* 23 K
2950
Anhänger hatten in San Juan mehrere Häuser niedergebrannt und alle Gefangenen erschossen. .
— In Hayti macht der Präsident eine Rundreise in den südlichen Provinzen. Die Kaffee ⸗Ernte ist sehr reich ausgefallen.
Australien. Das Kolonialparlament in Neu⸗Süd⸗ Wales ist bis auf Weiteres prorogirt worden. Die englische Regierung hat der Handelskammer in Sydney angezeigt, daß sie die Hallsche Dampferlinie (nach San Francisco) unterstützen wolle und hat daher den Kontrakt mit der »Pennisular⸗ und Oriental Compagnie« gekündigt. — In Folge der Geldkrisis hat der Kolonial⸗Finanz ⸗Minister die Kolonialanleihe nicht unterbringen können. — Als eine Folge des vor Monaten ausgesprengten Gerüchtes von Flibustierzügen gegen diese Ko⸗ lonie wird die Errichtung einer Miliz vorgenommen. — Die Legislatur von Victoria hat den neuen Tarif angenommen, doch glaubt man, das Oberhaus werde ihn verwerfen.
— In Queensland ist der neue Vizekönig, der Marquis of Normanby, eingetroffen und hat die Regierung übernommen. Die Wahlen sind zu Gunsten der Regierung ausgefallen. Die Berichte über die Ernte lauten sehr günstig, besonders über
Zucker und Baumwolle. Man beabsichtigt, eine wissenschaft⸗
liche Expedition zur Beobachtung der im Dezember stattfindenden Sonnenfsinsterniß nach Kap York abzuschicken.
— Die Legislatur von Neuseeland hat das Gesetz, welches die Ehe mit der Schwester der verstorbenen Frau legalisirt, an⸗ genommen, wie auch das Gesetz über Geschwornengerichte dahin abgeändert, daß in Civilfällen der Wahrspruch durch eine Majorität der Geschwornen gültig sei.
(Erratum.) In the Notification published in the Nr. 155 Reichs- Anzeiger of October 28 pag. 2907 the words „two Vears aster the 12th of May 1872. ought to have been „two vVears after the 12th of May 1870*.
Neichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 31. Oktober. In der gestrigen Sitzung des Reichstags leitete der Staats⸗Minister Delbrück die General⸗ Debatte über den Reichshaushalts Etat für das Jahr 1872 durch folgende Erörterung ein:
Maren ser , Der Ihnen vorliegende Gesetz und Etatentwurf unterscheidet sich von den Eräis des 1 , Dun ves, rn! ch
bisher zur Berathung des Reichstages standen und von dem Nach— tragsetat für den diesjährigen Etat, welcher in der letzten Sesston der Berathung des Reichstages unterlag, in sehr wesentlichen Beziehungen. — Er enthält zuerst den Ausdruck der neuen, verfassungsmaäßigen Ge— staltung Deutschlands, wie sie auf der Reichsverfassung vom 16. April d. J. beruht, und der Vereinigung Elsaß Lothringens mit dem Deutschen Reiche, soweit diese staaisrechtlichen Gestaltungen einen finanziellen Ausdruck haben. Er hat ferner die Aufgabe, en Haus. halt des Reiches von dem Haushalt der einzelnen Bundesstaaten un— abhängiger zu stellen, als dieses bisher der Fall war, dem Haushalte des Reiches eine selbständige Grundlage zu geben.
In Folge der ersten von mir erwähnten Verschiedenheit wird es überaus schwer und für eine mündliche Darlegung beinahe unmsg.
