1871 / 57 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

und die ihn zur Grundlage dienenden Prinzipien mittheilen. Man wird dann die Gründe, weshalb dies Corps dem des franzoͤsischen Generalstabs so weit überlegen, leicht einsehen. ö Als ich während des Waffenstillstandes von 1866 nach Prag kam, knüpfte ich mit Generalstabs-Offizieren meine ersten Beziehungen an. Gleich anfänglich war ich über ihre Verdienste erstaunt; bei allen, ohne Ausnahme, erkannte ich eine seltene Umsicht und die ausgedehn⸗ testen militärischen Fachkenntnisse. Je häufiger ich mit einer größeren

Zahl dieser Offiziere verkehrte und je mehr ich dieselben kennen lernte,

fieg mein Erstaunen. In allen Stufen des Offizierstandes fand ich

dieser Einrichtungen ist nothwendig die: es ste

ernste Offiziere voll Einsicht und Uxrtheilsreife. e war von Interesse, den Ursachen eines solchen Sachverhalts nachzuforschen, und ich legte mich darauf, die Organisation des preußischen Genexalstabs / Corps zu studiren.

Zusgmmensetzung des preußischen Generalstabes. In Preußen ezistirt weder ein auf die Zusammensetzüng des Gencralstabes Bezug habendes Gesetz noch Reglement. Man haͤlt sich an den sehr richtigen Grundsatz, daß die Generalstabs. Offiziere die ge= bildetsten und intelligentesten von allen Offizieren der Armee sein müssen. Wenn es auch nichts auf sich hat, hieß es, daß ein die Com= pagnie oder Schwadron befehligender Offizier keine ausgedehnten mi- litaäͤrischen Kenntnisse besitzt, so verhält sich das ganz anders mit einem Generalstabs Offizier. . 64 . ͤ Seine so perschiedenen Verrichtungen, der Einfluß, welchen seine Berichte jeder Beschaffenheit auf die Entscheidung der Generale aus-

üben können, besonders heute, wo die Armeen zahlreich und die Ope—= rationsfelder sehr ausgedehnt sind, nöihigen ihn zum Besitz einer viel

fältigen Ausbildung und eines hesonderen natürlichen Geschicks. Sobald gn einmal den Grundsatz zuließ, daß von allen Offi= zieren die des Generalstabes die fähigsten sein müssen was hat man gethan, seine Anwendung zu erleichtern? Man hat beschlossen, diese Sfftziere unter den Offizleren der ganzen Armee guszuheben, welcher Waffe ste auch angehören und den jungen Leuten, welche sich anstellen, wichtige Vortheile bezüglich des Avancements zu gewähren, mit Vor= behalt der Möglichkeit, diese Offiziere aus dem Generalstab in irgend welchem Augenblick ihrer e fortzuschicken, wenn sie nicht die erforderlichen Beweise von Eifer und 1 liefern. Die Folge en sich zum General— stab nur junge, ehrgeizige, ümsichtige und arbeitsame Offiziere, ehr. eizig, weil sie schneller zu avanciren wünschen, n tg und arbeit⸗ sam, weil sie wissen, daß, wenn sie den geforderten Studien nicht genügen, sie sich der Rückversetzung in den Dienst ihrer Waffe aus— setzen würden. 3 Um die Art des Vorzuges recht zu begreifen, welche man den Generalstabs Offizieren gewährt, muß man wissen, daß die preußische Armee kein Gesetz ber Apancement hat und man dort nur nach Anciennetät vorrückt. In der That behält sich der König das Recht

vor, einen Offizier nach Defallen zu einem höheren Grade zu befördern;

er macht davon aber nur sehr ausnahmsweise Gebrauch ung, da das Verhältniß der Zahl an so befärderten Offizieren ein Dreißigstel oder Vlerzigstel nicht übersteigt, kann mon im Allgemeinen, ich wiederhole es, sagen, daß die Beförderung der Offiziere nach der Anciennetät

Die zum Generalstab zugelassenen Offiziere aber gewinnen im

geht. ( . 78 Jahre Vorsprung vor den andern Offizieren der

Armee. . . Aushebung der Generalstabs-Offiziere.

