1871 / 43 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Nicht amt li ch es.

reußen. Berlin, 109. Februar. Ihre Majestät , n. im Arheilõlotat] des Vaterlaͤndischen Frauenvereins. Im Königlichen Palais fand ein größeres Diner statt.

Auf die an Se. Majestät den Kgiser und König aus Anlaß der Uebernahme der Kaiserwürde von dem Magistrat und der Stadtverordneten ⸗Versammlung zu Berlin gerichtete Adresse ist das nachstehende Allerhöchste Antwortschreiben an die beiden städtischen Behörden eingegangen:

»In völliger Uebereinstimmung mit den Gesinnungen und Inten tionen, welche Mich bei Annahme der Deutschen Kaiserwürde geleitet haben, sind Mir von den Vertretern Meiner Haupt. und Residenz. stadt die Glückwünsche zu diesem hedeutungsvollen Exeignisse darge— bracht worden. Ich danke Ihnen herzlich für den warmen und be—

edten Ausdruck Ihrer einmüthigen Gefühle, welche Sie Mir bej dieser Gelegenheit von Neuem kundgegeben haben, und vertraue, heute mit um so größerer Zuversicht, daß die baldige Beendigung des furcht— baren Krieges Raum schaffe für die Werke des Friedens, denen das Deutsche Reich im Bewußtsein der auf geeinter Kraft ruhenden Sicher. heit gewidmet ist.

Hauptquartier Versailles, den 1. Februar 1871.

Wilhelm.

An den Magistrat und die Stadtverordneten zu Berlin.

Der Magistrat und die Stadtverordneten von Halber— stadt haben den Erlaß nachstehender Adresse an Se. Maje— stät den Kaiser und König einstimmig beschlossen:

Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser und König! Allergnädigster Kaiser Konig und Herr! .

Euer Kaiserlichen und Königlichen Majestät Allerhöchste Bofschaft, welche dem deutschen Volke die Uebernahme der Kaisertrone verkündet, ist aller Orten, und so auch hier, mit freudigster und dankbarster Be⸗ geisterung aufgenommen.

Die Stadt Halberstadt fühlt sich aber noch besonders berufen, dafür Euer Majestät ihre Huldigung zu Füßen zu legen, nachdem sie zu ihrem tiefen Unwillen und Schmerze erfahren mußte, daß von allen Abgeordneten deutschen Stammes allein der hiesige Stadtver⸗ ordnetenvorsteher als Vertreter unseres Wahltreises der Adresse des Abgeordneten hauses an Euere Majestaͤt nicht zugestimmt hat. Geruhen Euer Majestät mit der Versicherung der ehrfurchtvollsten Liebe und Treue , und der gesammten Bürgerschaft tiefgefühltesten Glück wunsche zu dem ruhmreich vollendeten Werke entgegen zu nehmen.

Die Kaiserkrone bildet den schönsten Abschluß des Einigungswer!ls der deutschen Stämme, welches wir unserm, unter Eurer Majestät glorreicher Führung von Sieg zu Sieg fortgeschrittenen Heere danken. Sie wird für ewige Zeiten das Zeichen der Einigkeit sein und die

fortwährende Mahnung an das deutsche Volk richten, unter dem

segensreichen Scepter des Hauses Hohenzollern treu und fest zusam⸗ men zu halten zu . an, der eigenen Wohlfahrt und zum starken Schutz nach Außen. ; .

Möge es Ew. Majestät unter Gottes gnädigem Beistande vergönnt sein, bald nach einem Deutschlands würdigen Frieden mit neuem Siegeslorbeer geziert, an der Spitze unseres tapferen Heeres heimzu⸗ kehren und noch recht lange über das neugeschaffene Deutsche Reich ein glückbringendes Scepter zu führen.

Halberstadt, den 7. Februar 1871.

In tiefster Ehrfurcht . . Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät Der Magistrat Die Stadtverordneten Versammlung zu Halberstadt. zu Halberstadt. (Folgen die Unterschriften.)

Im Verlaufe der gestrigen Sitzung trat das Haus der Abgeordneten in die Berathung des Berichts der Kom⸗ mission für Handel und Gewerbe ein, betreffend die Markt⸗ standsgelder in den neu erworbenen Landestheilen. Bei §. 1 entspann sich eine Debatte darüber, ob nach dem Vorschlage der Kommission auch bei Wochenmärkten ein Marktstandsgeld erhoben werden soll, oder ob nach dem Antrag des Abg. von Meyer Wochenmärkte davon befreit sein sollen. Der Handels—⸗ Minister Graf v. Itzenplitz trat der letzteren Ansicht bei. Nach

einer Debatte zwischen dem Regierungskommissar, den Abgg.

