1872 / 32 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Feb 1872 18:00:01 GMT) scan diff

Grundstück gegeben werden kann; er kann auch direkt an C. gehen und von diesem verlangen, daß er das Grundstück herausgiebt, und zwar lediglich auf Grund der 3. daß der C. im Augen. blick, wo er eingetragen wird, gewußt hat, daß der B. schon ein Recht auf das Grundstück hatte. Eine solche Kollision zwischen zwei Eigenthums⸗ rätendenten ist natürlich immer nur in einem solchen Rechtssystem 2 in welchem der Titel oder die causa des Vertrages ein ge— trennter Akt ist von dem Akt des Eigenthumserwerbs, von dem Akt der Uebergabe oder der Eintragung. Insofern unterscheidet sich also das ge— meine Landrecht von dem Landrecht und dem rheinisch⸗französichen Recht. Im rheinischen Recht schließt sich der Uebergang mit dem Abschluß des Ver⸗ trages ab. Da ist also, wenn ein späterer Verla mit einem Anderen ab⸗ geschlossen ist, keine Gelegenheit mehr für die Kollision. Insofern hat die Kollision kein Interesse für das rheinische Recht; aber ein großes Gewicht für das gemeine und das preußische Recht. Nun sagt das Landrecht: wenn der C. gewußt hat, daß der B. mit A. schon einen Kontrakt abgeschlossen hat, so ist dieses bloße Wissen schon eine mala fides; und es ist nicht recht, daß er das Grundstück behält, er muß es wieder herausgeben. Nun t das ein an sich schon etwas eigenthümlicher, jedenfalls in der Literatur vielfach bestrittener Gesichtspunkt, daß das bloße Wissen von Thatsachen, daß Andere einen Kontrakt abgeschlossen haben, den sie nicht halten, demjenigen der es weiß, schon eine mala fides vindizirt. Um so weniger kann man dies psychologisch behaupten, als ja in der That viele Gründe vorliegen können, die den A. der dop⸗ pelt verkauft hat, völlig rechtfertigen, wenn er von B. abspringt und auf C. übergeht. Bei der ganzen Erörterung ist der Frage und das ist, was ich mir bereits vorhin zu erwähnen erlaubte eine Fär— bung gegeben worden, die auch der Herr Referent seinem Vorkra egeben hat, die ich nicht für richtig halten kann. Es wir * Verschiedenste supponirt. Es wird, um die traurige Lage des B. recht scharf J illustriren, gesagt: Ja, der A. hat das Kaufgeld schon bekommen er will es sich noch einmal von C. geben lassen; geht der A. nach Amerika, so sitzt B. da; dann muß er sich wenigstens an das Grundstück des C. halten können. Nun, meine Herren! Ich glauhe nicht, daß es . im praltischen Leben vorkommt, daß Jemand, der ein Grundstück kauft, das Kauf- geld sogleich hingiebt, che ihm noch das Grundstück übergeben ist, oder ehe noch diejenigen Akte vorgenommen sind, durch die er in das Eigenthum des Grundstücks eintritt. Bei weitem die meisten Kauf- verträge al es ist das fast geradezu Regel gehen davon aus, daß vilelleicht eine Anzahlung erfolgt daß aber im Uebrigen Zahlungstermine sestgesetzt werden, zum Theil bei der Uebergabe, um Theil nach derselben. Dann aber müssen Sie auch erwägen, aß, wenn man nun einmal mit solchen thatsächlichen Suppositionen

