1871 / 49 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Da die Annahme der Deutschen Kaiserwürde durch Se. Majestät den König in die Zeit fiel, wo der seitdem ge⸗ schlossene kurmärkische Kommunal⸗Landtag versammelt war, so fühlten sich ö . J er e rms , ge⸗ drungen, Sr. Majestät die nachstehende Adresse zu überreichen:

. lest erm den 23. Januar 1871.

Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Kaiser! Allergnädigster König und Herr! .

Nachdem Ew. Majestät für Sich und Allerhöchstdero Nachfolger an der Krone Preußen, dem einmüthigen Rufe aller deutschen Fürsten und freien Städte nachgebend, die wiederhergestellte Deutsche Kaiser⸗ würde zu übernehmen geruht haben, glauben die gegenwärtig zum Kommunal ˖ Landtage versammelten allergetreuesten Stände der Kurmark Brandenbutg ihre Freude und Theilnahme hierüher ausdrücken zu dürfen als Vertreter desjenigen Landestheiles, dessen Geschicke mit dem Hause Hohenzollern seit Jahrhunderten auf das Innigste verhunden waren. Die Kurmark Brandenburg ist mit und durch das Haus Hohenzollern zum Mittelpunkte des Königreichs Preußen emporgewachsen, hat mit seinen Markgrafen, Kurfürsten und Königen die Schlachten geschlagen, welche von Fehrbtllins Tagen an bis zu den neuesten Siegen in Frankreichs Gefilden Preußens Namen zum höchsten Glanze erhoben haben. Wir empfinden mit Stolz, daß, wie einst unsere Kurfürsten zu Königen, so nun unsere Könige zu Kaisern von Deutschland empor—

estiegen sind. . . ö ig Gott unserm Kaiser seinen Schutz in gleicher Weise für alle Zeiten angedeihen lassen, wie er bisher so sichtbar im Kriege wie im Frieden mit unserm Königshause gewesen ist. Euer Majestät Allerunterthänigste, treugehorsamste Stände der Kurmarkt.

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Das Herrenhaus genehmigte im Verlauf seiner

gestrigen (10). Sitzung die S8. 2 u. 3 des Gesetzentwurfs, be= treffend die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unter— stüßungswohnsitz in der Fassung der Beschlüsse des Abgeordne— tenhauses. Im §. 4 ,, die Kommission den Absatz J in folgender Fassung anzunehmen. . ö lg her zur 5 n den Gemeindewahlen berechtigte Ge— meindemitglied ist verpflichtet, eine unbesoldete Stelle in der Gemeinde⸗ Armen Verwaltung zu übernehmen und drei Jahre oder die sonst in den Gemeinde Verfassungsgesetzen vorgeschriebene längere Zeit hindurch fortzuführen. Von dieser Verpflichtung besreien nur folgende Gründe: IJ anhaltende Krankheit; 2) Geschäfte, die eine häufige oder lange dauernde Abwesenheit mit sich bringen; 3) ein Alter von 60 oder mehr Jahren; 4) die Verwaltung eines andern offentlichen Amts, sowie ärztliche oder wundärztliche tg 5) sonstige besondere, eine gültige Entschuldigung begründende Verhältnisse, über deren Vor⸗ handensein, sofern die Gemeinde ⸗Verfassungsgesetze nicht etwas Anderes bestimmen, von der Gemeindepertretung zu beschließen ist.

Den Absatz 2 jedoch unverändert nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses zu genehmigen. An der Diskussion bethei⸗ ligten sich die HH. Dr. Zachariä, Rasch, von Thaden, Wilckens und von Bernuth. Auch der Minister des Innern Graf zu Eulenburg griff in die Diskussion ein. Dann wurde der An⸗ trag der Kommission von der Majorität genehmigt.