Dr. Hammacher und Dr. Kirch wurde der Antrag des Aög. ir wer angenommen und §. 1 lautet nunmehr mit dem⸗ selben:

§. 1. Für den Gebrauch öffentlicher Pläße und Straßen zum Feilbieten von Waaren auf Messen, Jahrmäriten, Viehmärkten und ganderen Märkten darf nur unter Zustimmung der Gemeinde und Genehmigung der , eine Abgabe (Markt- , er nc , dieses Gesetzes eingeführt, oder, wo sie be—⸗ steht, er werden. .

Die Genehmigung der Bezirksregierung (Canddrostei) ist jederzeit widerruflich, insofern ge nicht ausdrücklich für einen bestimmten Zeit- raum ertheilt ist.

Die Erhebung von Marktstandsgeldern für Wochenmärkte ist unzulässig. . .

Die §§8. 2 bis 4 wurden unverändert angenommen. Bei §. 5 k der Marktstandsgelder) gingen so zahl⸗ reiche Abänderungsvorschläge ein, daß das Haus auf Vorschlag des Berichterstatters Abg. Dr. Becker beschloß, die Vorlage an die Kommission zurückzuverweisen. Es folgte der mündliche Bericht der vereinigten Kommissionen für Finanzen und Zölle über den Gesetzentwurf, betreffend den Bau einer Eisenbahn von Hanau nach Offenbach, die Herstellung einer Ver⸗ bindungskurve zwischen der Frankfurt⸗Offenbacher und

Main⸗Neckarbahn, die Anlage eines zweiten Gelelses

auf einer Strecke der Frankfurt- Offenbacher Bahn und den Ankauf des Großherzoglich Hessischen Theiles dieser Bahn, sowie die Vermehrung des Betriebsmaterials der Staatsbahnen. Die Generaldiskussion wurde eingeleitet durch den Handels-⸗Minister Grafen Itzenplitz, welcher sich Namens der Staatsregierung mit den Vorschlägen der Kommiission ein⸗ verstanden erklärte. Der Abg. Richter war gegen den Gesetzentwurf und beantragte, den §§. 1 und 2 eine veränderte Fassung zu geben, wodurch bei der Flüssigmachung der Gelder auch auf die von Frankreich zu fordernde Kriegsentschädigung Rücksicht genommen werde. Der Finanz- Minister Camphausen erklärte, daß er nur dem zu §. ! gestellten Antrag des Abg. Richter beistimmen könne, daß aber die Annahme des zu §. 2 gestellten Antrags einer Ablehnung des Gesetzes gleichkommen würde. Nachdem der Abg. Braun (Hersfeld), Dr. Hammacher für, der Abg. Dr. Hänel gegen den Gesetzentwurf gesprochen, wurde die Diskussion geschlossen und das Gesetz ohne erhebliche Spezial⸗Diskussion angenommen. Darauf würde die Sitzung vertagt. Schluß nach 4 Uhr. ö

Die hernge (26) Plenar-Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde vom Präsidenten von Forckenbeck gegen 115 Uhr eröffnet.

Am Ministertische befanden sich der Minister des Innern Graf zu ,, der Finanz⸗Minister Camphausen und mehrere Regierungs⸗Kommissare. ö

Das Haus trat sofort in die Tagesordnung ein. Den ersten Gegenstand derselben bildete der Bericht der Kommission für das Justizwesen über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend das ,, in der Provinz Hannover und im Gebiete der vormals freien Stadt Frankfurt a. M.

Hierzu waren eingegangen Anträge des Abg. Roscher:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: den §. 1 des Ge— setzes dahin zu fassen: Bie Bestimmungen des hannoverschen Geseßes vom 16. September 1846, die Veräußerungspflicht behufs der Anlage von Schiffahrtstanälen und Häfen und behufs Schiffbarmachung von

lüssen betreffend (Hannoversche Gesetsammlung von 1846 Abtheil. ],

193), finden sinngemäße Anwendung auf Anlagen behufs Versor— gung bewohnter Ortschaften mit Wasser im offentlichen Interesse. und des Abg. Dr. Baehr vor:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, den §. 1 in fol⸗— gender Aenderung anzunehmen: Für die erforderliche Entscheidung über Enteignungen zu Gunsten einer für die Stadt Cassel anzulegen⸗ den Wasserleitung wird die im §. 35 des Landesverfassungsgesetzes für das vormalige Königreich Hannover vom 6. August 1816 (Han— noversche Gesetz Sammlung S. 141) vorgesehene Obliegenheit des Siaatsraths bri dem Verfahren über zwangsweise Abtretung Unserem Staatsministerium übertragen.

