1870 / 357 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Offiziere, was sie Neues wüßten. Man erzählte ihm den Fall von Metz. Er bezweifelte jedoch die Richtigkeit der Mittheilung und setzte ausführlich auseinander, wie man in Paris über die jüngsten Vorfälle des Krieges ganz anders berichtet sei. Durch Proklamationen der Regierung, erzählte er, wisse man nicht nur, daß Bazaine sich bis zum letzten Mann vertheidigen werde, sondern auch, daß Garibaldi mit einem Heere von 100000 Mann im Anzuge sei, während sich an der Loire eine Armee gesammelt und bereits von dort den Vormarsch gegen die deutschen Truppen auf der Südseite begonnen habe. Diese Mittheilungen, an sich kaum der Rede werth, verdienen Beachtung, weil sie auf die Zustände von Paris ein helles Licht werfen. Denn während man bisher glauben durfte, daß das augenblicklich bestehende Gouvernement sich der erfundenen Siegesnachrichten nur bediene, um die Massen der Stadt im Zaume zu halten, bleibt nunmehr kein Zweifel, daß auch die Truppen in den Forts und selbst die höheren Offiziere über die Verhältnisse auf dem Kriegsschauplatz absichtlich im Unklaren gelassen werden. . . Herr Thiers ist erschöpft und verstimmt von Paxis zurück— gekehrt. In den Gesprächen, die er mit mehreren Herren der beiden hier anwesenden Hauptquartiere geführt hat, giebt er zu erkennen, daß sein Vertrauen auf eine glückliche Durchführung der von ihm übernommenen Vermittlerrolle bereits geschwunden ist. Theils hat dies darin seinen Grund, daß der französische Staats- mann bei feiner Anwesenheit in Paris sich von der Verblen⸗ dung überzeugen mußte, welche die vorherrschenden extremen

Parteien noch immer den Kriegseifer schüren läßt, theils er⸗

giebt sich die Thatsache aus seiner eigenen Stellung zur Sache, da er der Meinung ist, daß eine Territorialabtretung, durch welche die alte Schuld Frankreichs gegen Deutschland getilgt würde, auch unter den gegenwärtigen Umständen nicht in Trage kommen dürfe. Da Herr Thiers übrigens die kurze Zeit von kaum 24 Stunden, die er in Paris zubrachte, unter anderem dazu benutzt hat, einen Theil seines Privateigenthums in Sicherheit zu bringen und mit sich fortzuführen, so scheint es, als ob er wenigstens nicht in dem Irrthum desjenigen Theils seiner Landsleute befangen ist, der noch immer an den siegreichen Widerstand der Hauptstadt glaubt.

Der innere Zerfall der französischen Parteien, der die Lösung des Kampfes noch beschleunigen würde, ist durch die neuesten Ereignisse jedenfalls eingeleitet. Nachdem man hier durch einzelne Kundschafter schon am 3. November von dem neuen Tumult vor dem Stadthause in Paris wußte, hat eine heute eingetroffene Depesche die offizielle Bestätigung gebracht. Ob sich der Aufstand seitdem wiederholt hat, ob ein seit wenigen Stunden in Versailles verbreitetes Gerücht, nach welchem bei einem abermaligen Zusammenlauf der Massen Trochu und Jules Favre wirklich gestürzt seien, begründet ist, läßt sich von hier aus nicht übersehen. In den Kreisen der französischen Bevölkerung, die dem Sieg der radikalen Partei fast ausnahmslos mit Schrecken entgegensleht, ist man der Ansicht, daß die Volksführer von Paris einige Männer von sozialistischer Gesinnung, an ihrer Spitze Felix Pyat, in Bereitschaft hielten, um das »Comits de la défense nationale durch sie zu ersetzen. Daß die in⸗ nere Bewegung Frankreichs mehrfach zu einer sozialistischen Tendenz hindrängtf, erweisen die Vorgänge in Marseille, wo die äußerste Linke der Republikaner bereits einen Preis auf Gam— betta's Kopf gesetzt hat, und in Lyon, wo nach Aufhebung der mit kommunistischen Umtrieben vorgehenden »Socisété inter- nationale durch den Präfekten die republikanischen Klubs trotzdem ihre Thätigkeit unter anderem Namen fortsetzen.

