1871 / 13 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

. Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin besuchte am 11. das Lazareth in der Kaserne des Kaiser Franz—⸗ Regiments und am 12. das Barackenlazareth auf dem Tempel— hofer Felde.

Die heutige (12) PlenarSitzung des Hauses der Ab— eordneten wurde von dem Präsidenten von Forckenbeck um 14 Uhr eröffnet.

Am Ministertische befanden sich der Minister des Innern Graf zu Eulenburg, der Finanz-⸗Minister Camphausen und mehrere Regierungs⸗Kommissare.

Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Wahl des Präsidenten und der beiden Vize-⸗Präsidenten für die Dauer der Session.

Auf den Antrag des Abg. Reichensperger (Coblenz) wurden die bisherigen drei Präsidenten des Hauses, AÜbgg. v. Forcken— beck, v. Köller und v. Bennigsen, für die Dauer der Session durch Akklamation einstimmig wiedergewählt.

Der Präsident v. Forckenbeck nahm im eigenen Namen und für die beiden Vize⸗Präsidenten die Wahl dankend an.

Zu Mitgliedern für die stgtistische Cent al Kommission wurden die Abgg. Dr. Virchow, Miquél und Elsner von Gro— now gewählt. Die Namen der zu Mitgliedern der Staats— schulden⸗Kommission gewählten Abgeordneten werden erst späier⸗ hin bekannt gemacht werden.

Es folgte die Schlußberathung über den Gesetzentwurf, be— treffend die landschaftlichen Brandkassen in der Provinz Han— nover.

Der Referent Abg. v. Bennigsen empfahl, dem vorgelegten Gesetzentwurfe in unveränderter Gestalt die verfassungsimäßige Zustimmung zu ertheilen. Das Haus nahm den Gesetzentwurf ohne Debatte an.

Hierauf wurden mehrere Wahlen von Abgeordneten ge— prüft und für gültig erklärt. ö

Es folgte die Schlußberathung über den Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Marktstandsgelder in den neu erworbenen Landes—

theilen.

Der Referent: Abg. Dr. Becker befürwortete seinen Antrag.

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: dem vorbezeich— . Gisetzentwurfe in folgender Fassung die Zustimmung zu er—

eilen:

§. 1. An Orten, wo die Erhebung von Abgaben für den Ge— brauch öffentlicher Pläße und Straßen zum Feilhalten von Gegen— ständen auf Messen und Märkten (Marktstandsgelder) bisher nicht bestanden hat, darf dieselbe nur mit Genehmigung der Ministerien des Handels und der Finanzen eingeführt werden.

Die Genehmigung ist stets als unter dem Vorbehalt des Wider— rufs ertheilt anzusehen.

§§. 2 bis 4 wie die Vorlage.

5 Absaß 1 wie die Vorlage.

Absaß 2: »Bevorzugungen bei Entrichtung von Marktstands⸗ geldern finden fortan nicht mehr statt, insofern sie nicht auf besonde— rem Rechtstitel beruhen.“

§. 6 wie die Vorlage.

§. 7. Wer Marktstandsgelder erhebt oder erheben läßt, von denen er weiß, daß sie gar nicht oder nur im geringeren Betrage verschuldet werden, hat insoweit nicht auf Grund der allgemeinen Strafgesetze eine höhere Strafe eintritt, für jeden Uebertretungsfall eine Geldbuße bis zu fünfzig Thalern oder im Unvermögensfalle verhältnißmäßige Haft verwirkt.

§. 8 wie die Vorlage.

Hierzu lag der Antrag des Abg. Dr. Witte vor:

1. Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

1) zu §. 1. Statt der Worte nur mit Genehmigung 204 zu setzen; fortan von der Gemeindebehörde nach Maßgabe dieses Gesttzes eingeführt werden.«

2 zu § 2. Statt der Worte »die Ministerien (8. IN) zu setzen: »die Ministerien des Handels und der Finanzen.«

3) §. 5 folgende Fassung zu geben: Die Erhebung von Markt- standsgeldein (§. ) steht fortan nur den Gemeindebehörden zu. Sie darf da, wo sie bisher bestanden hat, fortdauern, muß aber überall, wo es nothwendig ist, nach Anleitung der §§. 2 bis 5. anderweit re— gulirt werden.

