. . . *
— —
—— — — m J
. — — — ** — — 2 — * v . . — n w // / = — — ö —— & —— ? . 2 233 — 1 —
Audienz ertheilt oder die vorbeimarschirenden Truppen vom
Fenster aus begrüßt wurden.
Nach Vollendung des Anzuges traten Se. Majestät in das Arbeitszimmer ein, in welchem ein Leib⸗Jäger oder Leib⸗Lakai bereits den Kaffee auf den Schreibtisch gestellt und neben den⸗ selben die eingegangenen Telegramme und Briefe niedergelegt hatte. Im Winter stand eine Arbeitslampe mit grünem Schirm neben dem Frühstück, das gewöhnlich aus Kaffee bestand.
Die nächsten anderthalb Stunden nach dem Frühstück füllten Se. Majestät mit dem Oeffnen und Lesen der über Nacht eingegangenen Briefe, Schreiben und Berichte aus. Alle an des Königs Majestät gerichteten Briefe werden von Allerhöchstdemselben, wenn es die Zeit irgend gestattet, eigen händig und in Krankheitsfällen möglichst in Allerhöchstseiner Gegenwart geöffnet. Se. Majestät legen dieselben alsdann, schon beim ersten Durchlesen sie mit Zeichen und Randbemerkun⸗ gen versehend, in die für die verschiedenen Ressorts bestimmten Mappen, wie z. B. Militär ⸗Kabinet, Civil⸗-Kabinet, Staats⸗ Ministerium u. s. w. In diesen Geschäftsgang der Friedenszeit hat der Krieg keine Veränderung gebracht.
Jeden Morgen um 9 Uhr meldete sich der Flügel⸗Adjutant vom Dienst für den Tag, der allein das Recht hat, unange— meldet in das Arbeitszimmer Sr. Majestät einzutreten und den ganzen Tag zur Disposition Allerhöchstdesselben bleibt, alle Meldungen vorlegt und ein Journal über alles Dasjenige zu führen hat, was während der Zeit seines Dienstes geschehen, welche Vorträge Se. Majestät entgegengenommen, welche Per⸗ sonen empfangen worden, welche Nachrichten von Wichtigkeit eingegangen sind.
Nach der Melbung des dienstthuenden Flügel⸗Adjutanten fuhren Se. Majestät im Lesen der eingegangenen Briefe und Meldungen fort. — Im weiteren Verlauf der Morgenstunden erschienen dann der Ober⸗ Hof, und der Hof⸗Marschall des Königlichen Hauses, um die auf den Hofhalt bezüglichen Be⸗ fehle zu empfangen. In dieser Stunde ordneten Se. Majestät gewissermaßen Seine eigenen Angelegenheiten, befahlen, was sich auf Fürstliche Gäste bezog und bestimmten, welche Per— sonen zur Mittags- oder Abendtafel eingeladen werden sollten. Darauf begannen die eigentlichen Staats⸗ und Regierungs- Geschäafte mit den besonderen Vorträgen, zu denen die Chefs der verschiedenen Behörden erschienen und deren Reihenfolge täglich besonders bestimmt wurde.
Täglich hatten während des Feldzuges das Militär⸗Kabinet, sowie die Generale Vortrag. Letzterer — etwa das, was in anderen Heeren mit dem Ausdrucke »Kriegsrath« bezeichnet wird, — begann durchschnittlich um 10 Uhr Vormittags. Demselben wohnte, wenn im Großen Hauptquartier anwesend, stets Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, und alsdann auch bisweilen Höchstdessen Generalstabs⸗Chef, immer aber die General ⸗Adjutanten, der Chef des Generalstabes der Armee, der General-Quartiermeister und mehrere Male auch der Bundeskanzler sowie der Kriegs-Minister bei. Dieser Generals⸗ Vortrag fand gewöhnlich im Arbeitszimmer Sr. Majestät statt, in welches die sämmtlichen Generale gleichzeitig eintraten, nach⸗ dem sie im Vorzimmer des Flügel⸗-Adjutanten sich gesammelt hatten und von diesem angemeldet und zum Eintritte befohlen worden waren. Bei Eintreffen besonders wichtiger Nachrichten ließen Se. Majestät auch wohl zu außergewöhnlicher Tages⸗ zeit die oben genannten Generale oder einige derselben zu Sich befehlen, zuweilen auch begab sich der Chef des Generalstabes allein zu Sr. Majestät, um eine ihm zugegangene Meldung vorzutragen und sogleich den nöthigen Befehl zu erbitten.
