1871 / 48 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

behörde nicht die Konsistorien, wie sie damals bestanden, verstande hat, glaube ich, wird 3 en; es ar rf ein *

flüssiger Satz gewesen, weil das Gesetz von 1848 gesagt hat, die Kon= sistorien haben die Schu aufsicht. Es hat also damals im Jahre 1848 ganz entschieden die Absicht obgewaltet, an Stelle der Konsistorien eine vom Ministerium einzusetzende Schulbehörde, eine anders organisirte Behörde eintreten zu lassen, die Absicht also, die staatliche Aufsicht und die leitende Gewalt der Staatsbehörde an die Spitze zu stellen. Wenn man nun später sich in der Provinz Hannover dahin geeinigt hat, daß man bei den Konsistorien Abtheilungen für das Volksschul—⸗ wesen eingerichtet hat, welche theilwrise durch neugewählte Mitglieder besetzt worden sind, theilweise mit aus den alten Konsistorien herüber genommenen Mitglieder, und wobei schließlich in gewissen Fällen Plenarsitzungen beider Abtheilungen stattfinden, so ist

das eine Einrichtung, zu der freilich die hannoverschen gesetz«

ebenden Gewalten berechtigt waren, von der aber man nicht

agen kann, daß sie der Idee des Verfassungsgesetzes von 1848 ent- spricht, und wenn nun unsere Verfassungsurkunde, unsere preußische

Geseßgebung und administrativen Prinzspien wiederum in Ueberein⸗ stimmung stehen mit dem, was das hannoversche Gesetz von 1848 be— stimmt hatte, dann würde es erlaubt sein, auch zurückzugreifen auf jene Auffassung, die sich damals geltend gemacht hatte und die spätere Drganisation in die Bahnen zu leiten, wie sie unserer Verfassungs - urkunde und unseren administrativen Bestimmungen entsprechen.

Die Hauptfrage, um die es sich handelt, ist die, ob ein inneres Bedürfniß zu einer Aenderung vorhanden ist. Als Belege für dieses innere Bedurfniß sind genannt worden die Zeugnisse des Provinzial landtages, des Abgeordnetenhauses, einzelner Stimmen aus der Pro vinz und in neuester Zeit insonderheit die sehr bestimmte und in der Kommission erklärte Bezeugung des Leiters der Administration in der Provinz / des Ober⸗Präsidenten. Ich gebe nun zu, daß nicht ein in dem Maße brennendes Bedürfniß vorhanden ist, daß in dem Augen blick ein großer schwerer Schaden entstände aus der Nichtannahme des Gesetzes, nicht in diesen unmittelbaren Schaden, der ent— stehen konnte ist das Bedürfniß zu suchen, dasselbe liegt tiefer, es liegt in den Prinzipien, die den beiden Anschauungen zu Grunde liegen. Es stehen hier zwei große Prinzipien einander gegenüber: das Eine, welches sich verkörpert findet in unsern rr glg, Traditio⸗ nen, in unsern Einrichtungen, wie sie aus der Zeit Friedrich Wil- helm J. und Friedrich des Großen her und in vollster Ausdehnung seit dem Jahre 1808, seit der Neugestaltung des preußischen Staates nach dem Unglücke der Jahre 1806 und 1807 zur Anerkennung und Einführung gekommen sind, Prinzipien, denen unsere Verfassungs— Urkunde gleichmäßig Rechnung trägt, und die durch alle unsere Gesetz gebungen seit der Zeit gleichmäßig hindurchgehen. Diesem Prinzip gegenüber steht eine Auffassung, wic sie eben als der Provinz Han— noper eigenthümlich bezeichnet worden ist und deren relative Berech- tigung ich gern anerkennen will, die aber ich kann es nicht anders ausdrücken in einer gewissen Unklarheit und Halbheit befangen ist, die nicht wagt, vollen Ernst zu machen mit den Konsequenzen, die daraus hervorgehen, die nicht wagt, sich die Frage ganz klar zu stellen, wer auf dem Gebiet der Schule das Steuer haben soll, die Staats regierung oder die Kirche; denn so steht die Frage.

