1871 / 57 p. 14 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Schließlich erwähnen wir noch einiger mit ihrer Endung alleinstehender Ortsnamen. Dahin gehört zunächst Selbold. »Sel« ist wohl das mit breitem e gesprochene sal, sal aber be— deutet ein entweder sich stauendes oder mäßig fließendes Wasser. Bold dagegen ist zusammenzubringen mit den sog. Bulden, wie die abgerundeten Haiderosen im niederdeutschen Marschland und Moorsumpfe genannt werden. Selbold oder Säbold wäre also die Erdhöhung im Wasser, der Bau im Wasser. Vom Wasser gehen wir zum Winde über. Auf ihn weist wohl der Name »Windecken«, d. i. ⸗windige Ecke« hin. Hanau endlich ist entstanden aus Hagenouwe oder Hagenau, es be— deutet also eine Au im Hagen, im dünnen, lichteren Wald— bestande, ebenso wie Gronau, alt Gronawe, eine Grünaue ist.

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Symphonie und Landschaft. *)

In nur wenigen Künsten war es der Jetztzeit vorbehalten, völlig neue, dem Alterthum unbekannte Kunstgattungen her vorzubringen. Die Musik und die Malerei sind es, welche in verhältnißmäßig neuer Zeit die Symphonie und die Landschaft haben entstehen lassen. Beiden Kunstgattungen liegt, so ver—⸗

schieden sie ihrem Stoffe nach von einander sind, doch eine

ähnliche ästhetische Entstehungsursache zu Grunde.

Jahrhunderte hindurch war die Kunst der reinen Töne nur eine Dienerin oder Begleiterin im Gefolge ihrer Schwestern, oder gar nur Helferin bei sehr prosaischen und trivialen Ge—⸗ schäften. Im Alterthum begleitete sie den kunstvollen Päan zum Lobe der Götter, wie sie den maßvollen Tanz der Choreuten in der Orchestra durch ihren Rhythmus leitete, und wenn sie auch auf dem Marsch den Taktschritt der Krieger regelte oder im Gymnasium die Kraftanstrengung der wettelfernden Jugend anfeuerte, so ward sie doch in größerem Maße wenigstens nie⸗ mals selbständig. Im Mittelalter begleitete sie wohl die Weisen des fahrenden Minnesängers und spielte die Fidel zum Ringel⸗ reihen unter der Dorflinde am Sonntag, wenn die Töne der den Messegesang leitenden Orgel verstummt waren; allein die Freude am Genuß der reinen Töne, die völlig los— getrennt von Gesang und Tanz, nur durch den Wohllaut ihres mannigfaltigen Wechsels und ihrer Verschlingung wirken, kam erst durch die ihrerseits wieder aus einer Verbindung von Tanzweisen entstandene Symphonie zum Durchbruch, so jedoch, daß durch diese Loslösung die Schwester— gattungen nicht nur nicht geschädigt, sondern sogar gefördert und gehoben wurden.

Eine ähnliche Erscheinung ist das allmähliche Entstehen der Landschaft. Im Alterthum, als Kunstgattung so gut wie nicht vorhanden, diente sie meist nur als decorativer Zimmerschmuck, der entweder auf eine gewisse Täuschung berechnet, die ganze

