1870 / 385 p. 9 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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diesen Artikel wird eine sehr lange Reihe von Gesetzen, in der That mit einer oder zwei Ausnahmen alle fundamen⸗ tale und wichtige Gesetzz, die im Norddeutschen Bunde be⸗ 6 in Württemberg, Baden und SüdHessen entweder so⸗ ort oder zu

Termin eingeführt. Man hat es in den genannten Staaten gewagt, ohne auf Vorbereitungen in der innern Gesetzgebung zu warten, den Sprung zu machen, der, wie unerkennbar ist, mit der en bios. ö einer großen Anzahl so tief einschneidender Gesetze verbun— den ist. Ich kann, meine Herren, hier gleich noch eines hinzufügen. Bei den Verhandlungen, die über den Art. 80 stattfanden, war, wie Sie es begreiflich finden werden, nicht immer in Beziehung auf jedes einzelne Gesetz die volle Hrientirung über die Möglichkeit der Ein- führung zu einem bestimmten Termin durchweg vorhanden. So ist

es gekommen, daß für Südhessen die Einführung des Strafgesetzbuchs

vorbehalten ist für den 1. Januar 1872, und die Einführung der Gewerbeordnung ohne einen bestimmten Termin in Aussicht genom⸗ men ist. Die Großherzoglich hessische Regierung hat es für möglich erachtet, nach nochmaliger Erwägung und ich bemerke, daß die sämmtlichen betheiligten Regierungen damit einverstanden sind das Einführungsgesetz zum Strafgesetzuch für den Norddeutschen Bund, das Strafgesetzbtpuch für den Norddeutschen Bund und die Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund , n. mit dem Eintritt der Verfassung für Hessen als Bundesgesetz in Kraft treten zu lassen. Es würden hiernach am Schluß des Artikels 8 diejenigen Veränderungen eintreten müssen, die durch diese von der Großherzeg⸗ lichen Regierung gefaßte und von sämmtlichen übrigen betheiligten Regierungen angenommene Aenderung nothwendig werden.

Ich komme nun auf die Stellung Bayerns zu dem Artikel. Ich kann auf das Bestimmteste konstatiren, daß, wenn eine Anzahl von diesen Gesetzen in dem hayerischen Vertrage nicht als sofort einzu- führen bezeichnet sind, dies darauf beruht, daß man mit Rüchsicht auf die besondere Lage der Dinge in Bayern eine Vorbereitung durch die Landesgesetzgebung bei einzelnen dieser Gesetze für nöthig hielt. Man hat sich und darüber hat gar kein Zweifel obgewaltet hinsichtlich aller dieser Gesetze in Bayern der Bundesgeseßgebung in Beziehung auf den Einführungstermin unbedingt unterworfen; man hat aber Bedenken getragen, ohne die Möglichkeit zu haben, eine legis⸗ lative Vorhereitung in Bayern selbst zu treffen oder auch nur in gründliche Erwägung zu ziehen, ob eine solche legislative Vorbereitung nicht zu entbehren sei ich sage, man hat Bedenken getragen, vorher eine große Reihe der hier in Rede stehenden Gesetze in Bayern einzu⸗ führen. Aus dem Vertrage mit Bayern selbst 6 sich, daß diese Einführung nicht in Frage steht hinsichtlich des Wahlgesetzes für den Norddeutschen Bund.

Meine Herren, ich glaube in der allgemeinen Diskussion mich auf

diese Charakterisirung der vorliegenden Verträge beschränken zu müssen. Ich wiederhole: sie sind erwachsen auf dem Boden der Thatsachen, sie sind zu Stande gekommen, indem man sich die realen Verhältnisse ver⸗ gegenwärtigte. Ich bitte, daß auch Sie, meine Herren, sich bei Be⸗ urtheilung der Vorlage auf diesen Standpunkt stellen und sich ver— gegenwärtigen, daß es Deutschland schon mehr als einmal nicht zum Segen gereicht hat, das Erreichbare dem Wünschenswerthen zu e ,

Auf eine Anfrage des Abgeordneten Friedenthal, ob die Verhandlungen dazu geführt haben, ein Oberhaupt für das Deutsche Reich zu gewinnen, aus einer Dynastie, welche gezeigt hat, daß ste ihre Stellung nicht im eigenen Interesse ausbeute, erwiderte der Staats⸗Minister Delbrück:

Meine Herren! Auf die von dem . Vorredner hierher ge⸗ richtete Frage nehme ich keinen Anstand, Folgendes zu erwidern. Se. Königliche Hoheit Prinz Luitpold von Vahern hat vorgestern Sr. Majestät dem Könige von Preußen ein Schreiben Sr. Majestät des Königs von Bayern übergeben, dessen Text folgendermaßen lautet:

Nach dem Beitritt Süddeutschlands zu dem deutschen Verfassungs⸗ bündniß werden die Eurer Majestät übertragenen Präsidialrechte über alle deutschen Staaten sich erstrecken.

