— Die Franzosen dringen auf dem linken Ufer der Loire gegen Blois vor, weshalb Oberst von Below die dortige Brücke verbrennen läßt. ;
— Abtheilungen der deutschen Südarmee (des XIV. Armee ⸗Corps) nehmen in der Flanke der umstellten Bourbaki' schen Armee Point de Roide (südlich Montbéliard) und dringen über Hippolyte und Maiche gegen Morteau und Pontarlier (an der schweizer Grenze) vor. Auch Salins wird von deutschen Truppen besetzt. Zahlreiche aufgelöste französische Truppen Abtheilungen bewegen sich längs der schweizer Grenze, theil—⸗ weis überschreiten sie dieselbe flüchtend.
Das II. Armee⸗Corps nimmt bei Nozeroy (nordoͤstlich Champagnole) einen feindlichen Wagentransport.
— Nach Wiederherstellung der Bahnstrecken Chartres-Le Mans und Le Mans -Conlielager durch die 2. Feld -Eisenbahn⸗ Abtheilung wird zwischen Versailles und Le Mans ein regel mäßiger Betriebsdienst eröffnet.
— An Stelle des Generals Bourbaki, welcher in Folge eines mißlungenen Selbstmordversuchs dienstunfähig ist, wird General Clinchamp zum Höchstkommandirenden der französi⸗ schen J. Armee ernannt.
29. Januar. Die deutschen Truppen besetzen die Forts vor Paris: das V. Corps den Mont Valérien, das IX. Corps Fort Issy, das II. bayerische Corps Vanves und Mont ouge, das VI. Corps Bicétre und Jory, das J. bayerische Corps Charenton, die württembergische Division die Redouten von Gravelle und Faisanderie, das XII. (Königl. sächsische Corps) Nogent, Rosnh, Noisy und Romainville, die 14. Brigade (IV. Armee⸗Corps) unter Führung des Kronprinzen von Sach⸗ sen, St. Denis, das Garde Corps Aubervilliers.
— Die Franzosen ziehen sich von Blois wieder zurück.
— Die Avantgarde der Südarmee (14. Division) erxeicht die abziehende französische Armee eine Meile westlich von Pon⸗ tarlier, nimmt die Dörfer Sombacourt und Chaffois mit Sturm, macht 2 Generale, 46 Offiziere und 4000 Mann zu Gefangenen und erobert 10 Geschüße und 7 Mitrailleusen.
— Vorpostengefechte zwischen Dijon und Besangon (bei Gray und Pesmes).
— Der König von Württemberg beglückwünscht den Deut— schen Kaiser, und in Gemeinschaft mit der Königin Olga die Kaiserin zu den Erfolgen der deutschen Waffen. Erwiderungs⸗ Telegramme des Kaisers und der Kaiserin.
— Die Ratifikationen zu dem Bundesvertrag mit Bayern vom 23. November 1870 werden im Bundeskanzleramt zu Berlin ausgetauscht.
— Antwort des Königs von Bayern auf die Glückwunsch— Adresse des mittelfränkischen Landraths.
— Feier der Kapitulation von Paris in vielen deutschen Städten. Glückwunschadresse des Bremer Senats an den Deut⸗ schen Kaiser.
— Die pariser Regierung der Nationalvertheidigung er⸗ flärt das Mandat der Delegation zu Bordeauz für erloschen.
30. Januar. Die 7. Brigade (Südarmee) nimmt Frasne . Pontarlier, macht 2006 Gefangene und erbeutet zwei Adler.
— Der Rath und die Stadtverordneten von Leipzig be⸗ schließen, den Grafen von Bismarck und Moltke das Ehren— bürgerrecht der Stadt Leipzig zu verleihen.
— Die Delegation in Bordeauz verordnet die Bildung von 22 neuen Regimentern.
31. Januar. Der Sultan richtet ein Glückwunschschreiben an den Beutschen Kaiser.
— Die durch Franes⸗tireurs gesprengte Eisenbahnbrücke bei Fontenay ist für Postzüge bereits wieder fahrbar gemacht.
— General⸗Lieutenant von Freyhold, Kommandant von Stettin, stirbt.
— Die französische Regierung der Nationalvertheidigung beraumt die Wahlen für die Konstituante für Paris auf den 5., für die Provinzen auf den 8. Februar, das Zusammenh⸗ treten der Konstituante auf den 12. Februar an.