lich, die einzelnen Verschiedenheiten des Ihnen jetzt vorliegenden Etats
von demjenigen Etat hervorzuheben, welcher für das lau— fende Jahr gilt Der Etat für das laufende Jahr hat zwar um Theil auch schen zum Ausdruck gebracht die Erweiterung des Norddeutschen Bundes zum Deutschen Keiche; in den wesentlich— sten Beziehungen aber konnte er dies nech nicht thun. Durch die Bündnißverträge war und ist für das laufende Jahr die Militaͤr= verwaltung den süddeutschen Staaten noch vorbehalten, und die na— türliche Konsequenz davon war es, daß die Zölle und gemeinschaft⸗ lichen Steuern der süddeutschen Staaten nicht in die Reichs kass⸗ flossen, sondern diesen Staaten zur selbständigen Vereinnahmung verblieben. Die Modalität, welche allein hierdurch, durch den . dieses Zu⸗ standes, in den Ihnen vorgelegten Etat weiter eingeführt wird, ist so be⸗ deutend, daß es überflüssig ist, in eine Einzelvergleichung des besiehen« den mit dem Ihnen vorliegenden Etat weiter einzugehen, als solce in den Erläut rungen zu dem Etat übersichtlich enthalten ist. Ich glaube in⸗ dessen, daß es nicht ohne Interesse sein wird, wenn Jich nach einer anderen Seite hin einige Hauptresultate des jetzigen Etats, nicht fo— wohl in Rergleichung mit früheren, als mit Ruͤcksicht auf ihre felbst— ständige Bedeutung herverhebe. Der vorliegende Etat schließt mit einer Ausgabe von 1105522816 Thlr. ab. Von dieser Ausgabe soll gedeckt werden, theils aus der von Frankreich bezohlten Kriegsentschädi= gung, theils aus der von dem Hause für Marinezwecke bewilligten Anleihe, ein Gesammtbetrag von 8492000 Thlr. Es sind das zu— nächst 35 Millionen aus der französischen Kriegsentschädigung, welche bestünnmt werden sollen zur Zurückzahlung desjenigen Theiles der Marine Anleihe, der für die Küstenbefestigung berechnet ist, so⸗
dann 35 Millionen aus derselben Quelle als Betriebsfonds
für die Reichs - Finanzverwaltung, endlich 20000 Thaler aus derselben Quelle für die außerordentlichen Aufwendungen, die zur Revision der Kriegs Rechnungen zu machen sind, und zulttzt 1,222 000 Thaler aus der Marine Anleihe. Es bleiben also aus regelmäßigen Quellen zu decken 102030816 Thaler. Von
dieser Summe wird nur ein Theil durch die eigenen Einnahmen des Reichs gedeckt. ; ö. J
Diese Einnahmen sind in erster Linie die Zölle und Verhrauchʒ. steuern einschließlich der Aversa, und ich darf hier wohl zur Erleich. terung der Uebersicht dem in dem Etat nachgewiesenen Betrage der Zölle, Verbrauchssteuern und Aversa zugleich hinzusetzen das jen ige Aequivalent, welches von den saddeutschen Staaten für diejenigen Verbrauchssteuern an die Neichskesse zu zahlen ist, mit weichen sie
nicht in Bemeinschaft mit den ührigen Bundesstaaien stehen? De
Ihnen vorliegende Etat weist an Zöllen, Verbrauchs steuern und Aversen eine Einnahme von 62,536,100 Thalern nach. Hierzu würde hinzutreten der Antheil der von den süddeutschen Staaten valent für die Bier, und Branntwein - Steuer zu zahlende Betrag
nach dem Verhältniß der Bepoͤlk⸗rung mit rund 3,428, 000 Thaler, llen .
