1871 / 184 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 Dec 1871 18:00:01 GMT) scan diff

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welche man sieht, Folgen der Genehmigung des fraglichen Ver— * sein, . 2. sie bestehen könnten, so sei es doch klar, daß sie nicht aus der Genehmigung des Vertrages von Seiten Chili's hervorgingen, sondern auch ohne dieselbe entstehen wür- den; ja, sie schwebten bereits über der Republik; denn in dem Augenblicke, in welchem er spreche, sei der Waffenstillstands ⸗Ver= trag ohne Zweifel bereits von den übrigen Nepubliten und Spanien ratifizirt: der chilenische Minister zu Washington habe angezeigt, daß bereits alle übrigen Minister, welche den Ver- trag unterzeichnet hätten, ermächtigt seien, ihn zu ratifiziren, und da der zweite Termin für diese Handlung am 11. des gegenwärtigen Monats ablaufe und der außerordentliche Termin, welcher ihm folge, nur für Diejenigen gestellt sei, welche wegen Hindernisse, die von ihrem Willen unabhängig seien, nichk früher hätten ratifiziren können, so sei anzunehmen, daß der Vertrag vor dem 11. des gegenwärtigen Monats von Allen, mit Ausnahme Chili's, ratifizirt worden sei. Vielleicht seien bereits zu dieser Stunde die Handelsbeziehungen zwischen einem der Verbündeten und Spanien wiederhergestellt. Könne Chili verhindern, daß . geschehen sei, indem es dem Vertrage ine Zustimmung verweigere? ; . 33. . Argumente, fuhr Herr Altamirano fort, könnten 2 aus anderen Gründen nicht angenommen wer⸗ der: nach Unterzeichnung und Ratifikation des Vertrages müsse man annehmen, daß er werde erfuͤllet werden, die Heiligkeit des verpfändeten Wortes verpflichte die Nationen wie die Einzelnen. Man wende gegen den Vertrag ein, er enthalte keint Gewähr für seine getreue Erfüllung von Seiten Spaniens, daß, wenn der Minister der Vereinigten Staaten ihn fehr dfn, er sorgfältig darauf aufmerksam gemacht habe, daß er für keinen der Vertragenden Bürge sei. Jedech, trotz solchen Vor⸗ behaltes sei es nicht weniger unzweifelhaft, daß die Zwischen. kunft der Vereinigten Staaten eine achtbare Gewähr bedeute selbst wenn er von letzterer absehe, frage er doch, ob trotz eine vor der ganzen Welt feierlich unterzeichneten Vertrages, trotz der moralischen Gewähr der Vereinigten Staaten die Gefahr eines verrätherischen Angriffes bestehe; und werde Chilt dieser Gefahr entgehen, wenn es den Vertrag verwerfe? Stehe es nicht Spanien frei, es morgen oder in jedem von ihm gewähl- ten Augenblicke anzugreifen? / ö 2 die 6 daß die Notifikation der Kündigung durch die Vermittelung der Vereinigten Staaten geschehe / er⸗

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hebe man den Einwand . Da e sse. Rieke om fscrdin is entsage es det Befugniß, Krieg während drei Jahre zu machen, aber die selbe Entsagung werde Spanien auferlegt; die Einwilligung darin sei gegenseitig und mit freiem Willen angenommen; wenn man nach der Weise der betreffenden Berichterstatter argumentire, so beeinträchtige je der Vertrag die Souveränität.

Die dritte Bestimmung des Vertrages stelle fest, daß Chili wärend des Waffenstillstandes die Befugniß habe, frei mit den Neutralen in allen Artikeln Handel zu treiben, welche während des Friedens Gegenstand des erlaubten Handels seien: es sei gegenwärtig entwaffnet einem Feinde gegenüber, welcher Herr einer mächtigen Kriegsmarine sei; es liege eben so sehr in seinem Interesse, daß diese Lage sich ändere, als in demjeni— gen Spaniens, daß sie unverändert fortbestehe, ohne den Ver— trag stoße es auf ernste Schwierigkeiten, sich zu bewaffnen, mit dem Vertrage seien alle Märkte ihm offen; es sei nicht Spanien, welches Kriegsschiffe zu kaufen brauche, es sei Chili.