— Gambetta erklärt in einer Proklamation an die Prä⸗ fekten, seine Politik des Widerstandes his zur Erschöpfung fort ⸗ setzen zu wollen. Auch an das französische Volt erläßt Gam⸗ betta eine Proklamation, in welcher er dasselbe auffordert, die Organisation der Vertheidigung mit größerer Energie als je zu
betreiben.
— Die auf den 31. Januar anberaumte . der Londoner (Pontus) Konferenz fällt wegen Unwohlseins des Ministers Gladstone aus.
. 1. Februar. Die von der Südarmee umstellte J. franzö⸗ sische (ehemals Bourbaki'sche Armee, in Stärke von 80,000
Mann, tritt nach geschlossener Uebereinkunft zwischen dem
General Chinchamp und dem schweizer General Herzog (am 1. Februar und die folgenden Tage) auf schweizer Gebiet.
— Das bayerische Gesetzblatt publizirt einen Königlichen, von sämmtlichen Ministern gegengezeichneten Erlaß vom 30. Januar, welcher die Bündnißverträge und das Wahlgesetz für den Deutschen Reichstag publizirt.
— Nach den Gefechten am 29. Januar hat sich Garibaldi von Dijon auf Magon zurückgezogen. Dijon wird von deut⸗ schen Truppen wieder besetzt.
— Die abziehende französische Ostarmee wird von der sie verfolgenden Südarmee bei Chateau ⸗de⸗Joux (südlich Pontarlier) erreicht und geschlagen.
— Die Bürgerschaft Hamburgs bringt dem Deutschen Kaiser ein enthusiastisches Hoch und genehmigt einstimmig die von dem Senat beantragte Verleihung des Ehrenbürgerrechts an die Grafen von Bismarck und von Moltke.
— Jules Simon, Mitglied der Regierung der National- Vertheidigung, trifft in Bordeaux ein.
2. Februar. Feier der Kapitulation von Paris in München.
3. Februar. Die Londoner (Pontus) Konferenz hält ohne
Anwesenheit eines Vertreters Frantreichs eine Sitzung.
Zur Charakteristik der preußischen Armee.“)
Es hat ein nationales Interesse, den Bau unsres heutigen Heerwesens, das durch die Weisheit und Kraft König Wil—⸗ helms J. zum Schutzdach unsres Vaterlandes geworden, mit den Verhältnissen jener Armee zu vergleichen, welche König Friedrich II. vor einem Jahrhundert als das Werkzeug zur Ausführung seiner Preußens Macht und Ansehn begründenden Pläne, eincr Welt in Waffen gegenüberstellte.
Faßt man zunächst die beiden historischen Gemälde ihren charakteristischen Grundverschiedenheiten nach in das Auge, so zeigt sich auf der einen Seite ein buntes Soldheer, welches nur durch eiserne Disziplin in Ordnung und Gehorsam gehalten werden kann. Als die äußeren Kennzeichen der starren Fesseln, mit welchen damals die militärische Zucht aufrecht erhalten werden mußte, erscheineu neben der knappen Montur der Zopf und der Stock. Wichtiger jedoch ist die Art der Bewaffnung, weil in ihr der Hebel zu dem Uebergewicht lag, das die preußische Infanterie in ihren Reihen trug. Dieses Uebergewicht bestand in der Ge— schwindigkeit und Vielseitigkeit, mit welcher das Feuer der ge— schlossenen Massen abgegeben wurde, sowie in der großen Evolutionirsähigkeit derselben nach einer bestimmten Schablone.
Die rein mechanische, mit gänzlichem Aufgeben des Ein⸗ zelnkampfes verhundene Linear-Feuerwirkung bedingte wie⸗ derum die Formation und Aufstellung der Truppen zum Ge— fecht, ihr Verhalten in demselben, und dadurch auch die ganze Anlage und Durchführung der Operationen. Freilich war der stereotpe Schauplatz derselben immer die Ebene. Jedes andere Gefechtsfeld war undenkbar, auch durch die Reglements ver⸗ boten, weil es gleichbedeutend mit der Lösung des inneren Zu⸗ sammenhanges und damit auch mit der Lösung der inneren Ordnung gewesen wäre.
