Wann der auf dem Rücken der schwäbischen Alp bis zu 3000 Fuß Meereshöhe aufragende Kegel des Zoller zuerst mit Bau— ten besetzt worden sei, entzieht sich jeder historischen Begrün⸗ dung; bis in die 36 aber, in welcher das schwä⸗ bische Grafenhaus der Hohenzollern zum ersten Male urkund⸗ lich genannt wird, d. h. bis in die Mitte des elften Jahrhun⸗ derts, weisen die Spuren des Burgbaues zurück, der als der frühefte geschichtlich bekannt ist. Die in unseren Tagen auf⸗ gegrabenen Fundamente uralten Mauerwerks lassen einiger⸗ maßen den Grundriß erkennen, der in elliptischer Gestalt, den Formen der Kuppe sich anschmiegend, dem des heutigen Burg— baues nicht unähnlich, nur von geringerem Umfange als dieser war. Daß der Zeit nach noch vor dieser Burg eine Kirche den höchsten Punkt des Berges gekrönt habe, ist, wenn nicht gewiß, so doch in hohem Grade wahrscheinlich.
Aus diesem »wehrlichen Hause⸗n, wie ein schwäbischer Meistersänger es nennt, das »weit über aus all um und um in Schwabenland sah«, ging der Zweig des erlauchten Ge⸗ schlechtes hervor, der in der Burggrafschaft von Nürnberg die festen Wurzeln eines Baumes schlug, unter dessen schirmendem Dache heut Alldeutschland geeinigt ist. Und gerade in den Tagen, die den vom schwäbischen Boden gelösten Burggrafen⸗ stamm zum Kurfürstenthum von Brandenburg aufsteigen sahen, zogen die Wetter der Vernichtung sich über dem »wehr⸗ lichen Hause« zusammen; während Kurfürst Friedrich J. als Reichsfeldherr Deutschland gegen die Hussiten ins Feld führte, zogen die schwäbischen Städte, zur Fehde gegen den Grafen Friedrich von Zollern verbündet mit einem Theile der ihnen benachbarten Herren, vor den Zollernberg, belagerten denselben fast ein Jahr lang (422 — 1423 und zwängen die Vertheidiger nach tapferster Gegenwehr zur Ergebung. Die Burg ward geplündert, dann bis auf den Grund niedergebrannt; überdies erwirkten die Sieger einen Kaiserlichen Befehl, der auf ewige Zeiten den Wiederaufbau des Felsenschlosses untersagte.
Ein Menschenalter später stand eine neue Burg auf dem alten Flecke. Kurfürst Friedrich II. hatte so eben sein festes Schloß zu Eöln an der Spree aufgerichtet, als Markgraf Albrecht Achilles auch dem schwäbischen Vetter Jost Niklas, dem Neffen und Nachfolger jenes so schwer heimgesuchten Grafen Friedrich, die Kaiserliche Erlaubniß zum Wiederaufbau der Zollernburg vermittelte. Rasch erhoben sich zuerst die Vertheidigungsmauern, dann die Burg, zu welcher der deutsche Achilles selbst den Grund— stein herbeitrug, endlich die heut noch erhaltene Michaelskapelle, mit deren Einweihung im Jahre 1461 das Herstellungswerk abgeschlossen war. In diesem Hause residirten die Grafen von Hohenzollern bis in das 16. Jahrhundert; sie verließen es, dem allgemeinen Brauche deutscher Fürsten folgend, als friedliche Zeiten und geordnete Zustände den Aufenthalt in den engen Räumen fester Plätze nicht mehr nöthig machten, und während Kurfürst Joachim II. die Citadelle zu Cöln an der Spree in einen statflichen Palast verwandelte, siedelten die Grafen von der Spitze des Felsberges an den Fuß desselben, in das behag⸗ liche Schloß zu Hechingen über. Zunächst jedoch geschah da⸗ durch der baulichen Erhaltung der Burg kein Eintrag, auch dann nicht, als das Gräfliche Haus sich in die beiden Linien von Hechingen und Sigmaringen getheilt hatte. Die Burg blieb Gemeinbesitz beider Linien und wurde nicht nur in gutem Stande erhalten, sondern auch je nach den neuen Anforderun— gen militärischer Sicherheit und wirthschaftlicher Bedürfnisse burch mannigfache Ergänzungs- und Anbauten vergrößert.
