von Helfaut bei St. Omer stehen, die aber wenig zahlreich sind, nicht über 19 - 12,009 Mann, und deren Ausruͤstung als höchst elend geschildert wird. . .
Bis heute Mittag waren in Paris erst die Wahlen von 12 Departements genau bekannt. Das Gouvernement in Paris theilte mit, daß ihm Ulebersichten der Wahlen aus 43 südlichen Departements telegraphisch zugeschickt worden wären, doch hatten die Depeschen noch nicht dechiffrirt werden können. Von den bisher bekannt gewordenen Wahlen hat keine in Paris größeren Eindruck verursacht, als die des Departements du Nord, wo 29 Abgeordnete zu ernennen waren,. .
Die Abstimmung des Dep. du Nord hat sich ganz frei von radikalen Elementen gehalten, dagegen fast ausschließlich orlea= nistisch gesinnte Männer, Vertreter der großen Aristokraten⸗ familien und der flandrischen Industrie nach Bordeauz geschickt. Aehnlich ist das Ergebniß im Pas de Calais und noch einem anderen Nordbezirk Seine Inférieure«. Vereinzelte Nachrichten aus den übrigen Departements geben der offiziellen Presse schon jetzt Anlaß, einen überwiegend gemäßigten Charakter der Na— tionalversammlung vorher zu sagen. In Folge dessen ist die Verstimmung unter den Radikalen von Paris, deren Wahl⸗ 1. ein mächtiges Gegengewicht gegen sich erstehen sehen,
ewachsen. ; Das »Mot d'Ordre« Rocheforts eifert in Ausdrücken des Parteihasses gegen die »Gefahren einer römischen Reaktion«, und ein anderes Blatt, das erst zum Behuf der Wahlen von Feliz Pyat, an Stelle des früher von ihm heraus— egebenen »Lombat« gestiftet ist, scheut sich nicht, öffentlich die helle e ine des Bürgerkrieges zu predigen. Dieses Blatt, das den Titel »Le Vengeur« führt, sagt wörtlich: ⸗Ehe man daran denken darf, Rache an Preußen zu nehmen, haben wir unter uns selbst, und zwar so rasch wie möglich eine Rache zu vollstrecken; ehe wir die bestrafen, die uns besiegt haben, müssen wir die bestrafen, die uns verrathen haben; ehe wir daran denken, uns zu Rächern an den Führern Deutschlands zu machen, machen wir uns zu Ge— richtsherren (Justiciers) an denen, die uns regiert haben. Jede Gemeinschaft mit ihnen haben wir zurückzustoßen und Verant- wortung von ihnen zu verlangen. Unter dieser Verantwortung
aber verstehen wir — — den Tod.“ Die gemäßigten Blätter,
auch solche, die nicht gouvernemental sind, wie der »Constitu⸗ tionnel«, weisen mit Entrüstung auf diese Ausbrüche fanatischer Parteileidenschaft und zeigen dem Publikum, wo die wahren Feinde Frankreichs zu suchen seien.
