1626
zwischen Paris und Versailles zu halten. Die Insurgenten seien unlängst am Thore von St. Denis herangekommen, hätten in den Häusern der Vorstadt große Requisitionen gemacht, den Geistlichen verhaftet und die Kirche geplündert; der preußische General dort habe darauf sofort eine Compagnie Mannschaften ausgeschickt, um die Bewohner zu schützen und ihnen ihr Eigenthum wieder zu verschaffen. Die deutschen Truppen nahmen eine Botschaft
an die Kommune mit, derzufolge die sämmtlichen, in deutschen Hän⸗
den befindlichen Forts das Feuer eröffnen würden, falls etwas Aehnliches wieder vorkäme. — Hunderte von Soldaten aus dem Elsaß und Lothringen, welche der Konvention zufolge ent— lassen wurden, passirten auf dem Wege in die Heimat hier durch. Die Nachricht von herrschender Unzufriedenheit unter den fran— zösischen Truppen ist ganz richtig. Dieselben sind bereit, Ver— sailles und die Nationalversammlung zu beschützen, nicht aber gegen Paris zu kämpfen. Mehr alt die Hälfte der aus der Gefangenschaft zurückkehrenden Truppen müssen entlassen wer⸗ den, weil sie nicht zuverlässig sind. Andere sind des Krieges müde, und im Ganzen sind nur wenige zu gebrauchen. Man weiß, daß die bereits am 1. April fällig gewordenen 500 Mil— lionen in Versailles bereit liegen, wahrscheinlich aber wird mit der Zahlung deshalb gezögert, weil die Preußen sich in diesem Falle auf Rheims zurückziehen würden.
Paris, 19. April, Morgens 8 Uhr. Die »Agence Havas« versendet folgendes Telegramm: »Die Versailler Truppen griffen gestern Abend die Vorposten der Föderirten bei Neuilly an, und zwangen sie, sich etwa 100 Metres weit zurückzuziehen.“
Ein Bericht des Generalstabs der Föderirten meldet ferner:
»Die Versailler Truppen versuchten gestern einen Angriff auf die vor Issy gelegenen Verschanzungen, wurden jedoch kräftig zurückgewiesen. Ein anderer auf den Bahnhof von Clamart unternommener Angriff mißlang gleichfalls. General Okolowitz hat an Stelle des Obersten Dombrowski (Bruder des General Dombrowski) den Oberbefehl in Asnisres übernommen. Ein Bericht desselben sagt, der gestrige Tag sei zufriedenstellend ver⸗ laufen. Die Föderirten behaupten sich in Asniéres am Brücken- kopfe; die Schiffbrücke ist nicht abgebrochen. -Das fortgesetzt regnerische Wetter verursacht der Kommune einige Schwierig⸗ keiten, die Nationalgarden beisammen zu halten und sie zum
Ausharren auf ihrem Posten zu vermögen.“
Die Journale Mot bd'ordre⸗, »Vengeur« und »Kom⸗ mune« sprechen sich für eine Versöhnung mit der Versailler Regierung unter , . Bedingungen aus: I) Aufrechthal⸗ tung der Republik, 3) ein besonderes Kommunalrecht für Paris und sämmtliche Städte Frankreichs, 3) Autonomie der Natio⸗ nalgarde, 4 Auflösung der Nationalversammlung in Versailles und der Kommune in Paris, 5) Neuwahl der Nationalver⸗ sammlung und der Kommunalvertretung, 6) die Aufstellung einer interimistischen Regietungsgewalt in Versailles und Paris, 7) Amnestie und Waffenstillstand.
— Mittags. Die republikanische Liga veröffentlichte heute einen Protest gegen die Auslegung der Depesche Thiers' bezüglich der von der Liga unternommenen Schritte. Ihr Zweck sei keineswegs gewesen, zu Gunsten des Besiegten beim Sieger zu interveniren, sondern dem Kampfe ein Ende zu machen, wer immer auch der Sieger sei. Die Liga habe ferner jene Rechte für Paris in Anspruch genommen, deren Anerkennung geeignet gewesen wäre, den Frieden herbeizuführen, sie habe aber nicht, wie behauptet wurde, um eine milde Behandlung der Auf⸗— ständischen gebeten. Die Delegirten der Liga hätten durchaus keine Anspielung auf Erlassung einer ern f gemacht, es habe vielmehr Thiers aus freien Stücken die Erklarung abgegeben, daß alle Nationalgarden, welche die Waffen niederlegen wür⸗ . vor allen gerichtlichen Untersuchungen sicher gestellt sein ollten.