An der Debatte betheiligten sich die Abgg. von Rönne, der RegierungsKommissar Geh. Regierungs⸗Rath Jacobi, Abg. Roscher, v. Beughem, Miqusél, Dr. Behr (Casseh, Windthorst.

Der Minister des Innern Graf zu Eulenburg griff gleich⸗ falls in die Debatte ein und erklärte sich gegen die Annahme der beiden Amendements. Dieselben wurden hierauf abgelehnt und der ganze Gesetzentwurf nach der Regierungsvorlage un— verändert angenommen.

Das Haus trat hierauf in die Verhandlung über den Be⸗ richt der 15. Kommission zur Berathung des Gesetzentwurfs ein, betreffend die Ausführung des Bundesgesetzes über den Un⸗ terstützungswohnsitz. Der Referent, Abg. v. Rauchhaupt, em⸗ pfahl, von einer Generaldebatte Abstand zu nehmen, um desto eher in die Spezialdiskussion eintreten zu können.

Da sich kein Abgeordneter zur Generaldebatte ,

hatte, wurde dieselbe geschlossen und die Spezialdiskussion er⸗

öffnet. (Schluß des Biattes)

Aus den Hauptquartieren in Versailles, 6. Februar.

Der naturgemäße Verlauf der Wahlbewegung in Frank⸗ reich hat durch die rechtswidrigen Proteste des Herrn Gam⸗ betta eine Störung erlitten, die leicht die Konvention vom 28. Januar hätte in die größte Gefahr bringen können, wenn die Loyalität der Regierung von Paris nicht so⸗ fort das Ihrige gethan hätte, um die Delegation von Bordeaux in ihre Schranken zurückzuweisen. Die Proklamation vom 4. Februar und das ihr beigefügte Dekret, welches

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die einschränkende Wahlbestimmung der Delegation für ungül— tig erklärt, beweisen, daß die Auffassungen, die der Bundes- kanzler Graf Bismarck, gestützt auf den 2. Paragraphen des Vertrages vom 28. Januar, Über die Freiheit der Wahlen in dem Schreiben an Herrn Jules Favre vom 3. Februar ent⸗

wickelt hat, von den Ministern des Gouvernements in Paris,

vollständig getheilt werden.

Jules Favre ließ in Privatunterhaltungen verlauten, daß

er mit der äußersten Strenge selbst bis zur Gefangennehmung egen Gambetta verfahren werde. Ein Pariser Blatt, welches ür das Organ des Finanz⸗Ministers Picard gilt, »L'slecteur libre«, redigirt von Arthur Picard, dem Bruder des Ministers, bringt in seiner heutigen Adendnummer einen umfangreichen Artikel unter der Ueberschrift: »Keine Diktatur.

Darin heißt es, daß die Proklamation Gambetta's nichts weiter als ein Wahlmansver sei, die Reklame eines Kandi⸗ daten, der sich seinen Wählern empfehlen will. Der Eigennutz des Führers von Bordeaux wird mit den herbesten Worten ge— geißelt. »Niemals hat der nackte Egoismus etwas Verletzenderes gehabt. Ueber den mit Wunden geschlagenen Körper Frank— reichs spielt er diese Komödie, und Paris, das ganze Frankreich sind der Preis dieses Frevels Das Gouvernement hat solchem Verhalten gegenüber einen Entschluß zu fassen.“ Als diesen Entschluß bezeichnet das Blatt die Entsetzung Gambetta's 33 den Stellungen des Kriegs⸗Ministers und Minister des

nnern.