Von der II. Armee. Die letzten Tage, welche das Haupt quartier Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich Carl in Le Mans zubrachte, waren mehr durch Angelegenheiten des Friedens, als des Krieges ausgefüllt. Es galt, der Bevölkerung des Departements der Sarthe alle Vortheile zu gewähren, welche die Vornahme der Wahlen innerhalb der gesetzten Frist ermöglichen konnten, wie Freigabe des Verkehrs, Benutzung der Telegraphen wenn auch unter deutscher Kontrolle, zugleich aber auch alle Einflüsse zu beseitigen, welche die Freiheit der⸗ selben im Sinne des Gambetta'schen Erlasses beeinflussen konnten. Nach dem letzteren waren im Departement de la Sarthe gerade alle diesenigen Persönlichkeiten ausgeschlossen, welche als Männer des Friedens und der Ordnung von dem öffentlichen Vertrauen auf die Wahlliste gesetzt worden waren. Am vierten Fehruar war der frühere Präfekt der Republik und Intimus Gambetta's, Herr Chevallier, früher Advokat in Paris, nach Le Mans gekommen, nach seinem früheren Departement, welches er am 12. Januar beim Anrücken der deutschen Armeen plötzlich ohne allen Grund verlassen hatte. Er war gekommen, um als Wahl⸗ kommissar die Wahlen im Sinne der Gambetta'schen Bestim⸗ mungen zu leiten. Durch sein diktatorisches, seinem Freunde nachgeahmtes Auftreten, durch den Anschein einer gesetzlichen Gewalt hätte er viel Unheil und Verwirrung stiften können, auch wenn er nur durch die Prätention seiner Befugnisse die Gemüther unsicher und zaghaft gemacht und sie so von der Abgabe ihrer Stimmen zu Gunsten der obenerwähnten Män— ner des öffentlichen Vertrauens zurückgehalten hätte. Die An—⸗ fänge dazu hatten sich schon gezeigt, sowohl von Seiten der Wähler als der zu Wählenden, welche letztere öffentlich erklaͤrten, daß sie auf jede Kandidatur verzichteten. Die deutsche Militärbehörde legte sich in das Mittel. Sie ließ Herrn Che— vallier bedeuten, daß er gar keine Befugnisse mehr besäße, daß er durch das Verlassen seines Postens, ohne Weisungen von Seiten der deutschen Armee abzuwarten, dieselben von selbst aufgegeben habe, daß von der deutschen Militärbehörde die Verwaltung des Departements bereits in die Hand genommen worden sei, und daß er ersucht sei, das Departement wenigstens innerhalb, der deutschen Demar⸗ kationslinie zu verlassen. Darauf hin zog sich der frün here Präfekt in die Flöche zurück, einen Distrikt von
fünf Kantonen, der in der Neutralitätszone liegt. Als ein charakteristisches Zeichen der gegenwärtigen Zustände mag angesehen werden, daß, als er die bisherigen Präfektur⸗ Räthe aufforderte, ihm dahin zu folgen und als diese verwei⸗ gerten, diesem Befehle nachzukommen, und er sie für abgesetzt erklärte, diese sich um Schutz gegen solche Willkuͤr an die deut⸗ sche Militärbehörde wandten. Um aller Ungewißheit und Ver⸗ wirrung betreffs der Wahlen ein Ende zu machen, traf von Jules Favre aus Paris der telegraphische Befehl ein, daß die Maires als Wahlkommissäre zu fungiren hätten, eine Bestim⸗ mung, die in Le Mans sowohl von franzöͤfischer als deutscher Seite mit großer Befriedigung aufgenommen wurde. Um die Landbevölkerung, welche in einem Grade für den Frleden ge⸗ stimmt ist, daß sie jede Friedens bedingung annehmen würde, um diesen die Wahl zu erleichtern und deren Betheiligung sich zu sichern, war die Veranstaltung getroffen worden, däß sie sich nicht erst nach dem Hauptorte ihres Kantons zu begeben hatten, sondern gleich in der Kommunt wählen konnten.
So gestaltete sich namentlich in der letzten Zeit des Aufent⸗ halts des Hauptquartiers der Il. Armee in der Hauptstadt des Departements der Sarthe das Einvernehmen zwischen der deut⸗ schen Militärgewalt und den Gemeindebehörden derselben zu
einem von jeder Seite entgegenkommenden. Die Bevölkerung
sah und erkannte die Milde und Humanität, mit der man ihr zu begegnen suchte, den Ernst, mit dem man das Eigenthum vor jedem unhefugten Eingriff schützte, den guten Willen, die schwere Last des Krieges ihr auf jede Weise erträglich zu machen und zu erleichtern, und wenn sich in der Konstituante eine Friedenspartei bildet, so werden die Deputirten des Departements der Sarthe darin stark vertreten sein.
