1871 / 197 p. 16 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Dec 1871 18:00:01 GMT) scan diff

Ferne. Arabische und samarkandische Münzen aus der Zeit der Abassiden und Samaniden (10. Jahrhundert), welche man reichlich auf der Insel Wollin gefunden hat, bezeugen dies. Zwischenhändler zwischen den Wenden an der Ostsee und dem Sriente waren die Chazaren, die Bulgaren und russische und lachitische Kaufleute. Die verhältnißmäßige Wohlhabenheit des Landes reizte im 10. Jahrhundert den König Harald Blau— zahn von Dänemark zu einem , nach Pommern. Er bemächtigte sich der Odermündungen und legte zum Schutze seiner Eroberungen auf pommerschem Boden eine Seeburg an.

Diese Burg, die berühmte Jomsburg, hat nicht in un— mittelbarer Nähe des heutigen Wollin, nicht bei dem Schlosse Lebbin, nicht in der Gegend von Colberg oder Cöslin gelegen, sondern jedenfalls in der Umgebung von Swinemünde, Oder genauer da, wo heute die Molen sich ins Meer erstrecken. Die isländische Sage schmückt diese Burg in märchenhafter Weise aus, sie spricht von einem gewaltigen Hafen, einem Schwib—⸗ bogen von gebrannten Steinen, von dessen thurmbesetzter Höhe furchtbare Wurfmaschinen jeden nahenden Feind zerschmetterten, sie staunt über die Riesenwerke, welche die Menschenhand hier an des Meeres Saum aufführte. Beachten wir indeß, daß Kaiser Otto um damalige Zeit das berühmte Danewirk allein durch angezündete Pechtonnen vernichten konnte, erinnern wir uns, daß alle dänischen Burgen dieser Zeit nur aus Holz be— standen, so wird sich uns die Beschreibung der Jomsvikinga⸗ Sage als poetische Fabel darstellen. Nichts desto weniger wurde die Seeveste durch das kühne Geschlecht ihrer Bewohner ein ge⸗ feierter Platz des Nordlandes. In der Jomsburg befehligte Palna Toke, ein wendtscher Held in dänischem Vi g , . n, eu harrte er 1 seinem christlichen Könige Herald aus, als dieser vor seinem aufständischen, mit begeistertem Eifer die alten Götter vertheidigenden Sohn Sweno fliehen mußte. Durch Tokes Hülfe wurde Swen gezwungen, nach England in die Verbannung zu gehen. Im Uebermuth aber verlangte einst Harald von Loe diesclbe Probe, wie Geßler vom Tell, und der kühne Seeheld bestand sie, dann aber ging auch er, im Herzen tödtlichen Haß, nach England. Auf schnellen Schiffen kehrten von dort die Verbannten nach Dänemark zurück, und, in mehreren Seetreffen besiegt, wurde Harald, der erste christ⸗ liche Dänenkönig, von Palna Tokes rächendem Pfeil 991 er— legt. Der wilde, heidnische Sweno fürchtete Tokes weltgehen⸗ den Einfluß und stellte dem Wohlthäter nach, da entfloh dieser mit einigen Getreuen in die Jomsburg und errichtete hier einen Staat von Seehelden, zum Schutze altnordischen Götterglaubens und zur Bewahrung des erlöschenden Helden— thunis der Väter. Die kühnen, hünenhaften Gesellen trugen den Namen der Jomsburger als Schrecken über alle nordischen Meere, ihr Anführer aber fand auf der Insel Fühnen unter den düsteren Eichen und Buchen des Götterhains sein einsames Grah. Aber dort schläft er nicht, er ist mit aufgenommen in Odins Gejaid und braust im Wettersturm als wilder Jäger über die Lande dahin. Sein Nachfolger in Jomsburg war Jarl Sigwald, er war es, der den stolzen Besieger Eng— lands, König Sweno, gefangen nach Jomsburg führte. Aber auch an gewaltigen Katastrophen fehlt es nicht in der Geschichte der Jombvikinger. Sie versöhnten sich wieder mit König Sweno; der aber verlockle sie arglistig beim schäumenden Becher, ihm das Gelübde abzulegen, gegen den mächtigen Jarl Hagen nach Norwegen zu ziehen. Keinen Augenblick zögerten die Recken, ihr Wort einzulösen, das sie im Minnetrank gege— ben hatten. Aber am Hioerundar⸗Fjorde ereilte sie das Ver⸗ derben, nur Jarl Sigwald kehrte hein nach Jomsburg, und die Weiber spotteten seiner, daß er nicht im Kampfe den Tod gesucht.