Wand in eine Vedute verwandelte, oder als gefälliger Hinter—

grund für mythologische Darstellungen. Auch in der wieder erwachten Kunst des Mittelalters, die als treuer Spiegel ihrer Zeit fast 9 von religiöser Scheu erfüllt ist, überwog die Liebe und Ehrfurcht vor den Gestalten und Handlungen der heiligen Figuren so sehr, daß sich die Landschaft nur schüchtern und langsam, gewissermaßen als die das Hauptthema beglei—⸗ tende Melodie hervorzuwagen beginnt, denn meist steht sie allerdings mit der Handlung in einer feinen gedanklichen Be— ziehung, sei es, daß der Madonna mit dem Jesuskinde eine ebenso reizende, lachende, blumige Frühlingslandschäft zum Hinter. grunde dient, sei es, daß wir die Krippe des Jesusknaben in einer das zerfallende Heidenthum symbolistrenden Ruine auf— gestellt sehen, oder daß sich über der als Vorbild der Ehesakra— mente dienenden Hochzeit des Joseph und der Maria die Kirche als die alleinige Gründerin und Schützerin der heiligen Ehe erhebt. Oft genug freilich lassen die Künstler ihrer Phaniasie auch freier die zügel schießen oder versetzen durch eine oft sehr sorgfältig durchge⸗ ührte Vedute auf eine heimische Landschaft die heilige Handlung in ö Weise in die eigene Heimath. ur als der aus⸗ chließlich religiöse Zug, der fast alle geistigen Bewegungen und Bestrebungen, vor Allem aber die Kunst des Mittelalters durch- klingt, allmählich n ne n n in, Platz macht, als die Kunst, welcher so lange mehr der Glaube, der Inhalt des Dargestellten, die heilige Handlung selbst Hauptsache ge⸗ wesen, im Ningen mit der Idee ihre Darstellungskraft gestq hlt und zur leichten Beberrschung aller Darstellungsmittel gelangt war, da der Geist des Künstiers in Folge dessen die ganze Welt der Erscheinungen zu durchdringen und sich zu unterwerfen fucht, gewinnt auch die Landschaft bei den farbenfrohen Venetianern

mehr und mehr Selbständigkeit. Auch bei ihnen wird zu

Anfang noch ihr freieres Auftreten durch die Beibehaltung der Staffage von heiligen und mythologischen Figuren gewisser⸗ maßen entschuldigt, je mehr aber die Künstler sich hineinleben

= Obiger Aufsaß ist uns aus Anlaß des Beethoven · Jubiläums

zugesandt worden.

in das schweigende Geheimniß der großartigen Natur, je mehr

sie lernen ihr Gemüth durch das Spiel der wechselnden Be⸗ leuchtung, durch den Reiz der duftigen Fernen, durch den Zauber des einsamen Waldesdunkels und alle jene Schönheiten, an denen die Natur so reich ist, stinimen zu lassen, um so mehr ringt sich die Landschaft durch Claude Lorrain, Rubens, Rembrandt, vor allem aber durch Ruisdael zu selbständiger Freiheit durch.

So zeigt ihr Entstehen und die ästhetische Freude an beiden Kunstgattungen eine unleugbare Aehnlichkeit. Beide ursprünglich als Stimmung erregende Begleiter eines im Liede oder in einer dargestellten Handlung liegenden Gedankens auf— tretend, ringen sich allmählich zur Selbständigkeit los, und die Freude an beide, nicht für den Kenner, der die Kunst einerseits des Tonsatzes und der Instrumentirung, andererseits der Pinselführung und Farbenbehandlung zu beurtheilen ver⸗ steht, sondern für den Laien beruht wesentlich auf der rein⸗ empfundenen, von jedem positiven, bestimmt formulirten Ge⸗ danken losgetrennten Stimmung. Wie der reine Ton die Seele mit der unbeschreihlichen, unbestimmten Sehnsucht erfüllen kann, so zieht der Blick auf die im Abendroth verschwim— mende Ferne oder auf das unendliche Meer den Beschauer gleichsam ins Unbegrenzte mit sich hinaus; wie eine leicht und gefällig dahinschwebende, sich verschlingende, dann wiederkehrende Me— lodie, so stimmt uns in gleicher Weise eine lachende Frühlings⸗ landschaft zum Frohsinn und zum Lebensgenuß, und wie die Töne oft bald klagend, schwül und fast ängstlich, bald als oh die Leidenschaft entfesselt wäre, brausend, gewaltig und erschüt— ternd daherziehen, so wirkt in der Landschaft die dumpf über Wald und Haide daherziehende Gewitterwand oder der endliche Aus⸗ bruch des die Wolken ballenden, Bäume entwurzelnden Sturmes.