Die Vorträge des Militär⸗, des Civil⸗Kabinets und des Bun⸗ des kanzlers in den Vormittagsstunden wurden nur durch Fürstliche Besuche und deren Erwiderung, durch Meldungen von Offizieren, Empfang von Deputationen hin und wieder unterbrochen, gewiß aber, wenn Truppen in das Kantonnement einrückten oder auf Vorposten ausmarschirten. Dann traten Se. Majestät stets an das Fenster oder auf die Straße, und blieben, oft im schlech—2 testen Wetter, auf schmutzigem oder hart gefrorenem Boden stehen, bis auch der letzt Mann vorüber war.
Zwischen 17 und 1 Uhr nahmen Se. Majestät etwas kalte Küche zu Sich, wonach dann die Geschäfte ununterbrochen bis
oder 3 Uhr fortgesetzt wurden. Um diese Siunde pflegten Se. Majestät auszufahren, um die Stellung der Truppen, ihre Vertheidigungsarbeiten oder die feindlichen Werke zu besichtigen und sodann eines der Lazarethe zu besuchen oder eine Kunst— sammlung, ein Schloß, eine Sehenswürdigkeit in Augenschein zu nehmen.
Diese Tagesordnung wurde an Gefechts⸗ und Schlacht⸗ tagen durch die Verhältnisse geändert.
Das Mittagsmahl nahmen Se. Majestät, wenn das Große Hauptquartier nicht in Bewegung, gewöhn⸗ lich um 4 Uhr ein; befand sich letzteres aber im Vorrücken, o wurde, wie überhaupt in den Wintermonaten, erst um
.
7 Uhr zur Tafel gegangen. Die Zahl der regelmäßig zur
Tafel gezogenen Personen wie der eingeladenen oder be⸗ fohlenen Gäste richtete sich im Felde zunächst nach dem Raume, der in manchem Hauptquartiere sehr beschränkt war. Zu den täglichen Tafelgenossen Sr. Majestät gehörten die Generale der Allerhöchsten Umgebung und der Flügel⸗Adjutant vom Dienst. Die Tafel war immer einfach, ungezwungen und heiter, Se. Majestät Selbst freundlich und von wohlwollen⸗ dem Zuvorkommen. Nur bei besonderen Gelegenheiten wurde die Tafel etwas reicher servirt, was alsdann auf speziellen Be— fehl Sr. Majestät zu Ehren eines Festtages geschah, wobei auch der Waffenrock und Helm angelegt ward; sonst aber erschien Alles in Ueberrock und Mütze.
Nach beendeter Tafel zogen Allerhöchstdieselben Sich in das Arbeitszimmer zurück. Es folgte nach dem Mittags- mahl diejenige Zeit des Tages, in welcher alle län— geren Berichte, Promemoria und Gefechtsrelationen gelesen, die Etatsrapporte über die Stärke der Truppen, die Be⸗ richte über den Gesundheitszustand bei den Armee⸗Corps durch— gesehen und mit den Allerhöchsten Randbemerkungen versehen wurden. Häufig sind auch noch in diesen Abendstunden Vor⸗ träge gehalten oder der Bundeskanzler, der Kriegs⸗Minister, der Chef des Generalstabes von Sr. Majestät empfangen worden.