Durch die wieder gestärkte Macht der Jomsburger fand auch der edle König Olaf Tryggweson von Norwegen seinen Untergang, am Eilande Swold, der Greifswalder Oi, verrieth ihn der heimtückische Sigwald, so daß der edle. Held im vollen Waffenschmuck über Bord sprang und seinen Verfolgern nur durch den Tod in den Fluthen entging. Erst im Jahre 1042 wurde dem verderblichen Treiben der Jomsburger durch König Magnus den Guten von Dänemark ein Ende gemacht. Im Sturm erstieg er die festen Mauern und warf mit eigner Hand die Fackel in die mit Blut befleckte Veste. So ging die Joms⸗ burg zu Grunde. In späteren Jahrhunderten überfluthete das unersättliche Meer ihre Stätte, Alles von ihr ist verschwun—⸗ den bis auf die Klänge, die ihr Preis, ihrer Männer Helden⸗ kühnheit dem Skalden entlockte.

Wir hätten bei der Geschichte von Jomshurg nicht so lange verweilt, wenn nicht von dem Bilde der Seeräuberveste manche Züge auf die Beschreibung friedlicherer Stätten an der Ostsee übertragen worden wären. Der Handelsverkehr an der pommerschen Küste hatte schon früh an der Dievenow eine wendische Anstdelung ⸗-Wollin« entstehen lassen. Die dä—

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nische Aussprache bildete diesen Namen zu der Form-

um. Schon in den Kämpfen des 9. nn od n hatte Wollin eine r,. Rolle gespielt, bald mit de christlichen Dänemark, bald mit den heidnischen Joms iin · mn verbündet. Das Verderben, das im Jahre 1642 die Jom rn ereilte, verschonte auch Julin nicht. Doch wie grauüsam 2. König Magnus den Ort zerstört hatte, bald blühte er kräftiger Als zuvor auf. Im Jahre 124 kam der Apostel der Pommern Otto von Bam berg, auf seiner ersten Rieise nach Jusn⸗ In der Herzoglichen Biüirg wurde der Bischof mit selnch Ve. gleitern von den heidnischen Bewohnern der Stadt belagert; herausgerissen und der Wuth der Menge preis egeben, würde er unfehlbar hier umgekommen sein, hätte 4 der wackere Kastellan Kaulicz von Zantoch 9. aus den Händen der Wüthenden gerissen. Im Kloster Kolbatz war ehemals die Passton des 5. Otto zu Julin auf dem Altarbild zu sehen

Erst nachdem die erste und älteste Stadt des P landes, Stettin, das 5 lar em angenommen . ten auch die Juliner ihren starren Nacken dem Christenthume Aber wurde auch das Bild des Triglas von seiner berühmten Tempelstätte gestürzt, lange noch wallsahrteten die Wolliner zu einem verborgenen Heiligthum in der Nähe von Julin, und es bedurfte einer zweiten Anwesenheit des Bischofs, um sein

Werk in der wohlhabenden Handelsstadt zu sichern. Um 1146

aber ward Julin Sitz des neugegründeten pommerschen Bit. thums und seine St. Adalbert Kirche, vermuthlich eine Stätte uralter Götterverehrung, Kathedral⸗Kirche desselben. Aber nur etwa 40 Jahre schmückte der Glanz der mittelalterlichen Kirche die Inselstadt Julin; die großen Dänenzüge unter Walde— mar, Kanut und Absalon von Roeskilde um 1175, welche ulin völlig verheerten, bedingten die Verlegung des Bischofs. itzes nach Camin.

Soweit erzählt die Geschichte von Julin, später ken sie an dessen Stelle nur die heutige, kleine nd sialf᷑ . Worauf, so fragen wir, gründet sich nun die Berühmtheit dieser Stadt in der Sage? Wann tritt die angebliche, gleich⸗ falls berühmte, versun kene Schwesterstadt Julins, Vineta, in der Geschichte auf? Im Folgenden wird eine Loöͤsung dieser Fragen versucht werden.