zu Werke gehen will, B. nicht nothwendig ein ganz ehrlicher Mann

zu sein braucht. Der B. hat dem A. ,. das Kaufgeld in einer bestimmten Weise zu berichtigen. Die Berichtigung erfolgt durch Wechsel, die ihm . werden, oder durch Hypotheken in partem retis, und der A. sieht zu seinem Schrecken, daß, nachdem er mit em B. den Kontrakt eschlossen, die Wechsel nicht acceptabel und die Hypotheken gefälscht oder nicht realisirbar und werthlos sind. Die einzige Rettung für A. besteht nun noch darin, daß er ihm das Grundstück nicht übergiebt, daß er es zurückhält und es auf eine Klage ankommen läßt. ; Und wenn er das Recht hat, das Grundstück zurückzuhalten wenn er sich darauf stützen kann, daß die Einreden, welche er dem B. ent⸗ egenzusetzen hat, die stichhaltig genug sind, um den B. ane e zu . warum soll dieser A. nicht an C. verkaufen, warum soll T. nicht das Grundstück kaufen können? Sie nehmen immer an, daß B. ein rechtschaffener braver Mann ist, und daß A. nach Amerika geht, und daß C. durchaus ein Betrüger sein muß, und wenn man dann immerhin fragt, worin liegt denn psychologisch das Moment daß er ein Betrüger 99 muß, dann wird gesagt, er ist ein Betrüger. »Thut nichts, der Jude wird verbrannt. Diese . Deduktion ist dadurch, daß man sie ö das moralische Gebiet gebracht hat, eine erhitztere geworden, als sie eigentlich an sich verdient. Praktisch ist; sie nicht von roßer Bedeutung, weil die Fälle solcher Collision im Leben sehr selten nd. Aber wenn wir legislativ die Sache behandeln, so müssen wir uns doch die Frage vorlegen, wie ist das Verhältniß juristisch zu kon⸗ struiren? Nun sagt die Kommission: ja, was das Landrecht hier vor⸗ trägt, daß die bloße Kenntniß eines älteren Vertrages schon mala fidés begründen soll, das geht zu weit, aber wenn zu den älteren Verträgen die Uebergabe zugekommen ist, dann ist doch durch diesen Akt der Wille der Kontrahenten, daß eine Veräußerung stattfinden e, ein so korroborirter, daß nicht gezweifelt werden ann, daß die Eigenthumsveräußerung wirklich nach dem Willen der Kontrghenten stattfinden soll, und wenn A. trotdem an C. verkauft, so liegt darin ein Verhältniß, welches min⸗ destens anfechtbar sein muß. Ich mache daher blos auf den großen Unterschied ausmerksam, den die Theorie der e d fffs ndr ffir, dem Landrecht gegenüber bekommt. Man darf nicht etwa sagen, die Kommission steht auf dem Standpunkte des Landrechts; meine Herren! sie hat den Standpunkt des Landrechts ganz wesentlich verändert. Das Landrecht läßt den späteren Käufer überhaupt nicht Eigenthümer werden. Die Kommission nimmt den Grundsatz an, ein ein—⸗ etragener, späterer Käufer ist wirklich Eigenthümer, aber ein Eigenthum, ist anfechtbar. Er bleibt si unange⸗ fochtener ,, wenn B. sich nicht rührt! as ist nun B.? Der B. hat vollständigen Besitz und einen älteren Kauf; er wird natürlich auch von der Kommission als ein durchaus redlicher, braver Mann hingestellt; also B. ist ein vollständiger, redlicher, titu⸗ lirter Besitzer, um mich der Sprachweise zu bedienen, welche durch das Landrecht gegeben ist; er besitzt, er hat seinen Titel und den Kauf vertrag, und ein vollständig rechtlicher Besitzer muß usukapiren können das liegt in dem Begriff. Die Kemmission schafft nun einen voll⸗

brüchig sein, als es das preußische Recht jetzt ist.

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ständigen, redlichen, titulirten Besißer, dem sie die Ersitzung des Eigen⸗ thums ausdrücklich ,, 66 einen Usukapionsbesitzer, der nicht 6 darf, eine

heorie vor der die Wissenschaft stillstehen wird. Alle diese juristi⸗

chen Gründe können die Staatsregierung nicht davon abbringen,

*

eine solche Stellung des Naturalbesitzers neben dem eingetragenen Eigenthümer, wenn man die Eintragungstheorie überhaupt annimmt, irgendwie zulässig ist. Es würde dann für die Grundschuld, wie es im Gesetzentwurf jetzt heißt, der Grund und Boden 333 ebenso