Für die Märsche und Aufmärsche des Heeres zur Schlacht, für die Aufstellung der langen dünnen Gefechtslinien, für die Offensiv⸗ und Defensivbewegungen derselben während des Kampfes, für die Verfolgung und den Rückzug, für alle diese Momente waren im Wesentlichen ganz genau bestimmte Nor⸗ men festgesetzt, von denen nur selten abgewichen wurde. Daher kam es auch, daß eine Eintheilung und Gliederung der Schlacht- linie nach heutigen Begriffen unbekannt war, oder doch nur rein äußerlich bestand und nur als ein Mittel angesehen wurde, um die Genauigkeit in der Ausführung der Befehle zu sichern, und die Führer in einem, ihrem Rang entsprechenden Wirkungskreise
) Nach dem Referat der Militär Literatur Zeitung (1870, 9. und jo. Heft) über die Schrift des General- Lieutenants v. Allech: »Wrin besteht der Unterschied und die Gleichheit der Armee Fried- richs IJ. mit der heutigen Armee unsere8 Vaterlandes . Berlin, E. S. Mittler u. Sohn. 1870.
zu verwenden. Selbst die taktische Idee, die der König seinen Schlachten zu Grunde legte, war ziemlich immer dieselbe, näm— lich den einen feindlichen Flügel zu umfassen, mit Ueberlegen⸗ heit anzugreifen und zu schlagen, bevor er gehörig unterstützt werden konnte. Die Wahrscheinlichkeit des Gelingens dieser Dispositionen lag in der ausgebildeten Manövrirfähigkeit der Truppen gegenüber der Schwerfälligkeit der Gegner einerseits, und in der Unfähigkeit der feindlichen Generale andererseits, die Richtung und den Punkt zu erkennen, gegen welchen der Stoß gerichtet war.
In der Kavallerie des Königs lebte ein kühner Offensiv- geist, welcher durch die ebenfalls ziemlich stereotype Rolle, die derselben aus ihrer Stellung zu anderen Waffen im Gefecht zufiel, reiche Nahrung erhielt. Die Entscheidung der Schlacht und die Verfolgung des Gegners in festgeschlossenen Linien⸗Attacken von den Flügein der Infanterie ⸗Treffen aus, die schnelle gegenseitige Unterstüßzung der Kavallerie-Treffen bei der so sehr erleichterten, die Gesammtwirkung sichernden Uebersicht über dieselbe, das blitz schnelle Sammeln nach der Attacke, das waren die Hauptfakto— 9 auf welchen die Tüchtigkeit der preußischen Kavallerie be— ruhte.
Auf einer verhältnißmäßig niedrigen Stufe stand die Artil⸗ lerie. Ihr fehlte es an mechanischer Vollkommenheit, an Be— weglichkeit und an einem wissenschaftlich und taktisch gebildeten
Offizierpersonal. Die von ungeübten, undisziplinirten Fahr⸗
knechten geführten Positionegeschütze waren einerseits zu fest an einen bestimmten 3 , andererseits besaßen sie zu ge⸗ ringe Manövrirfähigkeit;, und die von Menschen gezogenen Bataillonskanonen, welche bis in das kleine Gewehrfeuer mit vorgingen, geriethen in der Unordnung des Gefechts bisweilen in die Truppen selbst hinein, oder gingen im Fall einer un⸗ günstigen Wendung des Kampfes verloren.