Die Bewegungen in Paris können unmöglich ohne Ein— fluß auf die militärischen Maßregeln bleiben. Selbst nach der Wiederherstellung seines Gouvernements wird die Autorität Trochu's erschüttert sein. Um sie zu befestigen, gäbe es für ihn nur Ein Mittel, das des kriegerischen Erfolges. Daß er noch einmal versuchen wixd, diesen zu erlangen, hat alle Wahr⸗ scheinlichkeit für sich. Ueberläufer, die in den letzten Tagen ein⸗ gebracht sind, und Bewohner von Paris, welche freiwillig die Stadt verließen, sagen mit Einstimmigkeit aus, daß sich die Besatzung auf einen Ausfall in großartigem Maßstabe vorbe— reite. Da mehrfach Konzentrationen außerhalb der Forts bemerkt wurden gestern besonders in der Nähe der bayeri—⸗ schen Stellungen so erwartete man in diesen Tagen, daß ein Angriff stattfinden werde. Als sicher ist vorläufig nur zu berichten, daß die Kanonade seit dem 1. November mit erneuter Lebhaftigkeit betrieben wird, was theils mit den Vorgängen in Paris zusammenhängen, theils in der Einsetzung eines neuen Gouverneurs auf deni Mont Val srien seinen Grund haben mag.

Saarbrücken, 9. November. (W. T. B) Nachrichten aus Versailles melden, daß General v. Werder, preußischer Militär- Bevollmächtigter in St. Petersburg, im Königlichen Haupt⸗

quartier eingetroffen ist und daselbst einige Zeit verweilen wird. Der Exzbischof Ledochowsty ist von Posen in Ver— sailles eingetroffen. 9 Der Großherzog von Mecklenburg⸗Schwerin stattete, aus La Ferrisére kommend, Sr. Majestät dem Könige einen Besuch ab. Einige früheren Regierung in

höhere Beamte der

Versailles sind wegen geheimer Lommunikation mit Paris

und wegen Widersetzlichkeit gegen Anordnungen der deutschen Verwaltung verhaftet worden. Der bei Verdun in die Hände unserer Truppen gefallene Luftballon hatte mehrere Engländer zu Insassen, welche angeblich lediglich aus Paris entfliehen wollten. Der bei ihnen vorgefundene Briefbeutel ist dem großen Generalstab zur Durchsicht zugefertigt.

Versailles, 9 November. W. T. B.) Mit den hier in unsere Hände gefallenen 3 Ballons sind7 Personen gefangen genommen, welche zur kriegsrechtlichen Aburtheilung in preußische Festungen gebracht wurden. Die ihnen algenommenen Papiere kompro— mittiren Diplomaten und andere Personen, denen man mit Rücksicht auf ihre Stellung und ihr Ehrgefühl den Verkehr von Paris aus gestattet hatte.

Das Gefecht der 9. Infanteric⸗Brigade hat in dem süd⸗ östlichen Theile der Champagne, im Departement der Haute— Marne, und zwar zwischen Bologne und Chaumont statt. gefunden. Beide Orte liegen, von einander etwa 13 Meilen entfernt, an der Marne, auf deren beiden Ufern nicht unbe— deutende Höhen an den Fluß herantreten, die namentlich auf dem linken denselben scharf kotoyiren und von diesem sich erst mehr entfernen, nachdem bei Chaumont die Suize (auch Saize) von Westen der Marne zugeflossen ist.

Die 9. Infanterie Brigade hatte am 7. Bologne erreicht und stieß in ihrem weiteren Vormarsch bei Brethenay auf fran—⸗ zösische Mobilgarden. Diese wurden längs der Marne, süd— wärts bis nach Chaumont zurückgedrängt, bei welchem Kampfe sie 790 Todte und 40 Verwundete in unserer Hand zurückließen.

Der Schauplatz des Gefechtes ist an und für sich der beste Beweis sür das rastlose Vorrücken der II. Armee. Es ist an— zunehmen, daß das Gefecht bei Brethenay nur ein Avantgarden⸗ gefecht gewesen ist; wenn also die Vortruppen des III. Urmee⸗ Corps bereits die Hauptstadt des Departements Haute Marne (Ehaumont) erreicht haben, so läßt sich annehmen, daß auch vom Gros der Armee die Linie Tr yes -Epinal bereits über—⸗ schritten sein wird. Die wesentliche Bedeutung des Gefechtes aber liegt darin, daß durch den fast vollendeten Vormarsch bis an die Grenze der Franche⸗Comts die Verbindung der II. Armer mit dem Corps des Generals von Werder einer-, mit der Reserve⸗Division des Generals von Schmeling andererseits als völlig gesichert erscheinen muß.

i Weiter liegt vom Kriegsschauplatz folgende Nach— ri or:

Karlsruhe, 8. November. (Karlsr. 3.) Die Verbin— dung mit dem 14. Armee⸗Corps geht wieder seit dem 5. d. M. über Epinal auf Vesoul mit regelmäßiger Post. Das Haupt— quartier der Großherzoglichen Division war am genannten Tage noch in Dijon.