Im Verlaufe des 30 jährigen Krieges ging der Besitz der Burg von Hand zu Hand. Die Würtenberger nahmen dieselbe durch Aushuüngerung 1634, die Bayern gewannen sie ihnen durch List ab 6353, räumten sie 16375, bemächtigten sich ihrer wiederum 1639 und hielten sie bis nach dem westfälischen Frieden inne. Die große Wichtigkeit des festen Platzes, die während des langen Krieges sich deutlich herausgestellt hatte, veranlaßte die Oesterreicher im Jahre 1667, durch Vertrag mit dem inzwischen (seit 1623) zu Fürstlichen Ehren erhobenen Herrn des Hohenzollern, das Besatzungsrecht auf der Burg zu erwerben. Die bauliche Erhaltung war in demselben Vertrage zwar vorgesehen, indessen sie erfolgte in unzureichender Weise und mit so wenig haltharem Material, daß der österreichische Kommandant, als 1744 die Franzosen anrückten, die Kapitula⸗ tion der Vertheidigung vorzog. Seitdem wurde die urg
vollends vernachläͤssigt, im Jahre 176 mußte die Besatzung nach Hechingen verlegt werden, weil die Gebäude so schadhaft waren, daß jene, obwohl nur 26 Mann stark, kein genügendes Unterkommen mehr fand. Endlich im Jahre 1771 kündigte
Oesterreich den »Oeffnungs⸗Traktat« von 1667, und jetzt sich selbst überlassen, verwandelten die Reste der Burg sich rasch in eine Ruine, die nur noch das Interesse eines malerischen An⸗ blicks gewährte.
So fand Kronprinz Friedrich Wilhelm das Stammschloß seiner Ahnen, als er demselben auf der Rückkehr aus Italien am 16. Juli 1819 einen Besuch abstattete. Um zu retten, was noch zu retten war, bewog der Kronprinz seinen König lichen Vater und die Fürstlichen Vettern in Hechingen und Sigmaringen, die Mittel zu gründlichen Restaurationsarbeiten zu bewilligen. Allein, statt zu erhalten und wiederherzustellen, wie es der kunstsinnige und pietätvolle Kronprinz gewünscht hatte, erbaute man einiges Neue und bemühte sich, das noch vorhandene Alte in möglichst »romantische« Trümmer zu ver⸗ wandeln. Entmuthigt durch den Bericht über solches Ver⸗ fahren, den Graf Stillfried im Jahre 1834 zu erstatten beauf- tragt worden war, ließ der Kronprinz die Sache vorläufig ruhen, erst als der Blitz im Jahre 1844 die Michaelskapelle, den einzigen leidlich gut erhaltenen Theil der alten Burg, schwer beschädigt hatte, vereinigte König Friedrich Wilhelm IV. sich mit den beiden Senioren der Linien Hechingen und Sig⸗ maringen zu gemeinschaftlicher Wiederherstellung der Hohen⸗ zol ernburg.
Die Pläne Stillfrieds, der auch diesen Vertrag unter⸗ handelt hatte, wurden von den hohen Bauherren angenommen; die Bauzeichnungen für den eigentlichen Schloßbau entwarf Stüler, die für die fortifikatorischen Werke der General von Prittwitz, der Festungs-⸗Baumeister von Posen und Ulm. Stillfried und Stüler nebst zwei Fürstlichen Räthen wurden als Immediat-⸗Baukommission an die Spitze des Unternehmens gestellt, und so konnte die Herstellung, die im Wesentlichen auf einen Neubau mit möglichstem Anschluß an die alten Funda⸗ mente und Benutzung der wenigen noch brauchbaren Reste
hinauslief, im Jahre 1847 in Angriff genommen werden.