Auf Anordnung der Kommune wurden die Journale Opinion nationale“, »Cloches, »Soir« und Bien Public⸗ unterdrückt.
— Weiter wird vom 19. aus Paris berichtet: Das Ge— schüß. und Gewehrfeuer wurde heute bei Courbevoie, der Porte Maillot, Puteaux, Asnisres und Levallois den ganzen Tag hindurch fortgejetzt. Zwischen Asnisres und Courbevoie wer⸗ den , Eisenbahnwaggons gegen die Versailler Truppen in Anwendung gebracht. Dombrowski, der heute Morgen von Asniores zurückgekehrt ist, hat alle bedrohten Punkte von Neuilly verstärtt und allen Kommandanten den Befehl gegeben, sich in der Defensive zu halten. Auf dem Boulevard La Saussaye und Argenson sind Batterien errichtet, welche bestimmt sind, einerseits das Schloß von Neuilly zu beschießen, andererseits die in der Avenue errichteten Batterien der Versailler Truppen zu bestreichen. In allen Straßen und Avenuen sind verschanzte Baxrikaden errichtet, welche mit der Front den im Süden und Westen der Stadt be⸗ findlichen Thoren zugekehrt sind. — Das Journal »Réveil« erklärt es für unwahr, daß die Versailler Truppen sich der
Brücke von Asnisres bemächtigt hätten, die Föderirten hielten vielmehr die Barrikaden, welche den Brückenkopf vertheidigten, besetzt. Seitens der Versailler Truppen finden große Be⸗ wegungen und Konzentrirungen auf der Südseite statt. Ein allgemeiner Angriff wird stündlich erwartet. In den Forts herrscht große Thätigkeit, um die Beschädigungen auszu⸗ bessern, und die Vertheidigungsmittel zu vermehren. Die Journale Temps und Avenir national! tadeln in lebhaften Ausdrücken die heute erfolgte Unterdrückung der vier Journale, in diesen Tadel stimmen auch die Journale Commune« und » Nation souveraine« ein. — »Siocle hält dafür, daß durch die am 14. d. M. Seitens der Nationalwer⸗ sammlung zu Versailles erfolgte Annahme des Munizipal— gefetzes die kommunalen Freiheiten von Paris fast auf ein Nichts reduzirt seien. — ⸗Avenir national sagt, das Vorgehen 9 ö erschwere die Versöhnung in hohem rade. .
— Die Artillerie der Kommune umfaßt dem Mot d' Ordre⸗ zufolge: 39 24-Pfünder, 112 12.Pfünder altes Modell, 53 16.Pfünder, 29 4⸗Pfünder altes Modell, 206 7-Pfünder neues Modell und 181 Mitrailleusen. Offizielle Ziffern der Kriegslegation.
— Nachrichten Londoner Blätter aus Boulogne vom 19. April zufolge soll daselbst der Versuch gemacht worden sein, die rothe Fahne aufzuziehen, die Ruhe sei jedoch sofort wieder hergestellt worden.
Versailles, 19. April, Morgens. Die »Agence Havas« meldet: »Die Regierungstruppen haben gestern Abend Asniores besetzt und die Insurgenten auf das andere Ufer der Seine zurückgeworfen, wobei sie einige Gefangene machten. Die Träappen erlitten nur geringe Verluste. Sie errichteten eine Batterie am Bahnhofe von Asnisres und sperrten hier— durch die Passage über die Brücke. Gestern fand zu Neuilly eine lebhafte Kanonade statt. Die Forts im Süden verhielten sich in dieser Nacht ruhig. — Nachrichten aus Bordeaux zufolge fanden gestern einige Unruhen daselbst statt; doch ist die Ordnung nunmehr völlig wieder hergestellt.
— Abends 6 Uhr. Es wird kein neues militärisches Ereigniß von Bedeutung gemeldet. Bei Asnisres ist die Lage unverändert dieselbe, die bei dem Bahnhofe aufgestellten dies⸗ seitigen Batterien verhindern jede Ueberschreitung der Brücke durch die Insurgenten.