Die Dislokationen der Truppen innerhalb der Demarka⸗ tionslinie machten auch einen Wechsel des Hauptquartiers des General⸗Feldmarschalls Prinzen Friedrich Carl Königliche Hoheit nothwendig. Zunächst begab sich der General⸗Feldmarschall zu einem Di fich Sr. Majestät des Kaisers und Königs nach Versgilles. Die Abreise des Prinzen, der vom General von Stiehle, dem persönlichen Adjutanten Major von Krosigk, Ritt⸗
meister von Normann, dem Adjutanten des Oberkommandos
Major von Niesewandt begleitet war, erfolgte 9 Uhr Mor⸗ ens vom Bahnhofe von Le Mans aus; die Bahn nach Ver⸗ ailles war erst kurze Zeit vorher auf der ganzen Strecke wie—⸗ der in Stand gesetzt worden. Die übrigen Personen des Haupt⸗ quartiers brachen um dieselbe Stunde auf und schlugen die nach Tours führende Heerstraße ein. Bis zwei, drei Meilen weit konnte man auf diesem Wege die Spuren der Kämpfe der Januartage verfolgen. Das Terrain war bis Chateau ⸗du— Loir der Art, wie es bereits früher bei Gelegenheit der Schilderungen dieser Kämpfe beschrieben worden war, die Luft wehte weich und frühlingsmild, die Temperatur betrug ebenso viel Wärme⸗ grade, als in der deutschen Heimath an diesem Tage vielleicht unter Null waren. In Chateau ⸗du⸗Loir übernachtete das Haupt- quartier, um am nächsten Tage die Stadt Tours zu erreichen. In der Mitte des Dezember hatte der General ⸗Feldmarschall durch seine Operationen auf beiden Ufern der Loire abwärts die Regierung aus Tours vertrieben und nach Bordeaux ver⸗ scheucht. Darauf war die Stadt vom General v. Hartmann und dessen Corps genommen worden, seitdem ist sie in unserem Besitz geblieben, und nun bewegte sich die Kolonne des Haupt— quartiers von der steilen Uferhöhe herab über die vielbogige imposante Loirebrücke an dem Denkmal Descartes vorbei in die prächtige Hauptstraße, die Rue Royale, und von da nach dem früheren Kaiserlichen Marschallate, wo das Ober⸗Kommando seine Bureaus aufschlug und in welchem auch die Wohnung für den Prinzen ⸗Feldmarschall bereitet war. Am nächsten Tage, am 8. Februar, Abends 6 Uhr, traf derselbe nebst Be—⸗ gleitung in Tours ein; die Reise war bis anderthalb Meilen vor Tours, bis zu der Stelle, wo die Eisenbahnbrücke gesprengt
ist, auf der Bahn, von da ab her zu Wagen erfolgt.
Tours gilt in Frankreich für die lebenslustigste Stadt nach Paris. Der Terrorismus Gambetta's hat ihr zwar manche Störung verursachen, aber den ursprünglichen Eharakter der- selben nicht verändern können. Nach den Städten, in die wir bisher eingerückt waren, die sich äußerlich in Schweigen und Trauer gehüllt hatten, war der Anblick, den die Stadt der Touraine bot, ein ganz veränderter, ein angenehm überraschen⸗ der. Man sah elegante Toiletten, man hörte hie und da eine Equipage durch die Straßen rollen, man wurde durch den Anblick großer, reich ausgestatteter Magazine gefesselt, man be- egnete überall Leben und Verkehr, man hörte aus den Häusern elbst wieder Musik, die wo anders verstummt war — im Ganzen trug sich wie überall das Vertrauen auf den Frieden entgegen. Dabei ist nur Eine Stimme über die Freundlichkeit, mit welcher die Bewohner unsere Truppen aufgenom- men haben, über die versöhnliche, würdevolle, ruhige
Haltung der Gemeindebehörde. Der Vorsteher derselben,
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Herr Gouin, war schon Maire unter der Kaiserlichen Regie— rung und war es auch während der Republik geblieben; er ist einer der beiden von der Stadt gewählten Deputirten und mit einer großen Majorität aus dem Skrutinium hervor— gegangen. Dieses Resultat in dem früheren Sitz der Gam— betta schen Regierung ist ein bedeutsames Zeichen der herrschen⸗ den Stimmung. Vielleicht nirgends ist die Entlassung des Diktators mit größerem Jubel aufgenommen worden, als in Tours. Die Presse, die von unserer Militärbehörde vollständig freigegeben ist, ergeht sich in Ausdrücken über den Exdiktator, die Einem die Fabel mit dem todten Löwen ins Gedächtniß
zurück ruft; sie fallen mit einer Wuth über den Beseitigten
her, die sie blind gegen die unbestreitbaren hervorragenden Eigenschaften des Gefallenen macht.