Der §. 5 wurde ohne Diskussion auf Antrag der Kom⸗

in folgender Fassung angenommen: . . a Mang die Uebernahme oder fernere Wahr= nehmung einer unbesoldeten Stelle in der Gemeinde ⸗Armenverwal. tung rerweigert, oder sich dieser Wahrnehmung entzieht, kann auf drei bis sechs Jahre des Rechts zur Theilnahme an den Gemeinde wahlen und zür Wahrnehmung unbesoldeter Stellen verlustig erklärt und um ein Achtel bis ein Viertel stärker zu den direkten Gemeinde⸗ abgaben herangezogen werden. Die Beschlußfassung hierüber steht, fofern die Gemeinde⸗Verfassungsgesetze nicht etwas Anderes bestimmen, der Gemeindevertretung zu; der Beschluß bedarf der Genehmigung

der Aufsichtsbehsrde. .

361 §. r welcher nach den Beschlüssen des Abgeordneten⸗

ises lautet: .

ö 69 Vorsteher von Korporationen und anderen juristischen Per⸗ sonen sind verpflichtet, den Gemeindebehörden auf deren Erfordern Auskunft über den Betrag der Unterstützungen zu ertheilen, welche cinem Hülfsbedürftigen des Gemeindebezirks aus den unter ihrer Ver⸗ waltung stehenden, einem Zwecke der Wohlthätigkeit gewidmeten Fonds gewährt werden. Vorsteher, welche diese Auskunft innerhalb einer 14tägigen Frist, von Empfang der Seitens der Gemeindebehörden er⸗ gangenen Aufforderung an gerechnet, zu ertheilen unterlassen, werden mit einer Geldstrafe bis zu 10 Thaler, im Wiederholungsfalle bis zu

bestraft. . ö. ö die Kommission die Worte: »im Wiederholungs-

falle bis zu 50 Thlr.« zu streichen, und das Haus trat dem Antrage bei. . . Die §§.7 bis 9 a . e. , i n ö z auf Antrag der Kommission unveränder ö 5 10 . die Kommission in folgender Fassung anzunehmen: . . Soweit die Verfassung der bestehenden Gesammt ⸗Armen verbände

ische Vorschriften geregelt ist, bleibt den betheiligten . tg n ,, die Vereinbarung solcher statuta⸗ rischen Vorschriften, vorbehaltlich der Bestätigung der letzteren durch die Bezirks Regierung überlassen; in Ermangelung einer derartigen

Vereinbarung wird die Verfassung des Gesammt ⸗Armenverbandes durch ein nach Anhörung der Betheiligten von dem Kreistage nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen zu beschließendes von der Bezirks⸗Regierung zu bestätigendes Statut geregelt.

Es wird für den Gesammt⸗Armenverband eine besondere, aus Abgeordneten der Gemeinden und Hutsbezirke bestehende Vertretung gebildet. Die Zahl der von den Gemeinden und Gutsbezirken zu entsendenden Abgeordneten, sowie geeigneten Falles die Zabl der, dem Abgeordneten eines Gutsbezirkes einzuräumenden Stimmen wird nach dem Verhältniß der von den Gemeinden und Gutsbezirken zu leistenden Beiträge zu den Kosten der gemeinsamen Armenpflege be stimmt, mit der Maßgabe, daß jede Gemeinde und jeder Gutsbezirk wenigstens Einen Abgeordneten zu entsenden hat. Die Abgeordneten der Gemeinden, zu denen jedoch in allen Fällen der Vorsteher der betreffenden Gemeinde gehören muß, werden von der Gemeinde⸗ vertretung auf drei bis sechs Jahre gewählt. Die Vertretung des Gesammt-Armenverbandes wählt einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden, in der Regel aus ihrer Mitte. Dem Vorsitzenden kann eine Dienstunkosten⸗Entschädigung gewährt werden. Die Wahlen erfolgen nach den entsprechenden Vorschriften der Ge⸗ meinde ⸗Verfassungsgesetze. In Beziehung auf die Verwaltung der ge⸗ meinsamen Atmenpflege stehen, nach Waßgahe der Gemeinde⸗Ver— fassungsgesetze, der Vertretung des Gesammt ⸗Armenverbandes die Rechte der Gemeinde vertretung (Gemeindeversammlung), dem Vor- sitzenden derselben aber die Rechte des Geineindevorstehers (Gemeinde—⸗ vorstandes) zu. Die Vertheilung der Kosten der gemeinsamen Armien—⸗ pflege auf die einzelnen Geineinde und Gutsbezirke erfolgt nach Maß- gahe der in ihnen auftommenden Klassen, und Einkommensteuer, der halben Gewerbesteuer, sowie der halben Grund und Gebäudesteuer. Das Einkommen, welches aus außerhalb belegenem Grundbesitz oder betriebenem Gewerbe fließt, ist außer Berechnung zu lassen.