Ich habe Mich zu deren Vereinigung in einer Hand in der Ueber- eugung bereit erklärt, daß dadurch den Gesammt-⸗Interessen des deut- fen abe de. und seiner verbündeten Fürsten entsprochen werde, zugleich aber in dem Vertrauen, daß die dem Bundespräsidium nach der Verfassung zustehenden Rechte durch Wiederherstellung eines deut⸗ schen Reiches und der deutschen Kagiserwürde als Rechte bezeichnet

werden, welche Eure Majestät im Namen des gesammten deutschen

Vaterlandes auf Grund der , seiner Fürsten ausüben.

habe Mich daher an die deutschen Fürsten mit dem Vorschlage Je= wendet, gemeinschaftlich mit Mir bei Eurer Majestät in , , zu bringen, daß die Ausübung der Präsidialrechte des Bundes mit Füh— rung des Titels eines deutschen Kaisers verbunden werde. Sobald Mir Eure Majestät und die verbündeten Fürsten Ihre Willens. meinung kundgegeben haben, würde Ich Meine , beauftragen, . zur Erzielung der entsprechenden Vereinbarungen ein⸗ zuleiten⸗ ;

Ich kann thatsächlich hinzufügen, daß die in Versailles anwesenden deutschen Souveräne Sr. Majeflät dem Könige von Preußen und Sr. Majestät dem Könige von Bayern ihre Sustimmung zu diesem Vorschlage ausgesprochen haben. Die Erklärungen der übrigen Souveräne und der drei freien Städte sind zu erwarten.

Ueber den inn , Antrag der Abgeordneten Duncker und Genossen äußerte der Bundesbevollmächtigte Prästdent Dr. Pape nach dem Abgeordneten Schulze:

Meine Herren! Die Argumentatlon, worauf der eingebrachte präjudizielle Antrag beruht, it nach meiner Ueberzeugung in keiner

einem von vornherein bestimmten naheliegenden

verfassungsgebenden Reichstages ad hoc wie bei

Weise zu halten. Wird zunächst von der Verlangerung der Legislatur periode des Reichstages durch das Bundesgesetz voni 21. Juli d. J.

