1871 / 2 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 May 1871 18:00:01 GMT) scan diff

Der Präsident Dr. Simson theilte ein Schreiben des Reichs⸗ kanzlers mit, welches von der Wahl des Ausschusses des Bundes- rathes für das Rechnungswesen der Bundesschulden Verwaltung Kenntniß giebt; es sind in denselben gewählt: der sächsische Geh. Finanz⸗Käth Klemm, der braunschweigische Bevollmächtigte Geh. Rath v. Liebe und der Präsident der Seehandlung, Geh. Finanz⸗ Rath Günther. .

Die Kommission für den Gesetzentwurf, betreffend die Ver⸗ einigung von Elsaß und Lothringen, hat sich unter dem Vorsitz des Abg. Frhrn. v. Stauffenberg konstituirt; sein Stellvertreter ist der Abg. Graf Rittberg. Schriftführer sind die Abgg. Graf Luxburg und Dr. Wehrenpfennig, Referenten die Abgg. Lamey und Friedenthal.

Die erste Berathung des Gesetzentwurfs über das Post⸗ wesen des Deutschen Reichs leitete der General-Postdirektor Stephan durch eine Darstellung des außerordentlichen Fort⸗ schritts ein, welchen das deutsche Postwesen durch seine Unter— werfung unter ein gemeinsames Postgesetz und ein einheitliches Postrecht erfahre, denn auch die beiden süddeutschen Staaten, die sich vertragsmäßig die Selbständigkeit ihrer Postverwaltung vorbehalten haben, würden nicht außerhalb dieses Gesetzes und dieses Rechtes stehen. Die Vorlage selbst biete wesentlich nichts Neues, sondern sei als eine Erbschaft des Norddeutschen Bun—⸗ des zu betrachten.

Diese Auffassung wurde von allen Rednern getheilt, was jedoch nicht ausschloß, daß weiter gehende Wünsche geäußert wurden. Die Abgg. Elben, Seelig, Hölder und Dr. Becker hielten die Beschränkung, eventuell die Aufhebung des Post⸗ monopols sehr wohl für möglich, ohne die Postverwaltung ihres Einnahme⸗NUeberschusses zu berauben. Die Einen ver⸗ langten Aufhebung des Postzwanges für den Debit politischer Zeitungen, Andere auch für die Briefkorrespondenz. Frhr. von Hoverbeck nahm Anstoß an den in §. 50 des Post— gesetzes vorbehaltenen reglementarischen Anordnungen, die nach seiner Meinung in das Posttaxgesetz gehören. Der Abg. Grumbrecht nahm die bestchenden Postzustände gegen weiter gehende Wünsche in Schutz, wenn ihre allgemeine wohlthätige Wirkung zugleich mit ihrer finanziellen . nicht gefährdet werden solle. Der General ⸗Postdirektor Step daß man das Gute nehmen müsse, wo man finde, daß man aber die coulantere Auffassung des Monopols der Post in Württemberg keineswegs finde, ebenso wenig in Dänemark, auf dessen Postgesetzgebung der Abg. Seelig verwiesen hatte. Die deutsche Postverwaltung habe die Konkurrenz mit Privat⸗—⸗ unternehmungen nicht zu scheuen, aber unter dieser Konkur⸗ . nur das Publikum und vor Allem die Konkurren—« en leiden.

Nachdem der Bundeskommissar, Geh. Post⸗Rath Dambach

auf eine bezügliche Bemerkung des Abgeordneten Metz erklärt hatte, daß die sechsmonatliche Frist für Entschädigungsan sprüche an die Postverwaltung sowohl den Interessenten genüge, als auch die Verwaltung vor der Last schütze, allzu massenhaftes Beschwerde⸗ und Korrespondenzmaterial für längere Zeit auf⸗— zubewahren, wurde die erste Berathung des Postgesetzes damit geschlossen, daß die Verweisung desselben an eine Kommission nicht genehmigt wurde, die zweite Berathung wird also eben— falls im Plenum stattfinden. „Es folgte darauf die erste Berathung des Gesetzentwurfs über das Posttaxwesen im Gebiete des Deutschen Reiches. Eine des Abg. Grafen Rittberg gab dem General⸗Post— Direktor Stephan Anlaß zu der Erklärung, daß die Regierun— gen entschlossen seien, das Landbrief⸗Bestellgeld für Kreuzband⸗ sendungen aufzugeben, und damit ein Opfer von 49,900 Thlr. zu bringen, das um so schwerer wiege, als die Landbrief⸗Bestellung die weiteste Ausdehnung erfahren solle. In Mecklenburg habe der Norddeutsche Bund diese Einrichtung überhaupt nicht vor⸗ efunden und mehr als 150 Briefträger anstellen müssen. In lsaß und Lothringen sei sie gut entwickelt worden, aber die Landbriefträger müßten sehr viel besser bezahlt werden als unter der französischen Regierung, weil sie ihre Nebenverdienste (Handel mit Kalendern und Traktaten, Rabatt von Brief⸗ marken u. s. w. verlören. Mit dieser Vorlage wird das Haus ebenso verfahren, wie mit der ersteren.