. Ich trete jetzt in Einzelnheiten ein, welche geeignet sind, die in

Preußen zur Zusammensetzung des Generalstabes angewandten Regeln kennen zu lernen. Die preußische oder heutzutage die norddeutsche Bundes ⸗Armee, welche, wie bekannt, aus ständigen Armee⸗Corps ge⸗ bildet wird, hat auch einen ständigen Generalstabs -⸗Chef; das ist der General v. Moltke. Er ist übrigens das fast unabhängige Haupt des

als besonderen Körpers angesehenen Generglstabs; er wählt die zur Zulassung hestimmten und verwendeten Offiziere; er ernennt sie von

63 Stufe zur andern (der Minister beschränkt fich auf die Geneh igung); er vertheilt sie in die verschiedenen Dienstzweige der Armee; eig, lacht ist so zu sagen diskretionär und diese Stellung, welche in Frankreich kaum verstaͤndlich sein würde, erscheint hier ganz einfach, sowohl wegen der anerkannten Verdienste und Unbescholtenheit des General v. Moltke, als aus dem Grunde der Zusammensetzung der Armee als ständigen Körpers. 65 .

eder gieutenant er sei von welcher Waffe er wolle, hat die Be—⸗

fugnsß, nach drei im Regiment verbrachten Dienstfaähren sich zum Ein⸗

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tritt in die Kriegsakademie zu Berlin zu melden. Dies ist eine Schule des höhern militärischen Unterrichts ohne Gleichen in Europa, sowohl in Nücksicht der Verdienste der Lehrer, als nach Beschaffenheit und Ausdehnung der Studien. Dies ist keine befon der? Generalstabs- schule i, ihr Zweck ist ein ausgedehnterer., Er besteht darin Offiziere

dem imgn ihnen at

nach Wut wahl und Neigung mit den w , . der Kriegs kunst vertraut zu machen, licht g Gn nbigg⸗ zu ihrer weiteren geistigen , , . dient und

en Unterricht ertheilt, welcher ö sch ail. n fg Generalstab und zum höheren Truppen⸗ mando geeignet macht, ; . . . ö an r e m gs hre nme, Studien hier itzutheilen indem ich dies 3. t ein, Exemplar der auf den ddemie bezüglichen, foeben erschien enen Inftruttlon, an = Frichrich I. weist in felnen Memolten f ei , . und . 5 aben. Er mißt de ang dieser O bei Malylaquet und Lug 836 ö! 3 . i *

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sen haben, vetsetzt man sie in ein anderes Regiment, wie das, em sie als Lieutenants gedient haben. Bort erhält Jeder

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Bevor ich weiter gehe, will ich sagen, worin der große, den Generalstabs ˖ Offizieren gem hre Vorzug besteht; haupisächlich nämlich in dem raschen Uebergang vom Hauptmannsrang zum Schwadrons—⸗ führer. Sie gewinnen von einem dieser Grade zum andern durch— schnittlich —7 Jahr Vorsprung; sie hatten ein Jahr bei ihrer Be—⸗ förderung zum Hauptmann gewonnen, im Ganzen also 7— 8 Jahr?) Wechselnder Uebertritt des Generalstabes zur Truppe.

Wenn die Generalstabs Offiziere zu dein Grade von Schwadron führern gelangt sind, haben sie keine besonderen Vorzüge in Avance⸗ ment mehr; aber ich mache die sonderbare Bemerkung, sie bleiben der siändigen Regel unterworfen, daß sie in allen Graden des Offizier⸗ standes erst zu einem höheren Grade befördert werden, nachdem sie jedes Mal aus dem Generalstab ausgetreten, um wenigstens ein Jahr

in den Dienst der Waffe zurückzutreten. So empfängt wenigstens

ein Jahr vor seiner Ernennung zum Oberst⸗Lieutenant der Major im Generalstab das wirkliche Kommando eines Bataillons oder mehrerer Schwadtonen oder Batterien. Ebenso wird der Oberst⸗Lieutenant an die Spitze eines Jufanterie⸗, Kavallerie oder Artillerie Regiments ein Jahr vor seiner Beförderung zum Obersten gestellt. Diese Offiziere entwöhnen sich dann nicht von Pferde und vom Truppenkommando. Elite Offiziere für den Generalstab aus der ganzen Armee erwählt.

Aber hierauf beschränkt sich keineswegs die Sorge jeglicher Art, um. ein Elitecorps in dem Generalstab herzustellen. Die Offiziere, von welchen his her die Rede war, haben alle gleichartiges Hervortreten: werden 12 Elrpen aus . aus einer Zahl von 40, die zur Kriegs Akademie zuge assen waren von 120, die sich vorgestellt hatten. Dann aher hat man sig gfsagt. daß unter den zahlreichen Lieutenants der Armee, die noch nicht 3 Jahre in ihrem Grade gedient haben, sich ohne Zipeifel ausgezeichnete Persönlichteiten finden würden, die aus dem einen oder dem andern Grunde sich nicht zur Akademie gestellt haben und daß selbst unter den 89 ausgeschlossenen sich noch sehr fähige be— finden können; man hat diese fernere Chance, gute Offiziere für den Generalstab erwerben zu können, nicht verlieren wollen und demgemäß folgender Weise verfahren: .