Beruht das Recht, diese Abgaben bisher nach bestimmten Sätzen zu erheben, auf einem besonderen Rechtstitel, so wird in dem Falle, wo diese Berechtigung nach Abschnitt 1 dieses Paragraphen aufgehohen wird, Entschädigung nach den bestehenden allgemeinen gesetzlichen Vor⸗ schriften, oder in Ermangelung derselben nach dem zwanzigfachen Be— trage der durchschnittlichen Netto⸗Cinnahme der letzten fünf Jahre ge— währt; doch findet selbst in Tiesem Falle ein Entschädigungsanspruͤch nicht statt, wenn die Berechtigung dem Fiskus zustand.

Bevorzugungen bei Entrichtung von Marktstandsgeldern finden fortan nicht mehr statt.

II. Das Haus der Abgeordneten wolle den vorliegenden Gesetz⸗ entwurf auf die ganze Monarchie ausdehnen und demgemäß be— schließen: 1) im Titel die Worte vin den neuerworbenen Landestheilen« zu streichen, 9 im Eingange die Worte »für die . . . bis .. . (Seite 7294 zu streichen.

Ferner vom Abg. Dr. Kirch:

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. Gesetzentwurf in folgender Fassung die Zustimmung zu er §. 1. An Orten, wo die Erhebung von Abgaben für den Ge⸗— hrauch öffentlicher Plätze und Straßen zum Feilhalten ö Gegen⸗ . 4. KJ k bisher nicht be⸗ e darf dieselbe nur mit Genehmigung der Bezirks . rungen oder Landdrosteien eingeführt 353. ö J

Die Genehmigung ist stets als unter dem Vorbehalt des Wider-

rufö erteilt 6 , Bti Einführung von Marktstandsgeldern ist deren Betra nur nach der „röße des von Feilbietenden zum Markistand 6 ten Raumes und nach der Dauer des Gebrauches zu bestimmen. Es darf dabei nirgends mehr als täglich 2 Silbergroschen für den Quadratmeter (2 Pfennige für den Quadratfuß) erhoben werden. Wie diese Vorschrift auf Gegenstände, die nicht in Buden, auf Tischen oder in Haufen feilgeboten werden, anzuwenden, und in welcher Weise die Marttstandsgelder für Gegenstände, welche bei ge⸗ ringem Werthe einen, greßen Raum einnehmen, verhältnißmäfig geringer festzusetzen seien, haben die Ministerien des Handels, und der Finanzen zu regeln. §. 3 wie die Vorlage. 4 wie die Vorlage. z 5. Absatz 1. Wie die Vorlage. ; Absatz 2: »Bevorzugungen bei Entrichtung von Markt Stands ö ö . nicht mehr statt.« 6. ie Bestimmungen des §. 2 sind auch bei Erhöhung be— reits bestehender n fdr Sn rg h y §.7 bleibt im Allgemeinen wie die Vorlage, doch ist statt des Wortes »Gefängnißstrafe« das Wort »Haft« zu fetzen. §. 8 wie die Vorlage. II. Das Haus der Abgeordneten wolle den vorliegenden Gesetz entwurf auf die ganze Monarchie ausdehnen und demgemäß beschließen: Lim Titel die Worte: »in den neu erworbenen Landestheilen«, zu

1 und 27) im Eingang die Worte »für die bis S. 729) n elchen.

Beim Schlusse des Blattes erstattete der Referent Dr. Becker noch mündlichen Bericht.

Offizielle militärische Nachrichten.

I Versailles, 12. Januar.

Der Königin Augu sta in Berlin.

Den 10. und 11. siegreiche Gefechte in le Mans, viele Gefangene, Mitrailleusen, Kanonen genommen. Verluste mäßig beim III., IX. und XIII. Corps. Details fehlen noch. Französische Telegramme räumen selbst zum ersten Male ein, geschlagen zu sein. Bei Villersexel hatte am 9. General von Werder ein glückliches Gefecht und nahm 2 Adler, 2 Geschütze, 800 Gefangene.

Hier geht die Beschießung wegen Nebels seit 3 Tagen nur langsam vorwärts, obgleich gestern und heute viel geschossen wird; namentlich aus der Stadt-Enceinte wird das Feuer immer heftiger. Heute Sonnen-Wintertag mit 2 Grad Kälte, dennoch keine Fernsicht.

MWilhelm.

2) Versailles, 13. Januar.

Der Königin Augu sta in Berlin.