. Dasselbe wird geschehen mit dem Gesetzentwurfe, betreffend die Redaktion des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich, das, wie der württembergische Staats-Minister von Mittnacht aus⸗ drücklich hervorhob, materiell von dem des Norddeutschen Bun⸗ des in keinem Punkt abweicht, und mit dem Gesetzentwurfe, . die Kriegsdenkmünze für das Reichsheer.

„Beim Schluß des Blattes ging das Haus zu Wahl— prüfungen und Petitionen über und 6 dic weh 6 Abg. Schröder (Lippstadt), indem es zugleich den Reichskanzler aufzufordern beschloß, gerichtliche Untersuchung der zur Sprache gekommenen Mängel und Beschwerden einleiten zu lassen.

Der Abg.

an bezeichnete als seinen Standpunkt,

Die Kommission zur weiteren Ausbildung der Statistik des Golo? ehm! hat in ihrer 45. und 46. ne die Verhandlungen über eine gemeinsame deutsche Statistik der landwirthschaftlichen Bobenbenutzung und des Ernte-Ertrages zum Ahschlusse gebracht und demnächst die Berathungen über

gonnen.

Danzig, 4. Mai. Die hier an der Königl-⸗Werft liegende Segel Fregatte »Thetis« soll durch die . . prinz« nach Kiel bugsirt werden. Die Panzerfregatte »Friedrich Carl« wird z. Z. abgerüstet.

Kiel, 4. Mai. (K. Korr.). S M. Kanonenboot. » Blitz« ist am 1. von Cuxhaven in Wilhelmshaven angetommen.

, Ner Dampfer Pommerania« traf am 2. hier ein und wird demnächst an die Werft hier abgegeben werden. S. M. Panzerfregatte »Kronprinz« traf gestern hier ein. S. M. S. Medusa⸗ und Dampfkanonenhoot Meteor« haben telegraphisch den Befehl zur Rückkehr nach der Heimath erhalten; -Meteor« hat nach Meldung vom 13. April die Rückreise von Havanna via NewYork angetreten.

Die Entlassung der ausgedienten Mannschaften der Flotten⸗Stamm-Division der Jahrgänge 1867 und 1868 und der im April 1870 bei derselben eingestellten einjährig Frei⸗ willigen, sowie auch eines Theiles des Jahrganges 1869 ist an— geordnet worden.

Bayern. München, 3. Mai. Der König ist gestern von Hohenschwangau hierher zurückgekehrt. Der Staats. Minister des Aeußern, Graf von Bray, hat sich heute nach Dresden begeben.

Die Landrathsabschiede liegen nunmehr bei— nahe sämmtlich vor. Dem Abschied fuͤr den oberfrän—⸗ kischen Landrath ist zu entnehmen, daß die Krone erklärt: dem Wunsche, daß die Einberufung der Landräthe früher und, so weit thunlich, im Oktober jedes Jahres erfolgen möge, gern die entsprechende Berücksichtigung zuwenden zu wollen. Dem Landrgth von Schwaben wird die Bewilligung ertheilt, daß dem allgemeinen deutschen Invalidenfonds die Summe von 10,000 Fl, aus dem Kapitalvermögen des Mazimilians— Hülfsmagazinsfonds zugewendet werde, unter Anerkennung der edlen Beweggründe, welche diesen Beschluß veranlassen, und unter der Bedingung, daß die Refundirung dieser Summe im Laufe der nächsten vier Jahre durch Abmassirung der Renten des genannten Magazinsfonds erfolge. Die Anträge des Landraths von Mittelfranken wegen Herbeiführung einer Berbesserung der Lehrerbesoldungen im Wege der Gesetz⸗ gebung und wegen Revision und Rektifikation der Schulfassts— nen, namentlich hinsichtlich der Erträgnisse aus Grundstücken, sollen näherer Erwägung unterstellt werden. Dem Beschlusse des Landraths: bis zur neuen gesetzlichen Regelung der Lehrer— gehalte dem sämmtlichen Schulpersonal des Kreises Aufbesse⸗ rungen aus Kreismitteln zuzuwenden, im Gesammtbetrage von 44,550 Fl., wird die Königliche Genehmigung ertheilt und zu— gleich dem Landrathe für die hierdurch bekundete warme Für— sorge für die Interessen des Lehrerstandes Anerkennung aus—

en , ;

ach sen⸗Altenburg. Altenburg, 4. Mai. Gestern wurden von dem Herzog der Kgiserlich deuische ,,, Gesandte und bevollmächtigte Minister von Eichmann und der Kaiserlich russische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister, Wirklicher Staats⸗Rath von Kotzebue empfangen und ö nebst ihren Gemahlinnen zur herrschaftlichen Tafel ge⸗ 5 ?

