1871 / 33 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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43proz. vormals nassauisches Staatsanlehen von 6000, 000 Fl. d. d. 28. April 1860.

Bei der stattgehabten zweiten Verloosung des unter Vermittelung des Bankhauses der Herren M. A. von Rothschild C Söhne in Frankfurt a. M. negoziirten 4vroz. vormals nassauischen Staats-= anlehens von 6 000,006 Fl. d. d. 28. April 1860 sind nachverzeichnete Obligationen zur Rückzahlung in 1871 gezogen worden, und zwar;

A. Zur Rückzahlung auf den 1. Mai 1871. Lit. A. A4 100 Fl. Nr. 893. 10486. 1064. 1094. 1223. 1274. 1364. 1374. 1384. 1534. 4257. 4267 und 4277. Lit. B. à 200 FI. Nr. 243. 425. 983 und 1023. ät. C. 6 500 Fl. Nr. 47. 167. 317. 457. 517. 729. 771. 18367. 1406. 1526. 1903. 1993. 2053. 3089. 3247. 3999. 4377 und 4439. Lit. D. à 1000 Fl. Nr. 305. 459. 1227. 1353.

1894 und 2174.

B. Zur Rückzahlung auf den 1. November 1871. Lit. A. d 100 FI. Nr. 874. 10974. 1084. 1174. 1192. 1252. 1352. 1484. 2096. 2883. 3133. 3944. 4375. 4483 und 4493. Lit. B à 200 FI. Nr. 204. 733. 904. 1013 und 1452. Lit. C. à 500 Fl. Nr. 217. 318. 809. 938. 2427. 2437. 2499. 2529. 2699 3240. 3831. 3879 3888. 3954. 3989. 4056. 4434 und 4638. Lit. D. à 1000 Fl. Nr. 119. 469. 523. 1493. 1627 und 2247. .

Die Inhaber dieser Partial ˖ Obligationen werden hiervon mit dem Bemerken benachrichtigt, daß sie die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur bis zum betreffenden Rückzahlungstermin stattfindet, sowohl bei dem Bankhause der Herren M. A. von Rothschild C Söhne in

rankfurt a. M., als auch bei der Königlichen Regierungs-

auptkasse in Wiesbaden, sowie bei . Königlichen Re⸗ gierungs-Hauptfasse, bei der Königlichen Staatsschul— den⸗Tilgungskasse in Berlin, bei der Königlichen Kreis kasse in Frankfurt a. M. und bei den Königlichen Bezirks⸗ Hauptkafsen in Hannover, Lüneburg und Osnabrück gegen Rückgabe der Partial⸗Obligationen und der dazu gehörigen nicht ver fallenen Zinscoupons nebst Talon erheben können.

Der Geldbetrag der etwa fehlenden, unentgeldlich mit abzulie⸗ fernden Zinscoupons wird von dem zu zahlenden Nominalbetrag der betreffenden Obligation zurückbehalten. . .

. . dem Rückzahlungstermine pr. 1. Mai 1870 sind noch rück⸗ ndig: . Lit. A. Nr. 1383 und 1553. Lit. C. Nr. S9 und 890. . Wiesbaden, den 25. Januar 1871. Der Königliche Regierungs ⸗Präsident. Graf Eulenburg.

Nicht amtliches.

Preußen. Berlin, 30. Januar. Die Adreß⸗ Deputation des Abgeordnetenhauses ist von Sr. Majestät dem Kaiser und König alsbald nach ihrer An— kunft in Versailles am Freitag, den 27. Nachmittags 2 Uhr empfangen worden, und häben Se. Majestät die Adresse mit lebhafter Genugthuung entgegenzunehmen und mit einer war⸗

men Ansprache zu beantworten geruht.

Ihre Majestät die Kaiserin-Königin war vor— gestern in der 4. Vorlesung des wissenschaftlichen Vereins an⸗ wesend. Gestern früh besichtigte Ihre Majestät den Königl. württembergischen Sanitätszug in dem Barackenlager und wohnte dem Gottesdienste in der St. Nikolaikirche bei. = Ihre Majestät dinirte in Charlottenburg bei Ihrer Majestät der verwittweten Königin. ö . .

Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprin⸗ zessin empfing gestern den Königlich großbritannischen Bot— schafter Lord Augustus Loftus.

Das Sta ats⸗Ministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Die heutige (18) Plenarsitzung des Hauses der Abgeordneten wurde von dem Vize⸗Präsidenten von Bennigsen um 11 Uhr eröffnet. ö

Am Ministertische befanden sich der Finanz⸗Minister Camp⸗ hausen und mehrere Regierungs⸗Kommissare.