Meine Herren! Wenn eine Frage von dieser Tiefe und Bedeu⸗— tung angeregt ist, wenn sie seit den vier oder fünf Jahren nach 1866 ich wl auf die früheren Vorgänge nach dem Jahre 1848 in der Propinz Hannover gar nicht zurückgreifen die ganze Provinz be— wegt hat, wenn sie zu wiederholten Malen aus der Provinz selbst durch die Stimmen ihrer berechtigten Vertreter zur öffentlichen Kenni— niß gekommen ist, wenn sie jetzt dahin gediehen ist, daß die Staats⸗ regierung sich von der Nothwendigkeit vollständig überzeugt hat, und daß der andere Faktor der Gesetzgebung, das andere Haus, mit einer Majorität von zwei Dritteln der Stimmen sich dafür erklärt hat: dann, meine Herren, ist es doch eine sehr ernste und für die Entscheidung schwer ins Gewicht fallende Frage, ob es opportun ist, eine solche Frage aus bloßer Nücksicht, es sei nicht so dringend damit, zurückzuschieben; dann glaube ich, muß der andere Faktor der Gesetzgebung, wenn er zu einem entscheidenden Votum aufgefordert ist, darüber sich klar wer= den aus inneren, prinzipiellen Gründen: folgen wir diesem Prinzip oder jenem? ein bloßes Vertagen, ein bloßes Verschieben der Frage heilt nicht; es schabet nur. Und so möchte ich denen bitten, daß auch dieses hohe Haus die Frage sich in ihren ganzen Konsequenzen und j . senzen Schärfe vor Augen stelle und danach seine Entschlie⸗

ung reffe. .

. Es ist nun gesagt worden: ja, die Provinz selber verlangt es nicht; die Stimme im Probinzict · Landtage die Stimmen der Ver⸗ treter der Provinz in dem andern Hause, drücken nicht die wahre Ab⸗ sicht der Provinz aus; es ist eine große und schwer ins Gewicht fallende

Masse der Bevölkerung, die die Sache unverändert gen will, und

der Aus druck für diese letztere Auffassung findet sich am klarsten ausgedrückt in dem Votum der Bezirkssynoden und in den Petitionen, die auch an dieses Haus herangekommen sind. Meine Herren, ich stelle das

Faktum nicht in Abrede, daß von diesen Bezirkssynoden mit weniger

Auenahme sämmt ich der Wunsch ausgesprochen ist, es beim Alten zu belassen, und daß eine Zahl von Petitionen in diesem Jahre und auch in dem früheren sich in diesem Sinne ausgesprochen haben. Indessen, meine Herren, ich bin der Meinung, man muß in solchen Dingen y,. nicht die Stimmen zählen,

sondern wägen, man muß sich vergegenwärtigen, welche Gründe sind es, auf denen diese Petitionen und die Voten der Be- zirkssynoden beruhen. Da finde ich denn nun in diesen Petitionen und Voten der Bezirkssynoden, soweit sie mir zugänglich geworden sind; vor allen Dingen eine vollständige Unkenntniß in der Vorstellung

von dem, was bevorsteht. Man trägt sich dort überall mit der Furcht, daß die Otganisation, wie die Stgatsreglerung sie hier vor-

geschlagen hat, die Entkirchlichung der Schule, die Sätularisirun g des

2

kirchlichen Schulvermögens, die Herabdrückung der Geistlichen von ihrer gif * f. der Schule und der Sc . die Aufhebung des konfessionellen Charakters der Schule zu ihrer nothwendigen Konsequenz haben. Ich kann verstehen, daß Jemand, der von einem theoretischen Standpuntt die Sache ansieht, dergleichen Besorgnisse hegt; wir aber stehen auf dem Boden der Erfahrung, und wir haben eine mehr als 60jährige Erfahrung, die uns gelehrt hät, daß die Einrichtungen, die wir in Hannover wollen, bei ihrer Ausführung in keiner Weise diese Konfequenzen nach sich ziehen.