Metz, 30. April. Die gegen Ende vorigen Jahres eingese außerordentliche Gesundheits ⸗Kommission * ö Nr. 385, 6. Dezember 1870 hat ihre Arbeiten zum großen Theil dollendet, Die Gefahren, welche durch die Anhäufung von ö 000. Menschenleichen in einem Unikreise um die Stadt Metz, dessen Radius kaum 14 Kilometer 2 deutsche Meilen groß ist, hinsichtlich des Auftretens epidemischer Krankheiten drohen mußten, sind durch die vereinten energischen Maßregeln der deutschen Militär⸗ und Civilbehörden beseitigt. Die in und um Metz belegenen Lagerplätze der Bazaineschen Armee sind nach erfolgter Umpflügung mit Saaten bestellt, welche bei den hier durchschnittlich günstigen Witterungsverhältnissen bereits aufgelaufen sind und bald in Halm geschossen sein werden. Durch das beabsichtigte mehrfache Schneiden dieser Halmfrüchte während des laufenden Jahres ist zu hoffen, daß bei Hintansetzung etwa in ökonomischer Hinsicht zu erzielender materieller Voͤrtheile die iar r nsttat möglichst angespannt und ausgebeutet wer⸗

Ein Theil des Festungsterrains, welches parkartig an-

elegt von der belagerten Armee rücksichtslos zerstört war f unter Hinzuziehung von Forstbeamten mit ö sorg⸗

die in Aussicht genommenen periodischen Viehzählungen be,

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fältig ausgewählten Bäumen bepflanzt worden, deren frisches, üppiges Grün zur Zeit schon der Luft die Miasmen entzieht.

Wo Pferdekadaver freilagen, sind sie mit chemischen Stoffen verbrannt worden, wo solche in Gruben unzureichend verscharrt waren, sind sie durch die wirksamsten Desinfektionsmittel un— schädlich gemacht und durch hinlängliche Erdschüttung der At— mosphäre für immer entzogen worden.

Die Behandlung der meistentheils unzulänglich be— grabenen menschlichen Leichen auf den großen Schlachtfeldern des 14, 16. und 18. August v. J. hat selbstverständ⸗ lich mit all' der Pietät stattgefunden, die das Vaterland seinen Angehörigen den trauernd Hinterbliebenen wie den Gefallenen in echt christlich germanischer Gesinnung schuldet. Nach erfolgter Desinfektion sind diese Gräber in ordnungsmäßige erkennbare Form gebracht und derartig mit Erde aufgeschüttet worden, daß ein Entweichen von Gasen nicht mehr zu befürchten ist. Wo irgend thunlich, sind die Stätten mit Rasen belegt oder mit Feldsteinen eingefaßt, sowie mit hölzernen Einfriedigungen versehen worden. In allen denjeni— gen Fällen, in welchen die Exhumirung der Leiche nothwendig geworden, ist dieselbe mit allen Vorsichtsmaßregeln gegen etwaige Verstümmelung erfolgt, und nachher sind solche Gru— ben desinfizirt worden.

Ein Verbrennen von Leichen, wie Solches bei Sedan geschehen, hat, ungeachtet entgegenstehender anderweitiger Be— haupfungen, nicht stattgefunden.

Da eine genügende Anzahl zuverlässiger französischer Civil—⸗ arbeiter nicht zu erbalten war, haben deutsche Soldaten die letzte Ehrenpflicht erfüllt. Es wurden zu diesem Behufe vier Compagnien des hier stationirten Pionier⸗Bataillons unter Führung ihrer Offiziere kommandirt, welche mit der dem deutschen Soldaten eigenen Opferwilligkeit diese schwierige und theilweise gefahrvolle Arbeit unverdrossen ausgeführt haben.