Die späteren Abendstunden, welche in Friedenszeiten der Erholung gewidmet sind, pflegten Se. Majestät zunächst in Gesellschaft Allerhöchstseiner Umgebung zuzubringen. Eine Zerstreuung haben Allerhöchstdieselben während des Feldzuges Sich nicht gestattet, vielmehr Sich jedes Vergnügen versagt; Se. Majestät nahmen stets auf das Einfachste den Thee ein, bei welcher Gelegenheit Zeitungs⸗Nachrichten vorgelesen, illustrirte Werke angesehen und Erfahrenes mitgetheilt wurde.
Gegen 11 Uhr hoben Se. Majestät gewöhnlich die Gesellschaft auf und begaben Sich in das Arbeitszimmer zurück, um nun allein und ungestört oft bis Mitternacht am Schreibtische der eigenen Korrespondenz Sich zu widmen, oder die Abends erst eingegangenen Depeschen, Rapporte, Gesuche, Bittschreiben zu durchlesen. Die große Zahl der am kommenden Morgen zur Beförderung gelangenden Königlichen Briefe ist ein Be⸗ weis dafür, daß Se. Majestät in dieser späten Stunde beson⸗ ders viel schrieben und Sich erst zur Ruhe begaben, wenn sämmtliche laufenden Geschäfte des Tages abgethan und er⸗ ledigt waren.
Zur Verfassungsgeschichte deutscher Städte.
Das Städtewesen des Mittelalters behauptet deshalb eine so wichtige Stelle in dem Entwicklungsgange des germanischen Staatswesens, weil die Städte der Kern geworden sind, um den sich Ordnung, Bildung und Wohlstand angesetzt haben; bürgerliche Gewerbe und Handel, deutsche Wissenschaft und Kunst nahmen hier ihren Anfang, empfingen von hier ihre erste Pflege.
Als im 19. und 12. Jahrhundert die Städte zu äußerem Ansehen heranwuchsen, nahmen dieselben sogleich eine ziemlich un⸗ abhängige Stellung und den Charakter einer in sich geschlossenen Korporation an. Das Bürgerthum trat als ein besonderer Stand ins Leben und bildete sich in seiner Eigenthümlichkeit aus. Die Verhältnisse haben sich aber je nach Zeit und Umständen auch in jeder Stadt eigenthümlich gestaltet, so daß jede Stadt ihre eigene Verfassungsgeschichte hat. In dieser Beziehung verdient ein bereits vor länger als einem Dezennium unter dem Titel: »Verfassungsgeschichte der deutschen Freistädte im Anschluß an die Verfassungsgeschichte der Stadt Worms« von Dr. Wilhelm Arnold, Privatdozenten der Rechts- wissenschaft an der Kurf. Landesuniversität zu Marburg (erster und zweiter Band. Hamburg und Gotha. F. A. Perthes 1854) erschienenes Werk Erwähnung, das gerade gegenwärtig noch an Bedeutung gewinnt, weil darin der echt deutsche Kern in der Ver⸗ fassung einer jetzt wieder eroberten deutschen Reichsstadt unwider⸗ leglich nachgewiesen wird. Dazu hat dasselbe das Verdienst, die wissenschaftliche Anregung zu eingehenden Untersuchungen üher die deutsche Städteverfassung gegeben zu haben. Den reichen Ertrag juristischer und historischer Ausbeute verdankt der Verfasser theils seiner Methode, die Rechtsentwickelung in enger Verbindung mit der Geschichte zu erklären, theils sei⸗ ner Beschränkung auf ein bestimmt abgegrenztes Gebiet; indem er von der Ansicht ausging, daß ein Werk, welches den Ursprung und Verlauf der deutschen Stadtfreiheit darstellen will, füglich auf die Geschichte der sogenannten Freistädte Cöln, Mainz, Worms, Speier, Straßburg, Basel und Regensburg sich beschränken könne, da dieselbe die Geschichte der deutschen städtischen Verfassung überhaupt abspiegelt. In ihnen, welche keine Reichsstädte waren, weil die Regierungsrechte nicht dem Kaiser zustanden und keine Landstädte, weil sie die Landes⸗
herrschaft ihrer Bischöfe nicht anerkannten, hatte sich die städtische Verfassung primitiv entwickelt. .