Die geographische Kenntniß, welche die deutschen Annalisten des 11. Jahrhunderts von dem Slavenlande besaßen, war eine höchst mangelhafte, nur auf unverbürgte Erzählungen gegrün— dete. Dieser Umstand macht es erklärlich, daß * ein so be⸗ sonnener Mann wie der Bremer Domscholaster Adam um 11709 Julin für eine Stadt halten konnte, welche als Sammelplaß aller umwohnenden Völkerschaften sämmtliche Städte Europas an Größe überträfe. Er berichtet von der Gastfreundlichlkeit und der edlen Sitte der Einwohner und er⸗ wähnt, daß selbst Christen unter den Julinern geduldet worden seien, falls sie nur nicht öffentlich mit ihrem Bekenntniß her— vorgetreten wären. Von Hamburg gelange man in 8 Tagen nach Julin, von hier in doppelt so langer Zeit bis Kiew in Rußland. Diesen Angaben aber wird sogleich Märchenhaftes zugefügt, nämlich, daß die Wolliner das griechische Feuer unter bem Namen »Topf des Vulkane hätten, und daß die Meere um die Stadt von dreifachem Aussehen wären, das eine ganz grün, das andere ganz weiß, das dritte fortwährend wetter⸗ schwarz.

Was kann sich dam von Bremen unter jenem dreifachen Neptun, wie er sich ausdrückt, gedacht haben? Was unter dem Topf des Vulkan Das griechische Feuer, jene Sprengmasse, welche einst Konstantinoptl rettete, kann er nicht wohl gemeint haben, denn er sagt ausdrücklich, daß dieser Gegenstand auch dem Schriftsteller Soli nus bekannt sei; der aber lebte sechs Jahrhunderte vor der Erfindung des griechischen Feuers. Vielleicht hat sich der Domherr einen Vulkan in unmittelbarer Nähe Julins vorhanden gedacht. Diese, offenbar nur aus ganz dunkler Kunde geschöpften Züge machen aber auch im hohen Grade die Erzählung von der außerordentlichen Größe und dem Reichthum der Stadt unwahrscheinlich. Bei den Verhältnissen, welche um damalige Zeit im Wendenlande obwalteten, ist das Vorhandensein einer so großen Stadt eine Unmöglichkeit, aber die Nachwelt griff die bis jetzt nur angedeuteten Züge mit Vorliebe zu weiterer Ausführung auf. Ums Jahr 1170 schrieb Helmold, Pfarrer zu Bosow ein Wagrien, seine berühmte Ehronik der Slaven. Er verändert bereits den Namen »Jumner, den Julin bei Adam von Bremen führte, in Jumneta und spricht von steinernen, reichgeschmückten Häu⸗ sern in Julin. Noch im 13. Jahrhundert aber war ein steiner— nes Haus in deutschen Landen eine solche Seltenheit, daß davon ein eigner Familienname abgeleitet werden konnte; werden' die Wenden des 11. Jahrhunderts den Deutschen so weit in der Kultur vorangewesen sein? Gewiß kannte Helmold die kleine Wendenstadt Julin, den Sitz des Pommern-⸗Bisthums. Aber in ihr findet er keine Spuren jener

Kranz ( 1517) erdichtet gar eine besondere Geschichte für

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Herrlichkeit, von der sein Gewährsmann Adam berichtet; r läßt demnach seine Stadt Jumneta schon untergegangen sein, reißt alls Adams Schilderung, die er fast wörtlich wiäeder⸗ giebt, von Julin los und überträgt sie auf eine willkürlich er- bichtete Stadt. Das ist der Ursprung der Sage von Vineta. Schon 1378 galt es für ausgemacht, daß eine solche Stadt existirt habe. Der mecklenburgische Ritter Ernst von Kirch Fach, der um diese Zeit eine Reimchronik schrieb, sagt von der Stadt, daß sie vor der christlichen Zeitrechnung bereits zerstört worden sei. Dann habe i Julius Cäsar wieder erbaut, und nun habe man ft att Vineta, d. h. Wendenstadt, Julin gengnnt, zu seiner Zeit aber re ste den Namen Rollin. Immer blühender entfaltete sich die Fabel. Albert

sit. othen, Vandalen, Wenden, Griechen und Dänen, hie in thr wohnen, zerfallen in Uneinigkeit, die Gothen rufen König Harald von Schweden und König Ham— ming von Dänemark, und diese zerstören die Stadt. Die präch= tigen Säulen und Werkstücke Vinetas aber werden weit über das Meer geschleppt, aus ihnen ersteht das mächtige, stolze Wisby auf Gothland. Bei ihm wird also die dunkel noch be⸗ sannte Zerstörung Jomßtburgs auf die dem Reiche der Fabel entstammende Stadt übertragen.