Das Einkommen, welches die außerhalb des Bezirkes des Ge⸗ sammt - Armenverbandes wohnenden Personen mit Einschluß der juristischen⸗ Personen, der Aktien; Gesellscha t ren und. Kommandit- Gesellschaften auf Aktien aus dem innerhalb dieses Bezirkes belegenen Grundbesitz oder betriebenem Gewerbe beziehen, wird, soweit dieselben zu Kommunal-Abgaben herangezogen werden fönnen, hinsichtlich der Klassen und Einkommensteuer besonders veranlagt.

Absatz 4 unverändert anzunehmen. ;

Herr von Senfft⸗Pilsach empahl in Absatz 3 die Worte: »so weit dieselben zu Lommungl Abgaben herangezogen werden können«- zu streichen und Herr Wilckens beantragte in demselben Absatz die Worte »Aktiengesellschaften und Kommanditgesell-

aften auf Aktien zu streichen. J . 1 der Diskussion betheiligten sich die Herren Rasch, von Senfft Pilsach, von Kleist, von Alvensleben, von Kröcher und Dr. Dernburg, sowie die Regierungs⸗Kommissare, Geheime Räthe Wohlers und Persius Dann wurde der Antrag Wilckens abgelehnt, der Antrag von Senfft-Pilsach dagegen angenommen und mit diesem der Antrag der Kommission genehmigt. Zu S. 29, welchen die Kommission in der folgenden Fassung des Abgeordnetenhauses zur Annahme empfahl: »Die zur Erfüllung der Verpflichtungen der Land ⸗Armenverbände aufzubringenden Kosten werden auf die betreffenden Kreise nach dem Maßstabe der in ihnen aufkommenden direkten Staatssteuern 6. 70) vertheilt, sofern nicht die Vertretung eines Land ⸗Armenverbandes mit Genehmigung der Minister des Innern und der Finanzen eine andere Aufbringungsweise heschließt. Den Vertretungen der Kreise bleibt die Beschlußfassung über die Aufbringungsweise des auf die letzteren vertheillen Kostenbetrages überlassen. J In der Provinz Hannover werden die vorgedachten Kosten auf die Amtsverbände, J auf die nicht zu einem Amtsver⸗ ehörigen Städte vertheilt. . anne ,,, Sigmaringen erfolgt die Vertheilung auf die Gber Amtsbezirke. Die Aufbringungsweise der auf die letzteren vertheilten Kostenbeträge wird, bis zur Einführung von Kreis und Propinzial⸗-Vertretungen durch eine Versammlung der Orts vorsteher (Bürgermeister, Stadtschultheiß, Vogt) des Ober Amtsbezirks unter dem Vorsitze des Ober ⸗Amtmanns bestimmt.« ; beantragt Herr von Kleist ⸗Retzow: hinter die Worte: »direk⸗ ten Steuern«, einzuschalten: »der halben Gewerbesteuer und der halben Grund⸗ und Gebäudesteuer«. An der Diskussion betheiligen sich der Antragsteller und der Regierungs ⸗Kommissar Geheime RegierungsRath Persiusz dann wird der Antrag abgelehnt und §. 29 bis 35 in der Fassung des Abgesrdneten⸗ hauses angenommen. In §. 36 empfahl die Kommission Absatz Jin folgender assung: J 3 fu g. Land! Armenverbände sind verpflichtet, deni: nigen ihrem Bezirke angehörigen Orts-Armenverbänden eine Beihülfe zu gewähren, welche den ihnen obliegenden Verpflichtungen ohne übermäßigen Drack nicht zu genügen vermögen. Ob und welche Beihuͤlfe zu leisten ist, entscheidet nach Anhörung des Kreistages end gültig eine Kommission, welche aus dem Gber ⸗Präsidenten, einem von diesem zuzuziehenden Verwaltungsbeamten und drei von der Provinzialvekirrtüng! zu wählenden Mitgliedern besieht, deren Vorsitz der Ober Präsident führt. In den Provinzen, in welchen Kommunal Landtage bestehen, können die zu wählenden drei Mit- glieder auch nach ungefähren Verhältnissen der Seelenzahl der ein zelnen Kommunal- Landtags Verbände resp. nach einem jener See- lenzahl entsprechenden Wechsel, von den Kommunal - Landtagen gewählt werden. Die Beihülfe kann in Geld oder mittelst Bereit-