— In der Nationalversammlung bestätigte Picard offiziell die Einnahme von Asnisres und fügte hinzu, daß dieser Erfolg im Verein mit dem negativen Resultate der Kommunalwahlen in Paris aller Wahrscheinlichkeit nach ein entscheidender Schlag für die Insurrektion sein dürfte.
— Edmond About, der bekannte Mitarbeiter des »Soir«, ist von der Versailler Regierung zum französischen Gesandten in Lissabon ernannt worden.
Amerika Washingt on 17. April. (Kabel⸗ Telegramm.)
n der heutigen Sitzung des Repräsentantenhauses wurde ein
ntrag eingebracht, der englisch⸗amerikanischen Kommission die
Ansprüche der in England als Fenier verhafteten amerikanischen
Unterthanen vorzulegen, der Antrag stieß auf entschiedenen Widerstand und wurde bei Seite gelegt,
— Von der Westküste Süd -⸗Amerikas kamen via Aspinwall den 21. März folgende Nachrichten: Die peruanische Regierung hat die ,, einer Entschädigung an alle Jene angeordnet, welche bei der Plünderung 1865 beschädigt wurden. In der Nachbarschaft Limas wurden durch Ueberschwemmungen große Verheerungen angerichtet. Ebenso in Lambayeque und
Payta. In Arequipa und Tacena wurden mehrere Erdstöße
verspürt. In Bolivia herrscht augenblicklich Ruhe. Oberst Manuel Teyre wurde als Bevollmächtigter zum Friedens⸗ Kongreß nach Washington abgesandt.
Neichstags⸗Angelegenheiten. Berlin, 20. April. In der gestrigen Sitzung des Deut—⸗ schen . nahm der Reichskanzler Fürst von Bismarck
in der Diskusston über den Antrag des Abgeordneten Braun (Hersfeld), den Bau eines monumentalen Parlamentsgebäudes betreffend, nach dem Abg. v. Blanckenburg das Wort:
Einige Aeußerungen des Herrn Vorredners lassen mich annehmen, daß es für die Debatte zweckmäßig ist, ihr die Unterlage einer Aeuße— rung von dem Tisch der Regierungen zu geben, indem der Herr Vor— redner von einigen thatsächlichen Mißverständnissen ausging. Ich darf das Hauptsächliche gleich vorwegnehmen, nämlich, daß die preußische Regierung auf den Plan verzichtet habe, die Landtagsgebäude auf das Grundstück in der Leipzigerstraße neben dem Herrenhause zu verlegen. Das in keineswegs der Fall, sondern der Plan wird nach wie vor
mit allem Eifer verfolgt. Er hat nur zur Vorbedingung, daß die
Vorzellan Manufaktur in den Stand geseßtzt sei, ihre Fabrikatione— und sonstigen Diensträume an den andren Ort zu verlegen, auf
welchem, seit ein Einverständniß mit dem preußtschen Landtag.
16237
wahrscheinlich geworden ist, unausgesetzt gebaut wird; und ich darf annehmen, daß im grub jahr oder Sommer des Jahres 1877 der Bau der neuen PVorzellan⸗Manufaktur so weit voll- endet sein wird, daß das ganze Institut aus der Stadt hin⸗ ausverlegt werden kann, daß dann der Bauplatz, der aus den Grundstücken des Herrenhauses und der Porzellan Manufaktur gebildet wird, volllländig disponibel ist zum Zweck parlamentarischer Bauten, und ich füge hinzu, daß noch heute die Absicht der Königlich preußischen Negierung besteht, dem vreußischen Landtage alsdann eine Vorlage in dieser Richtung zu machen. Was ferner den Antrag in seiner Allgemeinheit anbetrifft, so glaube ich, daß über denselben weder In diesem Hause noch im Schooße der verbündeten Regierungen im Prinzip eine wesentliche Meinungsverschiedenheit darüber statt- finden wird. Daß eine Aenderung des gegenwärtigen Zustandes nothwendig sei, darüber ist kein Zweifel. Daß die neue Ein richtung entsprechend der Größe der Bedeutung die sie haben soll, daß sie würdig ausfalle, darüber wird auch kein Zweifel sein. Die Schwierigkeit ist nur, darüber ein Einverständniß zwischen den berschiedenen mitwirkenden Faktoren herzustellen, in welchem Maße der einen oder andren Richtung des Gesammtbedürfnisses mehr oder weniger Rechnung getragen werden