Bugenhagen ferner, der als Lehrer der Klosterschule zu Belbuck seine »Pomeraniga« schrleb, verlegt die Stadt an die Küste von Usedom. Wie kann aber eine so große Stadt spur⸗ los vom Erdboden verschwinden? Nur das der Küste so ver. derbliche Element konnte da sein Zerstörungswerk getrieben haben. In der Nähe von Damerow ragte ein Granit eschitbe us der See, aus unregelmäßigen, unbehauenen Blöcken und Steinen bestehend, diese hitlt inan für die Fundamente von Vineta. Um 1560 entwarf man auch einen Plan der unter gegangenen Stadt, rühmte ihre Marmorgebilde, ihr Erz, ihr Zink, ihr Silber und Gold, ja sprach sogar von ehernen schweren Stadtthoren, die ein dänischer oder schwedischer König Haltung erbeutet rr und welche dann nach Wisby gekommen wären. Der gelehrte Bürgermeister Lubbechius von Treptow an der Rega fand auf dem Meeresgrund vier Berge auf, welche der Stadt einst als Eitadelle gedient hätten und Micrälius glaubte die Straßen der Stadt in en te Ordnun . zu sehen. An runden Pfeilern von Marmor oder Alabaster, so hieß es jetzt gar, seien Schiffe gestrandet. Noch im vorigen Jahrhundert schrieb ein Herr von Keffenbrink von einem Zeug⸗ daus für das grobe Geschütz, Kasernen und einem Admirali— fäts⸗ Gebäude, das er auf dem Meeresgrunde entdeckt haben wollte.

Bei Gelegenhelt des Swinemünder Hafenbaus hat man die angeblichen Trümmer von Vineta als ordnungsloses Gra— nitgeroͤll erkannt, die schöne Fabel von der versunkenen Wunderstadt ist dahin. Was die Chronisten von ihr schreiben, ist gelehrte Sage, was die Fischer von der versunkenen, durch ein Gericht Gottes dem Verderben preisgegebenen Stadt, von ihren in der Johannisnacht noch erklingenden Glocken zu erzählen wissen, ist allgemein verbreitete Vollsüberlieferung, Daß ferner lübische Patriziergeschlechter ihre Vorfahren aus Vineta in die Hansestadt einwandern ließen, darf nicht als Beweis für das Vorhandensein der Wenden stadt gelten, denn erweislich sind jene Ahnherren der Rathsfamilien eine Er⸗ dichtung des 14. Jahrhunderts. So bleibt von der Sage nur ungefähr folgendes Nefultat geschichtlicher Forschung; Die historische und geographische Unkenntniß des frühen Mittelalterg hat die Bedeukung der wendischen Handelsstadt Julin, des heutigen Wollin auf eine Stadt übertragen, welche ihr Dasein nur handschriftlichen Fehlern oder Undeutlichkeiten verdankt. Die Stadt, wie ihr Näme Vineta, Wendenstadt , ist erdichtet. Von der alten Sceräuberveste Jomsburg aber hat die Sage

die Zerstörung durch die Dänen und die spätere Ueber fluthung

durch das Meer hergenommen, um ihr phantastisch luftiges Gebild damit zu schmücken. Es gewährt hohes, histoxisches Interesse, zu sehen, wie die neuesten Forschungen so den Aberglauben an die ehemalige außerordentliche Größe Julins zerstört haben. Die Vorgeschichte Pommerns bedarf der Ausschmückung durch die historische Fabel nicht, dies Wogen des Völker kampfes, dieser rege Hen belt ver lehr in früher Zeit, diese epen⸗ haften Ueberlieferungen von alten Seehelden und ihren gewaltigen Kämpfen verleihen ihr des Interesses genug. SD.

Der Niederrheinische Verein für öffentliche Gesundheitspflege.

Im Frühjahr 1867 versammelten Pettenkofer, Griesinger und Wunderlich eine Anzahl von Aerzten und Forschern in

Weimar, um die bei Beobachtung der Cholera gewonnenen Er— fahrungen, insbesondere aber auch die Punkte festzustellen, auf welche sich fernere Beobachtungen und weitere sanitätspoli— zeiliche Maßregeln erstrecken müßten. Um die letzten mit den betheiligten Kommunalbehörden zu besprechen, traten im Sommer 18657 auf Anregung derjenigen Aerzte niederrheinischer Städte, welche an der weimarschen Konferenz Theil genommen atten, in Düsseldorf mehrere Bürgermeister, Stadtverordnete, erzte, Baumeister und Chemiker zusammen. Bei den periodisch stattfindenden Berathungen überzeugte man sich aber bald, daß die Lösung einer einzelnen sanitären Frage ohne Inangriff⸗ nahme des ganzen Gebiets der öffentlichen Gesunzheitspflege und ohne feste Organisation der bs dahin zwangslos stattge⸗ habten Besprechungen unthunlich sei. So entstand der Nieder rheinische Verein für öffentliche Gesundheitspflege, der sich am 19. Juni 1869 unter der Anwesenheit von vierzig und einigen Theilnehmern in Düsseldorf konstituirte.