Der Vize ⸗Präsident von Bennigsen iheilte dem Hause mit,

daß der Abg. Groschke (Frankenstein in Schlesien am 27. 8. Mts. verstorben sei. Die Äbgeordneten erhoben sich zum Zeichen ehrenden Andenkens von ihren Sitzen. .

Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete der Bericht der Sin er enn über den Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend bie Indemnitätzertheilung in Bezug auf die Ausfüh⸗ rung des Gesetzes vom 9. März 1887 und die Feststellung der nach Maßgabe des Gesetzes vom 19. März 1870 zu deckenden Ausgaben aus dem Jahre 185652.

Der Referent, Abg. Miquél, empfahl in kurzen Worten die Annahme des Gesetzentwurfs. In der hierauf folgenden De— batte sprachen ge gen die Annahme die Abgg. Richter (Hagen), Dr. Virchow, Dr. Löwe; für den Gesetzentwurf die Abgg. Overweg, v. Behr, Simon von Zastrow. Der Finanz⸗Minister Camphausen griff in die Debatte ein.

ierauf wurde die Generaldiskussion geschloffen; eine Spe⸗ zialdebatte fand nicht statt. Der Gesetzentwurf wurde demnächst vom Hause angenommen. Der Abg. Br. Glaser erklärte hierauf,

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daß über die Petition des Bürgermeisters Liszewski und Ge⸗ nossen zu Löbau schriftlicher Bericht erstattet werden würde. 3 ö wurde deshalb von der heutigen Tagesordnung abgesetzt.

Es folgte der mündliche Bericht der Kommission für Finanzen und Zölle über die Petition des Rentiers Moses ,. zu Neumark um Rückerstattung doppelt gezahlter

euern.

Der Berichterstatter Abg. Dr. Dietzel befürwortete den An⸗ trag der Kommission, über diese Petition zur Tagesordnung überzugehen.

Dieser Antrag wurde ohne Debatte angenommen.

Hierauf . der Bericht der 6. Abtheilung über die Prü⸗ fung der Wahl im 10. Wahlbezirk des Regierungsbezirks Cassel. (Schluß des Blattes.)

Das Antwortschreiben des Lübecker Senats auf das Notifikationsschreiben Sr. Majestät des Kaisers und Königs, betreffend die Annahme der Deutschen Kaiserwürde, lautet:

Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser und König!

Als Euere Majestät, in unserer Stadt weilend, am Morgen des 13. September 1868 zum Kirchgange nach St. Marien Sich anschickten, ward Allerhöchst⸗ Ihnen im Namen Lübecks ein begeisterter Dichter gruß dargebracht, welcher mit dem Wunsch schloß: »Daß noch der— einst Dein Aug' es sichtz wie über's Reich ununterbrochen vom Fels zum Meer Dein Adler zieht!«

Dieses prophetische Wort ist nunmehr in Erfüllung gegangen.

Durch die von Euerer Mafestät auf das Ersuchen der Fuͤrsten und freien Städte Deutschlands gefaßte Entschließung, von welcher Aller⸗ höchstdieselben durch das huldreiche Schreiben aus Versailles vom 17. dieses Monats uns in Kenntniß zu setzen geruht haben, hat sich das von dem deutschen Volke lang ersehnte geschichtliche Ereigniß voll—= zogen, welches dem zu einem Reiche wieder geeinten theueren Vater⸗ lande in Preußens Könige den Deutschen Kaiser wiedergiebt.

Durchdrungen von dankbarer und freudiger Würdigung dieses großes Ereignisses, beeilen wir uns, schon jetzt, da noch der erhabene Beruf des sieg⸗ und ruhmreichen deutschen Oberftldherrn Euere Ma— jestät von der Heimath Gott gebe, nicht mehr lange! fern hält, den Ausdruck unserer innigsten Glück⸗ und Segenswünsche zur heil⸗ verkündenden Uebernahme der Deutschen Kaiserwürde ehrerbietigst zu übermitteln.

Wir erflehen den Segen des allgütigen Gottes über unseres Kaisers theueres Haupt und verharren in ehrfurchtsvoller Gesinnung und treuester Hingebung,

(Hroßmächtigster Kaiser und König, Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät Lübeck, ganz ergebenste den 21. Januar 1871. Der Senat der freien und Hansestadt Lübeck. Der präsidirende Bürgermeister Th. Behn, Dr. G. Eschenburg, Dr., Socxetarius.

‚Die hiesige Königliche Friedrich⸗Wilhelms-MUni⸗ versität hat an Se. Majestät den Kaiser und König die nachstehende Glückwunsch ⸗Adresse gerichtet:

Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser! Allergnädigster König und Herr!