Lortzing und die deutsche komische Oper.

Die Königliche Oper zu Berlin, welche Lortzings »Zaar und Zimmermann seit langer Zeit auf ihr Repertotre gefetzt, hat das letztere in dieser Saison um ein zweites Werk desselben

Komponisten vermehrt, das den Titel »Die beiden Schützen« führt und sich einer beifälligen Aufnahme erfreute. Dieser

Umstand giebt uns Veranlassung auf die Bedeutung Lortzings als Gründer der deutschen komischen Oper hinzuweisen.

Der wesentliche Unterschied der komischen oder Spieloper von der großen Oper liegt in dem leichten heiteren, dem komischen Text angepaßten Stil der Musik und dem gesproche⸗ nen Dialog, der mit dem Gesange wechselt und statt des Rezitativs der großen Oper zur Fortführung der Handlung dient. Hat Mozart durch seine klassischen Werke ähn⸗ licher Richtung, durch »Figaro's Hochzeit« und die »Zauberflöte⸗ das Reyertoir der deutschen Bühne bereichert, so tragt doch das erstere Werk einen ausgeprägt italienischen Charakter, abgesehen von dem zu Grunde liegenden italienischen Text, während das zweite als ein so eigenartiges Werk dasteht, daß dasselbe sich nicht eigentlich in die Kategorie der komischen Oper bringen läßt. Ueberhaupt blieb die Pflege der letzteren lange Zeit aus— schließlich in Händen der Italiener und Franzosen, unter denen einerseits Donizetti und Rossini, andererseits Boieldien, Adam und Auber in dieser Beziehung Hervorragendes leisteten. Da⸗ gegen wandten sich die deutschen Musiker mit Vorliebe der Kom⸗ position romantischer, ernster Stoffe zu. Einzelne unter ihnen, die sich auf dem Jelde der komischen Oper versuchten, beschränk⸗ ten sich auf bloße Nachahmung der Ausländer, ohne ihr einen , Eharakter zu geben. Letzteres geschah erst durch Lortzing.

Gustav Albert Lortzing wurde am 23. Oktober 1803 in Berlin geboren, wo seine Eltern sich rechtschafsen durch einen kleinen Geschäftsbetrieb ernährten. Aus Neigung gehörten beide dem Liebhabertheater Urania als Mitglieder an. Später widmeten sie sich ganz dem Schauspiel und nahmen im Jahre 1812 am Stadttheater in Breslau ein Engagement. Ihr einziger Sohn Albert zeigte schon früh Anlage für Musik, und die Eltern sorgten deshalb in liebevoller Weise für einen gründlichen musikalischen Unterricht. Außer⸗ dem aber verschafften sie ihm unter eigenen Entbehrungen eine bessere Schulbildung, als dies in der Regel bei armen wandern⸗ den Schauspielern der Fall ist.

Die mannigfachen Schicksale der Eltern an den Theatern zu Bamberg, Aschaffenburg, Straßburg, Freiburg im Breis- gau, Baden, Coblenz, Cöln, Agchen theilte der Sohn mit ihnen, und trat zuerst in Kinderrollen auf, später gab er kleine Tenor- und Baritonparthien. Nebenbei suchte er sich Verdienst durch Notenschreiben und zeigte sich in jeder Bezie⸗ ung thätig. Schon im 14. Lebensjahre spielte er außer dem

ianoforte mehrere Orchester Instrumente und fing an, sich an kleinen Kompositionen zu versuchen. In Eöln trennte er sich von seinen Eltern und war bis zum J. 1822 an den Bühnen zu Düsseldorf und Aachen als Schauspicter und Sänger,