Das Prinzip der Gesetzvorlage ist seit dem Jahre 1868 und' in unserer Verfassung begründet; in den alten Provinzen ist von der Entkirchlichung der Schulen, von der Säkularisation des Schulver— moͤgens, von der Aufhebung des konfessionellen Charakters der Schule, von einem Hinausdrängen der kirchlichen Aufsicht nie und nirgend die Rede gewesen, und ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich bezeuge, daß, wenn Sie den heutigen Standpunkt unserer Volksschule pergleichen mit dem Standpunkte der Volksschule von 1808, Sie die— selbe an wahrhaft christlichem und kirchlichem Gehalt mit Gottes Hull ems t n ,

Sie werden mir daher zugestehen müssen, daß nicht die Kon— sistorien als Schulaufsichts behörden das alleinige Privilegium haben, der Schule zu ihrem Rechte zu verhelfen, sondern daß eine gewissen⸗ bafte Stagtsbehörde, wie wir das von unseren Behörden seit 1868 sagen müssen, auch die Möglichkeit hat, der Schule nach christlichen und kirchlichen Grundsätzen zu dienen. Es liegen mir zwei Penitionen vor, welche diesen Gegenstand betreffen und vielleicht in einigen Stücken ein Bild geben können von der Auffassung, die hier zu Grunde liegt. In der einen Petition fassen sich die Üünterzeichner in drei Sätzen zusammen. Sie sagen: Wir wollen lutherische Christen bleiben gut! zweitens, wir wollen daß in unsern Schulen konfessioneller Unterricht ertheilt werde Niemand wird Ihnen das bestreiten. Drittens wir wünschen daher, daß unsere Schulen den Behörden unserer Kirche unterstellt bleiben mögen. Dieser dritten Konklusion fehlt die Verbindung mit Nummer J und 2. Ich möchte erst den Beweis haben, daß die staatlichen Behörden sie hinderten, lutherische Christen zu bleiben. Ich habe noch eine andere Petition, die mir deshalb von Werth ist, weil sie den eigentlichen Kern der Sache in unverhüllter Weise ausdrückt, wie ich es in dem Eingange anzudeuten mir erlauht habe. Die Petition stammt aus Osnabruͤck. Es heißt darin: -Wir verkennen nicht, daß die Voltsschulen zu den nstituten gehören, an denen Staat und Kirche das größte 3 haben. Aber da kann doch nur einer von beiden die eigentliche Leitung üben. Die Petition fährt dann fort und behauptet, daß, da nach gegenwärtiger Verfassung die Konsistorien die Leitun übten, man sie ihnen auch nicht werde entziehen können, ohne ö. man eine Ver⸗ handlung mit den kirchlichen Behsrden eintreten lasse, und sie beruft sich dabei auf § 23 des Verfassungsgesetzes vom 5 September 1848.

Ich holte es nicht für überflüssig, diesen Paragraphen näher. zu betrachten, er redet von einer ganz anderen Sache; er fagt an den betreffenden Stellen; vüber Abänderung der bestehenden Kirchenver⸗ fassung wird der König mit einer von ihm zu berufenden Versamm— lung von geistlichen und weltlichen Personen, welche theils von ihm bestimmt, theils von kirchlichen Gemeinden auf eine von der Regie— an durch Verordnung zu bestimmende Weise gewählt werden, erathen.

* ist von der Kirchenverfassung die Rede, und diesen Para— graphen hat die vormalige hannoversche Regierung buchstäblich zur Ausführung gebracht, als sie sich dazu bewogen fand, eine Verände—⸗ rung in der Kirchen verfassung vorzunehmen. Sie berief eine Vor— synode, sie hörte dieselbe und setzte dann fest, was sie ihrerfeits für nothwendig erachtet hat. Wenn man aber diesen Paragraphen, wel- cher für die Kirchenverfgssung gegeben ist, anwenden will, und daraus Rechte herleiten will für die Betheiligung der Kirche an der Sule, so liegt die falsche Prämisse zu Grunde, daß die Schule Eigenthum der Kirche im juristischen Sinne sei, daß der Staat über die Schule keine Disposition treffen könne ohne Hörung der Kirche; es stellt den Staat auf die Basis des Konkordats mit der Kirche, und entzieht ihm e nr , fre t die er auf dem Gebiete der Schule hat und

en ;