. . Nun hat die Staatsregierung aus der Eintragungstheorie und dem Ausschluß der

Duplizität zweier 1 bestimmte Konsequenzen gezogen

und daß diese Aufstellung im Gesetzentwurfe den richtigen Konse⸗ quenzen entsprechen, ist ja auch von den Gegnern anerkannt. Der §. 4 des Gesetzentwurfes wäre an sich, wenn man ihn dem gemein rechtlichen Eigenthumsrecht gegenüber denkt, nicht nöthig 4 er wurde nur nöthig, um den §. 25 im zehnten Titel des Landrechts zu beseitigen. Nün kommt aber das sogenannte Extrem der Konse⸗ quenzmacherei. Was

schluß der exceptio rei venditae et traditag, für Nicht- juristen so wie auch der Herr Referent ausgeführt hat, daß wenn der eingetragene Eigenthümer veräußert an einen Andern und ihm den Besitz übergeben hat, er theoretisch jeden-

n und es fragt sich nur ob es praktisch zu billigen isi

o lange er noch eingetragen ist und der Käufer noch nicht die Ein⸗

darf, und dieser ihm dann nicht die Einrede entgegensetzen kann: du

hast es mir ja selbst verkauft und übergeben. Es wird dies als eine

zu strenge Konsequenz betrachtet und der Fall wird theilweise falsch aufgefaßt. Wenn man dem Beklagten in diesem Prozesse die Ein⸗

rede: mein Besitz leitet sich ja von dir, dem Kläger, ab, giebt, so

wird damit nur erreicht, daß der Kläger abgewiesen wird. er Kläger bleibt aber eingetragener Eigenthümer und der Beklagte bleibt Besißtzer. Es ist also die Duplizität nicht er Die Theorie der Eintragung verlangt aber

den müsse; und in diesem speziellen VJ ist die . nur dann herbeizuführen daß, wenn auch der Beklagte die Einrede nicht hat, er doch die Widerllage auf , und Eintragung hat, und wenn er sie anstrengt, so , sich der

scheiden, ob er berechtigt ist,

die Zwiespältigkeit wieder zur Einhei §.7 im zweiten Alineg trotz seiner frappirenden Härte.

Das sind im Allgemeinen die Ausstellungen und die Haupt-

in denen die Staatsregierung zu ihrem Bedauern mit den sion n ehen kann und wo sie bitten muß daß durch die Beschlüsse im Plenum ein Zurückgehen auf die

56 t . eschluͤssen Ihrer Kommission nicht

Vorschläge der e, ,, erzielt werde. Ich möchte nur noch das E

sich finden, der sich auflassen kann? Das kommt wirklich nicht vor. Warum will man theoret über die Frage streiten? Ja, meine Herren, das mag wird auch zugegeben werden müssen, es wird prakftisch nicht häufig vorkommen, um so weniger ist aber

falls, nach b

hineinzubringen. Man muß außerdem dem B. ssegen den C. die Anfechtungsklage Letzterer soll als eingetragener Eigenthümer gelöscht und, dem EC. übergeben werden, so hat sich in der Kommission die juristische Kon⸗