—Iranzöͤsischerseits sind vom Kriegsschauplatz fol— gende Nachrichten eingegangen: Aus Tours, 8. November, wird folgende Depesche ver⸗

öffentlicht:

Militärische Depesche. Loire⸗Armee. Am 7. hat eine feindliche Kolonne, in Stärke von 2 Bataillonen, 1500 Reitern und 16 Kano— nen die französischen Posten in Poisly und Valltsre angegriffen. Der Kampf dauerte von 11 Uhr Vor- bis 35 Uhr Nachmittags. Die Preußen wurden von den Franzosen, welche Verstärkungen erhalten harten, zurückgemorfen und ließen 527 Tobte und Verwundete auf dem ö . wurden von der französischen Kavallerie ein—⸗ gebracht.

Bern, 9. November. (W. T. B. Eine Meldung des schweizer Truppenkommandanten aus Bruntrut von heute berichtet den Einzug der Preußen in Montbéliard. Der »Bund« meldet, Garibaldi habe sich mit den Frances -tireurs überworfen. .

Hamburg, 9. November. (W. T. B.) Eine der⸗Börsenhalle⸗ zugegangene amtliche Mittheilung aus Cuxhafen Abends 6 Uhr meldet, daß zuverlässiger Nachricht zufolge die französische Flotte, 30 Schiffe stark, in die Nordfee gegangen ist. Die Eibschiffahrt , ein, alle Seezeichen sind entfernt, die Lootsen gehen nicht mehr aus.

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Der Reichstag des Norddeutschen Bun des wird, der »Prov.⸗Korr.« zufolge, vermuthlich gegen den 20. d. M. einberufen werden, um einerseits über die Beschaffung der Mittel zur weiteren Kriegführung, andererseits über den durch die Verhandlungen in Versailles vorbereiteten Eintritt süddeutscher Staaten in den Bund Beschluß zu fassen.

Die genaueren Bestimmungen über die Reichstagssesston können nur unter Berücksichtigung der nächsten Aufgaben auf dem Kriegsschauplatze getroffen werden.

Der General⸗-Landschafts⸗Direktor von Rabe, Mitglied des Landes-⸗Oekonomie Collegiums, ist am 4. d. M. auf Lesnian (Marienwerder) verstorben.

Waldeck. Arolsen, 8. November. Die von dem Landtage der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont in der ordentlichen Sitzung am 3. November mit Stimmen⸗ mehrheit beschlossene Adresse an Se. Majestät den König von Preußen lautet:

»Allerdurchlauchtigster, großmächtigster König! Allergnädigster König und Herrl

Die großen Erfolge der deutschen Waffen in dem jetzigen heiligen Kriege stimmen zum Dank gegen die Vorsehung, welche wollte, daß die auf die Erniedrizung und das Verderben Deutschlands gerichteten Absichten des Ecbfeindes zu nichte werden sollten. Des einigen Deutschlands heldenmüthiges Heer hat diesen Feind innerhalb weniger Monate niedergeworfen; Ew. Königlichen Majestät war es vorbebal— ten, das geeinigte deutsche Heer von Sieg zu Siegen zu führen. Das Vaterland preist Gottes Rathschluß, der die Führung der heiligen Sache in die sichere Hand Ew. Majestät legte. Auch das Bundes. land, dem wir angehören, fühlt sich gehoben, daß seine Söhne an der Seite ihrer deutschen Brüder an diesen Kämpfen und Siegen Theil nehmen konnten. Schwere Opfer waren zu bringen; auch unser Land hat seinen Theil getragen, um der guten und großen Sache willen mit Freudigkeit getragen. Alle haben ihren Theil an den Opfern. Diese sind nicht . gebracht; die Erwartungen Deutschlands werden nach den gnädigsten Absichten Ew. Majestät in Er— füllung gehen, will's Golt! durch einen nahen und dauernden

rieden. d Bei diesen ehrfurchtsvollen Worten fühlen wir uns in Ueberein— stimmung mit unserm verehrten Fürsten und Landesherrn, und wir vertrauen, daß Ew. Majestät sie in gewohnter Huld und Gnade auf— nehmen werden.