soll, und vor allen Dingen über die Auswahl des Platzes. Nicht ohne Schwierig-= seit in es dahin gelangt, daß die Königlich preuß sche Regierung sich in der Lage befunden hat, die amtliche Behandlung der Frage im Schooße des Bundesrathes anzuregen, sie ist indessen auch ihrerseit s noch nicht im Stande gewesen, ihren Vorschlägen eine bestimmte Ferm, in der Richtung auf einen bestimmten Platz namentlich, zu geben, sondern sie hat sich auch dort darauf beschränken müssen, den Hegenstand im Bundeßrathe zur Erörterung zu stellen, in ahnlicher Weise, wie er hier zur Ersrterung steht. Die Schwierigkeiten, die sich bieten, gehen hervor, wie ich schon erwähnte, aus der Un— sicherheit über das Maß der Rücksicht, welches man der einen ober anderen Seite des Bedürfnisses gewähren soll. Es ist ja wunschenswerth, daß die Sache groß und schön, daß sie würdig ausfällt; aber je größer und schöner desto später wird sie ins Werk gesetzt, desto länger ist die Bauzeit, desto längere Zeit wied noöthig sein, um die Verständigung zwischen den staatsrecht= lich betheiligten Faktoren und zwischen den Künstlern und Bau— technikern, die man ohne Zweifel wird hören müssen, herbeizu— führen Ich bemerke dabei, daß die Regierungen, soviel ich mir ein Artheil über ihre Ansichten vorweg gestatten darf, bereit sein werden, aus ganz Deutschland die kompetenten Stimmen zu hoͤren, sich keiner Art von Einscitigkeit in dieser Beziehung hinzugeben, und ich habe gehört, daß wir, wie ich hoffe, in der Lage sein werden, Vorarbeiten, die in dieser Richtung in großem Umfange, und wie ich glaube, mit großer Sachkunde in Oesterreich starfgefunden haben, durch die Gefäl⸗ ligkeit der benachbarten Kaiserlichen Regierung auch für unsere Zwecke
henutzen zu können und dadurch unseren Ermittelungen eine Grund-
lage zu geben. Ich beabsichtige, in dieser Richtung ein Gesuch an die K. K. öͤsterreichische Regierung zu richten. Eine andere Seite ist die Frage: soll den geschäftlichen oder soll den ornamentalen Rücksichten mehr gefolgt werden. Ich habe in meiner Stellung natürlich eine Voiliebe für die geschäftlichen Rücksichten; indessen das kann ja nicht maßgebend sein: die einzelne Persönlichkeit ist vorüber gehend und die Einrichtung bleibt. Die Art des Banes, die beabsichtigt wird, und die ich im Destinitivum auch für wonnschenswerth halte, erfordert einen großen und breiten Platz. In geschäftlicher Beziehung ist es wünschenswerth, daß der Sitz des Reichs. tages nicht zu weit entfernt sei von dem Sitze des Bundesraths und
der B hörden, die mit demselben zu thun haben, des Bundeskanzler -⸗
amts und des auswärtigen Arates, ja felbst nicht zu weit von dem adannsstrativen Centrum entfernt sei, welches sich für die preußischen größeren Behörden, deren Hilfe und Mitarbeit wir in allen unseren Geschäften bedürfen, in der Wilhelmsstraße und jener Gegend gebildet hat. Da aber itt wiederum die Beiräthlichkeit des Platzes die Frage. Es wäre ja sehr naheliegend, daß der Bund auf dem Grundstück baut, was er einmal eigenthümlich erworben hat und was ihm gehört, und was er erworben hat, um es zu bebauen. Ich weiß indessen nicht und will dem nicht vorgreifen, ob das Grundstück in sich ausreichenden Pla gewährt. Auf beiden Seiten ist es begrenzt von Privatbesit.z wenn ich den des Kronfideikommisses fo nennen darf, und von dem bekannten Grund-
stück des Herrn von Decker; beide Grundstücke find weder im Gan—
zen, noch theilweise zu haben. Es würde also doch die Ausdehnung des Baues sich beschränken müssen auf das jetzige Bundesrundstück. Es ist das das Wohlfeilste und Einfachste. Dieses Grundstäck hat eine Länge von ungefähr 500 und eine Tiefe von etwa 99 Schritt,
