe zur Vertheidigung seiner Ehre und Unab— hängigkeit. Unterdessen sind Toul und Straßburg, deren Uebergabe in den Augen der französischen Regierung als unannehmbare Bedingungen erschienen, in die Hände des Feindes gefallen. Schon aus dieser Thatsache allein muß die Regierung die Ueber⸗ zeugung schöpfen, daß ihre Voraussetzungen falsch waren, und daß sie übel berathen war, als sie den vom Feinde möglich ge— machten Waffenstillstand verwarf. Aber noch mehr: die viel besprochene Massenerhebung, die die Regierung als das äußerste Mittel der Rettung verkündete, und im Vertrauen auf welche sie die Fortsetzung des Krieges beschloß diese Massenerhebung läßt noch immer auf sich warten. Die französischen Blätter und offiziellen Berichte sprechen wohl von Enthusinsmus und Ent— schloͤssenheit der Nation zu allgemeiner Erhebung, allein diesem angeblichen Enthusiasmus fehlt das entschlossene Handeln, die That. Kaum daß es in einigen Departements gelungen ist, Freicorps von zweifelhaftem Werthe zu organistren, aber weiter geht die Massenerhebung nicht. Namentlich in den südlichen Departements, welche, zur Zeit noch vom Feinde ungehindert den Widerstand organisiren könnten, scheint eine völlige Apathie zu herischen und im mittleren Frankreich sehnt nian sich nach dem Frieden um jeden Preis.

Wie soll unter solchen Umständen noch ein wirksamer Widerstand möglich sein? Es ist nicht möglich, daß die Regie⸗ rung sich darüber noch länger täusche. Wenn sie vor acht Tagen noch auf eine Massenerhebung des französischen Volkes hoffte so muß sie heute schon vollständig enttäuscht sein und dürfte heute die Waffenstillstands⸗Bedingungen, welche ste da⸗ mals verwarf, anzunehmen bereit sein. Ob aber dieselben, den Umständen nach, günstigen Begingungen jetzt noch erhältlich wären, ist freilich sehr die Frage.

Grvßbritannien und Irland. London, 3. Okto- ber. Die Minister sind meist schoͤn wieder von London ab— gereist: Gladstone nach Hawarden Castle, Gran ille nach Walmer CEastle, der Minister für Irland, Chichester Fortescue nach Somerset hire u. s. w.

Einer Depesche der Times zufolge ist gestern, Sonntag, der amerikanische General Burnside von Versailles nach Paris gegangen, um mit Jules Favre und Washburne zu sprechen. Er wird morgen zurückerwartet.

Frankreich. Köln. Z.) In den? rovinzen hatte die Vertagung der Constituante⸗Wahlen auf unbestimmte Zeit ganz entschieden mißfallen; man thut in manchen Gegenden sogar, als sei die Zurücknahme des Wahlausschreibens gar nicht vorhanden. Dies ist der Hauptgrund, weshalb Ersmieunz es für gerathen fand von Favre's Beschlusse ab⸗ und auf die erste Anordnüng, da am 16. Oktober gewählt werden soll, zurückzugehen. Ob die Versammlung in Tours oder Limoges ihren Sitz nehmen wird, ist noch nicht klar. Limoges ist, wenn wir den Blättern aus Tours von 30. September glauben dürfen, vollgestopft von neu angekommenen Truppen aller Art, da man hier Marsch— Regimenter für die Loire Armee bildet, die in voller Organisation begriffen ist. Wie in Limoges, werden in Bourges, Poitiers, Chateaurouß, Rennes und Lille mit Eifer die Regimenter für die Loire-Armee eingeübt. Von Bordeaux wird Zug auf Zug mit Material befördert, das von der Flotte genommen wird. Das offizielle Organ in Tours, der »Moniteur«, ist voll von Offiziers Ernennungen und Be— förderungen. ! .

Nachrichten aus dem Süden melden von beinahe schon anarchischen Zuständen. Aehnliche Versuche wie in Lpon wur— den auch in Marseille und an anderen Orten gemacht, es stellt sich der von Paris oder jetzß von Tours aus geleiteten Central— Regierung eine lokale Regierung, eine Kommune von roth⸗ republikanischer Färbung entgegen. 5

Das zu Annech erscheinende Blatt »Les Alpes« meldet, daß in Folge einer Petition der Beoslkerung an den Präfekten der Kommandirende der Subdivision Chambery, General von Rolland, sowie der Kommandirende der Subdivision Grenoble, General Monnet, in Folge einer ähnlichen Kundgebung seine Entlassung genommen habe.

Der Marquis von Albaida, Orense, ist am 24. Sep⸗ tember in Bayonne eingetroffen. Am 25. machte er dem Unter⸗Präfekten einen Besuch und theilte ibm im Namen der republikanischen Partei in Spanien mit, daß er der fran— zösischen Regierung die Bildung einer spanischen Legion vor— scklage, deren Zahl 12,000 Mann betragen könne. Dieselben würden von den spanischen Republikanern frei bis zur fran— zösischen Grenze gesandt, worauf sie dann von Frankreich weiter verpflegt werden müßten. Am Nachmittage machte der Gemeinderath dem Marquis einen Besuch und des Ab nds hielt dieser und sein Sohn eine Vorlesung, worin die Idee Betreffs der zukünftigen Republik der romanischen Racen aus— einandergesetzt wurde, eine Idee, die sich in den Worten zusam.

1923