und es würde sich also als gemeinschaftliche Einnahme aus 36 Verbrauchssteuern und AÄpersen eine Summe von 65.964, 100 Thalern ergeben Dieser Einnahme treten an ferneren gemeinschaftlichen Einnahmen hinzu: für. Wechselstempel Steuer 1347, 520 Thaler,
von den Elsaß-Lothringischen Eisenbahnen 2954 550 Thaler. endlich an verschiedenen Einnahmen 144 103 Thlr. Es ergiet die eine Gesammtsumme an eigenen Einnahmen von 70410 2773 Thir., Diese Gesammtsumme an eigenen Einnahmen abgezogen von den aus regelmäßigen Quellen zu bestreitenden Ausgaben, die ich vorhin init 102,030 816 Thlr. angegeben habe, bleiben noch aufzubringen 31,620,543 Thlr. In Beziehung auf diese Summe muß nun bei der
weiteren Darstellung unterschieden werden zwischen denjenigen Bundet⸗ staaten, welche in der Gemeinschaft der Post⸗ und Telegraphen - Ver— waltung stehen, und denjenigen, bei welchen dies nicht der Fall ist, also mit andern Worten zwischen Bayern und Württemberg auf der einen, und den übrigen Bundesstaaten auf der andern Seite. Von der vorhingenannten Summe von 31,620 543 Thlrin. würden nach dem Verhältniß der MatrikularBerölterung Juf Bayern und Würk— temberg fallen ungefähr 4 927,105 Thlr., aaf die übrigen Bundes⸗ staaten 26,693 433 Thlr. Den übrigen Bundesstagten kommen auf die eben bezeichneten Summen zu Gute ihre wostüberschüsst im Be—= trage von 3,906 626 Thir. Es haben also die bei der Postrerwal⸗ tung gemeinsam betheiligten Siaaten nech a. zubringen 23 6863512
Thaler. Um nun anschaulich zu macken, wie sich für die Staaten des vormaligen Norddeutschen Bandes das Verhältniß der Matrikularbeiträge, die für das nächste Jahr in Aussicht zu neh. men sind, zu den im laufenden Jahr zu zahlenden fekt würde von
der eben angegebenen Summe abzurechnen sein der auf Baden, Süd= hessen und Elsaß Lothringen fallende matrikularmäßige Antheil, das
sind etwa 2641104 Thlr. Diese abgezogen von den Z 686 32 Thlr,
verbleiben 21,045,708 Thlr. als derjenige Betrag, welcher von den Staaten des vormaligen Norddeutschen Bundes an Matrikularbeiträ⸗ gen aufzubriagen ist. Im laufenden Jahre beträgt dieser Betrag 22063, 088 Thlr. Es ist also — wie dies auch beiläufig in den Er⸗ n, dem vorliegenden Etat angeführt ist — für die Staaten es vormaligen Norddeutschen Bundes ein Minderbetrag an Matrstu— larbeiträgen von 1000000 Thlr. in Aussicht zu nehmen.
Indem ich diese allgemeinen Zahlen angebe, meine Herren, habe
ich ausdrücklich zu bevorworten, daß, fo weit es sich um die letzten
Stellen der Zahlen handelt, Aenderungen und Berichtigungen ein. treten werden. Ich habe bei dieser allgemeinen Uebersicht — und konnte dabei nicht anders verfahren — die kleinen Nüancen außer Betracht lassen müssen, welche darin liegen, daß die süddeutschen Staaten zu einzelnen Einrichtungen de? Reichs, welche in der Aus. gabe erscheinen, nicht im Verhältniß ihrer Berölkerung nach dem
Matrikularfuß, sondern nach einem andern Verzältniß beitragen.
Ich habe ferner außer Betracht lassen müssen die Gegen ⸗ rechnungen für Gesandtschastskosten u. dgl., und alle diest Be ⸗ föiräge im Einzelnen werden, sobald sie festgestellt sind, dahin
führen, daß die von mir angegebenen Zahlen in den letzten Stellen . eine kleine Berichtigung erfahren. Es kam mir heute an dieser Stelle darauf an, der Versammlung durch Zahlen, welche Sie kontroliren
können, welche alle ihre Begruͤndung in dem vorliegenden Stat finden, ein ungefähres Bild davon zu geben, wie sich derjenige Theil der
Ausgaben berechnen wird, welcher nicht durch die eigenen Esnnahmen
des Reiches gedeckt ist.