In tiesster Ehrfurcht ersterben unterthänigst .

die Stände der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont. Der Präsident Der Vize⸗Präsident Gleisner. L. Wald eck.

Schwarzburg. Rudolstadt, 7. November. Der auf Grund Landesherrlicher Anordnung d. d. Sannois, den 21. Oktober 1870 einberufene außerordentliche Landtag des Fürstenthums ist heut eröffnet worden. Dem Landtage sind folgende Vorlagen zugegangen: 1) Drei Gesetzentwürfe, betreffend das am 1. Januar 1871 bevorstehende Inkrafttreten des Strafgesetzbuches fur den Norddeutschen Bund, Y ein Staats⸗ vertrag, betreffend den Bau der Saalthal-Eisenbahn, 3) der Entwurf einer neuen Geschäftsordnung für den Landtag, 4) der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der grundgesetzlichen Bestimmungen über die Wahl der Landtags—

Abgeordneten, 5) der Entwurf eines neuen Wahlgesetzes für den

Landtag. Württemberg. Stuttgart, 7. November. Die Ver— trauensmänner der deutschen Partei haben gestern einen Wahl⸗

aufruf beschlossen, in dem es u. A. heißt: ' e »Das Eecgebniß der Verhandlungen, die im Haupfquartier zu

Versailles gepflogen worden, wird unsern Ständen zur Genehmigung

vorgelegt werden. Zu dieser Zustimmung ist in beiden Kammern

eine Zweidritt lmehrheit erforderlich. Es springt in die Augen, von

welcher Wichtigkeit un er diesen Umständen die Wahlen sind. Bist Du für den Anschluß an den Norddeutschen Bund? Bst Du dafür, daß uns der Krieg mit seinen kosibaren Opfern die Einheit bringt? Das ist die erste und Hauptfrage, die das Volk an die Bewerber um das Abgeordnetenmandat zu stellen hat.

Was die langen Friedensjabre nicht vermochten: unser Volk zum Staat zu bilden, das vollbringt in wenig Wochen dieser große Krieg. Indem er uns Allen gleiche Pflicht und gleiche Ehre bringt, ruft er den einzelnen Stämmen zu, alten Hader ruhen zu lassen und nicht länger um besondere Vorzüge oder Vortheile miteinander zu streiten. Wir wollen nichts sein, als was die Anderen sind, ein Glied des einen deuiscken Bundesstaates, mit denselben Rechten und Pflichten wie Alle. Vieltausendstimmig ruft uns das deutsche Heer aus Wälsch. land zu; Lasset nicht von einander, derweil wir für Euch bluten! Wohl in! antworten wir den ruhmvollen Thaten unserer Söhne mit der Wahl von Abgeordneten, die den Willen haben, im Frieden zu⸗

sichern, was die Waffen erstritten« . Bayern. München, 8. November. Der Prinz Otto hat sich gestern nach Hohenschwangau zu Sr. Majestät dem

e rf, Th, wird aber bereits heute wieder hierher zurückkehren dann alsbald nach dem Kriegsschaupläͤtz resp. zunächst in

und das Hauptquartier in Versailles abreisen. Unter preußischer Eskorte, bestehend aus 1 Hauptmann, 1 Ober Lieutenant,

1 Unter⸗Lieutenant und 100 Mann, werden heute 2000 fran“ zösische Kriegsgefangene hier anlangen.

9. November. (W. T. B.) Die als Eskorte franzoͤsischer Kriegsgefangener hier anwesende 5. Compagnie des 19. Land- wehr Regiments unter Kommando des Lieutenant Keim wurde heute zur Festtafel in die Königliche Residenz gezogen, bei welcher Flügel-Adjutant von Sauer den König vertrat. Dem Festmahle wohnten ferner noch bei ein Generäl⸗-Adjutant des

önigs, der Stadt Kommandant und Deputationen von Offizieren und Unteroffizieren. Der Sängerchor des Hoftheaters und eine Musikkapelle besorgten die Tafelmusik. Heute Abend besuchen die Preußischen Soldaten das Hoftheater, wo ihnen zu Ehren auf Befehl des Königs »Colberg« von P. Heyse gegeben wird. Morgen veranstaltet der Magistrat ein Festbankett in der Westendhalle. Die Preußen wurden seitens der Bürgerschaft auf das Herzlichste aufgenommen.

