1872 / 105 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 04 May 1872 18:00:01 GMT) scan diff

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Sitzung vom 25. v. M. nach Anhörung des Ausschusses für Zoll- ünd Steuerwesen beschlossen, daß die Bestimmungen im ersten Absatz des §. 4 und im zweiten Absatz des §. 7 des Re⸗ ulativs vom 23. Juni 1871, betreffend die Zollerleichterungen . den Handel nüt fremden Weinen und Spirituosen, auch auf diejenigen Weine und Spirituosen Anwendung finden sollen, welche in die jetzt in Weintheilungsläger umgewandelten Wein -Transitläger in Gebinden eingelegt und daselbst in Flaschen umgefüllt worden sind.

Nach einer dem Bundes rathe unter dem 16. v. M. ge⸗ machten Mittheilung werden die in der Bekanntmachung des Bundeskanzlers vom 29. August 1870 veröffentlichten Grund⸗ sätze für die Behandlung der portopflichtigen Korrespondenz zwischen den Behörden verschiedener Bundesstaaten in Zukunft auch für Elsaß⸗Lothringen zur Anwendung kommen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrathes für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Rechnungswesen, sowie der Ausschuß desselben für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen ab.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Reich s⸗ tages erwiderte der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats—⸗ Mlnister Delbrück, in der Diskussion über den Reichshaus— halts-Etat für das Jahr 1873 den Abgg. Richter, Grum⸗ brecht, v. Kardorff und v. Benda, welche Ausstellungen gegen die Verwaltung des Reiches vorgebracht hatten, daß er dem— nächst die Marinedenkschrift vorlegen, und dem Reichstage die allgemeinen Rechnungen von 1867 und 1868 zugehen würden. Damit schloß die erste Lesung des Etats und die Sitzung. Die nächste Sitzung findet Montag 12 Uhr statt.

Der Staats⸗Minister a. D., Dr. jur. Maximilian Graf von Schwerin⸗-Putzar, ist gestern nach langen und schweren Leiden im 68. Lebensjahre in Potsdam verstorben. Geboren am 30. Dezember 1804, widmete 66h der Verstorbene nach der Beendigung seiner juristischen Studien der Verwaltung einiger väterlicher Güter und war seit 1833 Landrath des anclamer Kreises, von 1840 an Mitglied des pommerschen Provinzial— Landtages. Im Jahre 1846 wurde er als Mitglied der evangelischen Generalsynode in Berlin berufen. Als Vertreter der Ritterschaft des anklamer Kreises war er Mitglied des Ver— einigten Landtages. Vom 19. März bis 18. Juni 1848 Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten, vertrat er später den Wahlkreis Schlawe in der frankfurter Nationalversamm— lung. Seit dem Sommer 1849 hat er ununterbrochen dem preuüßischen Abgeordnetenhause angehört; in den Jahren 1849 bis 1855 und dann wieder 1859 war er Präsident dieser Ver⸗ sammlung. Am 3. Juli 1859 wurde er Minister des Innern und blieb es bis zum 17. März 1362. Nach seinem Rücktritt vom Amte hat Graf Schwerin im Abgeordnetenhause und später im Reichstage zuerst der altliberalen, darauf später der national— liberalen Fraktion angehört. Die Stadt Berlin ehrte ihn, indem sie ihn zum Stadtrath wählte, welches Amt er erst kurz vor seinem Tode niedergelegt hat. Gleiche Verehrung wurde ihm auch noch vor wenigen Wochen durch eine Reichstags⸗ Deputation bekundet, die an seinem Krankenbette erschien, um ihm in Erinnerung an den vor 25 Jahren erfolgten Zusammen— tritt des vereinigten Landtags die Wünsche seiner Kollegen für seine Wiederherstellung darzubringen.

Das nach Konferenzheschlüssen landschaftlicher Delegirter aus den sechs östlichen Provinzen mit Zustimmung der König⸗ lichen Ressort⸗Ministerien seitens der kur- und neumärkischen Haupt⸗Ritterschaftsdirektion aufgestellte Statut für die Cen⸗ trallandschaft der preußischen Staaten ist den Gene⸗ ralversammlungen der betheiligten landschaftlichen Kreditinsti⸗ tute zur definitiven Beschlußnahme über den Beitritt zum Verbande der Centrallandschaft n n worden. Neuerdings haben die Generalversammlungen der landschaftlichen Kredit⸗ institute für die Ober- und n für die Provinz Sachsen und für die Provinz Pommern den Beitritt zur Cen— trallandschaft beschlossen. Die Erklärung der übrigen betreffen⸗ den Generalversammlungen ist in der nächsten Zeit zu ge⸗ wärtigen.

Morgen Nachmittag 13 Uhr findet in der Wohnung der Generalin, Gräfin Oriolla, Potsdamerstraße 22a, die kon⸗ stituirende Versammlung des Vereins »Invalidendank« ,. Der Verein bezweckt, arbeitsfähigen invaliden Kriegern

er deutschen Land⸗ und Seemacht geeignete Beschäftigung zu verschaffen.

Aeber die Feier der Eröffnung der Universität Straßburg liegen jetzt eingehendere Mittheilungen vor, die wir nachstehend folgen iassen:

Bereits am Abend des 30. April trafen die Professoren

Deputationen der Universitäten mit den

und Docenten, die theils als offizielle, theils als freiwillige Vertreter deulscher Hochschulen nach Straßburg gekommen waren, zahlreich im Rothen Haus am Kleberplatz mit ihren Straßburger Kollegen zur Begrüßung zusammen.