Man begann mit der Anlage einer Fahrstraße, welche auch den die Baumaterialien heranbringenden Lastwagen das Vor⸗ dringen bis zu der etwa 1000 Fuß über Hechingen ansteigenden Bergspitze ermöglichte Dann ging man zuvörderst an die fortifikalorischen und Kasernements⸗Bauten. Der Grundstein zu diesen Baulichkeiten ward in Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers und Königs, damaligen »Prinzen von Preußen‘, am 23. Septem— ber 1850 unter dem Wilhelmsthurme (3 des Situations-Plans) gelegt, und man war noch mit en in dieser Bauthätigkeit, als König Friedrich Wilhelm 1V. hier oben unter freiem Himmel, im Scharten der Königstinde (Sit. Pl. 14, die Huldigung der Hohenzollernschen Lande am 23. August 1851 entgegennahm. Im Jahre 1866 war das Ganze, Schloß und Befestigung, so weit vollendet, daß bei der Anwesenheit Königs Friedrich Wil helm IV., der Königin Elisabeth, des Prinzen von Preußen, des Fürsten und des Erbprinzen von Hohenzollern ˖ Sigmaringen am 3. Oktober 1856 die feierliche Uebergabe des Rohbaues er⸗ folgen konnte, bei welcher Gelegenheit Se. Majestät der hoch⸗ selige König den höchsten Schloßthurmknopf aufsetzen ließ und perfönlich den Geundstein zu einem neuen evangelischen Gottes⸗ hause (Sit. Pl. 16) legte. Der innere Ausbau und die künst⸗ lerische Ausschmückung erforderten den Zeitraum von zehn Jahren, als endlich auch die den Kunstformen der Räume ent⸗ sprechende Möblirung ausgeführt und mit der Schlußstein⸗ legung in der evangelischen Kapelle am Geburtstage Ihrer Majestät der Kaiserin ⸗ Königin, am 30. September 1867, die letzte BauArbeit vollendet war, so konnte am 3. Oktober des selben Jahres Se. Majestät der Kaiser und König, begleitet von Ihrer Majestät der Kaiserin⸗ Königin, Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen und der Fürstlich Hohenzollernschen Familie, die Schlüssel der Burg aus den Händen des Grafen Stillfried entgegennehmen, um alsbald zu feierlicher Besitzergreifung und Einweihung zu schreiten.
Steigt man jetzt auf bequemer Straße von Hechingen er
den Zollerberg empor, so kommt man auf halber Höhe an einem niedrigen, zur Vertheidigung eingerichteten Thurme vor— über; er umschließt und deckt eine Dampfmaschine, die das
frische Trinkwasser einer hier entspringenden Quelle in die Burg
hinauf treibt. Allmählich, indem man weiter vorschreitet, geht ber hohe Baumwuchs, der den Fuß des Berges bedeckt, in Buschwerk über, endlich hört auch dieses auf, und aus dem nackten Felsgestein erheben sich die sturmfreien Mauern der Bastionen und ihrer Courtinen, darüber aber die Masse der Thürme, Giebel und Erker in reichem Schmucke der Architektur und der Plastik. Der steile Kegel gestattet nur einen Zugang.
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Dieser führt durch das Adlerthor (Sit. Pl. I) in den Rampen⸗ lassen *) An die in gothischem Styl erbaute evangelische Kirche
thurm (27. Innerhalb dieser Anlage und an dem Wilhelms⸗ thurm (3) vorüber hat die Auffahrt eine Steigung von 70 Fuß zu bewältigen, in kunstvoll angeordneter Serpentine beschreibt sie vier Schleifen, indem sie zuerst durch jedes der unteren Thore des Rampenthurms, dann über dasselbe hinweg,
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schließlich durch einen langen Tunnel und dann noch einmal über dem Gewölbe desselben sich emporwindet, bevor sie den obersten Burgthorthurm (Ul) erreicht. Hat man diesen Ab⸗ schluß durchschritten, so liegt zur Rechten die evangelische Kapelle (15), zur Linken der Burggarten (12) mit einem Schmuck- brunnen (13) und der überlebensgroßen Bronze- Statue König Friedrich Wllhelms IV., welche Kaiser Wilhelm dem Wieder⸗ erbauer des Stammschlosses im Jahre 1867 hier hat errichten
schließt sich das Wehrhaus, die Kaserne der Garnison (16), dessen Eingang zwei Thürme flankixren. Hinter dem J. beginnt die . der eigentlichen Schloßgebäude, deren unteres Geschoß die Wohnungen für Gefolge und Dienerschaft nebst Wirth⸗ schaftsräumen umschließt, während die oberen, zu denen man
Die Burg Hohenzollern. Grundriß der Haupt- Etage.
mittelst einer Freitreppe aufsteigt, die Königlichen und Fürstlichen
Gemächer der Bauherren enthalten. Fast die ganze Front der inneren, dem Burghofe zuwandten Seite des mittelsten der drei
Schloßfiügel nimmt der Warte oder Treppenthurm (19) ein. Von seiner Zinne genießt man die umfassendste Rund und
*) Vgl. Die Hohenzollern ⸗ Standbilder in Preußen. Bes. Abdr. aus dem K. Pr. Staats. Anz. Berl. 1868, S. 56.
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