würde alfo zu jeder Ausdehnung des Baues den Raum bieten, wenn
man sich entschließen kann, die Tiefe des Grundstückes auch als Tiefe des Gebäudes anzusehen, mit anderen Worten, die Giebel gegen die bei⸗ den Straßenfronten, die hier zur Sprache kommen, zu stellen. Indessen ich kann darüber der Entscheidung der verbündeten Regierungen nicht vorgreifen; es ist mein Bedürfniß, nur Ihrer Diskussion durch einige hatsächlichen Angaben eine Unterlage zu gewähren, weil ich annehme, daß die Delegirten, welche den Reichstag vertreten, sich dort aus dieser Diskussion gewissermaßen ihre Instruktion von Seiten des Reichs⸗ kazes entnehmen werden. Eine zweite Möglichkeit, die auch noch in der Entfernung keine Schwierigkeiten bietet, wäre die den Bau für den Reichstag zu kombiniren mit dem für den preußischen Landtag auf dem Grundstück in der Leipzigerstraße, welches, wie ich es beiläufig schätze, 15 bis 20 Morgen groß ist, und preußisch ⸗ fiskalische Grund- stücke in der Richtung nach der Königgrätzerstraße auch noch darbietet, das Landwehrzeughaus, ein Quergrundstück, welches der Porzellan Manufaktur gehört, und von dem südlichsten Ende des Porzellan⸗ Manufaktur . Grundstückes sich nach der Koöͤniggraͤtzerstraße hin
streckt; ich glaube, es ist der Packgof der Perzellan - Manufaktug. Also Räume würden sich dort bieten; es fragt sich nur: ist die Kom- bination wünschenswerth beiden Theilen und ist sie ausführbar in der Zusammenstellung? Es würde ein Gebäude von erheblicher Dimen— sion an und für sich schon für den Landtag werden, es wird noch be— deutender werden müssen, wenn darin auch für den Reichstag ein Unterkommen gefunden werden soll. Denn die Benutzung desselben Lokals, gemeiaschaftlich für beide, hat wohl ein Nothbehelf sein kön. nen, ich glaube aber, Sie werden Alle mit mir einig sein, daß dies für die Dauer nicht in Aussicht genommen werden kann. Das Be⸗ dürfniß, wie es mir für der Reichstag vorschwebt, aberseigt außerdem in seinen räumlichen Dimensignen das, was hier erfüllt ist, sehr erheb= lich. Die Mängel die ich genau kenne von der Zeit, wo ich als Abgeordneter in diesen Räumen getagt habe, und auch jetzt, sind solche, die unter allen Umständen vermieden weiden müssen. Die Art, wie die Herren sitzen, eng, in der Unmöglichkeit aufzustehen, ohne 4 bis 5 ihrer Kollegen zu stsren, ist an und für sich für die lange Dauer der Sitzungen, mehrere Stunden hintereinander, fast unermräglich, und es ist unvermeidlich, daß die Abspannung, die aus diesem zellenartigen Eingesperrtsein auf einem bestimmten Platz hervorgeht, nicht zum Theil mitunter auf die Stimmung des Einzelnen mit einwirkt. Es ist ein dringendes Bedürfniß der Regierung, die Herren in möglichst wohl⸗ wollender Stimmung zu erhalten. Ich glaube also, daß Jeder oder wenigstens immer Zwei nebeneinander in der Lage sein müssen, ohne Belästigung eines Dritten ihren Platz zu verlassen; ich glaube, daß Sie, jeder Einzelne von Ihnen räumlich so bequem sißen muß, daß nicht das körperliche geiden, welches man bei längeren Eisen hahnfahrten empfindet, hinzutritt zu der geistigen Abspannung. Ich glaube ferner, daß sehr viele be⸗ deutende Rebenräume vorhanden fein müssen, theils für die Restau—= rattonslotalitäten, wie sie mir in ihrer Ausdehnung und Ausstattung hier nicht recht würdig scheinen, zum Theil auch für unbeschäftigfe Abgeordnete, und theils zu Konferenz Zimmern Jeder von Ihnen wird im Laufe der Sitzung das Bedurfniß gehabt hahen, in seinen oder in Staatsgeschäften mit Fremden zu reden; da findet man in anderen Parlamenten schickliche Räumlichkeiten, die dazu eingerichtet sind, und wo man selbst einen Ausländer, ohne zu erröthen, kann warten lassen. Hier ist das doch nicht immer der Fall. Auch für die