Ew. Majestät haben durch die Wiederherstellung des Deutschen Reichs und die Erneuerung der Kaiserwürde dem deutschen Volke das Bewußtsein und den Ausdruck der politischen Einheit gegeben und dem Ruhmeskranze der Hohenzollern das schönste Blatt hinzugefügt. Die deutschen Universitäten, für welche der nationale Gedanke stets die Bedingung segensreicher Wirtsamkeit gewesen ist, sind von diesen weltgeschichtlichen Ereignissen auf das Tiefste bewegt; die Friedrich Wilhelms ⸗Universität zu Berlin, die eigenste Schöpfung des preußischen

Königshauses, fühlt sich besonders berufen, in ehrfurchtsvoller Treue

dafür ihre Huldigung an die Stufen des Thrones zu bringen. Allergnaͤdigster Kaiser und König!

An den Namen des großen Kaisers, der in der Volkssage zum Symbol der deutschen Einheit geworden ist, knüpft sich die Erinne⸗ rung des ersten gesetzlichen Schutzes, den die in fernem Lande gegrün ; deten Universitäten von der Reichsgewalt erlangt haben. Das deutsche Volk hat sich diese Anstalten angeeignet und sie mit seinem Geiste erfüllt, sie zu den Pflanzstätten seiner wissenschaftlichen Bildung ge⸗ macht. In neu gefesteter Einheit aufblühend, wird es auch auf dem Gebiete der Wissenschaft die höchsten Ziele anstreben, und die Kaiser des Hohenzollernschen Hauses werden eingedenk ihres Königlichen Waltens die Schirmherren der Wissenschaft und ihrer Vertreter sein.

Mit ehrfurchtsvollem Danke haben die Universitäten Ew. Majestät erhabenes Wort vernommen, daß die Deutschen Kaiser fortan allezeit Mehrer des Reichs sein werden an den Gütern und Gaben des Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Ge—⸗ sittung! Im Frieden gedeihen die Wissenschaften, ihre Lebensbedingung ist geistige Freiheit. Gott segne Ew. Majestät, daß der Deutsche Kaiser für Beides die Gewährleistung übernommen hat.

Berlin, den 24. Januar 1871.

In tiefster Ehrfurcht verharren wir Ew. Majestät J allerunterthänigste Nektor und Senat der Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität.

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Die Universität Halle hat aus Anlaß der Annahme der Deutschen Kaiserwürde an Se. Majestät den Kaiser und König die nachstehende Adresse gerichtet:

»Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser! Allergnädigster König und Herr!

Ew. Majestät haben bei Annahme der Deutschen Kaiserwürde, mitten im Feindeslande, an der Spitze der siegreichen deutschen Heere stehend, ein Wort an das deuische Volk gerichtet, welches, wie kaum . früher cin Herrscherwort, dasselhe im Norden und Süden reudig und mächtig bewegt hat. In die Glückwünsche der Fürsten und den 5 der Landesvertretungen mischt sich auch die Stimme der deutschen Universitäten. Denn die durch unvergleichlich glorreiche Thaten unter Gottes gnädigem Beistand nunmehr verwirklichte deut- sche Einheit haben auch sie an ihrem Theile genährt und gepflegt und beständig als ein großes, herrliches Ziel dem Geiste und dem Herzen des deuischen Volkes vorgehalten. Zahlreiche Zeugen dafür aus ver- schiedenen Generationen finden sich in den unter Ew. Majestät Ober⸗ befehl kämpfenden Heeren; in bewußter Begeisterung ist die akademi. sche Jugend zu den Fahnen geeilt, freudig dem Heldentode entgegen, der so Vieler Treue besiegelt. Wollen denn Ew. Majestät aller⸗ gnädigst geruhen, mitten im Glanz und im Getümmel der Waffen den Ausdruck auch der Huldigung und der Segenswünsche, die in den friedlichen akademischen Kreisen mit alter preußischer Treue dem Deutschen Kaiser dargebracht werden, huldreichst entgegen zu nehmen. In tiefster Ehrfurcht Ew. Kaiserlichen Königlichen Majestät

allerunterthänigste, treugehorsamste

Rektor und Senat der Königl. vereinigten Friedrichs ⸗Universität

Halle ⸗Wittenbtrg. . Halle, am 21. Januar 1871.