Vergegenwärtigen wir uns die Frage einmal nach einer anderen Seite hin. In Beziehung auf die evangelische Kirche wird gefordert, daß eine Versammlung, die aus geistlichen und weltlichen Mit— gliedern besteht, zusammentrete, und über die Art und Weise, wie eine Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche guf dem Gebiete der Schule stattfinden könne, berathe. Wenden wir das Alles im Prinzip denn was dem Einem recht, ist dem Andern billig auf Lie katholische Kirche an, so werden mir die Kenner des kirch⸗ lichen Rechtes zugeben, daß von einer Versammlung der Art bei der katholischen Kirche nicht die Rede sein kann, denn die fatholische Kirche kennt nicht eine solche Repräsentation der Kirche, sondern auf ihrem Gebiete sind die Bischöfe die alleinigen Repräsentanten. Nun aber hat die hannoversche Staatsregierung, wie dies in den Motiven der WRegiexungsvorlage hervorgehoben worden ist, einen Zeitraum von 10-15 Jahren hindurch mit den Bischöfen von Hildesheim und Osnabrück in Verhandlung gestanden, und hat es nicht dermocht, mit den Bischöfen zu einer Auseinandersetzung zu gelangen, welche dem Rechte des Staates entsprechend gewesen wäre“ Glauben Sie, meine Herren, wenn wir das Prinzip annehmen, wie es in jener Petition enthalten ist, und wie ich es in dem Berichte der Kommission durchschimmern sehe, glauben Sie, daß es uns heute anders gelingen werde, eine Vereinbarung mit den Bischöfen auf diesem Gebiete her= beizuführen? Wissen Sie nicht, daß die katholische Kirche von ihrem Standpunkte aus hierbei absolut dem Staate gar kein Recht zugestehen kann? Wie ist es möglich, daß ein Bischof dem Staate diejenigen Rechte zugestehen kann, die der Staat in Anspruch nehmen muß. Es bleibt nichts übrig, als daß der Staat, was er als gutes Recht

für sich in Anspruch nehmen muß, das, was mit der Frage seiner eigenen Existenz verwachsen ist, übt, und dazu ist die politische Gesetzgebung, vorhanden. Ich wiederhole, der Stand puntt, den die Majorität der Kommission vertritt, einer ist, der von unsern alipreußischen Traditionen und von der Anschauung, in der wir großgewachsen sind, und von der wir nicht loskommen können, durchaus verschiedener; ein Standpunkt, der ein Vertragsverhältniß über die Schule zwischen Kirche und Staat konstituirt, und der dem Staate seine Freiheit und sein Recht nicht zugesteht. Ich kann nicht glauben, daß das hobe Haus, welches von jeher berufen gewesen ist und in einer so eminenten Weise diesen Ruf erfüllt hat, unseren preußischen Staat zu stützen und zu fördern, auf den Grundlagen, auf denen er entstanden und er— wachsen ist, daß dieses hohe Haus in einer so wichtigen und bedeu⸗ tenden Frage, wie die gegenwärtige von diesem seinem Prinzipe ab- gehen konnte und ich rechne daher mit Bestimmtheit darauf, daß die Entscheidung eine andere sein werde, als sie von Seiten der Kom— misston gefällt worden ist.