Die Obersten der Armer werden aufgefordert, den Generalen, und diese dem General von Moltke Offiziere ihres Regiments zu be— zeichnen, die sich durch den Umfang ihrer Kenntnisse, die Lust an ihrem Beruf und ihre Geschicklichteit auszeichnen, und nian muß sagen, daß in diesem Punkte der Eifer der Corpachefs eher zu zügeln als anzu= regen ist, da sie gewohnlich die Offiziere ihres Regiments geschätzt zu

wissen wünschen und ihnen ein rasches Avancement gönnen. General

von Moltke giebt den designirten Sffizieren Fragen zu studiren, Auf⸗ gahen zu lösen, und wenn er sie für fähig hält, berust er sie zu sich in den großen Generalstab. Liefern sie dort Proben von wirklicher Befähigung, so ernennt sie General von Moltke zu Generalstabs⸗Offi⸗ zteren ünd beschäftigt sie demgemäß. Im entgegengesetzten Falle schickt er sie zu ihren Regimentern zurüch und allerdings sind sie dann wäh— rend einiger Zeit das Objekt der Scherze ihrer Kameraden.

sch habe schoß oben erwähnt, daß in den Generalstäben der Ar— mee ⸗Corps und in den Divisionen, die schriftlichen Arbeiten eine unfrucht bare Beschäftigung für Offiziere, durch Unteroffiziere und Soldaten angefertigt werden, was den Offizieren gestattet, ihre Zeit in einer nüßlicheren Weise anzuwenden. In der That geben ihnen die Generale außerhalb des eigentlichen Dienstes militärische Fragen zu siudiren und jährlich macht der Generalstabschef jedes Armee-Corps mit allen Offtzieren eine sogenannte Generalstabsreise. Die Offiziere des großen Generalstabes in Berlin machen ebenfalls unter besonderer Führung des Generals von Moltke bald in die eine, bald in die andere Pro- vinz, eine ähnliche Reise, die 14 Tage bis 3 Wochen dauert. nn an der Superiorität des preußischen Generalstabes.

Aus dem Vorstehenden erhellen die Gründe der Superiorität des preußischen Generalstabes: 1) Die Auswahl erstreckt sich auf die ganze Armee, da alle Lieutenants, ohne Rücksicht auf die Waffe, zur Kon— kurrenz zugelassen werden; 2) es stellen sich nur ehrgeizige, intelligente

und fleißige Offiziere; ehrgeizig, denn sie wünschen rasch befördert zu

werden, intelligent und fleißig, denn sie wissen, daf man sie während der ganzen Zeit ihrer Carrier einem System der Ausmerzung und fortdauernden Arbeiten aussetzt. .

So also, indem man von dem richtigen Grundsgtze ausgeht, daß die Offiziexe des Generalstabes die Elite der Armee sein sollen, und indem man denselben durch die Art der Beförderung eine Auszeich nung verleiht, ist man in Preußen dahin gekommen, das bestunter, richtete Offiziercorps von Europa zu hesitzen. Je mehr ich Gelegenhelt habe, es mit dem unsrigen zu vergleichen, um so mehr bin ich er— ssaunt über seine Superiorität. Nicht als ob unser Generalstab nicht Offiziere besäße, die ebenso ausgezeichnet wären, wie die besten im preußischen Generalstabe; aber dieser hesißt keine mittelmäßigen Offi. ziere, und wie viele hahen wir . aufzuweisen, deren Kenntnisse mehr als ungenügend sind! Wie Viele findet man nicht unter uns, die auf keiner Karte Bescheid wissen, die keine Kenntnisse von den Manöpern der verschiedenen Waffengattungen haben, die niemals einen Feldzug der, Neuzeit studirt haben und die endlich, man konnte es im geln e von 1859 sehen) nicht einmal für eine Infan—⸗ terie⸗ Brigade oder ein Kavallerie ⸗Regiment ein i Lager aus zuwählen wissen. In Preußen kann das nicht stattfinden, denn solche Offiziere werden niht zum Generalstab zugelassen, oder aber man entfernt sie, sobald ihre Unfähigkeit bekannt wird.