abgesehen, so sind es zwei Bestimmungen der Bundesverfassung, welche

zur völligen Enikräftung der für den Antrag geltend gemachten Gründe dienen. Genannt sind die Artikel T8 und 75 der Bundes verfassung. Der Artikel 78, e ,, . lautend: »Peränderungen der Verfassung erfolgen im 6. der Gesetzgebung jedoch ist zu denselben im Bundesrathe eine Mehrheit von zwel Dritteln der vertretenden Stimmen erforberlich, ergiebt klar und unwiderleglich, daß es für die Beurtheilung der Vor- lagen völlig gleichgültig ist, ob Verfassungs⸗ Aenderungen proponirt sind oder nicht Da, wie Ihnen bei Mittheilung der Vorlagen aus. drücklich angekündigt wurde, die Vorlagen in dem Bundesrath mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen adoptirt sind, so verlieren die in Rede stehenden Verfassungs⸗Aenderungen, so groß ihre Zahl auch sein mag, alle und jede ,,. Der Art. 79, in seinem zweiten vorzugsweise in Betracht kommenden Absatz folgendergestalt lautend: 2Der Eintritt der süddeutschen Staaten oder eines derselben in den Bund erfolgt auf den Vorschlag des Bundes -⸗Präsidiums im Wege der Bundesgesetzgebung,« stellt nicht minder unwiderleglich außer Zweifel, daß der Eintritt der süddeutschen Staaten in den Norddeuischen Bund und die Ausdehnung des letzteren auf jene Staaten im Wege der Bundesgeseßzgebung zu erfolgen hat, also nicht als die Stiftung eines neuen Bundes in der Weise und in dem Sinne gelten darf, daß die Einberufung eines Stiftung des ersten. Bundes erforderlich wäre. Die angeregten Kompetenz- Zweifel können auch durch das Zusammentreffen der beiden außerordentlichen Verhältnisse, Verfassungs⸗ Aenderung und Er—⸗ weiterung des Bundes, einleuchtend keine Berechtigung ge— winnen. Aber auch die bereits erwähnte Verlängerung der Legislaturperiode des Reichstages ist völlig unerheblich; die Unerheb— lichkeit . sich lar und überzeugend aus zem Bundesgesetze vom 21. Juli d. J. welches unter den schützenden und erschwerenden For. men einer Veränderung der Bundesverfassung zu Stande gekommen, der Bundes versass ng einverleibt ist und einen integrirenden Theil der— selben bildet. Meine Herren, durch das Heranziehen von politischen Gründen und von Zweckmäßigkeitsgründen wird das feste und sichere Resultat der juristischen Betrachtung in keiner Weise wankend. Da das Bundesgesetz vom 21. Juli d. J. alle Kompetenzen des Reichstages prolongirt hat, da dem Gesetze jede Beschränkung fremd und unbe— kannt ist, so würde es ein Verstoß gegen die erste aller Ausle— gungsregeln sein pt eine solche Beschränkung anzunehmen. Das Gesetz muß juristisch betrachtet auf alle von seinen Bestimmungen er— griffenen Fälle angewendet werden, soweit es nicht felbst eine Aus— nahme bestimmt. Sodann aber die politischen und Zweckmäßigkeits. gründe anlangend, so mag es sein, daß eine ungemein wichtige Um⸗ gestaltung der politischen Lage von Deuischland in Frage steht; allein, meine Herren auf der andern Sejte darf doch nicht übersehen werden, daß die zur Entscheidung siehende Regelung in dem Art. 78 der Bun desverfassung ausdrücklich vorgesehen und als eine naturgemäße Ent. wickelung und Entfaltung des Bundes unzweideutig und bestimmt der Bundesgesetzgebung überwiesen ist.

Meine Herren! Die Deduktion, es sei zur Erledigung der Vor. lagen ein besonderer Reichstag erforderlich, führt unausweichlich zu einem Konflikt mit dem Art. 79 der Bundesverfassung. Die De— duktion würde die Kompetenz auch eines gewöhnlichen Reichs ags ausschließen, und doch ist in dem Art. 79 klar und bestimmt vorge— schrieben, daß die Erweiterung des Bundes durch die Heranziehung der süddeutschen Staaten in Ansehung der Konstituirung des neuen Bundes nicht so zu behandeln sei, wie die Stiftung des ersten Bun— des, daß vielmehr zu der Aufnahme der süddeutschen St aten in den

Norddeutschen Bund ein in dem Wege der Bungesgesetzgebung sich

vollziehender legislativer Akt genügend sei. Nunmehr einen folchen legislativen Akt nicht für zureichend erklären, heißt nach meiner Ueber. zeugung gegen eine der wichtigsten, einen besondern Abschnitt der Bundesverfassung bildende Vorschrift der bestehenden Verfaffung an— kämpfen, heißt die Gründe verleugnen, aus welchen diese wichtige Bestimmung nach reiflicher Ueberlegung und sorgfältiger Erwägung aller Umstände entstanden ist, heißt aber auch, wie ich glaube, die Einigung von Deutschland e ner ungewissen Zukunft und unberechen— baren Eventualitäten preisgeben.

Vereinsthätigkeit für die Armee.

im Felde verwundeter und erkrankter Krieger hat beschlossen, für die Invaliden, sowie für die Wittwen und

aisen der Yefallenlen aus dem jetzigen Kriege schon jetzt helfend einzutreten. Es sind für je 1 Million Einwohner 2000 Thlr aus den Fonds der Deutschen Wilhelmsstiftung, welche unter Leitung des Central⸗Komites steht, im Ganzen 78000 Thlr, angewiesen und zur Vertheilung den Organen des Central⸗Komites übermittelt worden.