— Weiter liegen vom Kriegsschauplatz folgende Nach— richten vor:
Ueber die Lage der Bewohner von Saint Denis hat Graf Bismarck folgendes Schreiben an einen Minister in Paris gerichtet:
»Die Gemeinde Saint Denis findet sich durch die Demarkations. linie in zwei Theile getrennt, so daß der größere Theil der Einwohner sich in der neutralen Zone befindet. Bis zur Zeit der Uebereinkunft wurde die Verproviantirung von der Stadt Paris geliefert und von der Mairie in Saint Denis vertheilt. Jetzt finden sich die Einwohner, welche in der neutralen Zone sind, von Paris ausgeschlossen, das ibnen nichts mehr liefert, und es ist ihnen untersagt, sich außerhalb der Demarkationslinie zu verproviantiren. Es entsteht dadurch ein Noth— stand für diese durch den Krieg schon so hart geprüfte unglückliche Be. völkerung, dem im Inreresse der Menschlichkeit sofort abgeholfen wer- den muß. Ich habe die Ehre, die Aufmerksamkeit Ew. Excellenz auf diesen Punkt zu lenken und Sie zu bitten, die nothwendigen Maß regeln ergreifen zu wollen, um die Subsistenz des Theils der Be— völkerung von Saint Denis in der neutralen Zone zu sichern. In Erwartung der Wirkung dieser Maßregel habe ich die deutschen Mli⸗ tär Behörden gebeten, zur Unterstützung dieser Bevölkerung beizutra— gen und ihr unentgeltlich Lebensmittel von unsern Vorräthen zu über- lassen. Genehmigen Sie ꝛc. von Bis m arck.«
— Aus Versailles wird, dem W. T. B.« zufolge, nach London, 17. Februar, gemeldet: Nach der am 15. d. ab- geschlossenen Uebereinkunft bezüglich des Waffenstillstandes in den Departements Jura, Doubs und Cote d'or ist die De— markationslinie daselbst südlich von Lons le Saunier gezogen. Besangon und Auxonne mit Umkreis bleiben von französischen Truppen besetzt. Jules Favre ist gestern nach Bordeauz ge— gangen und wird Montag mit einem Bevollmächtigten der
ationalversammlung zurückkehren, um bezüglich der Friedens- bedingungen zu unterhandeln.
Wir schließen hieran noch folgende Depesche des W. T. B.:
Versailles, 16. Februar.
Mit Rücksicht auf die eifrigen Rüstungen der Franzosen im Süden und auf die Einberufung der Aliersklasse von 1872 wurde bei der gestrigen Verhandlung Jules Favreis mit Graf Bismarck über die Fortdauer des Waffenstillstandes nur eine Verlängerung von 5. Tagen bewilligt.