Gestern Nachmittags nahm das III. und X. Corps Le Mans, und das IX. und AlIII. ging siegreich südlich bei St. Corneille vor. Große Vorräthe genommen; andere Details fehlen noch.

Wilhelm.

3) Ver sailles, 12. Januar.

Am 11. hatten die gegen Le Mans in Bewegung gesetzten Corps bis zur Dunkelheit heftige Kämpfe zu bestehen. Das Debouché von Champagns wurde erkämpft, Arches⸗chateau, sowie 7 Geschütze und Mitrailleusen wurden genommen. Die Zahl, der am 10 in unsere Hände gefallenen Gefangenen beträgt nicht, wie bisher angegeben, 2000, sondern allein bei der im Centrum vorgedrungenen Kolonne 5000 Mann und 4 Mitrailleusen.

General von Werder, nachdem er von Vesoul links ab⸗ marschirt, und hierbei am 9. im Gefechte von Villersezel den Gegner, welcher seinen Marsch behindern konnte, zurückgewiesen, hat seine Bewegungen am 10. ohne weiteres Gefecht fortgesetzt. von Podbielski.

Se Mans, die 15,200 Einwohner zählende Hauptstadt des Departements der Sarthe, welche seit ihrem Bestehen in jedem Jahrhundert eine Belagerung, Einnahme ꝛc. zu erdulden hatte, liegt an der Sarthe, dem rechten Nebenfluß der Loire, dem

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: dem vorbezeich—

hier, von Nogent kommend, die Huisne zufließt. Le Mans ist

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einer der wichtigsten Knotenpunkte des nordwestlichen Frankreichs,

der Sammelpunkt der Bahnen von Paris, Rennes, Angers und Tours. Die Stadt ist Sitz eines Bischofs und der Departemental⸗ Behörden, sowie der 2. Sub⸗Division der 18. Militär⸗Division des V. Corps (Tours) und mehrerer Gendarmerie⸗Brigaden

zu Fuß und zu Pferde,; sie gt an einem 150 Fuß hohen

Hügel zu beiden Seiten der Sarthe, über welche drei steinerne und eine Hänge⸗Brücke führen. Le Mans hat ein Museum, ein Civil⸗ und Handels Tribunal, ein Theater, vier Hospitäler und eine prächtige Promenade, 19 greffior, welche auf dem linken Flußufer nach dem Bahnhof führt, einen im dorischen Style erbauten hervorragend schönem Gebäude. Bemerkenswerth sind ferner die uralte Kathedrale, die einer der 70 Jünger Jesu ge⸗ gründet haben soll, die Bibliothek mit 50,900 Bänden, die Ge— treidehallen, die große Kavallerie ˖Kaserne mit Pferdeställen, die noch König Heinrich II. von England 1180 errichtet hat und das Grabatoire, das von 1538 —42 den Mönchen als Hospital ge⸗ dient hat. Le Mans hat Leinwand und Wachsbleichen, Gerbereien, Oelreinigungs-⸗Fabriken, Glockengießereien und ist . durch seinen Getreide“, Flachs⸗, Hanf⸗ und Geflügel⸗ andel.

Saint⸗Corneille, Dorf von 792 Einwohnern, liegt auf einem den Merdereau, einen Rebenfluß der Sarthe, beherr⸗ schenden Hügel zwischen Savigné und Montfort, dicht bei ersterem Ort, von letzterem 1 Meile entfernt.

Champagns, ein Ort von 800 Einwohnern, liegt an der Huisne, etwa 250 Fuß hoch und fast? Meilen von le Mans,; eine Brücke von 13 Bogen verbindet hier beide Flußufer.

Aus den Hauptquartieren in Versailles, 6. Januar.

Den gestrigen Mittheilungen über den ersten Tag des Bombar⸗ dements ist noch Folgendes hinzuzufügen: Die französischen Forts und Batterien hielten im Allgemeinen noch dieselben Schußweiten inne, die sie während der ganzen Belagerungszeit zu nehmen pflegten, woraus hervorging, daß sie über die Standorte der deuischen Batterien noch nicht orientirt waren. Der französische Offizier zwar, der dem amerikanischen, General - Konsul Reed als Parlamentär beigegeben war, ein Adjutant Trochu s, äußerte an der Sävresbrücke zu preußischen Offizieren, daß man in Paris den Beginn der Kanonade am gestrigen Tage vorher gesehen habe. Da die Franzosen aber keine Gegenmaßregeln trafen, namentlich die Feldwachen an den am meisten ezponirten Punkten erst zurückzogen, als die deutschen Granaten an ihren Aufstellungsorten einschlugen, so hatten sie jedenfalls von den Placements unserer Artillerie und der Richtung ihres Feuers keine genauere Kenntniß. .