3, Wie man denken kann, sind diese Offiziere Gegenstand des Neides für die übrige Armee. Aber dies Gefühl ist sehr begrenzt durch die Rechnung, welche man dem reellen Verdienste und den unauf⸗ börlschen Arbeiten trägt, welchen die Generalstabs ⸗Offiziere unter worfen sind.

ignoriren, sorgt man hier unablässig dafür, daß die w,, der Srganisqtion und der Ausführung in allen Angelegenhelten, bürger lichen wie militärischen, sich der Vollendung nähern. Hauptsächlich bei der Armee wird diese Sorgfalt mit peinlicher Gewissenhaftigkeit angewendet. Es ist dies die bestimmte Anwendung des von Friedrich II. seinen Nachfolgern hinterlassenen Grundsatzes: Preußen muß toujours en vedette sein. Wenn es mir erlaubt ist, hierfür einen Vergleich aus dem Sprachschatz der Rennbahnen zu n so würde ich sagen, daß die preußische Nation heut zu Tage unter allen Umständen (en plein entrainement). 6

Meine Absicht kann es nicht sein, bei allen einzelnen Schäden zu verweilen, die unserem Gen cralstabs lit per, sowohl was die Organi- sation, als was die Instruktion betrifft, eigen ist; mein Zweck ist einfach der, die Gründe darzulegen, welche den preußischen General- stah über den unssi zen stellen. Man muß die Lage der zahlreichen Offiziere bedauern, die in Frankreich gerade die Jahre, in welchen der Mann sich im Vollbesitz der geistigen Kräfte befindet, in einem Bu reau des Generalstabes ausschließlich mit Schreiberarbeiten beschäftigt sind, die jeder intelligente Unteroffizier eben so gut ausführen könnte. Wie viel vergeudete Zeit, wie viel verlorene Intelligenz! Nach alle diesem kann man sich nicht wündern, wenn unsere Offiziere selbst österreichi⸗ schen Militärblättern zum Gespött dienen, wie man sich aus gewissen Nummern des in Wien erscheinenden »Kamerad« überzeugen kann. Diese Zeitungen nennen unsere Offiziere ungebildet, bezeichnen ihre Arbeiten als unwürdig eines Offiziers und bespoötteln ihre Haltung vor der Truppe. Was die intelligenten preußischen Offiziere anbe⸗ trifft, so erstaunen sie um so mehr über die Organifationsweife unferes Generalstabes, als sie unserer Armee in jeder anderen Beziehung volle Gerechtigkeit widerfahren lassen. Aber sie können es nicht begreifen, daß man ein guter Generalstabs-Offizier werden kann einfach dadurch, daß man mit 21 Jahren beim Verlassen einer Militärschule ein gutes Examen gemacht hat; sie meinen, ein Generalstabs Offizier müsse im Nothfall mehrere Meilen im vollen Galopp machen koͤnnen, müsse wenigstens eine fremde Sprache sprechen, und können es sich nicht denken, daß er niemals meder eine Compagnie, noch ein Bataillon, noch ein Regiment kommandirt habe.

Soll nun damit gesagt sein, daß wir für unseren Generalstab die preußische Organisation adoptiren müssen? Entschieden nein. Wollte man daran denken, man würde daran durch die Art des allgemeinen Avancements der Offiziere, die bei uns eine ganz andere ist, verhin⸗ dert werden. Aber ein und dasselbe Problem (es würde sich hier um

die Bildung des bestmöglichen Generalstabs handeln) hat oft mehrere

Lösungen, die von ernten Voraussetzungen abhängen. Gesetzt, wir gäben die Nothwendigkeit einer Verbesserung unseres Generalstabes zu, so wäre die erste Frage die, zu wissen, ob das in Preußen ange⸗ nommene Prinzip, daß der Generalstab die Elite der Armee sein soll, nicht als eminent gerechtfertigt adoptirt werden müsse. Dies Prinzip angenommen, würden die Konsequenzen ohne große Schwierigkeit daraus zu ziehen sein. g. Ich tomme zum Schluß meiner Arbeit, indem ich erkläre, daß nach meiner Ueberzeugung es dringend nöthig ist, auf Mittel und Wege zu sinnen, um unsern Generalstab aus seiner niedrigen Stellung emporzuheben. Noch einmal sei es gesagt, daß diese untergeordnete Stellung zu reell und augenscheinlich ist für Jeden, der sich die Mühe gegeben hat, den preußischen Generalstab zu studiren. Und ohne Ueber trelbung, nach genauer Prüfung, nach reiflicher Ueberlegung habe ich es oben ausgesprochen: Die Zusammensetzung des preußischen General- stabes würde in dem nächsten Kriege das wichtigste Element der Superiorität der preußischen Armee bilden Ich bin bei meinem Aufenthalt in Böhmen und später in die Lage gekommen, viele Thatsachen kennen zu lernen, die nach ihrem indtviduellen Cbaratter keinen Platz in den amtlichen Berichten des Krieges von 1866 stnden können. Fur mich folgt daraus als un

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