Unter den angeführten Städten berücksichtigt das Werk wieder vorzugsweise die Geschichte der Stadt Worms und hat daran die der übrigen Freistädte angereiht. Durch dieses Ver— fahren konnte ein anschauliches und zusammenhängendes Bild von dem Gegenstande der Untersuchung entworfen werden und die Beweisführung gewann unzweifelhaft an Sicherheit, was ihr scheinbar an allgemeiner Gültigkeit abgeht.
Der Inhalt der beiden Bände zerfällt in drei Bücher. Das erste Buch behandelt die Entwicklung der bischöflichen Herrschaft (6237 — 1074), die Immunitäts⸗Privilegien und den Erwerb fiskalischer Rutzungsrechte (627 — 13), den Erwerb der Ge⸗ richtsbarkeit (913 — 1002), Worms unter bischöflicher Voigtei (1002 — 1074, angeknüpft sind Untersuchungen über die Burg⸗ grafschaft und die städtische Gerichtsverfassung zu Mainz, Speier, Straßburg, Regensburg, Magdeburg, Cöln, Trier, Augsburg und Worms. Besonders interessant sind die Untersuchungen über den that'ächlichen Aebergang der Gerichtsbarkeit in letzterer Stadt auf den Bischof, welcher durch Privilegium Heinrich II. vom Jahre 1014 zu der Gerichtsbarkeit von 99 noch die volle Gerichts barkeit über seine Besitzungen außerhalb der Stadt und ihres Gebiets erwarb. Eine ausführliche Schilderung ist mit Recht dem Bischof Burchhard und seiner Thätigkeit gewidmet, welche vorzugsweise auf die Herstellung von Kirchen gerichtet war. Der erste Ur— sprung des Stadtfredens leitet sich von den Königlichen Pfalzen ah, die von jeher in einem höheren Frieden standen. Der größte Theil der städtischen Einwohner ist überall eingewandert; bie Ministerialen steigen allmählich aus der Unfreiheit auf und gehen zuletzt als Ritter in den niederen Adel über. Da wo die Gerichtsbarkeit in Folge der Ottonischen Privi— legien auf die Bischöfe überging, ist die Trennung der Gerichte weggefallen, die Burggrafschaft dagegen konnte nur da völlig rein sich halten, wo. gar kein Ueber- gang der Gerichtsbarkeit auf den Bischof siattgefunden hatte. Da Burggrafen sich nicht in den bischöflichen Städten, die keine Pfalzen hatten und in keiner Königlichen Stadt finden, deren Einwohner dem Hofrecht unterworfen waren, so ist daraus zu schließen, daß der Burggraf, welcher unserem heuti— gen Sprachgebrauch nach mit Stadtgraf zu übersetzen ist, ur⸗ sprünglich allein vom König eingesetzt wurde, und daß es der eigenthümlich städtische Richter für Freie war. Seit dem zwölften und dreizehnten Jahrhundert hat das Burggrafengmt die Bedeutung einer wahren Grafschaft verloren, Die Ver⸗ einigung der verschiedenen Einwohnerstände durch die Otto- nischen Privilegien, während die alte Immunität dieselben in zwel Parteien geschieden hatte, ist nicht durch eine Ausdehnung der Immunität über die ganze Stadt, sondern umgekehrt durch die Beseitigung des Immunitätsbegriffs erfolgt; nicht dadurch, daß die Alifreien einem Hofrecht unterworfen, sondern als Unfreie wieder unter öffentliche Richter gestellt wurden. Ein unabhängiges Schöffenthum hat sich mit Ausnahme von Cöln und Magdeburg, wo das alte Schöffenthum die Entstehung einer rein städtischen Obrigkeit mehr aufhielt als beförderte, in keiner bischöflichen Stadt erhalten.