Ich glaube nun übergehen zu koͤnnen zu der zweiten Seite der Vorlage, welche ich dahin charatterisirt habe, daß sie darauf gerichtet ist: den Finanzhaushalt des Reichs vom Haushalt der einzelnen Bun,
desstaaten unabhängig zu machen. — Als der Norddeutsche Bund ge— gründet wurde, befand er sich als juristische Person, wenn ich mich so ausdrücken soll, ohne jedes Vermögen; er überkam die Verpflich«
tung, von dem 1. Januar 1868 an sehr große Ausgaben zu leisten, und er wurde mit diefen Ausgaben angewiesen auf die Zoll̃⸗ und Steuereinnahmen, welche verfassungsmäßig dem Bunde zu .
stehen, und auf die Matrikularbeiträge, welche nach dem Bundeshaushalts ⸗ Etat von den einzelnen Bundesstaaten zu leiten waren. Diese Stellung nöthigte ihn, an den
Finanzhaushalt seiner einzelnen Mitglieder Anforderungen zu stellen, .
welche, wie ich glaube, von fast allen diesen Miegliedern gelegentlich schwer empfunden worden sind. Dle erste dieser Anforderungen war die, daß dem Bunde die Zoll, und Steuereinnahmen zur Verfügung zu stellen waren, mit dem Augenblick, wo sie gesetzlich fällig wurden. Die gesetzliche Fälligkeit der Zölle und Steuern iritt bekanntlich zu ganz bestimmten greifbaren Momenten, je nnch der Art der Steuer ein; ebenso bekannt ist es aber, daß im Verhältniß zu der Gesammt— summe in sehr seltenen Fällen die Zölle und Sttuern in dem Mo⸗ mente gezahlt werden, wo sie fällig sind. Tie Zölle und Steuern übernahm der Nordteutsche Bund mit dem Rerhältniß, wie es sich im Zollverein iheils veitragsmäßig, theils durcb Heikommen gebildet hatte. Auch im Zollverein und in der inne b des Zollvereins be⸗ stehenden Zranntweinsteuergemeinschaft waren e Zölle und Steuern gewmeinschaftlich Die Kredite, welche gewährt warden für die Zoll und Steuerbeträge, gingen auf Rechnung der einzelnen Staaten, sie waren nicht
als Aequi.
2951
eigentlich eine gemeingschaftliche Institution des Zollvereins, sie halten sich aber der Natur der Dinge nach ziemlich gleichmäßig, wenn auch mit diesen oder jenen Nuancen, ausgebildet. Abgerechnet wurde im Zollverein über die Zölle — und was die Branntweinsteuer⸗Gemeinschaft an⸗ langt, über die Branntweinsteuer — vierteljährlich. Indessen diese Abrechnungen, die sich auf ein Vierteljahr bezogen, konnten erst fertig und frstgestellt werden in der Regel am Ende des zweiten Viertel⸗ jahr⸗, so daß also, so weit es sich um Herauszahlungen zwischen den einzelnen Staaten handelte, diese Herauszahlungen auch bei den Zöllen und der Branntweinsteuer in der Regel erst nach Monaten, zum Theil noch spãter, einttaten. Diese Herauszahlungen waren demnach für die ein⸗ zelnen Staaten auch mit Rücsicht auf die von ihnen gewährten Zoll und Bteuerfredite keine besondere Last; sie belasicten sie im Wössentlichen nicht mit erheblichen Votschüssen über dasjenige hinaus, was sie wirklich empfangen hatten. Rücksichtlich der Rübenzuckersteuer war
bekannilich im Jahre 1864 ein: andere Abrechnungsmethode verein
bart, welche die Herauszahlung auf diese Steuer geradezu von dem Eingang der observanzmäßig bewilligten Kredite abhängig machte.
In diese Lage trat nun der Norddeutsche Bund ein und verlangte von feinen Mitgliedern di; sofortige 6 der Zölle und Steuern im Momente ihrer Fälligkeit; also nach der faktischen Lage der Sache: er verlangte von seinen Mitgliedern Vorschüsse, die nach Umständen sie für drei bis sechs Monate, zun heil selbst länger, belasteten. Die Zölle und Steuern, welche sie nach drei, sechs, mitunter neun Monaten erst empfingen, hatten sie sofort zur Disposition zu stellen. Es war dies eiae Rothwendigkeit, welche die einzelnen Bundes staaten in sehr ungleichmäßiger Weise traf. Es ist ja die Industecie, welche die inneren Steuern aufzubringen hat, nicht aleihmäßig über das ganze Bundesgebiet vertheilt, sie konzentrirt sich der Natur der Dinge nach bie und da; und so geschah es, daß einzelne Bundesstaaten und namentlich ein- zelne kleinere Bundesstaaten durch die an sie gestellte Forderung ge radezu — man kann beinah sagen, wenn die Forderung durchgeführt wäre, vor den finan, Jen Rum gestellt worden wären. Bei den Zöllen liegt es nicht i so ungleichmäßig, aber doch ähnlich; es blieb indessen fur den Nord utschen Bund, wenn er die von ihm über nommenen Verpflichtun gen erfüllen wollte, nichts anderes übrig, als auf der Durchführung zieses Srundsatzes iu besteben, und nur eben gegenüber einzelnen Staaten, moelche bei der Durchführung dieses Prin- zips besonders schwer betroffen worden wären, sich auf eine andere Weise zu helfen, auf die ich nachher eingeben werde,. .