besonders in Liebhaberrollen beschäftigt, wobei ihm sein ein—⸗

nehmendes Aeußere wohl zu Statten kam. Nach einem Gast— spiele in Braunschweig und Cöln blieb er in dem letztgenannten Orte und verheirathete sich daselbst schon im Jahre 1823 mit Regina Rosine Ahles, damals Schauspielerin, mit der er eine lange glückliche Ehe geführt. Hier brachte Lortzing auch seine erste kleine Oper »Ali Pascha von Janina« zur Aufführung, die aber keinen sonderlichen Erfolg hatte. Dagegen verschaffte ihm der Ruf seines Schauspielertalents im J. 1836 ein Engagement am Hoftheater in Detmold, das abwechselnd in Münster, Osnabrück und Pyrmont Vorstellungen gab. Durch sein Liederspiel »Der Pole und sein Kinde, das im Jahre 1832 er— schien und über die meisten deutschen Bühnen ging, machte sich Lortzing zuerst auch als Kompontst einen Namen, wenngleich der zeitgemäße Stoff vielleicht mehr dazu gethan hat, als der Werth dieses Werkchens selbst.

Inzwischen hatte der Direktor des cölner Theaters, Ringel hardt, die Leitung des leipziger Stadttheaters übernommen, und Lortzings Eltern waren ihm dorthin gefolgt, der Vater als Kassirer, die Mutter als Schauspielerin für komische Alte. Lortzing nahm hier ebenfalls ein Engagement an und machte sich durch seine Liebenswürdigkeit und seinen glücklichen Humor, sowohl auf der Bühne als im geselligen Leben, zum Liebling Aller. Unter diesen günstigen Verhältnissen ing sein heiterer Genius ungestört zu schaffen an. Nach einem alien Lustspiel, betitelt »die beiken Grenadiere«, legte er sich einen Operntexzt zurecht, setzte ihn in Musik und nannte ihn »die beiden Tornister«. Dieser Titel mißfiel aber dem Direktor, und da zufällig die leipziger Garnison seit längerer Zeit aus einem Königlich sächsischen Schützen Bataillon bestand, so nannte ee, an diesen Umstand anknüpfend, seine Oper »die beiden Schützen« gegen den berechligten Einwurf seiner Freunde, das Publikum werde dahinter etwas Anderes suchen, als ein Paar einfache Soldaten. Indessen der Erfolg dieser echt komischen

Oper, die im Februar 1837 in Leipzig zur Aufführung kam,

war sehr ermuthigend. Lortzing bekundete darin eine ganz eigenthümliche Fertigkeit, nicht allein in Situationen, Dialog und Text, sondern auch in Tönen komisch zu wirken. Er selbst spielte und sang den dummen Peter mit Virtuosttät. Zwar fehlte es nicht an tadelnden Beurtheilungen Seitens der Musikgelehrten, welche bemerkten, »Die beiden Schützen« seien keine Oper, sondern ein Singspiel, Lortzing aber ließ sich da— durch nicht beirren; er hatte die Bahn erkannt, die er zu ver— folgen hatte, und ging sofort an ein neues Werk! Diesmal schuf er sich sein Libretto aus einem alten Lustspiel, betitelt -Der Bürgermeister von Saardam oder Die zwei Peter und brachte noch im Dezember desselben Jahres die daraus hervorgegan— gene Oper »Zaar und Zimmermann« zur ersten Aufführung. Der Komponist selbst übernahm die Rolle des Peter Iwanow und war darin liebenswürdig, frisch und drollig wie immer. Trotz der wohl gelungenen Äufführung indessen, gefiel diese

Oper doch weniger als die vorige. Nachdem sie aber später in

Berlin entschiedenes Glück gemacht, nahm sie von dort aus ihren Weg durch ganz Deutschland und trug den Namen Lortzings ebenso schnell in die Welt als die ansprechenden Me— lodien daraus beim Volke Eingang fanden.

Seine beiden folgenden Opern Hans Sachs« und »Casa—⸗ nova, welche 1840 und 1841 über die Bühne gingen, fanden bei weitem nicht die Verbreitung der vorigen. .