t, wenn er den Besitz nicht ,

s

noch hervorheben,

troverse entwickelt, ob denn eine solche Klage fundirbar sei oder nicht,

ö will ich hier nicht weiter eingehen. Jedenfalls aber tritt eine sehr nahe liegende Frage hervor wenn der C. mit der Anfechtungsklage behaftet wird, so beruht diese darauf daß er den älteren Vertrag des B. zur Zeit seiner Eintragung gekannl hat. Das ist das einzig thatsächliche Fundament der Klage. Darf nun der C. dem B. die Einreden hits ce sckfn die ihm der A. gegen die Vertragsklage entgegensetzen könnte, und die doch sehr wesentlich sind, die Einreden, die es bewirken können, daß der B. trotz seines Ver⸗ trages und trotzdem, daß das Grundstück ihm übergeben ist, doch die w, , nicht erlangen kann, weil der A. Gegenansprüche hat aus dem Vertrage, der von B, noch nicht erfüllt i. werden, ja der C. kann nicht die Einrede etheben aus der Person des A. das sind Einreden aus dem Rechte eines Dritten, und das ist lu u es ist also der C. in diesem Prozesse gebunden an Händen un en. s ist auch in Beziehung auf das Kreditbedürfniß von einer roßen Bedenklichkeit, diese Zwiespältigkeit wieder herzustellen, denn . bringen einen jeden Gläubiger einer Grundschuld in die Lage, daß er nicht ohne Weiteres den Glauben hat, der eingetra— gene Eigenthümer, der ihm die Grundschuld giebt, sei im Besitz des Grundstücks. Die Grundschuld ist zwar recht. gůllig bestellt, aber ob sie realisirbar ist, ohne daß sich der Gläubiger großen Erweiterungen aussetzt, weil das Grundstück in der Hand eines Dritten sich befindet, ist noch außerordentlich zweifelhaft und ist an sich schon ein Ab⸗ schreckungsmittel genug. 2 . Nun kommt endlich noch dazu daß die ganze Theorie konsequent nicht durchgeführt werden kann. Die Kommission hat, entsprechend ihrer Aenderungen des §. 9, also mir bekämpften Theorie, denselben Grundsatz angewendet auf die Eintragung der zweiten Rubrik, natürlich mit den entsprechen⸗ den Modifikationen, die aus den Rechten sich von selbst ergeben.

Sie schafft also, in einer Formel aus⸗

so ganz besonders als frappirend bezeichnet wird ist das zweite Alineg des §. 7, für Juristen gesagt, der Aus

e fun erlangt hat, das Grundstück wieder von ihm zurückfordern

t K,, mit Nothwen⸗ digkeit, daß eine solche Duplicität einer Lösung 9 engeführt wer⸗

sich onflikt; dann muß sich ent⸗ ie a,, zu verlangen, daß dadurch zurückkehrt. Das rechtfertigt

ine anführen: man hat gesagt und man kann ja auch es mit einer gewissen Berechtigung sagen, der ganze Streit ist eigentlich nicht von großer praktischen Erheblichkeit. enn wo würde das vorkommen, daß Jemand, der das Kaufgeld bezahlt hat, dann seine Auflassun a fen läßt, und wo wird ein Anderer

n ch sein, und es ; eranlassung eine juristisch jeden. er Ansicht der Regierung unrichtige Theorie in das Gesetz

wenn gegeben wird.