Es war ferner eine zweite Folge der Kapitalglosigktit, mit welcher der Norddeutsche Bund ins Leben lrat, daß fur den wichtigsten Zweig seiner Verwaltung, nämlich für die Militär erwaltung, die eisernen Betriebsfonds, welche für diese wie für eine jede andere Verwaltung unbedingt nothwendig sind, von den einzelnen Kontingents⸗Staaten aufzubringen oder ihren Militärverwaltungen zu belassen waren. Es war dies eine Forderung, die ebenfalls ganz unerläßlich war, aber eine Forderung zugleich, welche die einzelnen Bundesstaaten nicht gleichmäßig traf, indem fie ben nur gerichtet werden konnte an die jenigen Bundesstaaten, welche ihr Kontingent selbst verwalteten und zugleich die Kontingente anderer Bundesstgaten mit verwalteten. An die letzteren, welche nicht eine eigene Kontingents verwaltung hatten, konnte diese Forderung nicht gestellt werden. Es war also von den Staaten mit eigener Kontingenzberwaltung, zugleich im In⸗ teresse der anderer, ein Betrag herzugeben aus ihren eigen Mitteln.
Eine dritte Folge der eben dargestellten Lage war dic, daß es nöthig wurde, einen Theil — und zwar den groͤßeren Theil — der Matritularbeiträge früher einzuziehen, als es bei ciner gleichmäßigen Vertheilung diefer Beiträge auf das ganze Jahr erforderlich gewesen wäre. Thells weil die Militärperwaltung in den ersten Monaten des Jahres regelmäßig mehr Geld in Anspruch nimmt, als xelatip in den setzten, theils weil, wie ich vorhin zu bemerken die Ehre hatte es unerlcßzlich war einzelnen durch die Forderung der sofortigen Zahlung der inneren Steuern besonders schwer bedrückten Bunzesstagten eine Erleichterung zu gewähren, wurde es nothwendig, daß sowohl die ihr Kontingent selbst verwaltenden Staaten als auch der größere Theil der ihr Kontingent nicht selbst verwaltenden Sataten einen erheblichen Theil ihrer Matrikularbeiträge schon in den ersten Monaten des Jahres zahlen mußten. Für die thüringischen Staaten z B. läg die Sache so daß im Großen und Ganzen gesprochen zwei Drittel ihrer Mairstularbeiträge am Schlusse des ersten Semesters schon bezahlt sein mußten; das letzte Dritiel wurde allgemein von sämmtlichen Bundesstaaten in gleichmäßigen Mongtsraten praenumerando bezahlt. ö .