Das zweite Buch behandelt die Entwicklung einer freien Stadtverfassung ,,,, Emanzipation der Stadt von der bischöflichen Herrschaft, orms als Freistaat. Das erste Privilegium, welches überhaupt eine Stadt als solche in Deutschland erhalten hat, bestand in einer Handelsbegünsti⸗ gung für Worms des Kaisers Heinrich IV. vom Jahre 399 in dessen langen und schweren Kämpfen um die Krone die Städte auf Augenblicke allein des Kaisers Ansehen auf⸗ recht erhalten haben. Der mit dem Worte »Bürger ver⸗ bundene Begriff wird aus den Urkunden dahin festgestellt, daß Gives oder Bürger in weiterem Sinne alle sind, welche that ⸗ sächlich die Vortbeile der städtischen Schutzverbindung genießen, an der Schutzgenossenschaft, sei es aktiv oder Passiv, Theil nehmen. In seiner allgemeinen Bedeutung geht also das Wort „Bürger zunächst mehr auf ein faktisches als auf ein recht- liches Verhältniß, und die civitas in diesem Sinne ist nichts weiter als die Gesammtheit aller Schutzgenossen. Wesentliche Bedingung dieses politischen Bürgerrechts ist der Besitz von Grundeigenthum innerhalb der Stadt. Die bischöflichen Dienst⸗ mannen sind nicht als Cives, sondern unter ihrer besonderen Standesbeziehung als Ministeriales oder milites aufgeführt. Gives im engsten Sinn sind die altfreien Geschlechter oder die Patrizier. Bie Entstehung der Zünfte war eine natürliche Folge erhöhter Gewerbthätigkeit und des dadurch herbeigeführ⸗ ten Uebergangs der Handwerker zur persönlichen Freiheit.
Während des zwölften Jahrhunderts ging eine Umwand⸗ lung mit dem Amte des Schulzen vor. Während dieser ehe⸗ dem vom Bischof aus den Stiftsministerialen ernannt wurde,
3 ö
ist er seitdem kein bischöflicher Beamter, sondern ein Kaiserlicher/ die Wahl oder Ernennung desselben geht aber von der Bürger-
schaft aus, und er wird nicht mehr aus dem Stande der Dienst⸗ mannen, sondern aus dem der bürgerlichen Geschlechter erwählt. In Worms waren die Urtheilfinder nicht blos Beisitzer der Schultheißen, sondern zugleich die Inhaber der Gerichtsbarkeit, weshalb sie auch den Titel Richter führten. Der Schultheiß war nur der Erste unter den Gleichen, der das Gericht hegte. Aus der Episode vom Ursprung und Fortgange der Stadt- freiheit in den Freistädten heben wir hervor, daß Straßburg als Handelsplaß schon im zwölften Jahrhundert fast dieselbe Bedeutung wie das reiche und mächtige Cöln für den Nieder⸗ rhein gewann. Die Anfänge der Siraßburger Stadtfreiheit führen uns in die Zeiten Heinrich IV. zurück. In der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts scheint der Rath die Be— deutung einer eigentlichen Obrigkeit der Stadt erlangt zu baben; die Umbildung erfolgte durch einen bestimmten Alt der Autonomie: während in den meisten anderen Städten die Konsuln lebenslänglich im Amte blieben, fand in Straßburg ein jährlicher Wechsel statt. Schon im zweiten Stadtrecht wird derselbe ausdrücklich vorgeschrieben. Die Auf= zeichnung des ersten Straßburger Stadtrechts fällt in die Jahre 1197 oder 1193, die des zweiten in die erste Hälfte des drei zehnten Jahrhunderts und die des dritten um das Jahr 1249. Rath und Gericht scheinen in Straßburg von Anfang an mit verschiedenen Personen besetzt worden zu sein, so daß die Schöffen nicht zugleich Rathsherren waren. An der Spitze des Raths stand der Bürgernieister, hier regelmäßig Meister⸗ schlechthin genannt. Bie Partheikämpfe der Geschlechter sind nirgends heftiger gewesen, als in Straßburg und Eöln— Hier wie dort sind die Geschlechter in zwei Faktionen gespalten, welche um die Oberherrschaft in der Stadt ringen,. J Der zweite Band des angeführten Werks handelt im zweiten Buche weiter über die Entwicklung einer freien Stadt ver assung, die Behauptung der städtischen Selbständigkeit 1220. 