Im Lande finden die Aufrufe Gambetta's Nachhall bei den extremen Parteien. In Lyon hat der Munizipalrath, der erst vor wenigen Monaten auf Betrieb Gambetta's durch den Präfekten des Rhene⸗Departements in Funktion gesetzt wurde, seine Beistimmung zu den aufreizenden Edikten der Delegation von Bordeauz ausgesprochen und eine Art von Absetzungs— dekret gegen Paris, als erste Hauptstadt des Reiches, erlassen. Es dürfte sich aber sehr bald ergeben, daß die Majorität der Bevölkerung diese Parteistellung nicht theilt. Das Srgan, das in den gebildeten Schichten der Bürgerschaft von Lhon am weitesten verbreitet ist, und auch in den übrigen Städten des Rhone⸗Departements eine nicht geringe Autorität ausübt, »Le salut public, hat gleich nach dem Bekanntwerden der Konvention von Versailles seinen früheren An⸗ griffen gegen die Eigenmächtigkeiten Gambetta's noch eine erhöhte Kraft gegeben. Man dürfe sich in Bordeaux keine Illusionen machen. Alle Dekrete könnten den Armeen weder die Beweglichkeit noch den Kriegseifer zurückgeben, welche die Nachricht vom Falle von Paris ihnen rauben werde. Man habe jetzt die Entscheidungen des Gouvernements von Paris abzuwarten, den Beschlüssen der National ⸗Versammlung in

keiner Weise vorzugreifen. Außerdem entwickelt seit einiger

Zeit in Lyon die klerikal-royalistische Partei eine nicht geringe Thätigkeit. Sie hat eines der einflußreichsten Blätter von Lyon, »La Déöcentralisatione, die bis vor Kurzem für die liberale Republik im gemäßigten Sinne war, in ihre Hand gebracht, und kämpft in derselben für das Königihum Heinrichs V. (Chambord). Diese Partei hat schon seit langer Zeit die hef— tigste Kritik an allen von Bordeaux ausgehenden Beschlüssen geübt. Der Munizipalrath von Lyon nun, indem er sich für Gambetta erklärte, könnte also auch hier nur auf die Unter⸗ stützung der ultrademokratischen Partei rechnen.

Diese ist es auch in Paxis einzig und allein, die den Um—

trieben der Rumpfregierung von Bordeaux Vorschub leistet.

Daß die Proklamationen Gambetta's zuerst in der am 1. Fe⸗ bruar neu begründeten Zeitung Henri Rocheforts erschienen, legt die Muthmaßung nahe, daß das ehemalige Mitglied des Propisoriums mit dem Diktator gemeinsames Spiel treibt. In seiner gewohnten höhnischen Sprache läßt sich Rochefort in der heutigen Abendnummer des Journal »Le Mot d'ordres über die Männer aus, mit denen er sich am 4. September zur Rettung des Staates verband. »Was würden die großen Re— volutionäre von 1793, die Männer des Wohlfahrtsausschusses, die 14 Armeen auf einmal organisirten, sagen, wenn sie dem traurigen Schauspiel hätten beiwohnen können, welches heute die Advokaten des Stadthauses darbieten.“ Die Klubs werden die Kandidatur Gambettaf's festhalten; auf den Listen, welche die Hauptjour— nale, je nach ihrem Parteistandpunkt, als Richtschnur für die Wähler veröffentlichen, fehlt der Name des Diktators, und eine nicht geringe Anzahl von Zeitungen hat sich schon jetzt beeilt, gegen die Gültigkeit des Wahldekretes von Bordeaux öͤffentlich zu protestiren. Zu diesen Zeitungen gehören: »Liberté«, »La Patrie«, »Le Frangais«, „La France«, »Le Constitutionnel«, L Union «, »LUniversel, »Le Courrier de la Gironde, »La Pro vince sg.

7. Februar. Se. Majestät der Kaiser und

König nhahlhen gesiern tie Borttähe des KriegH. Minihters,

des Militär⸗ und Eivilkabinets und des Geheimen Raths Abeken entgegen. Der General Feldmarschall Prinz Friedrich Carl

verweilte gestern zum Besuche in Versailles und wurde von Sr. Majestät empfangen. In der Begleitung des Prinzen be⸗ fanden sich der Stabschef der Il. Armee, Sberst Lieutenant von Stiehle. Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht Vater) ist vorgestern Nachmittags 6 Uhr von Schloß Maintenon in Ver sailles eingetroffen, wo Höchstderselbe vorläufig zu verweilen gedenkt. Der zweite Militär⸗Attaché bei der russischen Ge— sandtschaft in Paris, Leontieff, wurde gestern von Sr. Maje⸗ stät empfangen.