Wenn vielfach der Wunsch laut geworden, die Leichen nach Deutschland überzuführen, so muß konstatirt werden, daß sol⸗ ches unthunlich ist. Eine Exhumirung von Leichen aus einem Massengrabe ist selbstverständlich unstatthaft, weil eine Ver⸗ letzung anderer Körper dabei nicht zu vermeiden ist, ein Um⸗ und Ausgraben von Leichen, die nicht allein bestattet sind, bringt in denselben Konflikt mit den Strafgesetzen, als wenn Jemand auf einem Friedhofe unberechtigter Weise Leichen aus⸗ gräbt. Die Verwesung ist außerdem bereits soweit vorgeschrit⸗ ten, daß ein Erkennen, sei es des AÄntlitzes oder des Haares ze. unmöglich geworden ist.

Hinsichtlich des Eigenthum-Erwerbs von Gräbern der Ge⸗ fallenen ist zu bemerken, daß eine Expropriation nur bei größeren Massengräbern, wie z. B. das des L. und III. Garde—⸗ Regiments z. F. bei Marie aux chénes thunlich erscheint, wohin gegen bei den vielen kleinen Gräbern ein Ankauf anzurathen ist.

Um endlich bleibende Denkmäler zu errichten, so ist eine Vereinbarung der Familienangehörigen mit den bezüglichen Truppentheilen diejenige Lösung, welche wegen ihrer Gemein— schaftlichkeit vorzugsweise zu empfehlen ist.

Oesterreich⸗ngarn. Wien, 4. Mai. (W. T. B) Die Erzherzogin Maria Annunciata, Gemahlin des Erzherzogs Karl Ludwig, ist heute Abend um 7* Uhr gestorben.

Der Verfassungs⸗Ausschuß des Abgeordnetenhauses wählte in seiner heutigen Sitzung Dr. Herbst zum Bericht— erstatter über die Vorlage der Regierung, betreffend die Erwei⸗ terung der Autonomie der Landtage, und forderte densel ben auf, feinen Bericht dem Ausschusse am 6. d. vorzulegen, so daß die Berathung der Vorlage im Plenum am 9. d. stattfinden könne. Der Verfassungsausschuß beschloß ferner nach längerer Debatte zur Berathung der Frage, ob in dieser Angelegenheit eine Adresse an den Kaiser zu richten sei und zur Feststellung der in derselben darzulegenden Gesichtspunkte, ein Subkomite von fünf Mitgliedern einzusetzen. In dieses Subkomite wur⸗ den gewählt: Dr. Brestl, Dr. Herbst, von Lasser, Dr. Rechbauer, Dr. Sturm. Die Regierung war in der Sitzung des Aus— schusses nicht vertreten.

Pest h, 3. Mai. In der heutigen Unterhaussitzung wurde der Gesetzentwurf über die provisorische Regelung der Kolonisten⸗ gemeinden und der Gesetzentwurf über die Gerichte erster Instanz angenommen. Das Gesuch der Staatsanwaltschaft, gegen den Abgeordneten Mileties eine neue Preßklage anstrengen zu dür— fen, wurde bewilligt. Hierauf beantwortete der Minister Hor⸗ vath die Interpellation Dietrichs und erklärte, daß die Gerichts⸗ Organisallon, wenn keine neuen Schwierigkeiten auftauchen, im Jahre 1872 beendet sein werde. Die Gerichts-Präsidenten würden ernannt, die übrigen Stellen im Konkurs wege besetzt werden. Ueber den Gesetzentwurf, betreffend die Gerichts höfe, wurde die Spezialdebatte eingeleitet.,

Pola, 1. Mai. Auf Allerhöchsten Befehl hat . hier die Grundsteinlegung des See⸗Arsenals im Beisein saͤmmt—⸗

licher Marine⸗Angehörigen und der übrigen Behörden feierlichst stattgefun den.

Schweiz. Genf, 4. Mai. (W. T. B.) Die Ausliefe⸗ rung des hier verhafteten ehemaligen bonapartistischen Prä⸗ fekten Janvier de la Motte ist auf Grund begangener Unter— schleife bei der ihm anvertrauten Präfekturkasse von dem fran⸗ zösischen Gesandten beantragt worden. Der Bundesrath hat dem Staatsrathe von Genf die Führung der gerichtlichen Unter⸗ suchung in dieser Angelegenheit übertragen und demselben die Ermächtigung zur eventuellen Auslieferung ertheilt.

Belgien. Brüssel, 4. Mai. (W. T. B) Jules Favre, welcher hier erwartet wurde, ist noch nicht eingetroffen. Behufs Ein⸗ holung von Instruktionen werden sich, wie es heißt, die fran⸗ zösischen Bevollmächtigten unmittelbar nach Versailles begeben und wird Graf Arnim auf ein paar Vage nach Deutschland gehen. Am Dienstag dürften dieselben jedenfalls wieder zu⸗ rück sein.