Nach dem Grafen Brühl nahm der Minister noch

einmal das Wort:

Wenn ich am Eingange der Diskussion den Satz aufgestellt habe, daß es sich hier nicht um eine indifferente Sache handle, sondern um das Gegenüberstehen zweier Prinzipien, daß man sich klar machen müsse, von welcher Stelle aus die Oberleitung der Schule ausgehen solle, ob von der Staatsgewalt oder, unabhängig von derselben, von der Kirchengewalt, so ist dieser Satz durch den weitern Verlauf der Diskussion auf die evidenteste Weise bestätigt worden. Das Mitglied des hohen Hauses Herr von Kleist⸗ Retzow hat in seiner Ausführung auf die Zustände vor 1808 zurückverwiesen, nicht blos als eine historische , , , ., sondern als etwas, was seiner Auffassung nach dem Wesen und dem Rechte des Staates und der Kirche besser entspreche, als der gegenwärtige Zustand, und wenn ich ihn recht verstehe, als etwas, was nicht blos in Hannover zu konsexviren, sondern, wenn es möglich wäre, auch wieder her= zustellen sei in den übrigen Theilen der Monarchie, denn nur in dieser Tragweite würde ich die volle Konsequenz seiner Ausführung, verstehen können. In ganz ähnlicher Weise hat Herr Graf v. Borries von zwei Strömungen gesprochen, die durch die Zeit hindurch gehen, von der kirchlichen und politischen Str mung so, glaube ich, war der Ausdruck und auch von seiner Seite war die Hoffnung angedeutet, daß, da die kirchliche Strömung in den vergangenen Dezennien die stärkere geworden sei, nicht allein in Hannover das erhalten und konservirt werde, was die Herren auf dem Gebiete des Schulwesens erhalten wollen, sondern daß diese Strömung weiter gehen und wieder zurück erobern werde, was verloren gegangen. Es wird also, meine Herren, und ich bitte das noch- mals scharf ins Auge zu fassen, das Votum, welches das hohe Haus abgiebt, nicht blos über eine Spezialfrage der hannoverschen Gesttz⸗ gebn und der hannoverschen Einrichtungen ergehen, sondern es wird zu gleicher Zeit die Richtung bezeichnen; sollen wir das Verfahren, welches wir seit dem Jahre 1808 und in einem großen Theile der Monarchie schon vor dem Jahre 1808 befolgt haben, die Leitung der Schule unter die Aufsicht des Staats zu stellen, sollen wir das auch in Hannover durchführen, oder sollen wir von diesem Prinzipe abgehen und überall die Schule der Kirche zur freien . zurückzugeben trachten? Das ist der Kardinalpunkt der

rage.

Es ist ferner gesagt worden, daß durch die Gesetzesvorlage dem Rechte der Kirche zu nahe getreten werde. Wäre der Nach⸗ weis dafür geführt, so würden Sie mich am ersten auf der Stelle finden, zum Schutze des Rechts der Kirche aufzutreien. Ich kann das aber nicht zugeben. Nicht der Umstand, daß die kirchlichen Organe, die Konsistorien bisher die Leitung und Aufsicht des Volksschulwesens gehaht haben, begründet einen Rechts—⸗ anspruch, daß dies unverändert so fortdauern müsse, sondern darin könnte ein Rechtsanspruch liegen, wenn durch einen die Staatsgewalt bindenden Akt ein solcher in fester Weise begründet wäre. Denn daß der bloße Besitstand hier einen Rechtsstand nicht begründet, hat dieses hohe Haus schon bei einem anderen Gegensteande der Gesetzgebung anerkannt, nämlich bei Uebertragung der Ehegerichtsbarkeit von den Konsistorien auf die bürgerlichen Gerichte in Hannover. Mit demselben Rechte, wie heute gesagt wird, die Kirche hat einen Rechtsanspruch darauf, daß die Schule durch die Konsistorien verwaltet werde, mit demselben Rechte hätte man damals sagen können, daß sie einen Rechtsanspruch auf die Be⸗ lassung der Ehegerichtsbarkeit bei den Konsistorien habe. Wenn man das eine Prinzip nicht anerkennt, so kann man auch das Andere nicht anerkennen.