Die Nachricht über die Kapitulation der pariser Forts und die Abschließung eines dreiwöchentlichen Waffenstillstandes, welche hier im Laufe des Sonntags Nachmittages durch die Veröffentlichung der Depesche Sr. Majestät des Kaisers und Königs an Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin eine allgemeine Verbreitung fand, versetzte die in⸗ wohner Berlins in die freudigste Aufregung. Auf den Straßen herrschte, trotz der strengen Kälte, ein reges Leben,

von den Häusern wehten preußische und deutsche Fahnen

und Flaggen in großer Anzahl. Mit dem hereinbrechenden Abend begann die Illumination, die trotz der geringen Zeit, die für die Vorbereitungen angewendet werden konnte, eine glänzende war. Die Hauptstraßen der Friedrichsstadt wetteiferten mit den großen Plätzen, mit einzelnen Theilen der Königs- und Do⸗ rotheenstadt und mit der Vorstadt vor dem Oranienburger Thore, wo die großen Maschinenbau⸗Anstalten in der Chausseestraße in festlicher Beleuchtung prangten. .

Im Königlichen Opernhause wurde die Vorstellung durch eine patriotische Ovation eingeleitet. Das Orchester in⸗ tonirte vor Beginn der Oper die Melodie der Wacht am Rhein«, und als die Musik in das Heil Dir im Siegeskranz« überging, erhoben sich alle Anwesenden von ihren Plätzen. Der Vorhang ging sodann in die Höhe und enthüllte ein lebendes Bild, gruppirt um das Postament, welches die lorbeer⸗ umkränzte Büste Sr. Majestät des Kaisers und Königs und die ebenfalls mit Lorbeer bekränzte Inschrift »Paris« trug. Neben der Büste standen zu beiden Seiten die allegorischen Fi⸗ guren der Borussia und der die Kaiserkrone über der Büste emporhaltenden Germania, umgeben von Repräsentanten der deutschen Heere: Norddeutsche, Bayern, Württemberger und Badener. Der Hintergrund der Bühne zeigte das Branden⸗ burger Thor mit der Victoria. Die Fanfaren des Orchesters wurden von den Hochrufen des begeisterten Publikums begleitet.

Auch aus vielen anderen deutschen Städten liegen bereits Nachrichten vor über die dort gestern stattgehabten Feierlich⸗ keiten, so aus Breslau, Frankfurt a. M., Ham burg und Bremen. In Breslau wurde am Nachmittag Victoria ge⸗ schossen und Abends war die Stadt glänzend beleuchtet. Bremen prangte im schönsten Flaggenschmuck. Um 1 Uhr Nachmittags fand Victoriaschießen und eine große öffentliche Feier auf dem Marktplatze statt, bei welcher der Choral »Nun danket alle Gott« und patriotische Lieder gesungen wurden. Der Pastor Schmelzkopf hielt eine Festrede, nach derem Schlusse ein drei⸗ maliges begeistertes Hoch auf den Kaiser ausgebracht wurde. Abends wurde die Stadt glänzend illuminirt. Auch in Ham⸗ burg wurde geflaggt und Victoria geschossen.

Seitens des Kriegs⸗ und Marine⸗Ministers, Generals der Infanterie von Roon, ist uns Folgendes zur Veröffent-

lichung zugegangen:

J H.⸗Q. Ver sailles, 24. Januar.

Zahlreiche Gönner und Freunde haben mir aus Anlaß des Jahrestages meiner fünfzigjährigen Dienstzeit durch Adressen, Briefe und Telegramme Beweise ihrer freundlichen Theilnahme gegeben. Gerne rde ich darauf Jedem einzeln meinen Dank ausgesprochen haben. Leider bin ich indessen theils durch meinen Gesundheitszustand, theilt durch die mir dessen ungeachtet ob— liegenden Geschäfte bis jetzt daran verhindert worden. Um nicht noch säumiger zu erscheinen, finde ich mich daher genöthigt,

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meinen wärmsten Dank durch öffentliche Blätter allen Denen auszudrücken, von deren gütiger Nachsicht ich gleichzeitig hoffe, daß sie den nothgedrungen gewählten Weg der Danksagung mit k Verhältnissen zu entschuldigen geneigt sein werden. Der Kriegs⸗ und Marine⸗Minister. von Ro on.

Offizielle militärische Nachricht. Versailles, 29. Januar, Nachts. Die Besetzung von St. Denis und sämmtlichen Forts von Paris hat am 29. ohne Zwischenfall stattgefunden. von Podbielski.