1293 und das innere Leben der Städte im Mittelalter. Zunächst werden die gegen die autonome Stellung der Städte von Kaiser Friedrich II. erlassenen Reichsgesetze besprochen. Ferner wird bie Erhebung der rheinischen Städte durch den großen Städte— bund eingehend und mit besonderer Bezugnahme auf die Frei⸗ städte erörtert. Für die bischöflichen Städte wurde die Regierung Kaiser Rudolphs von Habsburg dadurch folgenreich, daß er ihre Reichsunmittelbarkeit zuerst allgemein und entschieden anerkannte. Charakteristisch für die Entwicklung der Städte wie für den Umschwung der Lebensverhältnisse überhaupt erscheint es, daß zwei Jahrhunderte lang ein Stand, der Stand der Patrizier, die Herrschaft in den Städten führte, und zwischen dem ritter · lichen und bürgerlichen die Mitte haltend, ebensowohl auf den Grundbesitz, als auf den Handel gegründet war. Die Patrizier
waren es daher, welche die alte und die neue Zeit vermittelt
haben und in dem eigenen Stand den Uebergang aus der einen in die andere darstellen. . .
Im dritten Buch werden die Kämpfe um das Stadtregiment in Worms zwischen Bischof und Rath in drei Kapiteln besprochen: Uebergriffe des Bischofs während der Zunftunruhen und der Entfaltung der Landesheheit (1293 — 1393), Worms als bischöf⸗ liche Freistadt (1393— 1483), Kampf um die Entscheidung (1483 bis 1526). Die Zunftunruühen sind wohl zu unterscheiden von den verschiedenen späteren Aufständen des sechszehnten und siebenzehnten Jahrhunderts, die wohl Symptome innerer Gäh⸗ rung, aber nicht mehr die natürlichen Ausbrüche einer neuen Entwicklung sind. In ihrem letzten Resultat haben die Zunft⸗ bewegungen überhaupt weniger eine Umwälzung der Verfas⸗ sung als der Standesverhältnisse herbeigeführt die Mitglieder bes” dritten Standes wurden Bürger und seine Häupter Theilhaber der Regierung (1293). Die ersten Bewegun⸗ gen in Worms und ihre Folgen, wie die Verhältnisse der Stadt zum Reiche, die städtische Verfassung und die Kämpfe der Stadt mit den Bischöfen Dietrich von Boppard und Johannes Schadland (1350 1379) sind auf Grund von Origsnalurkunden in Worms ausführlich geschildert. Der ritterliche Burgemeister ist in den Urkunden des vierzehnten Jahrhunderts nirgends mehr erwähnt; sein Amt mußte zugleich mil dem der Rathsherren in Verfall gerathen. Den Zunft⸗ unruhen und dem Ausgang der Stadtfreiheit in Speier, Basel, Mainz, Regensburg und Eöln ist ein eigner Adschnitt gewidmet. Der Vorrang, den die Reichsstädte einnahmen, erklärt sich ein fach daher, daß es die ältesten und größten deutschen Städte, bie Metropolen der angesehensten Kirchenprovinzen und die Hauptstädte und Mittelpunkte des Reichs waren, daß sie am frühesten Kaiserliche Privilegien und eine freie Stadtverfassung erlangt haben, und vor Allem, daß sie einen zahlreichen Stand freier Einwohner hatten, der seine Standesrechte zu keiner Zeit
ganz eingebüßt hat.