Einen guten Griff that der Komponist, der auch jetzt noch nebenher als Schauspieler in Oper und Drama, in Posse und Vaudeville einen bewunderungswürdigen Fleiß entwickelte, mit dem Libretto »Der Wildschütze nach Kotzebue, dessen Text er sich ebenfalls zuschnitt, in Musit setzte und ein Jahr später zur Aufführung brachte. Den Anlaß zu dieser Oper gab die erste Aufführung der »Antigone von Sophokles in ** im Früh⸗ jahr 1842 mit der herrlichen Mendelssohnschen Musik unter des Komponisten eigener Leitung. Die Begeisterung über dies Werk war allgemein. Gleichzeitig konnte es nicht fehlen, daß oberflächliche Modemenschen ihren gemachten Enthu⸗ stasmus in lächerlicher Weise zur Gelkung zu bringen suchten. Diese erlogene Begeisterung machte Lortzing in seinem Wildschütz in gelungener Weise zum Gegenstande des Spotts. Die Musik zu dieser Oper ist nicht weniger vortrefflich als im »Zaar und Zimmermann« und wenn sie nicht dieselbe Ver⸗ breitung gefunden, so liegt der Grund wohl allein darin, daß der Komponist, um dieselbe zur Wirkung gelangen zu lassen, unge⸗

wöhnliches Darstellungstalent Seitens der Sänger voraussetzt.

Im Jahre 1844 bewarb sich Lortzing mit Rücksicht auf seine nicht eben glänzende Lage und seine zahlreiche Familie um die Kapellmeisterstelle am leipziger Theater, die mit einem mäßigen Gehalte verbunden war, und die Direktion übertrug ihm dieselbe. Bevor er jedoch diese Stellung antrat, unternahm er im Sommer desselben Jahres eine Reise nach Mannheim, wo er am Hoftheater unter großem Beifall mehrere seiner

Opern dirigirte und mit Ehren ausgezeichnet wurde. Glücklich über diesen Erfolg kam er am J. August 1814 nach Leipzig zurück, um seine neue Thätigkeit zu beginnen. Um so niederschlagen⸗ der aber war es für ihn, als er nicht die gehoffte Befriedigung fand. Er zerfiel bald mit der Direktion wegen seines geringen Honorars und trat schon ein Jahr später wieder von seinein Amte zurück. Seitdem lebte er mit seiner großen Familie nur von dem Ertrage seiner Opern. Aber auch unter diesen un— günstigen Verhältnissen war er in seiner heiteren Kunst uner— müdlich thätig.

Schon seit längerer Zeit war er mit der Bearbeitung des Mährchens Undine von de la Motte⸗Fouqué zu einem roman tischen Operntezt beschäftigt. Nach Beendigung der Kompofsi— tion reichte er seine Undine« in Hamburg ein und hatte die Genugthuung, dies Werk dort und mit noch größerem Beifall in Magdeburg aufgeführt zu sehen.

. Ungefähr um dieselbe Zeit wurde auch sein ⸗Waffenschmied« in Leipzig aber ohne sonderlichen Erfolg gegeben. Dies Werk gehört übrigens entschieden zu seinen schwächeren.