Das Central Komite der deutschen Vereine zur Pflege W

Es ist dies eine vorsorgende Maßregel, um einer etwaigen Noth schon

abzuhelfen, bevor die ordnungsmäßigen Feststellungen über die Be⸗ rechtigung der bezeichneten Personen zu Unterstützungen erfolgt sind. „Die vortrefflichen Heilerfolge, welche nach Aeußerung sach verständiger Autoritäten in den Lazarethen der Stadt Baden⸗ Baden durch den Gebrauch der dortigen warmen Quellen bei verwundeten und ö Soldaten während des gegenwärtigen Krieges erzielt worden sind, haben in dem Tentral-Komite des Badischen Frauen -Vereins den Wunsch hervorgebracht, durch Errichtung einer sogenannten »Winterstatlon« einem vlelfach zu Tage getretenen Bedürfnisse abzuhelfen. Die Vergünstigung der Aufnahme

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soll, entsyrechend der , welche der Badische Frauen ⸗Verein als internationaler Hülfsverein für das Großherzogthum Baden schon seit einer Reihe von Jahren einnimmt, ohne Unterschied der Na— tionalität den Soldaten beider Armeen gewährt werden.

Es sind ur Durchführung des Unternehmens mit einer Anzahl von Gastwirthen der Stadt Baden-Baden, welche im Besitz geeigneter Räumlichkeiten und der Badeeinrichtung sich befinden, entsprechende Vereinbarungen getroffen, wodurch das bezeichnete Centralkomite mit Hülfe der vom Großherzoglich badischen Kriegs ⸗Ministerium, dem Gemeinderath der Stadt Baden-Baden, dem dortigen Frauenverein und freigebiger Privaten gewährten Unterstützung in den Stand gesetzt sind, den verwun eten und kranken Militärs vorerst in der Zahl von ungefähr 230 Offizieren und Soldaten Wohnung, ärztliche Behand⸗ lung und Verpflegung, sowie den Gebrauch der Bade unentgeltlich darzubiefen. Je nach Frequenz und verfügbaren Mitteln sollen zur Zulassung weiterer Pfleglinge noch andere günstig gelegene Räume hinzugefügt und dadurch weitere Aufnahmen ermöglicht werden.

In einer deshalb erlassenen Zuschrift an die saͤmmtlichen Organe der freiwilligen Krankenpflege in Deutschland erachtet es das Central Komite für seine Pflicht, neben Kundmachung der Existenz dieser Heileinrichtungen in den weitesten Kreisen darauf hinzuweisen, daß die Anstalt, um gedeihlich bestehen und noch eine entsprechende Aus— breitung erfahren zu können, einer bedeutenden Nachhülfe durch Geld— und Naturalbeiträge bedarf, wenn der Verein, welcher die Verwal- tung derselben auf seine Kosten und Gefahr übernommen hat, mit den ihm zu Gebot stehenden schwachen Mitteln dabei ausreichen soll

Der Badische Frauenverein, der unter dem Protektorate Ihrer Köͤ⸗ niglichen Hoheit der Großherzogin Louise sieht, hat über die Grün- dung der bezeichneten Winterstation ein Statut aufgestellt. Nach demselben werden zur Aufnahme zugelassen verwundete und erkrankte Offiziere, Militärbeamte und Soldaten des deutschen und französischen Heeres, welche vorher in Kriegs-, Reserve⸗ und Vereins -Lazarethen oder in Pflegestätten verpflegt worden sind und nach ärztlichem Zeug nisse des betreffenden Chef ⸗Arztes beziehungsweise des behandelnden Arztes an einer der nachbezeichneten Krantheitsformen leiden: A. Bei Verwundeten: a) Bei ann geschlossenen Wunden: 1) Ver härtungen der Weichtheile, eingezogene und schmerzhafte Narben, mangelhafte Beweglichkeit durch Muskelleiden, Sehnerven-⸗Ver⸗ kürzungen oder Verwachsungen. A Chronische Entzündung, Steifig⸗ keit der Gelenke, Aufgetriebensein einzelner Gelenkstheile, falsche und ächte Anfylosen. 3) Frakturen, sowohl Schußfrakturen als sonst zufällig entstandene, mit zurückgebliebenem starkem Callus, Anschwellung des Knochens nach Periostitis, Druck des Callus auf Nerven und Gefäße. H Lähmungen und Neuralgien, soweit sie heilbar sind, theils durch Hinwegräumung der einen Druck oder Reiz bedingenden Ursachen, theils durch Kräftigung der früher unterbroche⸗ nen, aber wenigstens theilweise wieder hergestellten Nervenleiden, theils endlich durch Verbesserung des Blutumlaufes. b) Bei noch nicht geschlossenen Wunden: 1) Fistulöse Gänge oder Geschwüre, welche mit einem verletzten Lnochtn zusammenhängen, Caries oder Necrose einzelner Knochenparthien, fortgesetzte secundäre Splitterung, noch vorhandene fremde Körper Y Folgezustände nach Amputationen und Resektionen. 3) Chronisch gewordene Vereiterungen oder Ent- zündungen der Weichtheile, unabhängig von Knochenverletzungen. B. Bei Kranken: 1) Rheumatismus, sowohl der Gelenke als Mus⸗ keln, rheumatische Lähmungen und Neuralgien, sobald der acute Zu— stand vorüber ist. 2 Folgezustände nach Ruhr und Typhus, nament- lich die hier oft auftretenden eigenthümlichen Lähmungen.