Großbritannien und Irland. London, 3. Mai. Am Königlichen Hoflager in Osborne wurde am 1. Mai der Geburtstag des Prinzen Arthur, dritten Sohnes der Königin, der sein 21. Lebensjahr und somit seine Groß⸗ jährigkeit erreichte, festlich begangen. Die Kapellen des 99. Infanterie⸗Regiments und des Seesoldaten⸗Corps brachten dem Prinzen ein Ständchen, und am Abend gab die Königin dem Hof⸗Dienstpersonal einen Ball, dem Ihre Majestät sowie die übrigen Mitglieder der Königlichen Familie eine Zeitlang beiwohnten.

In der gestrigen Nachtsitzung des Unterhauses wurde eine mit über 100,000 Unterschriften bedeckte Monstre— Petition gegen das Schank⸗Konzessionirungsgesetz (Licensing Bill) überreicht. Ein Antrag, welcher für wünschenk⸗ werth erklärte, daß der General⸗Postmeister dem General⸗Post⸗ amte der Vereinigten Staaten proponire, das Briesporto zwischen den beiden Ländern von 3Pe. auf 1Pe. zu ermäßigen, wurde nach einer längeren Debatte abgelehnt. Wegen Unvollzähligkeit des Hauses mußte hierauf die Sitzung geschlossen werden.

Im Oberhause wurde die zweite Lesung der von der Regierung anläßlich der agrarischen Umtriebe in gewissen Thei⸗ len Irlands eingebrachten Vorlage beantragt und, nachdem mehrere Pairs sich bereit erklärt hatten, die Bill auf Verant⸗

wortlichkeit der Regierung hin zu acceptiren, dieselbe zum

zweiten Male gelesen.

Großbritanniens Staatseinnahmen vom 1. bis 29. April betrugen laut amtlichem Ausweise 5,960,920 Pfd. St., und die Ausgaben im gleichen Zeitraum 7,425,250 Pfd. St. Die Ein⸗ nahme entfloß aus folgenden Quellen: Zölle 1427 000 Pfd. St., Accise 1895, 000 Pfd. St., Stempelgefälle 80000 Pfd. St., Taxen 132,000 Pfd. St., Einkommensteuer 437,900 Pfd. St., Kronländereien 25,000 Pfd. St. und Diverse 334,929 Pfd. St. Der Saldo des Schatzämtes in der Bank von England belief sich am 29. April auf 3,868,130 Pfd. St., und in der Bank von Irland auf 738,428 Pfd. St.

Das deutsche Friedensfest ist unter Anwesenheit des deutschen Botschafters glänzend verlaufen. Es betheiligten sich an dem Festmahl etwa 2000 Personen; ein Brief des Deutschen Kaisers ist verlesen worden.

4. Mai. Im Unterhause beantragte Torrens, die Ein⸗ kommensteuer auf 5 Pence per Pfd. St. festzusetzen und tadelte das Vorgehen der Regierung in heftiger Weise. Es sei zweck— mäßiger, die Bezahlung der Annuitäten so lange zu suspen⸗ diren, bis die finanzielle Lage des Staates wieder eine günstigere geworden sei. Im Verlaufe der Debatte griff die Mehrzahl der Redner die Regierung an; auch von liberaler Seite wur— den die ministeriellen Finanzvorlagen mißbilligt und erklärten mehrere dieser Partei angehörende Redner, daß sie sich der Ab⸗ stimmung enthalten würden. Nachdem Göschen und Gladstone die Regierungsvorlage vertheidigt hatten, wurde schließlich der Antrag Torrens' mit 294 gegen 248 Stimmen verworfen. Hugessen, Unter ⸗Staatssekretär im Departement des Innern, heilte mit, daß die Verhandlungen mit Frankreich bezüglich der Kolonien am Gambia wahrscheinlich nicht wieder eröffnet werden würden.

Frankreich. Ver sailles 4. Mai, Morgens 8 Uhr. Die Agence Havas« meldet: Das Geschütz und Gewehrfeuer dauert fort, ohne daß es bis jetzt zu einem bedeutenderen Zusammenstoße gekommen ist. Sechszig Gefangene wurden gestern nach Ver⸗ failles gebracht. Jules Favre ist vergangene Nacht von hier nach Brüssel abgereist, um die Friedensverhandlungen zu be⸗ schleunigen. Dem Journal »Soir« zufolge hat der Proku⸗ rator von Dreuxz die Prinzen von Orleans aufgefordert, Frank⸗ reich zu verlassen.

Vergangene Nacht hat der General Laeretelle Moulin Saquet genommen, wobei die Föderirten einen Verlust von