Se. Majestät der König, Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und Prinz Carl, sowie mehrere deutsche Fürsten, mit den Offizieren ihrer e in. beobachteten den Geschütz⸗ kampf von einer Villa aus, die so gelegen ist, daß man das ganze östliche und südliche Gefechtsfeld des Mont Valsrien und den Abschnitt der Enceinte bei Point du jour überschauen kann. Einige der Prinzen gingen unmittelbar bis in die Po— sitionen unserer Artillerie vor, namentlich verweilten Prinz Adalbert und Herzog Eugen von Württemberg längere Zeit in einer der Batterien. Die Offiziere vom Generalstab, von der Artillerie und vom Ingenieur⸗-Corps, die Adjutanten, sowie viele Offiziere der Oberkommandos beritten das Terrain längs der ganzen Schußlinie, um ihre Beobachtungen über die erziel⸗ ten Wirkungen zu machen. Die Truppen, die hinter der Vorpostenkette im Repli lagen, hatten sich in angemessenen Entfernungen, auf den Höhepunkten, die eine weitere Aussicht verstatten, aufgestellt, so daß sich um die feuernden Batterien ein lebhaftes und mannigfaches Bild gruppirte. .

Die Offiziere, die am 1. Tage des Bombardements in den Batterien verwundet wurden, sind: Hauptmann Herquet von der 6. Brigade, Major v. Köster, der durch ein Sprengstück am Kopfe beschädigt wurde, aber sein Kommando beibehalten konnte, und Regiments -Adjutant Langer vom 4. Artillerie- Regiment (Magdeburg), der eine Verwundung am Fußknochen erhlelt. Den Hauptverlust, der sich im Ganzen auf 15 Mann und 4 Offiziere beläuft, verursachte eine feindliche Granate, die in einen der Verbandplätze der Belagerungsartillerie einschlug.

Der zweite Tag der Beschießung 6. Januar) war in- sofern der Artillerie noch günstiger, als die Klarheit des Wetters einen weiteren Einblick in die feindlichen Stellun— gen ermöglichte, als am 5. Von dem Höhenrand, der, bei St. Cloud beginnend und in allmählicher Hebung sich über Säevres, Bellevue, Meudon bis zur Biegung der Seine bei Clamart hinziehend, fast die ganze südliche Cernirungslinie ein- nimmt, übersah man mit unbewaffnetem Auge die Stadt bis zur Kuppel des Panthéons; jenseits derselben beschränkten Nebel und die Wolken des vom Südwestwind nach Norden getriebe⸗