Dann wird gesagt

entsprechend der jetzt von

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Die Kommission hat aber gar nicht daran gedacht, denselben Grund- satz für die Eintragung der dritten Rubrik geltend zu machen, und zwar deswegen nicht, weil wir längst in Preußen den Grundsatz für die Hypotheken aufgegeben haben. Aber wenn man einmal auf dem moralischen Standpunkt steht, dann muß man doch sagen; wenn ich heute, wo mir eine Hypothek bestellt worden ist, weiß, daß gestern mein Schuldner einem Anderen eine Hypothek gestellt hat und i laufe ihm voraus und lasse meine Hypothek früher eintragen, währen Jener die Hypothek schon hat, so ist das moralisch ganz dasselbe. Nun, ineine Herren, gestatten Sie mir nur noch eine kurze allge— meine Bemerkung zum Schluß. Wir beschäftigen uns jetzt mit einer Re⸗ form auf dem Gebiete des Privatrechts, wie sie so tiefgreifend und groß seit der Emanation des Landrechts in Preußen noch nicht unter⸗ nommen worden ist; denn so vielfach das preußische Landrecht auch durch neuere Gesetze im Einzelnen durchlöchert und geändert ist, sein rivatrechtliches System ist bis jetzt in den , vollständig uner⸗ J Preußen erfreut sich seitẽ dem Ende des vorigen Jahrhun⸗ erts eines ruhigen und sicheren privatrechtlichen Zustandes.ů Freilich war mit diesem Zustand auch ein Uebelstand verbunden, ein Uebel⸗ stand, der lange Zeit nicht gefühlt wurde, jetzt, wo wir seit der Er⸗ weiterung des Staates in eine vielseitigere, umfangreichere und viel engere Berührung mit dem gemeinen deutschen Recht getreten sind, recht fühlbar hervortritt. . . Das Allgemeine Landrecht ist das abschließende Resultat der Rechtsentwickelung am Ausgange des vorigen Jahrhunderts es ist seitdem stehen geblieben, es hat nicht Theil genommen an der Weiter⸗ entwickelung, die das gemeine Recht in Deutschland seither genommen hat, und es ist doch gewiß nicht zu leugnen, daß gerade die gemein⸗ rechtliche Entwickelung in Deutschland in unserem Jahrhundert ich brauche wohl nicht näher die großen Corriphäen zu nennen, die sich in dieser Hinsicht unsterblich gemacht haben r kräftig vorwärts gekommen ist. Daher kommt es, daß jeßt in Preußen das Privat- recht in mancher Beziehung ein zurückgebliebenes ist. Daraus erklärt sich aber mit innerer Nothwendigkeit, das auftretende Bedürfniß nach einer Ausgleichung und Vereinigung mit den übrigen Rechtssystemen. Uebrigens bedarf, dieser Ausgleichung und Vereinigung auch das gemeine Recht, denn an seinem Leibe wuchern zahllose veraltete partikulare und lokale . eiten wie Parasyten. Dazu kommt aber auch, daß die Verschiedenheit der Rechte, die jetzt im preußischen Staate eine außerordentliche mannigfache ist, eine sehr trennende Gewalt ausübt. Wir haben dies in Preußen an dem Gegensatz des Landrechts zu dem rheinischen Rechte recht stark gefü 1 tritt noch in ganz anderer Weise, wie vor dem Jahr 1866, als drilker Gegensatz der des gemeinen Rechtes hinzu. Nun ist gewiß nicht zu leugnen, daß am , das Privatrecht eine unruhige Neuerungssücht verträgt. Die , n bedarf zu ihrem Gedeihen der Ruhe und der Stabilität des Rechtes. Aber in dem Leben der Staaten rteten Perioden ein, nicht nach der Willkür der Menschen, sondern nach inneren Bedürfnissen und durch die Ereignisse wo eine lange Ruhe gestört wird, wo Neues an die Stelle des Alten treten muß, und in dieser Periode leben wir jetzt in Preußen. Preußen hat im an n Laufe seiner Entwickelung noch niemals ein so großes Län— ergebict mit verschiedenen Rechtssystemen auf einmal in sich auf— enommen. Dadurch, diesen Afsimilirungsprgzeß zu überwinden, ist ie gegenwärtige legislatorische Unruhe entstanden. Man wird . Unruhe nicht überwinden, wenn man die nothwendigen Reformen hinausschiebt und verschleppt, und wird nicht in die Ruhe des Rechts ommen , ehe man nicht das Nothwendige in dieser Richtung geschaffen hat. Wenn also manchmal gesagt wird, die ng eb in 8⸗ maschine arbeite zu rasch, und deshalb gerathen hat, man al er Maschine die Ventile öffnen und den Dampf ablassen, damit sie lang⸗ samer arbeite, so verkennt man die gegenwärtige Situation. Es muß im Gegentheil mit mehr Atmosphären-Druck gearbeitet werden, um so bald als möglich in die Ruhe des Rechts wieder hineinzukommen, und daß die Maschine nicht zu schnell arbeitet, das zeigt Ihnen doch anz gewiß die Geschichte der Reform, mit der wir in diesem Augen⸗ H. elch tigt sind und die hoffentlich jetzt endlich zum Abschlusse gelangt.