Herr Altamirano erinnerte am Schlusse seiner Rede daran, daß die Kammer den Vertrag genehmigen müsse, nicht allein weil er Chili's Interesse entspreche und seine Ehre sicher stelle, sondern auch weil die im Protokolle von Lima ein egangene Uebereinkunft es dazu verpflichte; sie sei von der egierung der Republik genehmigt worden, die den Bericht erstatten den Abgeordneten erkennten an, daß die Diplomaten von Washington die in der Konferenz von Lima gezogene Grenze nicht überschritten hätten, seit vier Jahren wisse der Kongreß und das Land, daß die Regierung derhandele, um zu einem Vertrage zu gelangen, welcher auf der Basis des gegenwärtigen bestehe, warum erscheine das, was im Jahre 1869 annehmbar und angemessen war, jetzt so anders, als ob es der Ehre und der äußeren Sicherheit der Nation entgegenstehe, die Kammer möge wohl bedenken, daß indem Chili heute nicht genehmige, was es gestern angenommen habe, es sich in eine Lage voll Verlegenheiten versetze.

Nachdem das Mitglied der Kommission, Arteaga Alemyarte die in dem Berichte der ultraliberalen Fraktion der letzteren gegen den Vertrag vorgebrachten Argumente wieder⸗ holt und der Präsident' der Kammer, Amunategui, sie von neuem als unzutreffend zurückgewiesen hatte, ward die Sitzung aufgehoben, und die Berathung des Vertrages ist bis jetzt nicht wieder erneuert worden.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 1. Dezember. In der gestrigen 35. Sitzung y Reichstages nahm in der zweiten Berathung des gSesetzent wum betreffend die Friedenspräsenzstärke des deu tscht Heeres, zu dem Amendement der Abgg. Miqusl, Dr. Ban berger und v. Unruh nach dem Abg. Dr. Bamberger zn Staats⸗Minister Delbrück das Wort:

Meine Herren! Ich würde dem Riath des Herrn Abgeordnenm für Mainz bei der vorliegenden Frage, doch ja die Polttik aus din Spiele zu lassen für meine Person sehr gern Folgen. Ich kann ö nicht, weil in der That die hier vorliegende Frage von politischn Erwägungen vollkommen nicht zu trennen ist. Ich muß meinerse so ungern ich es thucz auf diese politischen Erwägungen eingähf Ungern thue ich es deshalb, weil ich mie sehr wohl bewußt hn, daß das, was von dieser Seite zu sagen ist, sehr viel besser und sch viel wirkungsvoller gesagt werden würde, wenn der Herr Nelch. kanzler durch sein Unwohlsein nicht verhindert wäre, hier zu erscheinn

würde, so gut ich kann, wiederzugeben.

Für die verbündeten Regierungen liegt der politische Werih da Vorlage welche sie jetzt gemacht haben, daein, daß die ganz Welt durch die Annahme, dieser Portage weiß, de Deutschland im Jahre 13574 ganz ebenso, unter allen , ebenso gerüstet dastehen werde, wie es heute dasteht.

Die verbündeten Regierungen gehen keineswegs von der Ansht aus, daß jetzt unmittelbar eine imminente Kriegsgefahr vor, handen wäre. Sie können aber ebensowenig der einung semn, welche gestern der Herr Abgeordnete für Meiningen ausfpra daß nun, nach dem . geführten Kriege und dem vortheilhas geschlossenen Frieden der Friede für längere Zeit garantirt sei. S können es deshalb nicht, weil der Friede zwar geschlossen, indefen in einem sehr wesentlichen Theile, wie männiglich betannt, nicht aus.

zu werden in dieser Beziehung im März 1874.