Auch mit allen diesen Mitteln würde es nicht gelungen sein, die Bundes Finanzverwaltung zu führen, wenn ihr nicht ein Betriebs- fonds — ich muß sagen, zufällig — zugewachsen wäre durch die vor⸗ hin schon erwähnte Methode der Abrechnung über die Rübenzudcer⸗ steuer. Dem Rorddeuischen Bunde wurde die Einnahme an Rüben. zuckersteuer aus den vier letzien Monaten des Jahres 1868 in diesen vier letzten Monaten zur Dispositien gestellt, wahren? die Heraus- zahlung an die süddeutschen Staaten aus dieser Steuer erst in den leßten Monaten des folgenden Jahres zu leisten war. DBieses Verhältniß, das ja auch im Norddeütschen Reichstage wiederholt zur Sprache gekommen ist, verschaffte dem Norddeutschen Bunde einen Betriebs fonds von etwa 14 Millionen, mit dem es gelungen ißt, Tie Finanzverwaltung fortzuführen. Indessen, meine Herten, dieser Zu— siand ist nicht von der Art, daß er nach der Ueberzeugung der ver— bündeten Regierungen den gemeinsamen Interessen entspricht und daß er fortdauemn kann. Es kommt darauf an, die einzelnen Bundes- staaten dem Reiche gegenüber von den Vorschüssen zu entlasten, welche sie aus den v Hied nen bisher von mir bezeichneten Titeln dem Reiche zu leisten Jen und zu leisten haben würden, wenn Leige Aenderung einttilt. e wird Ihnen deshalb vorgeschlagen, diese Zölle und Steuern von den einzelnen Bundesstaaten erst dann zu verlan— gen, wenn sie nach den bestehenden Gesetzen oder Verabredungen für
ihre Kassen fällig werden, mit andern Worten, von den Bundes⸗ staaten nicht mehr zu verlangen, daß sie diese Zölle und Steuern dem Reiche vorschießen, sie früher in die Relchskasse zahlen, als sie sie selbst von den Zoll und Steuerpflichtigen erhalten. Es kann diese Lmwandlung der hestchenden Einrichtung nur dadurch vorgenommen werden, daß dem Reiche für die erste Zeit des laufenden Jahres derjenige Betrag aus der franzssischen Kontributlon zur Verfügung gestellt wird, welchen er von den einzelnen Bundesstaaten erhalten haben würde, wenn die bisherige von mir charakierisirte Einrichtung fortdauerte. Es ergiebt sich daraus, daß dieser Betrag heute und in dem vorliegenden Gesetz mit einer bestimmten Zahl nicht anzugeben ist, denn es ergiebt sich ja erst im Laufe der ersten Monate des nächsten Jahres die bestimmte Föhe dieses Betrages. In der dem Gesetzentwurf beiliegenden Denk⸗ schrift ist eine Berechnung dieses Betrages aus den bisherigen Er= Erfahrungen versucht, und es ist in hohem Grade wahrscheinlich, daß diese irren unn in der Hauptsache und was die große Zahl betrifft, zutrifft.
Es wird aus dem eben von mit entwickelten Gesichtspunktte Ihnen ferner vorgeschlagen — und ich darf das vielleicht hier wenig- stens mit ein paar Worten erwähnen, obgleich darüber eine besondere Vorlage gemacht ist, welche heute nicht auf der Tagesordnung steht, — den einzelnen Bundesstaaten, welche ihr Kontingent selbst verwal⸗ ten, die eisernen Vorschüsse für ihre Militärverwaltung aus der fran⸗ zösischen Kontrtbution zu erstatten. .
Es wird Ihnen ferner vorgeschlagen zur Ausgleichung der Schwankungen, die erfahrungsmäßig in dem Bedarf für das Bundesheer hervortreten, indem dieser Bedarf in den ersten Monaten des Jahres regelmäßig weit erheblicher ist, als in den letztern — zur Ausgleichung dieser Schwankungen und um zu vermeiden, daß diese Ausgleichung wie bisher durch eine verfrühte Einziehung der Matrikularbeiträge er- folge, es wird Ihnen, sage ich, vorgeschla zen, zu diestm Zwecke der Reichs - Finanzverwaltung die Ermächtigung zu ertheil'n, vorüber⸗ gehend kuürzsichtige Schatznweisungen auszugeben, um der Militär verwaltung die in den ersten Monaten nothwendigen Mittel zuzu⸗
ühren. 33 wird Ihnen endlich vorgeschlagen, die Reichs⸗Finanzver waltung unmittelbar mit einem Betriebsfonds auszusta ten, welcher dazu be— stimmt ist, für die Verwaltung des auswärtigen Amtes, der Marine, der Post und der Thelegraphie die Mittel zu genähren, die bei so umfassenden Verwaltungen zu deren regelmäßigen Führung noth⸗ wendig sind. .