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nen Pulverdampfes den Blick: doch vermochte man mit dem Fernrohr die Thürme von St. Jacques und von Notre Dame noch genau zu erkennen. Der Kronprinz, vom Groß— herzog von Baden begleitet, hatte heute einen Stand⸗ punkt gewählt, der den drei angegriffenen Forts Issy, Vanves, Montrouge näher gelegen war, als der gestrige. Se. Königliche Hoheit verweilte hier gerade in denjenigen Stun⸗ den des Tages, während welcher der Geschützkampf in sein leb⸗ haftestes Stadium trat. Es war die Zeit von 14 33 Uhr Mittags. Der Mont Valérien schoß auch heute besonders nach St. Cloud, gab aber außerdem Feuer gegen Bougival und Vau⸗ eresson, obwohl er von diesen Punkten aus kein Feuer em⸗ pfing. Im Angriff auf unstere bei St. Cloud placirten Ge— schütze unterstützten ihn, wie am ersten Tage des Bombarde⸗ ments, vier Batterien am Point du jour und die Ge⸗ schütze zu beiden Seiten des Aquadukts. Die letzteren, wie die vom Point du jour, schleuderten abwechselnd ihre Geschosse auch in weitem Bogen über die Seine hin⸗ über, nach dem Plateau von Meudon. Aus Issy ist seit 1065 Uhr Morgens kein Schuß mehr gefallen; dagegen zeigten die Verbindungsmauern (Courtinen) und die Wälle der Böschungen an den Gräben (Escarpen) bereits zahlreiche Risse und selbst größere Lücken in den Steinfassungen. Es war natür⸗ lich zu vermuthen, daß die Franzosen, nachdem sie gesiern gezwun⸗ gen worden sind, die Geschütze im Fort Issy zurückzuziehen, versuchen würden, andere Emplacements für ihre Belagerungs-⸗AUrtillerie ausfindig zu machen. Das war denn auch an zwei Stellen geschehen. Zwischen Issy und Vanves, sowie zwischen Vanves Und Montrouge, näher der Enceinte zu, demaskirte der Feind heute neue Batterien. Das Feuer aus Vanves selbst war unbedeutend. Montrouge befand sich in heftigem Geschützlampf mit der Bayernschanze bei Moulin La Tour. Clamart, von Plessis⸗ Piquet, dem nächsten Orte linker Hand von der Bayernschanze nur 2 Kilometer weit entfernt, auf einem vereinzelten Hügel am Fuße des linken Seine⸗Randes liegend, wurde von den französt⸗ schen Granaten am stärksten beworfen. Im Ganzen ließen sich demnach in dem Geschützkampf französischerseits drei Hauptdirek⸗ tionen unterscheiden: die eine nach St. Cloud mit der Laterale von Sévres, die andere nach Meudon, die dritte nach Clamart und nach Plessis⸗Piquet. Von unseren Batterien wurde haupt⸗ sächlich gefeuert; auf den Point du jour und seine Nebenbatte⸗ rien am Eisenbahndamm des Aquaduktes, auf die Schieß⸗ scharten von Issy, die bereits ziemlich zerstört sind, dann über Issy hinweg auf die Enceinte von Paris, von deren starken Bewehrung man sich diesseits überzeugen konnte. In der Gegend des Point du jour, doch innerhalb der Mauern der Stadt, brannte es seit 2, Uhr Mittags an zwei Stellen. Das feindliche Feuer war auch heute gering, doch ist dabei wohl in Anschlag zu bringen, daß die französische Artillerie nicht minder, als die unsrige im gegenwärtigen Zeitpunkt, wo es darauf ankommt, die Entfernungen zu messen und zu wägen, noch keine Veranlassung haben dürfte, ihre volle Kraft auszugeben. Von den heutigen Verlusten ist bis jetzt soviel bekannt geworden, daß sie bei Plessis⸗Piquet 11 Mann betragen. Bei Meudon war bis zur Beendigung des Bom⸗ bardements, dle mit dem Dunkelwerden um Uhr eintrat, nur ein Mann verwundet, und zwar leicht, durch eine Kontu⸗ sion am Auge, die ein Granatsplitter verursacht hatte. Ueber die Verluste bei St. Cloud fehlen augenblicklich noch die nähe— ren Nachrichten, doch sind dieselben keinesfalls erheblich.

8. Januar. Der hiesige ⸗Moniteur officiel«, welcher von heute ab unter dem Titel „Moniteur officiel de Gou- vernement g6ns6ral du Nord de la France et de la Pré- focture de Seine et Oise“ erscheint, veröffentlicht J. das fol⸗ gende Königliche Dekret:

In Anbetracht des Berichtes vom 15. d. M. genehmige Ich die Bildung eines neuen General Gouvernements, das durch die Ver einigung der im Norden Frankreichs belegenen okkupirten Länder ge—⸗

bildet wird.

Das Departement Seine et Oise, der bisher dem Gebiete von Rheims zugetheilt war, wird mit dem neugebildeten General⸗Gou⸗— vernement vereinigt, dessen Verwaltung Ich dem Königlich sächsischen Kriegs ⸗Minister, General- Lieutenant von Fabrice, übertrage, indem Ich ihm Versailles als provisorische Residenz anweise.

Versailles, 16. Dezember 1870.

Wilhelm.

Bismarck. Roon. An den Bundeskanzler und den Kriegs ⸗Minister.

II. Die folgende Proklamation des General⸗Gouver⸗-

neurs von Fabrice: Proklamation. Seine Majestät der König von Preußen, Qber-Befehlshaber der deutschen Armeen, haben mit Bewilligung Sr. Majestät des Königs von Sachsen, meines erhabenen Herrn, geruht, mich zum Genral ;

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