Von der II. Armee. Die Nachricht von der Kapitula⸗ tion von Paris und dem abgeschlossenen Waffenstillstande wurde den Truppentheilen der II. Armee durch einen Tages—= befehl des General-⸗Feldmarschalls Prinzen Friedrich Carl mit⸗ getheilt. Die ersten Nachrichten waren dem Oberkommando aus dem Großen Hauptquartier auf telegraphischem Wege zugekommen, die eingehenden Details, so wie das Akten⸗ stück der Konvention wurden durch einen Offizier über⸗ bracht. Die freudige Aufnahme, welche dieser neu errungene, siegreiche und glänzende Erfolg bei den an der Sarthe stehenden Truppen fand, wurzelte in dem Ge— fühl der Genugthuung, in dem stolzen Bewußtsein, daß die schweren Kampftage aus der ersten Hälfte des Januar bei der Entwickelung des neuesten Ereignisses gewichtig in die Wagschale fielen, daß einer der mitwirkenden Faktoren außer⸗ halb der Enceinte von Paris im Departement der Sarthe lag, daß die Niederlage des General Chanzy und die Einnahme von Le Mans durch unsere Truppen die Widerstandsfähigkeit der pariser Bevölkerung, die Zuversicht der regierenden Ge— walt auf eine Hülfe von Außen, überhaupt auf einen noch möglichen militärischen Erfolg der französischen Armee in ihren letzten Stützpunkten erschüttert hatten. Dazu kommen noch die Siege des Generals von Manteuffel und später des Generals von Goeben über die Nordarmee, die des Generals v. Werder und später des Generals von Manteuffel über die im Osten vereinigten Streitkräfte des Feindes.

In den letzten Tagen war zwischen den beiden Armeen an der Sarthe bereits eine faktische Waffenruhe eingetreten; es waren von den deutschen Detachements, die gegen die II. französische Armee vorgeschoben waren, zuvor Gefangene ge⸗ macht worden, es kamen auch einzelne Zusammenstöße zwischen den beiderseitigen Patrouillen vor, aber zu einem ernstlichen Engagement schienen weder die Absichten auf der einen noch auf der andern Seite vorhanden; unsere Vorposten nach Westen standen vor Laval und General Thanzy befand sich, wie man erfährt, in Laval selbst, als die Nachricht von der pariser Kon vention Zunächst trat die Frage in den Vordergrund, ob General Chanzh den Waffenstillstand als für sich bindend anerkennen wolle. Man glaubte wohl annehmen zu können, daß die Vereinbarungen Jules Favre's mit dem Grafen Bis⸗ marck von Ersterem nicht auf eigene Gefahr und in alleiniger Verantwortlichkeit gemacht worden waren, daß wenn auch der Name Gambetta's nicht genannt war, doch seine Einwilligung mitwirkend war, aber man konnte nicht wissen, ob nicht General Chanzy diesen Abmachungen gegenüber inmitten der Truppen seine eigene Fahne aufpflanzen werde. Um sich zu vergewissern, ließ, wie man erfährt, der General⸗ Feldmarschall Exemplare der Konvention in franzöfischer Sprache von unseren Vorposten von Laval, Angers und jen⸗ seit Tours, Orleans an die französischen Vorposten abgeben, um den General Chanzy zu einer Aeußerung darüber zu ver⸗ anlassen. Am Abend des 30. Januar traf ein französischer Parlamentär bei unsern Vorposten in Laval ein, mit dem Bescheide des französischen Commandeur en chef, daß derselbe von Bordeaux bereits den Befehl erhalten habe, auf eine Waffenruhe einzugehen, daß er wünsche, sich mit dem preußi⸗ schen Oberkommando der II. Armee über die Demarkations⸗ linie ins Vernehmen zu setzen. Von letzterem ging die Ant—⸗ wort zurück, daß über dieselbe nicht mehr zu verhandeln, daß sie in Versailles bereits festgestellt und der Wortlaut der Kon⸗ vention an den General bereits abgegangen sei. Nach Allem zu schließen, hatte General Chanzy bis dahin aus Bordeaux noch keine näheren Bestimmungen erhalten; am Morgen des 31. erschien jedoch ein zweiter Parlamentär mit einem Briefe des französischen Generalstabschefs Chanzys, daß General Chanzy den in Versailles vereinbarten Waffenstillstand vom 31. Januar, Mittags 12 Uhr an, annehme. Von da ab geschah eine Dis lokation der Truppen innerhalb der ihnen angewiesenen Linie. Das Bekanntwerden der Umsicht des großen Ereignisses übte auf die Bewohner der Hauptstadt des Departements der Sarthe eine elektrische Wirkung aus; die Gemüther, die von der La der auf sie einwirkenden Ereigniffe niedergeschlagen, in die Apathie schwerer Schicksalsschläge versunken waren, belebten sich mit Einem Schlage zu neuer Hoffnung, und die Zukunft, die grau und gestaltlos vor ihnen lag, bekam Form und Leben

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