Am bedenklichsten aber ist mir eine Aeußerung gewesen, die von Seiten des Herrn von Kleist⸗Retzow gefallen ist, und welche die Besorgniß ausdtückt, daß der gegebene Unterschied zwischen den Aufgaben und Pflichten des Staats und der Kirche nothwendig einen Konflikt zwischen beiden auf dem Gebiete der Schule erzeugen müsse. Es wird angenommen, daß durch die Uebertragung der Schulaufsicht, auf die Landdrosteien als staatliche Behörden, nun nicht mehr die erziehende Gewalt der Kirche, nicht mehr das kirchliche Prinzip in der Weise zum Ausdruck kom men könne, wie dies bisher bei den Konsistorien der Fall gewesen ist. Diese, Auffassung wäre richtig wenn man den Ztaal als eine unchristliche oder widerchristliche Institution ansehen wollte, sie wäre richtig, wenn man die von dem Staate eingesetzten Behörden, als ein Widerspiel der kirchlichen Interessen betrachten wollte und die Vertre⸗ tung der christlichen Prinzspien allein in kirchlichen Organen finden wollte, Das halte ich für sehr bedenklich. Isolirt man die Aufgabe des Staats und seiner Behörden in der Weise, daß man von vornherein

sagt, durch die staatlichen Behörden kann die christliche Wahrheit auf dem ihnen zuständigen Gebiete nicht vertreten werden, sondern kann dies nur von kirchlichen Behörden geschehen, dann schafft man erst den Gegensatz, den niederzuhalten und zu bekämpfen, die ganze Kraft und Aufgabe unserer Zeit ist. Wir wollen nicht den Staat und die staatlichen Behörden entchristlichen, wir wollen nicht den kirchlichen Behörden das alleinige Recht zugestehen, christliche Prinzipien zu vertreten, wir wollen daß die staatlichen Behörden durchdrungen sind vom christlichen Prinzip. Stellen wir dies nicht an die Spitze, negiren wir es grundsätzlich, daß auch die staatlichen Ordnungen von christlichen Prinzipien durchdrun en und getragen sein sollen und können, dann sind wir es, die einen Konflikt und einen Widerspruch organisiren, der in Wahr⸗ heit nicht in dem Grade vorhanden ist und nicht vorhanden sein darf und der, wenn er sich von Seiten kund giebt, die sich der christlichen Wahrheit feindlich entgegenstellen, gerade an dieser Stelle mit aller Energie bekämpft werden muß.

Durch das Gesagte wird auch die Hinfälligkeit des Einwandes ersichtlich werden, daß es nur eine bureaukratische Gleichmacherei sei, welche dahin führe, die Grundsätze, die in den übrigen Provinzen stattfänden, für Hannover zur Anwendung zu brinzen. Es ist das mit solchen allgemeinen Ausdrücken eine gefährliche Sache. Der Vor⸗ wurf der Gleichmacherei ist der preußischen Regierung auch von an— derer Seite gemacht worden, die wahrhaftig in der feindseligsten Weise sich gegen uns immer gestellt hat. Es liegt mir in diesem Augenblicke ein Blatt vor, in welchem an ein Wort des Konsistorial⸗Raths Vilmar in Marburg erinnert wird, und wo es heißt: ⸗-Der preußische Staat ist auf Absorption und Unifikation an- gelegt, wie alle Eroberungsstaaten, und das deutsche Element der Be⸗ günstigung und Schonung, der Bewahrung und Pflege der Besonder-⸗ heiten geht ihm fast gänzlich ab; er trägt in dieser Hinsicht einen ausgeprägt slavischen Charakter.

Wir aber, die wir groß geworden sind auf dem Boden des preußischen Staates und bei aller Demuth, die wir üben sollen, doch erfüllt sind von der weltgeschichtlichen Bedeutung unseres Staates; wir, die wir die Erfahrung gemacht haben, daß alles Große und Bedeutende, was Preußen ins Leben gerufen hat, alle Prinzipien, die bei uns geboren und zur Aus⸗ führung gekommen sind, von denen, die draußen stehen, mit der allerschärfsten und zersetzendsten Kritik behandelt worden sind, bis sie erst durch lange Bewährung sich Anerkennung errungen haben; wir werden uns von solchen allgemeinen Worten nicht irre machen lassen und werden festhalten an dem, wofür wir die Bewährung einer langen Zeit für uns haben. ö.