In wie nahem, durch das Band der geschichtlichen Tradi—⸗ tion fest verknüpften Zusammenhange aber auch die Heeres— Einrichtung unter Friedrich I. zu dem gegenwärtigen Wehr⸗ Organismus steht, so große Unterschiede bestehen doch zwischen beiden. Den Kernpunkt dieser Verschiedenheit bildet, im Gegen satz zu dem geworbenen Heer, das Volksheer mit der persön— lichen Dienstpflicht. Durch seine Institutionen kommt die Fülle der physischen und der intellektuellen Volkékraft in vollem Um— fang zur Verwerthung. In enger Verbindung mit diesen zu Preußens Palladium gewordenen Institutionen und auf dem Boden derselben, sind die Prinzipien der Erziehung unh der Heranbildung der modernen Wehrkraft jetzt gan andere geworden als in früberen Zeiten. Dank en bedeutend vervollkommneten Hülfsmitteln der Neuzeit ist der Soldat im Allgemeinen, und speziell zunächst der Infanterist einfach, zweckmäßig und gefällig gekleidet und aus—⸗ gestattet, und ist ein richtiges Verhältniß zwischen der Bepackung des Mannes und der Bagage hergestellt worden. Die Haupt⸗ stärke in seiner Hand bildet eine Schußwaffe, welche vermöge der in ihr vereinigten Vorzüge, der bedeutenden Tragweite, der Treffsicherheit, der Leichtigkeit und Schnelligkeit des Ladens in jeder Körperstellung, eine ganz neue Kampfesweise inauguxirt. Der Erfolg dieser Kampfesweise ruht auf ganz anderen Vor— aussetzungen, erfordert ganz andere Vorbereitungen als sonst. Ganz abweichend von der rein mechanischen Massenwirkung früherer Zeiten, ist längst die intellektuelle und die individuelle Ausbildung des Mannes nach allen Richtungen hin zur Noth— wendigkeit geworden. Dadurch aber ist nicht nur ein Reich: thum der taktischen Formen, sondern auch eine Vielseitigkeit der taktischen Leistungsfähigkeit überhaupt eingetreten, welche eine ebenso rationelle als gründliche Schule immer mehr zu fördern und zu weiterer Vollkommenheit zu entwickeln bemüht ist. Für den Gebrauch der durch dieselbe gewon— nenen Kraft, für die Führung der Heere, sind inzwischen auch ganz veränderte Gesichtspunkte maßgebend geworden. Die Armee Friedrichs bildete auf dem Gefechts felde gleichsam ein Corps de hbataille, dessen Mechanismus ganz bestimmt geregelt war und sich innerhalb gewisser Normen bewegte. Die zahlreichen aus der allgemeinen Wehrpflicht her— vorgegangenen Volksheere, welche nach Hunderttausenden rechnen, der Einfluß des Terrains, die Verbesserung der Waffen hahen die früher nur auf die möglichst große Frontbreite berechnete Gefechtseintheilung verwerfen lassen, und an ihre Stelle eine vielfach gegliederte Theilung in selbständige Organismen aus allen Elementen, welche gleichsam das Bild der Armee im Kleinen repräsentiren, gesetzt. Dadurch ist der Be—⸗ griff der in jedem Terrain verwendbaren ⸗»Division« als einer taktischen Einheit entstanden, welche innerhalb der Schlacht linie mit einer früher gar nicht gekannten Unabhängigkeit auf . tritt und ihre besondere, durch die Umstände vorgezeichnete Aufgabe bis zu einer gewissen Grenze selbständig zu lösen hat. Aber nicht nur diese Gliederung nach der Tiefe, in große auf die Successivität des Gefechtes berechneten Gruppen, son⸗
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dern auch die heutzutage innerhalb der einzelnen Waffen und ganz besonders bei der Infanterie (als der zahlreichsten
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und verwendbarsten Truppengattung) vorherrschende Theilungs⸗
fähigkeit, Selbständigkeit und Beweglichkeit sind eine erst dem Geist der neueren Kriegsführung entstammende Erscheinung. Im Kontrast zu dem heutigen Reichthum ganz belimmter, in Wechselwirkung stehender taktischer Verbände, vom Bataillon bis zur Feuergruppe hinab, gab es damals nur Bataillons und Pelstons als Gefechts - Einheiten, und erhob sich die jetzt zu einer taktischen Macht gewordene Compagnie nicht über das Niveau der Rekrutenschule und der administrativen Ge—⸗ meinsamkeit hinaus.
Der Kampf in jedem Terrain, das Gefecht in zerstreuter und geschlossener Ordnung, der rapide Wechsel zwischen beiden, dies alles sind Requisiten der modernen Infanterietaktik, welche die heutige Gefechtsentwickelung nothwendig mit sich bringt. Diese freiere Entfesselung der Kraft gestattet jetzt ohne Nach= theil den einzelnen Gliedern jedes taktischen Organismus, sich von dem engeren Verbande zeitweise zu eman⸗ zipiren und führt dieselben auf, das Bestreben, auch als ein Bruchtheil der Schlachtlinie, die volle Kraft ihres kriegeri— schen Werthes in die Wagschale zu werfen. Im Vergleich zu allen diesen Faktoren stand die früher erwähnte Manövrirfähigkeit der Infanterie König Friedrichs II. immer auf einer viel niedrigeren Stufe, wenngleich anderer seits Friedrich in Bezug auf Marschbewegung von seiner In— fanterie bedeutende Leistungen forderte und auch erlangte, und nur auf diese Weise jene strategische Beweglichkeit erreichte, durch welche seine Armee, ebenso wie in jüngster Zeit diejenige König Wilhelms, sich auszeichnete.