Kunst und Wissenschaft.

Der Entwurf einer Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für den Norddeutschen Bund ist jetzt vollständig (Berlin 1870, Verlag der Königlichen Geheimen Ober--gof⸗ buchdruckerei R. v. Decker) erschienen. Derselbe enthält zunächst die Vorbemerkung, daß er auf der Voraussetzzung der einheitlichen Rege⸗ lung der Gerichts verfassung nach Maßgabe folgender Grundsätze be⸗ ruhe; Die Privatgerichtsbarkeit wird aufgehoben, der privilegirte Ge—⸗ richtsstand unter Vorbehalt landesgesetzlicher Ausnahmen für die Mit- glieder der regierenden Familien abgeschafft. Im ganzen Bun- desgebiete besiehen zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz Landgerichte (Bezirksgerichte, Kreisgerichte), Handels- erichte und Amtsgerichte, die beiden ersten mit Ftollegia—- ischer, die letzten mit nicht kollegialischer Verfassung. Vor die Handelsgerichte gehören die handelsrechtlichen Streitigkeiten; vor die Amtsgerichte die minder wichtigen, sowie einfache und schleunige Sachen; vor Lie Landgerichte alle übrigen. Die erkennenden Kollegiah⸗ ö gerichte erster Instanz bestehen aus 3 Richtern, das erkennende Handels- gericht aus einem rechtsgelchrten Richter, als Vorsitzendem, und zwei kaufmännischen Richtern Als Gerichte zweiter Instänz sind verordnet: den Amtsgerichten die Landgericht“ den Land und Handelsgerichten die Ober ⸗Landesgerichte (Appellationsgerichte). Die Gerichtsbarkeit letzter Instanz wird von dem obersten Gerichtshof ausgeübt Die Kommisston hält die Errichtung eines obersten Bundesgerichtshofes für erforderlich. Die Zahl der Richter bei einem erkennenden höheren Gerichtshof muß mindestens 5, und stets eine ungerade sein. Alle besonderen Gerichte (fora specialia causae) sind aufgehoben, vorbehaltlich Aus- nahmen, die durch die Bundesgesetzgebung zu bestimmen sind (Schiff⸗ fahrtsgerichte, . Die Rechtsanwaltschaft, die Advokatur und die Anwaltschaft umfassend, wird mit der Beschränkung frei⸗ gegeben, daß sie von dem Nachweise des Studiums der Rechte und von der 26 einer Prüfung abhängig bleibt.

Der Entwurf einer CitilprozcßOrdnung selbst enthält folgende Abschnitte: Einleitende Bestimmungen §§. 1—8. 1 Buch. Allge⸗ meine Bestimmungen (Tit. 1— 25. §S§. 9-402) II. Buch. Von dem ordentlichen Verfahren in erster Instanz. 1. Abschnitt. Von dem Verfahren vor den Landgerichten (Titel 26 38. §§8. 403 659). 2. Von dem Verfahren vor den Amtaägerichten und Handelsgerichten (Titel 39. SS 660- 671). III. Buch. Von dem außerordentlichen Verfahren (Titel 40-44. §5§5. 672 - 766). IV. Buch. Von den Rechtsmitteln der Berufung der Beschwerde, der Nichtigkeitsbeschwerde und der Wiederaufnahmeflage (Tit. 45, 48. S§. 767 - 882. V. Buch. Von der Zwangsvollstreckung (Tit 49 60. S§8§. S883 - 1070). VI. Buch. Von den Ehesachen und den Entmündigungẽsachen (Tit. 61 63. §5§. 1071—1124) VII. Buch. 64. Tit. Von dem Aufgebotsverfahren (68 1125 w 65. Tit. Von der Amortisation der Urkunden 83 1144 1154). VIII Buch. 66. Tit. S§. 1155 1178. Von den Schiedsgerichten. Gesetz, be⸗ treffend die Einführung einer Civilprozeßordnung für den Norddeut- schen Bund (§5. 1— 12). ö.