Oesterreich Ungarn. Wien, 9. November. Dem Abgeordnetenhau se sind gestern vorgelegt worden: ein Gesetzentwurf, betreffend die Benutzung des zur Bethei⸗ ligung des Staatsschatzes an dem dritten Theile der Kosten der projektirten Donau Regulirung bewilligten Kredits zur Erbauung einer Brücke über den, Donau- Durchstich in der Richtung der Taborstraße; ein Gesetz— entwurf, betreffend die Bedingungen und Zugeständnisse für die Unternehmung der Lokomotiv⸗Eisenbahn von Lemberg an die galizischungarische Landesgrenze am Beskid zur Verbin- dung mit dem ungarischen Eisenbahnnetze, dann von Stry nach Stanislau; ferner ein Gesetzentwurf, betreffend die Ergänzung der Kronprinz⸗Rudolfs⸗Bahn durch die Eisenbahn irecke Villach⸗ Tarvis; ferner die Freundschafts, Handels und Schiffahrts— verträge mit den ostasiatischen Reichen: Siam, China und Japan; endlich der Handels und Schiffahrtsvertrag mit Spanien.

Graf richterstatter der

Anton Auersperg ist einstimmig zum Be⸗ Adreß - Kommission des Herrenhauses ewählt. Die Kommission hielt heute eine vierstündige itzung, in welcher sänmtliche Minister anwesend waren. Von derselben ergriffen Potocli, Stremayer, Tscha⸗ buschnigg und Taaffe wiederholt das Wort, um die Politik der Regierung gegen die Angriffe zu vertheidi⸗ gen, welche Lichtenfels, Graf Hartig, Fürst Carlos Auers- perg, Unger und Schmerling gegen dieselbe vorbrachten. Na—⸗ mentlich wurde die Erklärung Potocki's, daß er nicht an den den Grundlagen der Verfassung rüttle, bekämpft, und der Re— gierung der Vorwurf gemacht, daß sie in Böymen und tpheil⸗ weise auch in Galizien eine Art von Anarchie herbeige⸗ führt habe.

Schweiz. Bern, 7. November. Aus Bellinzona ist heute eine Depesche der eidgenössischen Kommissarien eingetroffen, welche dem Bundesrathe meldet, daß ihr Versuch, noch vor dem 13. November, auf welchen Tag bekanntlich die Neuwahl der Großrathsmitglieder für das Unter⸗Cenere anberaumt ist, eine Versöhnung der Parteien zu erzielen, gescheitert sei. Die Führer der Großrathsmehrheit hätten erklärt, daß sie ohne bestimmten Auftrag ihrer Partei unter keinen Umständen an der von der Kommission vorgeschlagenen Konferenz von Notabeln des Ober⸗ und Unter⸗-Cenere Theil nehmen könnten, dagegen würden sie, wenn der Große Rath zusammengetreten, sich zu jedem billigen Entgegenkommen bereit zeigen. Demnach bleibt das Resultat der Großrathswahlen am 13. November abzuwarten. Enthält sich Unter-Cenere der Theilnahme, wie die letzte in Lugano ab- gehaltene Volks versammlung beschlossen, so ist die Losreißung vom Canton Tessin thatsächlich ausgeführt. ͤ

Belgien. Brüssel, 9. November. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Repräsentantenkammer wur zen Vilgin XIV. zum ee fm en. de Nayer und Thibaut zu Vize⸗Präsidenten

ewählt. ! ö. In parlamentarischen Kreisen verlautet, es werde in der Kammer demnächst eine Gesetzesvorlage eingebracht werden, durch welche der Vollsunterricht obligatorisch erklärt werden soll.

Der Prinz Napoleon befindet sich seit dem 7. d. M. hier.

Großbritannien und Irland. London, 8. November. In der Amtswohnung des Premier-Ministers hat abermals ein Kabinetsrath stattgefunden, bei welchem mit Ausnahme Brights sämmtliche Minister zugegen waren.

Frankreich. Die Correspondance Havas⸗Bullier« kommt neuerdings fast regelmäßig in Tours an; die »Correspondanee de Tours« vom 6. bringt Auszüge aus derselben vom 3. No⸗ vember. Man erfährt daraus bei Gelegenheit der Abstimmung, daß in Paris das Klubwesen stark zugenommen hat.

Die Gefahr des Bürgerkrieges rückt, wie die ⸗France⸗ äußert, immer näher, und es ist hohe Zeit, daß die Regierung

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