Meine Herren! Ich glaube, jeder von Ihnen wird aus der Let. ture der Zeitungen und aus mündlichen Mittheilungen wissen, daß im franzoͤsischen Volk eine starke Strsmung vorhanden ist, welche ju dem hintreibt, was man »Revanche« nennt, dazu hintreibt mit einen ganz bestimmten Termin, nämlich vor eder mit dem Tage der Zahlun der letzten 3 Milliarden. Später hätte sie ja weniger Bedeutung. Of gegenwärtige franzoöstsche Regierung ist dieser Stroͤmung vollständig fremd.

daß sie die von ihr eingegangenen Vextrage loyal und vonstandtz

anzöͤsische Regierung zu erschüttern.

ndessen, meine Herren, kennen Sie alle die Lage unseres Natz barlandes genug, mit einem von Natur lebhaften und von (nm berechtigten Nationalstolz erfüllten Volt, welches nach schweren Ci. schůtterungen seinen Schwerpunkt zu finden sucht. Ob es diesen Schwerpunkt jetzt schon gefunden hat und welche Wechselfälle yen laufen werden, bis es ihn gefunden haben wird das weiß von un

niemand und niemand kann dafür eine Gewähr geben. Unsere Aufgabe ist es, das Unsrige zu thun, daß der richt Schwerpunkt bald und ohne welterschütternde Wechselfälle gefundtn

in. 418 36 n iiletreteñ, dieses Vertrauen in die gegen. nil s sr, de, ri, nel n

Werde. Ich theile durchaus die Ansicht, die der Herr Abgeordnete fit

Crefeld ausgesprochen hat, daß der Versuch einet Revancht nicht glich licher sein würde, als der Versuch, der im vorigen Jahre gegen di deutsche Unabhängigkeit gemacht wurde. Aber, meine Herren, darauf kommt es mir keineswegs allein an. Die Aufgabe, die wir hahen ist vor allen Dingen, dahin zu wicken, sucht wird, daß nicht durch diesen Versuch Elend über Elend untn allen Umständen auch über uns tomme, auch unter den günstigften Umständen. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, bis zum em—

glauben wir, daß zur Erreichung dieses Zieles nichts wirssame sein wird, als eben wie ich es zu Anfang meiner Bemerkungen aussprach, die Ueberzeugung, daß bis zum Jahre 1874 einschließlih der gegenwärtige Bestand des deutschen Heeres Wechselfällen nicht auf gesezt ist. Ich weiß sehr wohl, daß in dieser Versammlung, und darin gebe ich dem Herrn Abgeordneten für Meiningen Recht, der Bestand des deutschen Heeres Wechselfällen nicht ausgesetßzt sein wird, das erkenne ich an. Aber, meine Herren, das was ich weiß und was Sie hier Alle fühlen werden, das rricht vielleicht nicht weit über die Grenzen von Deutschland hinaus.

der deutschen Art uns mit nicht großen Schwierigkeiten in fremd Verhältnisse hineindenken können, im Ganzen vlelleicht die Befaͤhigtsten

Alle dennoch einräumen müssen, daß dieses Urtheil häufig genug un—⸗ fremde Verhältnisse und Situationen hineinzudenken. Sie übertragen

stehende erste Feststellung eines deutschen Miltiär Etats wird von solchen Standpunkten aus vollkommen anders aufgefaßt werden, als sie nat

meiner Ueberzeugung hier im Hause verlaufen wird. Man wird det nicht vergessen durfen. gen selbst würde schwerlich geneigt sein, das Bild rön seiner Stellung zut Militärfrage für ein korrestes anzuerkennen, was sich vor dem Fernroht bildet, mit dem die französische Presse die Verbendlungen dieses Hauses an

Ich glaube, der Herr Abgeerdnete für Meinin⸗

sicht So lange es bevorsteht, daß bier ein definitiver Militär. Efat, won! der Begriff verbunden ist einer Neagestaltung des Heeres, zur Berat