In der 8 Sitzung des Hauses der Abgeord⸗ neten beantwortete der Minister des Innern, Graf zu Eulen⸗ u. die Interpellation des Abg. Mohr, vob die Staatsregierung gewillt sei, gemäß der am 15. Fe⸗ bruar v. J. gemachten Zusage: noch dem gegenwärtigen Landtage eine Gesetzesvorlage zu machen, welche geeignet ist, die Mißstände und Ungleichheiten bezüglich des Besteuerungs⸗

rechtes der Gemeinden in verschiedenen Provinzen zu be⸗

seitigen «, wie folgt:

Die Nothwendigkeit der Regulirung der Kommunal⸗Besteuerungs⸗ frage ist von der Regierung ebenso anerkannt, als Sie die Schwierig⸗ keit dieser Regulirung nicht verkennen werden. Zunächst beabsichtigt die Regierung, wenn es irgend möglich ist, noch in dieser Session des Landtages einen Entwurf, betreffend die Kommunalbesteuerung von Forensen und juristischen Personen, vorzulegen. Einen Gesetz⸗ entwurf, der sich mit der Regulirung der Kommunal⸗Steuerfrage, im Allgemeinen und auf alle Gebiete sich erstreckend, befaßte, kann ich für diese Session nicht in Aussicht stellen.

Bei Beginn der Diskussion über den Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Erweiterung des Staats⸗-Eisenbahnnetzes, die Ver⸗ mehrung des Betriebsmaterials der Staatsbahnen, sowie die Ertheilung der Indemnität bezüglich der Verwendung von Er⸗ sparnissen bei den durch Gesetz vom 2. Juli 1869 bewilligten Fonds zum Umbau des Bahnhofs der NiederschlesischMärki⸗

schen Eisenbahn in Berlin, erklärte der Handel-Minister, Graf von Itzenplitz: .

Ich kann mir nicht versagen, den vereinigten Kommissionen und dem Herrn Referenten meinen aufrichtigen Dank zu sagen für den gründlichen und vollständigen Bericht, den Jeder wohl mit Interesse . haben wird, und ich kann mich der Hoffnung hingeben, daß

as hohe Haus den Beschlüssen der Kommissionen beitreten wird.

Im Verlaufe der Generaldiskussion erklärte auf die

Bemerkungen des Abg. Zuckschwerdt in Betreff der Eisenbahn⸗ politik des Handels⸗Ministers, dieser: Meine Herren! Ich habe schon sehr häufig in diesem Hause, nicht in dieser Sitzung, sondern früher gesagt, daß ich ganz im Gegensatz u der Ansicht des geehrten Herrn Vorredners dafür halte, daß für as Publikum die Staatseisenbahnen das Beste sind, für das Publi- kum, für die Aktionäre freilich sind andere Unternehmungen besser. Ich habe an mehreren ispseren das schon früher erläutert, und ich bleibe dabei, und damit ist im Zusammenhange, wenn ich sage, die Hauptbahnen wenigstens, wie ich das früher gesagt habe, sollten alle in der Hand des Staates sein. Viele Hauptbahnen waren aber schon durch Gesellschaften gebaut, als ich in die Geschäfte hineinkam, und was damals geschehen ist, darüber habe ich keine Ursache, mich zu äußern. Wenn, nun der geehrte Herr Vorredner gesagt hat, ich erstickte durch lästige, gräßliche Bedingungen die Privatindustrie in den Eisenbahnen, so muß ich das absolut negiren, und ebenso, wenn der Herr Redner gesagt hat, ich nähme Rücksicht darauf, ob es dieser oder jener Bahn schade. Darauf nehme ich keine Rücksicht, allerdings darauf, ob ich mit soliden oder solchen Unternehmungen zu thun habe, wo man noch keine solide Basis absehen kann meine Herren, 6 porsichtig parlamentarisch ausgedrückt, ich könnte sonst noch mehr agen!