— Der . General Herzog hat am 9. Februar folgenden Tagetbefehl an die schweizerischen Truppen erlassen: Schweizer Offiziere und Soldaten! Als Euch die Bundesbehörde vor einigen Wochen unter die Waffen rief, seid Ihr mit der Schnellig˖ keit und der Hingebung herbeigecilt, von welcher letzten Sommer Euere Kameraden von fünf anderen Divisionen bereits einen Beweis . haben. Aber Euere Aufgabe war noch viel schwieriger. Richt nur habt Ihr in einer rauhen Jahreszeit mehr Etappen ge— macht und so mehr gelitten, sondern man hat von Euch außerordent- liche Anstrengungen verlangen müssen, um Euch in Eilmärschen an die, Punkte zu befördern, wo die sich mit einer ungeheuren
Schnelligkeit folgenden Ereignisse Euere Anwesenheit nöthig
machten. Sobald Ihr in Reih und Glied standet, waret Ihr einem mühsamen Dienst und vielen Entbehrungen unterworfen. Ein schreck- liches Schauspiel hat sich vor Euren Augen entwickelt. Ihr habt den traurigen uta einer Armee angesehen, in welcher alle Bande der Disziplin fast gänzlich gelockert waren, wodurch sie in jene Auflö— sung versetzt wurde, die wir alle mit Bedauern fonstatirt haben. Möge dieses Schanspiel sich in Euer Gedächtniß einprägen und als abschreckendes Beispiel die Ueberzeugung bekräftigen, daß hne Dis zt⸗ plin und Subordination es keine gute Armee giebt, Muth und Auf— opferung vergebens sind. Ihr könnt jetzt mit dem Bewußtsein treu erfüllter Pflicht an Euren heimathlichen Heerd zurückkehren und für Eure Hingebung den Dank des Vaterlandes erndten 2c.
— Der planmäßig um 5 Uhr Vormittags ankommende Courierzug aus Eydtkuhnen ist gestern 4 Stunden verspätet hier eingegangen.
Nachdem der Betrieb auf der Eisenbahnstrecke zwischen Nuits (sous⸗Ravisres) Tonnerre⸗Sens-Moret⸗Kontar— gis und Corbeil deutscherseits wiederhergestellt worden ist, sind auf dieser Route im Anschlusse an die zwischen Nan zig
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Blesme) und Nuits courstrenden Eisenbahn ⸗ Postbureaus Eisenbahn ⸗Posttransporte unter Conducteur⸗Begleitung ein⸗ gerichtet worden.
— In Rertigny, Departement Vosges, und in Long wy R Mosel · Departement, sind Feldpostrelais in Wirksamkeit getreten.
— Von jetzt ab können wiederum verschlossene Briefe, sowie auch rekommandirte Briefe und Briefe mit Werthangabe nach Paris gegen die vor Ausbruch des Krieges in Kraft ge— wesenen Taxen befördert werden.
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Straß burg, 14. Februar. Die »Straßb. Ztg.« veröffent⸗ licht folgende Verordnung:
Art. J. Die Stadt Straßburg wird zur Aufnahme eines An- leihens in der Höhe von 1 Mill. Francs durch die Benutzung eines in gleicher Höhe ihr eingeräumten Kredits bei der Succursale der Banque de Francs in Straßburg ermächtigt.
Art. 2. Die auf diesen Kredit erhobenen Vorschüsse sind mit 6s pCt. bro anno zu verzinsen und spätestens nach einer jeder Zeit der Bank zustehenden Kündigung von sechs Monaten zurückzuzahlen.
Art. 3. ur Sicherung der Vorschüsse überweist die Stadt Straß⸗= burg der Bank 53,3869 Francs dreivrozentige französische Staatsrente.
Straßburg, den 12. Februar 1871.
Der General- Gouverneur im Elsaß: Graf von Bis marck⸗Bohlen; General · Lieutenant.
Baden. Karlsruhe, 15. Februar. Anläßlich des Vor—⸗ schlags der Gemeindebehörden Karlsruhe, dit Wahl eines Kandidaten für den X. Wahlbezirt zum Deutschen Reichstag, hat Se. Großherzogliche Hoheit der Prinz Wilhelm folgen⸗ des Schreiben an den Gemeinderath der Residenz erlassen:
Karlsruhe, den 11. Februar 1871. An den sehr verehrlichen Gemeinderath der Residenz.