Ministet, für die Mitglieder des Bundesrathes ist es ganz unentbehrlich, mehrere Konferenz⸗Zinmer zu haben, so daß immer mehrere der Herren gleichzeitig ihre Geschäfte hier abmachen und Vorträge hier entgegennehmen können. Ich bin genöthigt, Gesandte hier zu emnfangen. Wir heben für den Aufent- halt der Mitglieder des Bundesrathes, der Kommissarien und für Alle, die hier etwa warten, ein einziges den Herren bekanntes Zimmer, was nothwendig immer Durchgang bleiben mußz es ist ganz unmöglich, sich für ein Gespräch zu isoliten, wie ja Mehrere gleichzeitig dasselbe Bedürfniß haben können. Ich glaube also, daß wir einen sehr viel bedeulenderen Flächenraum in Aussicht nehmen müssen, als er hier vorhanden ist, um wirklich beguem und zweck mäßig darin wirthschaften zu können. Das wird wenigstens ein Element sein, um die Frage mit zu beantworten, os sich die Geschäftsräume des preußischen Landtages und des Reichstages in demselben Gebäude, auf demselben Grundstücke unterkringen lassen. Dringend wünschenswerth ist eine nahe Verbindung zwischen den Beamten des Reiches, die mit dein Reichstage zu thun haben, und deren Bureaus. Die Herren könnten nur durch die Erfahrung einen der Wahrheit nahe komnjenden Eindruch da— von gewinnen, welche Erschwerung aller Geschaͤfte in der Größe der Entfernung der Räumlichteiten liegt, wie viel Zeit verloren geht, und vom Staate hoch beiahlte Zeit, wenn die Sitzungen hier am Dönhofsplatze sind im Vergleich zu der Zeit, wo sie im Herrenhguse sind, wo alle Geschäftslokale sich in der Nähe besinden. Sollie diese Entfernung noch vergrößert werden — und das wäre hei einigen der in Aussicht genommenen Bauplätze der Fall — so würden sich diese Uebelstände in hohem Grade steigern, und es würde dann fast unver— meidlich sein, daß Sie auf Ihrer Reise in eine entfernte Gegend mich wenigstens mitnehmen, mit andern Worten, daß die Wohnungen des Bundeskanzlers und Ministers des Auswärtigen auf, dieselbe Stelle übertragen würden — unter Umständen — auf der die Gebäude für den Reichstag aufgebaut werden. Denn die Zeit — der Tag hat nur 24 Stunden — ist nicht zu beschaffen mit dem vielen Hin- und Hergehen für die Beamten, die nöthig mit ihm zu thun haben, für jedes Aktenstück, das gebraucht wird, und dessen Beschaffung vielleicht urch ein mißverstandenes Telegramm noch verzögert wird. Dieser Uebelstand ist bei einigen sonst noch in Frage kommenden Grund- stcken gar nicht oder nur in geringem Maße vorhanden Bei— spielsweise das Gräandstück, welches unter dem Namen der Artit⸗ leriewertstätte bekannt ist und welches eingeschlossen wird, von den Linden und der Neuen Wilhelmsstraße und durchschnitten durch die Dorotheenstraße Es ist das ein ziemlich großes Grundstück, namentlich wenn man die Häuser — die sehr wenig Tiefe haben — die es von der Neuen Wilhelmsstraße abschneiden, hinzunimmt, und allenfalls das preußische Ministerium des Innern mit dazu in Aussicht nimmt, was große Hinterräume und Garten hat. Die Form des Grundstücks ist nicht ganz erwünscht. Die Dorotheen⸗
raße durchschneidet es. Der schönste Theil ist der zwischen der Dorotheenstraße und der Spree gelegene, der größere Theil aber der südlich der Dorotheenstraße. Es wird das Alles Gegenstand weiterer tech nischer Ermittelungen sein. Eine weitere Möglichkeit, die von preußischer fiskalischer Seite nicht erheblichen Anstand haben würde, wäre die Benutzung des Platzes, auf dem heut zu Tage das Alademie. Gebäude steht, ein sehr ausgedehntes Grundstück. Ih bin noch nicht in der Lage, Ihnen heute mit Sicherheit sagen zu können, oh die Ausdehnung davon bis an die Derotheenstraße reichen könnte mit anderen Worten, ob die Marställe und Kasernengebäude, die sich
204*