6 von Pflege ⸗Anstalten oder in sonst geeigneter Weise gewährt werden.

Absatz 2 unverändert in der Fassung des Abgeordneten⸗ hauses anzunehmen.

An der Diskussion betheiligten sich der Referent Graf zu Eulenburg, Regierungs⸗Kommissar Geh. Reg. Rath Persius und Stadtdirektor Rasch, damit lehnt das Haus den Kommissions⸗ Antrag ab und genehmigte den §. 36 in der Fassung des Ab⸗ geordnetenhauses. In derselben Weise wurden die §§. 37 —59 genehmigt. Im §. 60 beantragte die Kommisston den Absatz 3 folgendermaßen zu fassen:

»In Städten, welche zu keinem Kreise gehören; erfolgt die Wahl aus den Angehörigen der Gemeinde durch den Gemeinde ⸗Vorstand und die Gemeinde ⸗Vertretung in gemeinschaftlicher Sitzung «

Das Haus trat diesem Antrage bei und genehmigte schließ⸗ lich die übrigen Paragraphen und das ganze Gesetz in den g. Abänderungen nach den Beschlüssen des Abgeordneten— hauses. D

Als zweiter Gegenstand steht auf der Tagesordnung: der Bericht der Justiz⸗Kommission über den Gesetzentwurf, be— treffend die Aufhebung des § 643, Tit. 2, Thl. JI. Allg. Land— rechts. Die Kommission beantragt, diesem Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung zu versagen. Dem gegenüber beantragte Hr. von Bernuth dem Gesetzentwurf zuzu⸗ stimmen. An der Diskussion betheiligten sich der Referent Herr Blömer und die Herren Graf Münster, von Kleist⸗Retzow, von Manteuffel, Dr. Zacharige, von Senfft ⸗-Pilsach, Uhden und Graf Brühl. Auch der Justiz. Minister Dr. Leonhardt griff wiederholt in die Dis kussion ein. Dann wurde der Gesetzentwurf in namentlicher Abstim— mung mit 41 gegen 32 Stimmen angenommen. Der Präsi— dent schließt um 4 Uhr die Sitzung und beraumt die nächste auf morgen Vormittag 11 Uhr an.

In der heutigen (11. Sitzung des Herrenhauses, welche der Präsident Graf Eberhard zu Stolberg⸗Wernigerode um 112 Uhr eröffnete und welcher die Staats ⸗Minister Graf von Itzenplitz, Dr. Leonhardt und Camphausen, so wie mehrere Regierungs⸗Kommissare beiwohnten, trat das Haus zunächst in die Schlußberathung über den Gesetzentwurf, betreffend die den Medizinal⸗Beamten für die Besorgung gerichtsärztlicher, medi— zinal⸗ oder sanitätspolizeilicher Geschäfte zu gewährenden Ver— gütungen.