Nachdem die »Undine« auch in Leipzig mehrere Male hintereinander vor überfülltem Hause gegeben worden, wurde der Komponist nach Wien zur persönlichen Leitung seiner Opern berufen, wohin er im Herbst 1846 mit seiner Familie über— siedelte. Nach dreijährigen Aufenthalte daselbst ging er mit den Seinigen wieder nach Leiprig zurück und ließ seine mittlerweile beendigte, zweite romantische Oper »Die Rolandsknappen« über die dortige Bühne gehen, wo schon 1847 eine andere kleine Oper ⸗Zum Groß. Admiral« beifällige Aufnahme gefun⸗ den. Die ihm zugleich bei der Rückberufuüng nach Leipzig in Aussicht gestellte Erneuerung seines Engagements als Kapell— meister daselbst, kam nicht zu Stande, und da seine Bewerbung um die gerade erledigte Hof -Kapellmeister⸗Stel!e in Dresden ebenso wenig berücksichtigt wurde, so sah sich Lortzing, aller Mittel für den Unterhalt seiner Familie entblößt, gezwungen, sein früher hewährtes Schauspielertalent wieder zu verwerthen. Er ging 1849 nach Gera, später nach Lüneburg und spielte, sang und dirigirte an den dortigen Theatern häufig an Einem Abend und in Einer Person. Zu stolz, sich seinen bemittelteren Bekannten anzuvertrauen, ließ sich Lortzing von Nahrungssorgen fast er⸗ drücken. Er wollte nichts geschenkt, er wollte verdienen, weil er überzeugt war, daß er verdiente. Die Noih seiner Familie veranlaßte ihn endlich, sich persönlich nach Berlin zu wenden, und hier gelang es ihm im Frühjahr 18606, eine Kapellmeister⸗ stelle an dem neu eröffneten Friedrichs Wilhelmsstädtischen Theater zu erhalten. Aber schon vor Ablauf seines Engage⸗ ments, das auf ein Jahr lautete, und nachdem er sein letztes kleines Liederspiel, »Die Opernprobe« betitelt, selbst in Scene gesetzt, starb er hier am 21. Januar 1851 im 47. Lebensjahre.

Was den Werth von Lortzings Opern überhaupt betrifft, so steht fest, daß sie sich durch ächten Humor, Frische und Lebendigleit auszeichnen, und daß er durch die Einführung des Volksliedes in denselben bewiesen hat, wie sich auch durch die leichte Spieloper eine bedeutende eihische Wirkung erzielen läßt. Der Charakter seiner Musik ist ein wesentlich deutscher, ein unmittelbarer Ausfluß seiner eigenen Treuherzigkeit, seiner echt deutschen Gemüthstiefe. Wenn sich bei dem Komponisten keine bedeutende musikalisch wissenschaftliche Ausbildung zeigt, so erscheint diese doch zu seiner Aufgabe ausreichend, und was sie etwa Mangelhaftes ließ, ersetzte sein sprudelnder Humor. Was ihn vor den meisten Opernkomponisten neuerer Zeit vortheil haft auszeichnet, ist der Reichthum seiner Opern an größeren, wirksamen Ensemble⸗Stücken. Diese, sowie das deutsche Lied, das er so häufig in denselben aufnahm, bilden den hauptsächlichsten Anziehungspunkt und das unterscheidende Merkmal im Ver— gleich zu ähnlichen Erzeugnissen. Seine Lieder sind Gemeingut

des deutschen Volks geworden und verdienen es zu bleiben.

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Charles Hoguet.

Der Name der Familie Hoguet, die der französischen Ko⸗ lonie angehört, steht in mannigfacher Beziehung zur Kunst. Charles Hoguet war der Sohn des noch lebenden Königlichen Balletmeisters a. D. und wurde zu Berlin am 22. November 1821 geboren. Auch sein Bruder, der Königliche Solotänzer L. Hoguet, widmet sich mit Vorliebe und Talent der Land- schaftsmalerei, obgleich er nur selten damit an die Oeffentlich. keit zu treten Gelegenheit hat. Charles fühlte sich schon in sei⸗ nen Knabenjahren entschieden zur Malerei hingezogen und trat, sobald er den nöthigen Schulunterricht genossen, zusammen mit Eduard Hildebrandt und Bernhard Fiedler, in das Atelier des bekannten Marinemalers Wilhelm Krause ein. Schon im 19. Lebensjahre war Hoguet, dessen Talent sich schnell entwickelte, in der Lage, sich durch seine Oelgemälde und Aquarellen eine selbständige Lebensstellung zu begrün= den. Zu seiner weiteren Ausbildung reiste er nach Paris, wo