Ich werde versuchen, die Gedanken, die er hier ausgesprochen haben

geführt ist noch nicht ausgeführt ist. Er braucht ja erst ausgeführt

ir haben von jeher das beste Vertrauen zu ihr gehabt,

daß die Revanche nicht vin

scheidenden Momente den Frieden zu erhalten. Nun, meine Henn,

le Wir sind ja durch die Viel! seitigkeit unserer Presse, dadurch, daß wir es liegt das einmal in le Zustände fremder Länder objektiv zu beurtheilen, und wir werden richtig ist Andeiwärts ist es anders Andere Nationen sind vermöst ihrer ganzen Eigenthümlichkeit, vermöge der vorzugsweisen Beschäftiqunz

ihrer Presse mit inneren Angelegenheiten weniger in der Lage, sich in

das, was sie bei sich gewohnt sind, auf andere Zuffande und die bevor.

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thunß kommt, also auch die Chance vorhanden ist, daß diese Gestal⸗ tung des Heeres eine wesentliche Veränderung erleide daß dies durch die Verfassung ausgeschlossen ist, ist uns bekannt, Anderen aber nicht lo lange das der Fall ist, werden sich an diese Chance Hoff— nungen anknüpfen, nothwendigerweise, welche zu dem Ziele hintreiben werden, daß wir nicht nur in unserem eigenen Interesse, fondern auch im Interesse der ganzen Welt fernhalten müssen. Wenn die verbündeten Negle⸗ rungen in diesen Erwägungen die große politische Bedeutung der Vorlage sehen, so liegt die Frage sehr nahe, und der Herr Abgeordnete fur Kreuznach hat sie gestern schon aufgeworfen, warum man nicht eher mit dieser Vorlage gekommen sei. Meine Herren, als unmittelbar nach Schluß Ihrer letzten Session die Frage in Berathung genommen wurde und genommen werden mußie, welche Vorlagen dem gegen wärtig versammelten Reichstage zu machen seien, da ist allerdings die Frage, ob wieder ein Pauschquantum begehrt werden solle, zur Er— wägung gekommen. Vie Gründe, die ich so eben Ihnen zu entwickeln die Ehre hatte, lagen damals vielleicht nicht mit der Bestimmtheit vor, wie jetzt, sie lagen indessen nicht fern, und wenn dessenungeachtet die Ent⸗ schließung dahin ging, von der Forderung eines Pauschquantums abzusthen und einen Militäretat vorzulegen, so waren dafür verschiedene Ge⸗ sichtspuntte entscheidend; einmal der Wunsch, verfassungsmäßig voll⸗ kommen korrekt zu handeln, mit Ablauf der Periode des Uebergangs.« zustandes, wie ihn die Verfassung nennt, auch in den regulären Zu⸗ tand einzutreten und sodann die Erwaͤgung sie ist ja wiederholt schon hier entwickelt und lebhaft und glücklich dargestellt worden vom Herrn Abgeordneten für Wollmirstedt die Erwägung, daß der gegenwärtige Moment ein für die Militärverwaltung ungemein ünstiger sei, um einen definitiven Militäretat zu verein— m. ungemein günstig im Hinblick auf den eben beendigten Krieg und ungemein günstig gegenüber einer Versammlung, die man kennt., Es war damals die ernste Absicht, einen vollständigen Militär -Etat für 1872 schon jetzt vorzulegen Man hat dabei die sträfte überschätzt und die Sprödigkeit des Sioffes unterschätzt. Es war eben fattisch nicht möglich, zu einem vollständig ausgearbeiteten Etat zu kommen, und so entschloß man sich im letzten Augenblicke, dennn es mußte ein Entschluß gefaßt werden, Ihnen die Vorlage zu altsetat bekommen haben.

ö

der

die Naturalien ein-

Preise höher steigen,

höheren Preise zu bezahlen,

formell zu genehmigende Etatsüberschreitung ist.