Der Verein bezweckt nach seinen Statuten vom 10. Juli 1869, zur Beförderung der öffentlichen Gesundheitspflege zweck= entsprechende Vorträge in den Versammlungen der Vereinsmit⸗ glieder über Gegenstände der öffentlichen Gesundheitspflege zu veranstalten und über Vorschläge und Anträge zur Hebung sanitärer Uebelstände, zu Aenderung und Emanirung von Ver⸗ ordnungen und Gesetzen auf diesem Gebiet Verhandlungen statt⸗ finden zu lassen. Außerdem will der Verein durch Aufsätze in der Tagespresse und durch Verbreitung von Broschüren und Flugblättern das Publikum für Gegenstände der öffentlichen Gesundheitspflege interessiren. Die Mitglied⸗ schaft können Einzelne und Gemeinden erwerben; jene zahlen jährlich einen Thaler, diese ebensoviel Beitrag für je 2600 Einwohner. Die Gemeinden werden durch ben Bürgermeister oder durch Delegirte vertreten. In Orten, in welchen eine größere Anzahl von Mitgliedern zusammen⸗ wohnt, können FZweigvereine errichtet werden, die auch die öffentliche Gesunbheitspflege in ihrem Orte zu fördern haben. Die Generalversammlungen finden regelmäßig im Frühjahr und Herbst statt, in außerordentlicher Weise auf , , . der Majorität des Vorstandes oder von 165 Vereinsmitgliedern, Den Vorstand bilden 7 Vereinsmitglieder, welche auf je zwei Jahre gewählt werden. Zur Berathung einzelner Gegen⸗ 6 werden Kommisstonen mit einer gewissen Selbständigkeit gebildet.

Ein Aufruf, durch welchen der Verein im Juli 1869 in den westlichen Provinzen Preußens zum Beitritt aufforderte, hatte einen kaum erwarteten günstigen Erfolg, da sich der bei Weitem

rößere Theil der eingeladenen Städte dem Vereine anschloß. m Jahre 1870 besaßen 145 Städte, darunter Cöln, Elber⸗ seld, Barmen, Düsseldorf, Crefeld, Essen, Dortmund, Coblenz, Duisburg, Bonn und mehrere Landgemeinden die Mitglied⸗ schaft, im Ganzen zählte der Verein 1440 Mitglieder.

Die Thätigkeit des Vereins hat in Folgendem bestanden Bei dem Herannahen der Cholera und dem Ausbruch derselben wurde ein Regulativ ausgearbeitet. Die Gefahr der Einschlep⸗ pung des Pockengifts aus Frankreich veranlaßte den Vorstand, bie Bevölkerung dringend zur Impfung zu ermahnen. Auf dem Gebiet der Schul⸗Gesundheitspflege wurden im Anschluß an den Erlaß des Ministers der geistlichen ze. Angelegenheiten, statistische Erhebungen über die gefundheitsgefährdenden Einflüsse der Schule in Angriff genommen; auch über die Konstruktion der Schulbänke und über den Bau des Schulhauses in sani— tärer Beziehung erließ der Verein Promemorien. Die Rege⸗ lung der Fortschaffung der Exkremente wurde in Petitionen angeregt, ebenso die Reform des Sanitätswesens in Staat und Gernneinde. Ueber die englische Sanitätsgesetzgebung berichtete eine besondere Broschüre. Der Vereinsbibliothek hat der Vorstand seine besendere Aufmerksamkeit zugewendet. Seit dem Kriege ist auch die freiwillige Krankenpflege Gegenstand der Erörterungen ge—⸗ worben. Die umfangreichste und schwierigste Arbeit, die Mor⸗ talitätsstatistik, welche in einer großen Anzahl der Vereinsstädte

e war, ist durch den Krleg ins Stocken gerathen, soll

aber überall wieder in Gang gebracht werden. Endlich ist als Erfolg der Thätigkeit des Vereins die Gründung einer besen⸗ deren Zeitschrift *) »Korrespondenzblatt des Niederrheinis chen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege« hervorzuheben, welche unter der Redaktion des Dr. Lent zu Cöln, im Verlage des Vereins seit Oktober d. J. erscheint. Das Korrespondenzblatt« bringt im ersten Abschnätt die statistischen Arbeiten des Vereins, im zweiten die Vereinsnachrichten, im dritten Originalaufsätze aus dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege.

*) Derselben sind die in diesem Aufsaß enthaltenen Miltzeilungen

entnommen.