Die Verlagsbuchhandlung kündigt gleichzeitig das in einigen Wochen bevorstehende Erscheinen eines vollständigen alphabetischen Sachregisters zu dem Entwurf an.

Verkehrs⸗Anstalten. London, 2. Dezember. (N. fr. Pr. Der Suezkanal geht an eine englische Aktiengesellschaft über, deren Präsident der Herzog von Southerland ist; derselbe wird alsbald nach Aegypten abreisen.

Oeffentlicher Anzeiger.

8.

Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen.

Von den erst seit dem 13. November hier internirten . Offizieren sind seit Ende November d. J. unter Bruch des Ehren worts von hier desertirt: 1) Capitaine Sartre vom 19. de ligne, Y Lieutenant Salvatelli vom 62. de ligne, 3) Sous lieutenant Hett⸗ ler vom 19. de ligne. Die beiden lehteren haben nach einer Nach- richt die Route über Ostende genommen Alle Behörden des In- und Auslandes werden ersucht, sie im Be retungsf lle hier abliefern zu lassen. Signalements: 1 von Sartre: ca. 32 Jahr alt, ca. 5 Fuß 3 Zoll groß, sehr schlank, schwarzes Heer, schwarzen, ziemlich langen Vollbart. Sehr lebhaften Temperaments und leicht aufbrausend; ö von Salvatelli: ca. 5 Fuß 4 5 Zoll groß, schlank, schwarze

aare, kurzgeschnittenen schwarzen Vollbart, gelbe Gesichtsfarbe; von Hettler: ca. 5 Fuß 5 6 Zoll groß, kräftig, schwarze Haare, kurzgeschnittenen schwarzen Vollbart. Spricht geläufig deutsch. Munster, den 5. Dezember 1870. Kommando der Kriegsgefangenen. v. Flotow, Major.

H andels⸗Register.

Im Jahre 1871 werden die Eintragungen in unser Handelsregister und Genossenschaftsregister durch di Berliner Börsen Zeitung und die Magdeburgische Zeitung, die Eintragungen in das Händelsregister außerdem auch durch den Königlich Preußischen Sraats.- Anzeiger ver. offentlicht, und die auf die Führung beider Register bezüglichen Ge- schäfte von dem Kreisgerichts-⸗Rath Fabian (hei Verhinderungen deffel. ben von dem Kreisgerichts-Rath von Tiotha), unter Mitwirkung des Kreisgerichts. Sekretärs Germann, bearbeitet werden.

Genthin, den 2. Dezember 1870

Königliches Kreisgericht. 1. Abtheilung. Schulz.

Zufolge Verfügung vom 29. November 1870 ist bei Nr. 127 un⸗ eres Firmenregisters das Erlöschen der Firma: S. Kretschmer's Her rengarderobe zu Liegnitz eingetragen worden.

Liegnitz, den 29. Novemher 1870.

Königl. Kreisgericht. J. Abtheilung.

Unter Nr. 826 des Firmenregisters ist zufolge Verfügung vom 2. Dezember d. J. der Kaufmann Christian Dethlef Jessen zu Flensburg als Juhaber der Handlung, Firma: »Chr. D. Jessen⸗ daselbst heut eingetragen. Flensburg, den 3 Dezember 1870.

Königliches Kreisgericht. J. Abtheilung.

Im hiesigen Handels ⸗Register ist heute eingetragen Fol. 30: Firma: A. Laubinger. Ort der Niederlassung: Moringen. . Firmeninhaber: Alfred Laubinger, Material“, Eisen⸗ und Kurzwaaren. Moringen, den 1. Dezember 1870. . Deputation des Amtsgerichts Northeim.

Im hiesigen , ist heute eingetragen Fol. 31. Firma: S. J. Löwenthal, Ort der Niederlassung: Moringen, Fitmeninhaber: Salomon Joel vswenthal, Manufakturwaaren.

Moringen, den 1 Dezember 1870. Deputation des Amtsgerichts Northeim.