Davon konnte bei dem Pauschquantum naturlich nicht die Rede sein. Vas geschah nun In dem zweiten Semester des Jahres 1867 mit dem 1. Juli fing das Pauschquantum an in dem zweiten Semester 1867 stiegen wie den Herren Landwirthen vielleicht hier in der Versammlung erinnerlich ist di Preise für Roggen, Heu und Hafer sehr erheblich, und die Folge war die, daß gegen die berech neten Etatspreise, die dem Pauschquantum zu Grunde lagen, für die eben genannten drei Geireidegattungen in dem einen Semester mehr zu verausgaben war: 1087 069 Thlr. Nun ist ein Betrag von einer Million auch bei einer Summe von der Höhe derjenigen des Etats der Kriegsverwaltung ein sehr erheblicher. Wäre ein Pauschquanium nicht

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gewesen, so war das einfach als Etatsüberschreitung zu verrechnen und konnte von keiner Seite angefochten werden; denn die Pferde müssen Hafer und Heu haben und die Menschen müssen Brod haben, man kann sie nicht auf schwächere Rationen setzen, und wenn die Preise steigen, muß man mehr bezahlen. Solche große Uebelstände, die für die Verwaltung mit dem Pauschquantum verbunden sind, sind eben nur zu übernehmen, wenn man dieses Pauschquantums auf einige Jahrre sicher ist; denn nur dadurch wird die Wöglichteit gegeben, das was bei einem solchen Titel in einem Jahre mehr aus— gegeben ist, an einem andern Titel abzusparen, und zwar abzusparen nur deshalb weil man in dem nächflen Jahre für diesen Titel etwas mehr verausgaben kann. Ein Pauschqugntum für zwei Jahre würde auch aus dieser Rücksicht für dle Militärverwaltung chenso wenig annehmbar sein, wie es aus den politischen Rücksichten annehmbar ist für die verbündeten Regierungen. Das in der ursprünglichen Vorlage der verbündeten Regierungen Ihnen vorgeschlagene Pausch—⸗ quantum ist allerdings noch kürzer; allein das eine Jahr steht un mittelbar bevor, man rechnet mit viel bekannteren Größen, als wenn ein zweites Jahr hinzutritt.

. Es ist nun hervorgehoben worden, daß für die Regierungen selbst die kitzliche und stachliche Aufgabe der Feststellung des Militäretats, wie sie der Herr Abgeordnete für Mainz genannt hat, ja viel zusagender sei zur Erledigung mit diesem ihnen befannten Hause, als mit einem künftigen, ihnen vollkommen unbekann— ten. Die Echeblichkeit diests Einwandes ftelle ich gar nicht in Ahrede; die verbündeten Regierungen selbst haben in ihrer ursprüng- lichen Vorlage ja diesen Gedanken anerkannt; aber dieser an sich richtige Gedanke schwächt in Nichts ab die politischen und militärischen Verwaltungs Erwägungen, die die Annahme einer zweijährigen Periode unzulässig machen. Ich kann nur wiederholt, meine Herren, Sie bitten, der Vorlage der verbündeten Regierungen, die von Ihnen eine Ver— längerung des Pauschquantums auf 3 Jahre verlangt, zuzustimmen und sich davon nicht abhalten zu lassen, durch die von dem Herrn Abg. für Mainz in beredter Weise heraufgerufenen Reminiszenzen an den konstituirenden Reichstag vom Jahre 1857. Soweit diese Remi⸗ niszenzen direkt an die Adresse des Herrn Abg. für Wolmirstedt ge⸗ richtet waren, wird er sie vermuthlich beantworten, es ist nicht meine Aufgabe; aber ich mochte im Allgemeinen daran erinnern, daß, wenn man im Jahre 1867, in der damaligen Zeit, für den damaligen Nord- deutschen Bund eine Periode von 43Jahren für vollkommen genügend hielt, um die Organisatlon des Heeres so weit festzustellen, daß man ohne Gefahr, mit Ruhe und mit Sachkenntniß an die Feststellung eines definitiven Militäretats gehen könne, von den Voraussetzungen, die damals leitend waren, meines Erachtens heute kaum eine vor—

handen ist, und daß es, wie ich glaube, politisch doch nicht richtig i weil man / vor 4 Jahren unter wf e . k üg if