Aus den Hauptquartieren in Versailles, 24. Januar

Se. Majestät der Kaiser und König empfingen gestern den Obersten von Köthen, Commandeur des Königs⸗Grena⸗ dier Regiments (2. Westpreußischen Infanterie⸗Regiments Nr. 7, und ließen Sich die neu ernannten Offiziere dieses Regiments vorstellen. Dem Vortrag der Generale wohnte zum erstenmale seit seiner Genesung der Kriegs⸗Minister wieder bei.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz hat estern und heute die Verwundeten des Lazareths von Ver⸗ ailles besucht.

Der 22. und 23. Januar (18. und 19. Tag des Bombar⸗ dements) sind unter Erscheinungen verlaufen, aus denen hervor⸗ geht, daß die französische Artillerie noch einmal ihre volle Kraft zu dem Geschützkampf auf der Südfront von Paris zusammennehmen will. Am Sonntag, den 22., war ihr Feuer besonders heftig von den Batterien des Eisenbahnviaduktes und am Point du jour, von der Stadt -⸗Enceinte und von den Emplacements zwischen den Forts Issy, Vanves, Mont⸗ rouge, sowie von Montrouge selbst; auch aus Fort Bicstre wurden einige Schüsse vernehmbar. Am 23. feuerte nament⸗ lich die Stadt⸗Enceinte mit großer Lebhaftigkeit und in schnelle⸗ rem Tempo, als dies bisher zu geschehen pflegte. Außerdem konnte an diesem Tage bemerkt werden, daß die In⸗ genieure in Paris mit dem Bau einer neuen Batterie am Gitterthore des »Bois de Boulogne beschäftigt waren. Während der früheren Epochen der Belagerung waren an verschiedenen Stellen dieses Gehölzes zeitweise einige Em⸗ placements in Thätigkeit gewesen, die Geschütze dann aber ent⸗ fernt worden. Zerstoͤrende Wirkungen hat das feindliche Bom⸗ bardement auf Unsere Batterien nicht hervorgebracht, eine Ver⸗ minderung unseres Feuers weder den Forts, noch der Enceinte, noch der Stadt selbst verschafft. Zwar hat die Witterung, die, mit Ausnahme einiger klaren Stunden am Sonntag Vor⸗ mittag, außerordentlich neblig und meist regnerisch war, den Franzosen die Möglichkeit gegeben, an einzelnen Stellen der stark beschädigten Forts, besonders hinter zertrümmerten Mauerwerken, wenn auch nicht mehr vollständige Batterien, so doch einzelne Geschütze aufzustellen und eine Kanonade aus denselben zu eröffnen. Es gelang jedoch der preußischen Artillerie jedesmal nach kurzer Zeit diese neuen Aufstel⸗ lungspunkte zu erreichen und den Feind aus denselben zu vertreiben. Die wesentlichste Veränderung, die sich in dem Geschützkampf französischerseitgz gestern und vor—⸗ gestern wahrnehmen ließ, ist, daß der Feind, seitdem er über eine größere Anhäufung von Artillerie gebietet, sich nicht ledig lich auf die Erwiderung des preußischen Batteriefeuers beschränkt, sondern in gewissen Intervallen sein Feuer auf die deutschen Vorposten erneuert. Dies Verfahren blieb übrigens erfolglos, da die Durchschnittszahl unserer Verluste keine Steigerung er⸗ fahren hat. Am 22. ereignete sich der Unglücksfall, daß ein Pulvermagazin hinter einer der Batterien von Clamart in die Luft flog, doch wurden dabei nur zwei Mann leicht ver⸗ wundet. Ebenso schlugen Granaten in ein zum Cantonnement eingerichtetes Haus des Dorfes Clamart ohne Verlust an Menschenleben, da auch hier nur zwei Mann leicht verwundet wurden. Nächst dem Point ⸗du jour entwickelte der Feind schon seit mehreren Tagen die Hauptkraft seines artilleristischen An⸗ griffes aus einer Feldschanze, östlich von Vanves, zwischen diesem Fort und Montrouge. Die Beschädigungen, welche die diesseitige Artillerie dieser Schanze zugefügt, zwangen die feindliche Bat⸗ terie daselbst am 22. ihr Feuer einzustellen, sie konnte dasselbe jedoch am 23., wenn auch in schwächerem Maße, noch einmal aufnehmen, nachdem die Wiederherstellung einiger Erd⸗ werke von dem Gegner über Nacht bewerkstelligt worden war. Daß der Angriff, den das deutsche Feuer auf die Enceinte unterhielt, auch in den letzten Tagen weitere Fortschritte ge⸗ macht hat, ließ sich daraus entnehmen, daß mehrere Batterien der großen Umwallung zum Schweigen kamen.

Die niederdrückenden Resultate des Ausfalls am 19, auf den vom Feinde so große Erwartungen gesetzt worden waren

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