Herr Graf Borries hat noch erwähnt, daß ein Mißtrauen darch die lutherischen Geistlichen in der Prooinz Hannover gehe, daß man besorge, es solle auf direkte oder indirekte Weise eine Einführung der Union daselbst erfolgen. ch fann auf das Bestimmteste bezeugen, daß innerhalb der ganzen Zeit, wäh⸗ rend welcher die Provinz Hannover dem preußischen Staate ange— hört, kein einziger Att erfolgt ist auf kirchlichem Gebiete, der direft oder indirekt die Union zum Gegenstande der Einführung gehabt hätte, daß aber ungeachtet aller dieser Zurückhaltung, welche die preußische Regierung beobachtet hat, eingedenk des Wortes, welches Se. Majestät der König selber gesprochen und eingedenk der schrift= lichen Verheißung, die er gegeben hat, die Mißdeutung, und ich kann nur sagen, die Agitation, nach der Seite hin eher gewachsen, als sich beruhigt hat. Nicht durch ein schonendes und vertrauensvolles Entgegen“ kommen Seitens der Regierung, nicht durch die geübte volle Zurückhaltung ist Befriedigung eingetreten, im Gegentheil es hat eine Steigerung statt⸗ gefunden und diese hat sich am Lebhaftesten gerade in dem Augen blicke manifestirt, als die hannoverschen Landdrosteien zusammentraten, um in freiester und ungehindertster Weise zu berathen und ihre Vota abzugeben. Der Herr Graf Borries hat auf diese Vota besonders verwiesen und gesagt: wenn die Regierung so fortginge, so würde man nicht blos bei den Forderungen der Landessynode stehen bleiben, son—⸗ dern in den Forderungen noch weiter gehen müssen. Ja, meine Herren, das kommt gerade wieder auf dasjenige hinaus, was ich vorhin gesagt hatte von der absichtlichen Organisirung eines Konflikts zwischen der Staatsgewalt und zwischen den kirchlichen Gewalten. Die staatlichen Gewalten sind es nicht, die ihn herbeiführen, nicht von Seiten der Staatsgewalt ist ein Eingriff in ein wirkliches Recht und in die Freiheiten der Kirche geschehen; aber Vorwände sind von der anderen Seite entnommen worden und werden entnommen und wenn Konflikte in der Art sich entwickeln und gestalten, so ist es nicht die Staatsregierung, welche die Schuld daran trägt, sondern die Schuld ., diejenigen, die den Konflikt suchen und ihn auf die Spitze reiben.

In der Spezial⸗Diskussion ergriff der Minister nach dem Referenten das Wort; ö

Gegen die Amendements, die von Seiten der Kommisston auf. gestillt worden sind ad 1 und ?, sind keine Einwendungen zu erheben, ad 1 in Beziehung auf den Religionsunterricht, ad 2 in Beziehung anf die Umstellung der Frage vom Schuldienste und Kirchendienste. Dagegen ad 3, Einschiebung des Komma's, ist allerdings ein Bedenken zu erheben, indem dadurch ein anderer Sinn in den Gesetzentwurf hinein 0. wird, als die Regierung damit verbunden hat. Die Regierung will jas Besetzungsrecht für die kirchliche Behörde und für die staatliche Behörde, für den Schuldienst und den Kirchendienst, dem, welchem es zukommt, selbständig belassen und nicht die Besetzung der kombinirten Stellen ausschließlich der Kirchenbehörde übertragen. Also gegen das dritte Amendement werben Einwendungen erhoben, gegen Amende . ment 1 und? nicht. Da aher der 8. 1 das ganze Prinzip des Ge— setzes rekapitulirt, so glaube ich doch mit zwei Worten noch einmal darauf zurückkommen zu müssen. Der Herr Referent hat sich in seinem

883

w

. 283 .

w . c / / / . ö . 86 .

w

.

2

——

89

3

.

3 ö .

K

. . 3 22 *

G

ö 2 *,

,, . .

. r. 8

ö

e . 3 8 .*

83 K / ,

. .

.

3

//