Wenn nun aber der geehrte Herr behauptet hat, die . industrie getraute sich gar nicht mehr, Anträge zu machen, so muß ich dem entgegenstellen, daß ich keinen Tag, auch heute schon, meine Packete eröffne und die neuen Sachen i fer wo nicht ein neuer Antrag irgend einer Privatgesellschaft, oder einer Gesellschaft noch lange nicht, sondern eines Komites oder eines einzelnen Unternehmers dabei ist, der da sagt;: ich bitte um die Er= laubniß zu den Vorarbeiten zu der oder der Bahn; sehr häufig wird darüber, wo die Mittel herkommen, und über die übrigen Umstände, ob sie nützlich seien oder nicht, kein Wort gesagt. Aber dergleichen Anträge sind äußerst zahlreich, und den Berl daß das im Wider⸗ spruch mit meinen Aeußerungen stehe, kann ich nicht zugeben. Meine err, Wenn es sich um eine Bahn handelt, die keine Staatsbahn sst und wo ich also nicht mit gutem Gewissen Ihnen vorschlagen kann aus besonderen Gründen wie wir sie heute hier haben, sie als Staatsbahnen zu bauen, und es kommen dann solide Leute, die Geld haben und wollen diese Eisenbahn bauen, dann werde ich es immer it gerne gestatten; aber ich weiß nicht recht, wie zart ich es sagen oll, alle sind nicht so.

Dem Abgeordneten Dr. Braun, welcher hierauf in der⸗ selben Frage das Wort nahm, entgegnete der Handels Minister;

Ich erlaube mir nur ein Wort zu erwidern. Eine Absicht hat der geehrte Herr Vorredner mir untergeschoben oder mir zugetheilt, will ich agen die ich, so viel ich weiß, nie ausgesprochen habe. Ich habe nur bei einer früheren Debatte über die Eisenbahnen und ich halte das für richtig, weil man mir den Vorwurf machte, ich hätte kein Prinzip, gesagt, ich hielte dafür, daß die Hauptbahnen Staatsbahnen sein müßten w was nicht ausschließt, daß sie auch Reichsbahnen sein können. Ich habe aber auch gesagt, und ich bitte, darüber die stenographischen Berichte zu vergleichen, daß die Nebenbahnen zunächst Sache der Provinzen und der Kreise sein sollten. Daß ich aber je gesagt haben sollte, daß ich es für ganz vor⸗ züglich hielte, die großen Gesellschaften zu begünstigen, das ist mir nicht erinnerlich.

Im Uehrigen kann der geehrte Herr Vorredner versichert sein, daß alle solche Anregungen in Bezug auf die Gesetzgebung bei mir nicht verloren gehen, und daß ich mich bestens bemühe, daraus den Honig k saugen, den ich darin irgend finden kann, und mich, dabei gern

er Schwierigkeit unterwerfe, welche darin liegt, daß, wie Sie heute

schon n haben, meine Herren, die Ansichten der geehrten Redner

ja so sehr auseinandergehen, daß sie zum Theil gerade das Entgegen—⸗ gesetzte sagen. ;

In der darauf folgenden Spezial-Diskussion erklärte bei 5 1ͤ, zu welchem der Abg. Haebler folgende Resolution bean⸗

ragte: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, die Staatsregierung aufzufordern; Gleichzeitig mit dem Bau der TilsitMemeler Eisenbahn die . Staatschaussee in stets wasserfreiem, fahrbarem Zustande und mit der festen Eisen⸗ bahnbrücke in,. Verbindung zu bringen, .

der Staats⸗Minister Graf von Itzenplitz:

Meine Herren! Ich hoffe, daß das . Haus die Bahn Tilsit⸗Memel nicht ablehnen wird. ich kann mich daher auf ein paar ganz kurze Bemerkungen beschränken. Die Bahn hat in Bezug aufähre Rentabilität eine Zukunft, diese Zukunft knüpft sich aber an zwei Bedingungen, deren Erfüllung ich noch nicht in einer Reihe von Jahren absehen kann. Die eine Bedingung ist eine Verbin zung über Tauroggen und Libau nach Rußland, und die zweite Bedingung ist, daß die Bahn von Insterburg über Darkehmen, Goldgap und Oletzko nach Lyck gebaut wird; dann hat diese fragliche Bahn eine finanzielle Zukunft, eher nicht. .

Was den zweiten Absatz des 8. J betrifft, so beschränke ich mich auf die Bemerkung: ich kann es weder für unrecht, noch unbillig halten, daß dem Kreise Tilsit zugemuthet wird, die Grundentschädigung zu be—⸗ willigen, und zwar aus dem einen, wie mir scheint, recht erheblichen