Die Kavallerie unserer Tage hat im Wesentlichen dieselbe äußere Gestalt beibehalten. Auch für das System ihrer Ausbildung und Vorbereitung sind die Regeln und Maximen König Friedrichs II., deren Produkt jener Offensivgeist ist, der das historische Erbtheil unserer Reiterei geblieben, noch heute in der Hauptsache dieselben. Indeß sind die Aufgaben, welche der Krieg und die Ge— fechtsführung jetziger Zeit dieser Waffe siellt, doch bedeutend schwieriger geworden. Die durch die gesteigerten Anbauverhält⸗ nisse vermehrten Hindernisse des Bodens legen ihren Bewegun⸗ gen manche Fesseln an und engen ihre Gebrauchs fähigkeit ein. Die veränderten Verhältnisse des Feuergefechtes der beiden an⸗ dern Waffen influiren gleichfalls auf die Grundsätze der Verwerthung dieser Waffe und weisen ihre jetzigen Füh⸗ rer auf die Beobachtung von Rücksichten, welche früher fern lagen. Daher auch die jetzige Eintheilung in Di⸗ visions⸗Kavallerie zur Lösung der Aufgaben, welche der Sicher heits., Kundschaftsdienst und kleinere Nebenzwecke erferdern, und in Kavalleriemassen, um trotz des Hinterladegewehres und der weittragenden gezogenen Geschütze die Gewalt der blanken Waffe zur Entscheidung der Schlacht und namentlich zur Ver— folgung und Vernichtung des Besiegten auszunutzen.
König Friedrichs Kavallerie war nur rein äußerlich der Masse der Armee angereiht; fie richtete im Gefecht meist ihren Stoß gegen die feindliche Reiterei und warf sich in ihrem un⸗ gestuͤmen Wesen mit Vorliebe auf diese. Heutzutage dagegen liegt auch dort ein Angriffsfeld für die Reserve- Kavallerie, wo die feindliche Artillerie ein wirksames Schußfeld findet und wo Infanteriemassen sich verdeckt aufstellen, wenn diese über- raschend angegriffen werden. Wie auf die heutige Infanterie ein Theil des Offensiv⸗Elementes übergegangen, das früher fast ausschließliches Eigenthum der Reiterei war, ebenso kann man sagen, bilden die Artillerie und die Infanterie nunmehr die Feuerwasse der Kavallerie, welche die Erfolge der letzteren vor⸗ bereiten muß.
Schwierig ist es, die heutige Artillerie in eine Parallele mit derjenigen des vergangenen Jahrhunderts zu stellen, weil die mechanischen ebenso wie die taktischen Grund⸗ bedingungen, auf welche sich der Gebrauch dieser Waffe heute gründet, zu abweichender Natur von den Prämissen sind, welche ehemals die Rolle der Artillerte im Kriege und ihre Betheili⸗ gung an dem Kampfe bestimmten. Die der Wissenschaft ab- gerungenen Lehren haben, durch rationelle Anwendung auf die Praxis, die Technik in der umfangreichsten Weise von Fort— schrist zu Fortschritt geleitet, und in Bezug auf Zerstörungs— kraft, Treffficherheit und Leichtigkeit der Bewegung den Zustand des ganzen Materials einem Stadium von Tüchtigkeit zuge⸗ führt, an dessen Verbesserung und Erweiterung unausgesetzt hervorragende geistige Kräfte arbeiten. Die Artillerie hat ebenso vermöge ihrer Eintheilung und Ausbildung eine höhere Selbständigkeit erlangt und die unbequemen Fesseln, welche sie früher eng an die übrigen Waffen knüpfte, abgewor— fen. Ihre Geschütze folgen mit Leichtigkeit der Infanterie auf schwierigem Boden, der Kavallerie auf weite Entfernungen, um
entweder die eine oder die andere dieser beiden Waffen in der