Die Gesammtheit dieset Maßregeln, meine Herren, wird dahin führen, daß die einzelnen Bundessiaaten in sehr viel höherem Maße als bisher in der Lage sein werden, ibren eigenen H uthalt von den Chancen unabhängiger zu stellen, welche der Natur der Sache nach der Reichshaushalt läuft. Sie werden in die Lage kommen, darauf zu rechnen, daß sie ihre Matritularbeiträge nur in regelmäßigen Terminen, wenn nicht ganz unvorgesehene Ereignisse eintreten, abzu- führen haben. Sie werden in die Lage kommen, die erheblichen Ber irietpsfapitalien zu ersparen, oder miu anteren zorten, fur andere Zwecke zu verwenden, welche sie jetzt gebraucht haben um rineseits die Vorschüsse auf Zölle und Sieuern, die Lon ihnen verlangt wurden und verlangt werden mußten, zu leisten, und um andererfeits noch ihre eigenen Militärverwaltungen mit den nöthigen Betriebkfonds auszustatien. Das Ensemble dieser Maßregeln isi — ich wiederhole es — weit mehr darauf gerichtet, für die einzelnen Bundesstaaten eine bessere, als die bisherige, Lage herbeizuführen, als für die Reich -Finanzverwaltung. Der Reichs · Finanzverwaltung würde ja immerhin die fernere Betretung des bisher hetretenen Weges offen stehen und sie würde diesen Weg betreten können, den einzelnen Bundesstaaten muß es aber darauf ankommen, ihren eige- nen Haushalt ö 3 Felsen zu hewahren, welche die Betretung dieses Weges bringen muß
— Auf die Ausführungen des Abg. Lasker entgegnete der
Minister Delbrück: ö . Ich erlaube mir auf diejenigen Bemerkungen des Herrn Vorredners, welche sich auf die allgemeine Einrichtung des Etats bezogen, einige Erwiderungen. Der Herr Vorrern ee hat zu- nächst die Frage aufgeworfen, wie es gekommen sei, daß die ver— schiedenen Betriebsfonds, welche dic verbundeten Regitrungen für das nächste Jahr bewilligt zu ö. , , in den Vorlagen eine eden? Behandlung erfahren haben. . ver n . . le nnn Ei als Einnahme des Reichs die⸗ je aigen Bettiebsfonds oder, richtiger gesagt, derjenige Betriebsfonds einge stellt, welcher der Reichs finanzvermwaliung als solcher überwiesen werden foll. Es ist dagegen nicht in Einnahme der ziserne Bett ebs. fonds der Militäroerwaltung gestellt und zwar deshalb nicht, weil er, wie aus dem Ihnen vorliegenden Gesetzent wurf hervorgeht den . zelnen Kontingents verwaltungen nach Maßgabe des Präsenzstandes ihres Kontingents überwiesen werden soll, also in den Rechnungen der einzelnen Kontingents verwaltungen demnächst nachzuweisen sein
wird .
Der Herr Verredner hat sodann vermißt, daß die zur Abbürdung der — Steuerkredite erforderliche Summe nicht im Etat selbst erscheint. Ich glaube, daß sie in gewissem Sinne in der That im Cfat erscheint, nämlich in der Einnahme aus ben Zöllen und Steuern. Die Ermächtigung, welche das Etatgesetz begehrt, denjenigen Betrag von der Kriegsentschädigung zu entnehmen, welcher nicht in die Kassen des Reiches fließt, weil das Reich in Zukunft auf die Zoll- und Steuereinnahme erst Anspruch machen wird, wenn sie bei den einzelnen Bundesstaaten eingegangen sind, dieser Betrag steckt der Natur der Sache nach im Voranschlage fur die Zoll und Steuereinnahme. Er kann, wie ich mir das bei meinen einleitenden Bemerkungen darzulegen erlaubte, seiner Höhe nach absolut nicht mit Sicherheit veranschlagt werden, weil er nichts anderes ist, als der status, der am 31. Dezember des laufenden