Bestimmtes für richtig gehalten hatte, und aus voller Ueberzeu⸗ gung für richtig gehalten hatte, daß man nun unbedingt an diesen einmal ausgesprochenen Worten und an dieser einmal festgestell· ten Ueberzeugung festhalten soll, wenn sich die Verhältnisse vollständig geändert haben. Und die Verhältnisse haben sich vollständig geändert.

Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß in der Militãr˖ konvention zwischen dem Norddeutschen Bunde und Württemberg für das Königreich Württemberg zur Organisation seines Armee: Corps eine 3jährige Periode festgestellt worden ist. Für die Königlich baycrische Armee ist eine Periode nicht festgestellt worden. Ich maße mir kein Urtheil darüber an, wie weit die auch in Bayern nothwen⸗ dige Reorganisatien in 2 Jahren vorgeschritten sein wird; ich glaube aber, das als unzweifeihaft ansehen zu können, daß ihre Vollendung, also auch die Herstellung eines völlig normalen Zustandes in Bayern unter allen UmstänLen in 3 Jahren sehr viel sicherer zu erwarten ist, als in 2 Jahren. Es folgt daraus, wie mir scheint, daß in Betracht der beiden wichtigsten Verstärkungen, welche das deutsche Heer durch die neuere Entwickelung der Ereignisse gefunden bat, die gewichtigsten Gründe dafür sprechen, jetzt unter veränderten Verhältnissen und in einem beschränkteren Zeitumfange dasselbe zu thun, was man im Jahre 1867 gethan hat.

Im weiteren Verlaufe der Diskussion entgegnete der Staats⸗Minister Graf v. Roon den Abgg. Dr. Reichensperger und v. Bonin: .

Meine Herren! Ich will Sie mit einem längeren Vortrage nicht belästigen. Ich habe mich heute auch nicht mit Gegnern, sondern mit Freunden meiner Vorschläge auseinander zu setzen. ̃

Der erste derselben der Herr Abg. von Geldern, hat sich in dieser Beziehung wohl für die erste Vorlage der Regierung erklärt, aber doch mit so bedenklichen Modifikationen, daß ich von dieser Unter— stüßzung, ungeachtet der freundlichen Worte, mit denen sie dargebracht wurde, ganz und gar Abstand nehmen muß. Der Herr Abgeordnete war so gütig zu sagen, sein Vertrauen zur Militärrerwaltung sei ein so großes und eminentes, daß er gar nicht daran zweifle, die Militär. verwaltung würde auch bei der ihr eigenen Elastizität wohl wissen, mit einigen Millionen weniger auszukemmen. Das Ver⸗ trauen des Herrn Abgeordneten gereicht mir zur großen Ehre, ich möchte aber doch bitten, daß er mich mit demselben in diesem Maße verschonen moͤchte. .

Der zweite Redner, dem ich einige Worte zu sagen habe, ist der Herr Abg. v. Bonin. Wenn ich der Meinung gewesen wäre, daß sein Antrag hier im Hause die Majorität gefunden hätte, so würde ich, wie ich bereits gestern bemerkte, schon der Geschäftsabkürzung wegen, jeden andern Weg gern vermieden haben; allein dieses Resul= tat war mir sehr zweifelhaft. Um deswillen habe ich mich dem an— dern Vorschlage nicht verschlossen, und zwar, wie Ihnen aus beredte— rem Munde auseinander gesetzt worden ist, wegen der politischen Vortheile die damit verknüpft sind, wegen der Nachlheile, die mi jedem andern Arrangement verbunden sind. Ich muß also ganz be