Der Referent Herr Beyer beantragte, den Gesetzentwunf in der vom Abgeordnetenhause angenommenen Fassung anzuneh— men Das e. trat sofort in die Spezialdiskussion, an der sich außer dem Referenten die Herren Graf Krassow, v. Kleist und Dr. Tellkampff der Finanz⸗Minister Camphausen und die Regierungs- Kommissare Geh. Reg. Rath v. Möller und Geh. Justiz-Rath v. Schelling betheiligen. Bei der Abstimmung über die einzelnen Paragraphen des Gesetzes werden dieselben mit geringer Majorität angenommen, bei der Schlußabstimmung Üüber das ganze Gesetz jedoch daͤsselbe ebenfalls mit geringer Majorität abgelehnt.

Es folgt als zweiter Gegenstand der Tagesordnung die Schlußberathung über den Gesetz Entwurf, betreffend die Che— schließung der Militärpersonen. Referent ist Herr Dernburg. Derselbe beantragt: Das Herrenhaus wolle beschlicßen: den vorangeführten Gesetz Entwurf in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause anzunehmen.

Un der Diskussion betheiligten sich außer dem Referenten die Herren Graf Brühl und von Alvensleben. Auch der Justiz— Minister Dr. Leonhardt fand wiederholt Veranlassung sich daran zu betheiligen. Dann wurde das Gesetz vom Hause einstimmig genehmigt.

Der dritte Gegenstand der Tagesordnung ist der münd— liche Bericht der Budget⸗Kommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Leistung eines Vorschusses für die Kriegsführung. Berxichterstatter ist Herr v. Kröcher. Derselbe beantragt: dem Gesetzentwurf in der vom Hause der Abgeordneten beschlossenen Fassung die Zustimmung zu ertheilen.

Nachdem Referent iesen Antrag befürwortet, sprach noch der Finanz⸗Minister Camphausen zu der Vorlage, worauf die— selbe einstimmig angenommen wurde. (Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten setzte in seiner gestrig en Sitzung die Debatte über die Petition wegen des Baues einer Eisenbahn von Tilsit nach Memel fort. Nach persönlichen Bemerkungen der Abgg. Berger (Witten), Stengel, Dr. Kosch, v. Meyer wurde der Äntrag des Abg. Stengel ver— worfen und ein während der Debatte eingegangener Antrag des Abg. Dr, Hammacher, mit dem auch der Fieferent Abg. Dr. Becker sich einverstanden erklärt, angenommen. Der Antrag ng dahin, die Petition der Königlichen Staatsregierung zur

erücksichtigung zu überweisen, mit der Aufforderung, nach ge⸗

schlossenem Frieden eine Vorlage über den Bau der betreffenden

Bahn u machen. Es folgte der mündliche Bericht der vereinigten Kommission

für Finanzen und Zölle und für Handel und Gewerbe über die Petitionen des Stadtraths zu Eschwege sowie des Eisen⸗ bahn ⸗Komites und des Stadtraths zu ÄÜllendorf a. W., be⸗ treffend die Erbauung der Eisenbahn Bebra⸗Arenshausen, resp. Friedland. Der Berichterstatter Abg. Dr. Glaser empfahl den Antrag der Kommissionen:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: gegen die König- liche Staatsregierung die Erwartung auszusprechen, daß sie den beiden Häusern des Landtages, sobald es die äußeren Verhältnisse und die finanzielle Lage des Staates gestatten, eine Vorlage wegen des Baues der Eisenbahn von Bebra nach Arenszausen machen werde.

Hierzu beantragte der Abg. Dr. Hammacher: Die Petition der Königlichen Staatsregierung zur Berücksichtigung zu über— weisen mit der Aufforderung, nach geschlossenem Frieden eine Vorlage wegen des Baues einer Bahn von Bebra nach Arens hausen zu machen.