Sehr verehrlichem Gemeinderath der Residenz erstatte ich meinen wärmsten Dank für die Art und Weise, wie Wohlderselde sich veran⸗ laßt gesehen hat, mich seinen verehrlichen . den . zu di. Abgeordneten zum ersten Deutschen Reichstage in Vorschlag zu bringen.
Nachdem es der Vorsehung gefallen hat, mich der Heilung und Genesung von meiner Verwundung nunmehr naͤher zu führen, nehme ich um so weniger Anstand, hiermit zu erklären, daß ich freudig eine etwa auf mich fallende Wahl annehmen werde, als ich es für eine der schönsten Pflichten halte, dem Wunsche derjenigen meiner verehr— ten Mitbürger, deren Vertrauen ich zu besitzen den . habe, nach Kräften zu entsprechen.
Ich werde, falls mir diese Ehre zu Theil werden sollte, bestrebt sein, unter gewissenhafter Beachtung und Berücksichtigung sowohl voll. berechtigter religisser als auch politischer Ueberzeugungen vor Allem dem großen Ganzen und seinen uns Allen heiligen Interessen zu dienen.
Ich lebe dabei der festen Ueberzeugung daß in dem Rufe »Deutsch⸗= land vor Allem sich die verschiedensten Parteirichtungen die Bruder . hand reichen, wie sie es so wohl verstanden haben, auf dem Felde der Ehre ihr Leben einzusetzen fuͤr das große Vaterland und das verjüngte ö mit dem stolzen Bewußtsein der hohen Aufgabe unserer
ation.
Es wird daher, meines Dafürhaltens, die Aufgabe des Reichs
tages sein, feste Bürgschaft zu gewähren für den Bestand dieses mit vielem Blute errungenen Deutschlands unter gleichzeitiger Aufrecht haltung einer vertragsmaßig gesicherten Selbständigkelt der deutschen Staaten nach Innen. Indem ich mich verpflichtet fühlte, in Kürze meine Auffassung über die Art und Weise darzulegen, wie die Vertretung des 10. Wahl bezirks im Reichstag zu an hätte, darf ich nicht versäumen, den verehrlichen Gemeinderath auf die Wahrscheinlichkeit meiner hoffent⸗ lich bald möglichen Rückkebr zum Heere behufs weiterer Erfüllung meiner für die Dauer dieses Krieges übernommenen Verpflichtungen ergebenst aufmerksam zu machen und die Bitte hinzuzufügen, hiervon die verehrlichen Herren Wähler um so mehr gefälligst in Kenntniß setzen zu wollen, als ich dadurch verhindert werden fönnte, rechtzeitig meiner Aufgabe zu genügen, Sie aber es dann vorziehen würden, statt meiner eine andere Persönlichkeit zu wählen.
Ich habe die Ehre mich zu zeichnen, eines verehrlichen Gemeinde— raths der Residenz hochachtungsvollst ergebener
ö Wilhelm, . von Baden.«
Württemberg. Stuttgart, 15. Februar. Der Staatsanz. f. W. schreibt: Der Inhalt des Bundesgesetzes vom 4. Mai 1863 über die Aufhebung der poltzeilichen Be- , der Eheschließung ist in einem öffentlichen Blatte dahin aufgefaßt worden, daß nunmehr Ehen zwischen Juden
und Christen gestattet seien. Da diese Ansicht auch anderwärts
Eingang finden könnte, so dürfte es zweckmäßig sein, darauf auf merksam zu machen, daß das zur Zeit noch in Württemberg bestehende n ,,, durch die neuerdings ein⸗ geführten Bundesgesetze nicht berührt wird, indem der §. 2, Absatz L des erwähnten Bundesgesetzes vom 4. Mai 1868 nur auf Ehen zwischen Juden, nicht aber auf Ehen zwischen Christen und Juden sich bezieht, und auch unter den in dem Bundes- eier. vom 3. Juli 1869, betreffend die Gleichberechtigung der
onfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung,
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