Nachdem der Abg. Dr. Hammacher seinen Antrag befür⸗ wortet hatte, wurde derselbe vom Hause angenommen. Es folgte der Bericht der 6. Abtheilung über die Prüfung der Wahl im 13. Wahlbezirk des Regierungsbezirks Cassel. Die Kommission beantragte: ) die Wahl des Dr. Oetker und meh⸗ rere Wahlmännerwahlen zu kassiren; 2) den Minister des In⸗ nern darauf aufmerksam zu machen, daß im vorliegenden Falle ein Wahlkandidat als Wahlkommissar fungirt habe. Beide An⸗ träge wurden nach einer kurzen Debatte zwischen den Abgg. Dr. Wehrenpfennig und Dr. Glaser mit großer Majorität angenommen. Darauf berichtete der Abg. Dr. Becker Namens der vereinigten Kommissionen für Finanzen und Zölle und für Handel und Gewerbe über die Petition des Vorsitzenden des Verbandes deutscher Müller und Mühlen⸗-Interessenten J. v. d. Wyngaert zu Berlin um Abschaffung der Maßhlgangssteuer und Gleich— stellung des Müllergewerbes in Rücksicht auf die Besteuerung mit allen anderen Fahrikgeschäften.

Der Antrag der Kommissionen ging dahin: die Petition der Königlichen Staatsregierung zur Berücksichtigung zu über— weisen. Der Kommissionsantrag wurde ohne Dehatie ange⸗ nommen.

Hierauf folgte der zweite Bericht der Agrar-Kommission über Petitionen. Es handelte sich um die Petition des Guts— besitzers Kayser auf Chotzlow, Kreis Lauenburg, um Aus scheidung der zu Chotzlow gehörigen Grundstücke der Leba⸗ Niederung aus der Genossenschaft zur Melioration des oberen Lebabruches.

Die Kommission stellte den Antrag auf Uebergang zur Ta⸗ gesordnung, während der Abg. Paristus beantragte, die Pe— tition zur nochmaligen Entscheidung durch das Landwirthschaft⸗ liche Ministerium der Staatsregierung zu überweisen.

Nach einer längeren Diskussion, an welcher sich der Mi⸗ nister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten von Selchow und die Abgg. Parisius und Pieschel betheiligten, wurde der Antrag der Kommission mit großer Majorität angenommen. Darauf wurde die Sitzung vertagt. Schluß 4 Uhr.

Offizielle militärische Nachrichten. I Versailles, 16. Februar. Der Kaiserin und Königin in Berlin. Heute hat Belfort kapitulirt unter freiem Abzug der 12,000 Mann starken Garnison. Der Waffenstillstand ist bis zum 24. verlängert.

. Wilhelm. D Versailles, 16. Februar. Der Waffenstillstand ist bis zum 24. Februar Mittags 12 Uhr verlängert und auf den südöstlichen Kriegsschauplatz ausgedehnt, unsere Truppen behalten die Departements Doubt und Cote d'or, sowie den größten Theil des Jura⸗Departe- ments besetzt. Die Festung Belfort wird mit dem zur Armirung des Platzes gehörenden Material übergeben und am 18. durch die diesseitigen Truppen besetzt. Der cirea 12900 Mann starken Garnison ist in Anbetracht ihrer tapferen Vertheidigung freier Abzug mit militärischen Ehren bewilligt worden. von Podbielski.

(Bezüglich »Belfort« verweisen wir auf den Artikel in der vorgestrigen Nummer des Staats. Anzeigers vom 15. d. Mts.)

ö Weiter liegt vom Kriegsschauplatz folgende Nach⸗ r vor:

Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklen« burg-⸗ Schwerin hat durch folgenden Corpsbefehl vom XIII. Armee Corps Abschied genomnien:

Se. Majestät der Kaiser und König haben die Auflösung des

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