Durch offizielle Deputationen waren 26 Universitäten aus Deutschland, Oesterreich und der Schweiz vertreten. Basel hatte eschickt: von der Goltz, Heusler, Berlin: Bruns, Dubois⸗ n, Bern: Schwarzenbach, Aebi, von Scheel, Holsten; Bonn: Schäfer, Bauerband; Breslau: Häser, Stenzler; Er⸗ langen: von Hoffmann, Freiburg: Behaghel, Meyer, Rive, Käßmaul, Schönberg, Gießen: Streng, von Nittgen, Oncken; Göttingen: Sauppe, Waitz; Graz: Schenkl; Greifswald: Limprecht; Halle: Schlottmann; Heidelberg: Renaud, Holtzmann, Bluntschlis Delffs, Stark; Jena: Endemann; Innsbruck: Jülch, Wildauer; Kiel: Weinhold; Leipzig: Zarncke, Fleischer, Friedberg; Marburg: Caesar; Münster: Bisping, Hittorf; München; Halm, v. Giesebrecht;

Fig. Höfler; Rostock: Schwaner; Tübingen: v. Weizsächer, 8

impel; Wien, Langer, Tomaschek, Rospoff; Würzburg: Hof⸗ mann, Zürich: v. Hyß7 Exner, Fick, Volkmar. Dazu kam noch eine große Anzahl von Professoren und Dozenten, die

sich freiwillig angeschlossen hatten. Hierzu hatte insbesondere

Heidelberg ein starkes Kontingent gestellt. Unter den nicht— akademischen Theilnehmern sind zu nennen: Frhr. v. Roggen bach, Berthold Auerbach, J. V. Scheffel, Dr. Nohl, Franz Duncker. Die neuernannten Straßburger Professoren waren vollzählig anwesend. So gestaltete sich schon dieser Vorabend im Rothen Hause zu einem Universitätsfeste eigener Art.

Der Tag der Feier selbst begann mit einem Umzug der

Studirenden durch die Straßen der Stadt nach dem Hof des Kaiserlichen Schlosses, der in eine geräumige Festhalle umge⸗ wandelt worden war. Ein Drittel des Raumes war von einer gegen alle Zufälligkeiten der Witterung durch ein Dach mit Oberlicht geschützten Estrade eingenommen mit Plätzen für die Sänger und Orchester, sowie für die geschmackvoll ausgestattete Redner⸗ und eine kleinere Vorbühne, der sich linkg und rechts die Plätze für die Damen anschlossen. Hier an festonirten

Trägern die Büsten Sr. Majestät des Kaisers und

Ferdinands II., des Stifters der ersten Universität, beider⸗ seits die der berühmtesten Lehrer der letzteren angebracht, im Fond als Medaillons die symbolischen Personifikationen der Fakultäten nach den alten Siegeln derselben. Der Zuhörer— raum war hoch und luftig überspannt mit einem sternenbe⸗ säeten, schwarz, blau und weiß gestreiften Zelt. Die Wände waren in den Farben der Stadt weiß und roth drapirt, mit Fahnengruppen um die Wappen des Reiches, der Einzel— staaten und der Städte Elsaß⸗Lothringens geschmückt, während die Vestibüle durch große Vorhänge mit dem Reichsadler ab⸗ geschlossen wurden. ö Nachdem die Räume sich von den Civil- und Militär⸗ behörden, Studirenden und Akademikern und den zahlreichen Festgästen gefüllt hatten, intonirte das Orchester um 11 Uhr den Marsch aus der »Zauberflöte«, und herein schritt der lange Zug, voran die Pedelle mit den Sceptern, der Ober-Präsident von Möller mit dem Rektor Professor Bruch, die Professoren und Docenten der neuen Hochschule, das Kuratorium, die Pergament⸗ rollen der Adressen in Sammet c., feierlich salutirt von den Studirenden. Darauf sang der gemischte Chor voll und kräftig »Die Weihe des Hauses« von L. van Beethoven, und der Ober⸗Präsident v. Möller eröffnete im Namen Sr. Majestät des Kaisers und im Auftrage des Reichskanzlers die neue Uni⸗ versität, nachdem er die Stiftungsurkunde vom 28. April d. J. verlesen und dem Rektor übergeben hatte. Er theilte ein Tele⸗ gramm Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kron⸗ prinzen, zugleich im Namen Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin, mit und schloß mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser. Der Rektor, Professor Dr. Bruch, gab einen kurzen Abriß der wissenschaftlichen Geschichte der Stadt und glaubte im Namen der Bevölkerung derselben versichern zu dürfen, daß sie die Wohlthat, die ihr mit der Wiedererrichtung der Hochschule eworden, erkennen und würdigen werde. Er dankte Sr. Ma⸗ jestät dem Kaiser, dem Reichskanzler, den Organisatoren, dem Bürgermeister und dem Municipalrath und wünschte der neuen Pflanzstätte deutscher humanistischer Wissenschaft, daß sie wachse, blühe und gedeihe. Sodann verlas er die gestern mit⸗ Adresse des Reichstags. Nach dem Chor- und Sologesang »Die Himmel erzählen« u. s. w. von Haydn hielt Professor Springer die eigentliche Festrede, welcher die Versammlung begeisterten Beifall spendete. Auf den Zwischengesang: »Der Herr ist groß in seiner Güte«, brachte Waitz von Göttingen als gewählter Sprecher der Deputationen den beglückwünschenden Gruß der deutschen Universitäten. Professor Tomaschek von Wien sprach im

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Namen der öhsterreichischen Universitäten Graz, Innsbruck, grag, Wien,; er sagte: Das erste Festdes neu errichteten Deutschen

teiches gehöre der Wissenschaft, der Wiedererrichtung einer alten Universität, und das sei charakteristisch für die deutsche Nation, glückverheißend auch für die Epoche, die nun folgen solle. Auch die deutsch-österreichischen Universitäten nehmen be— geisterten Antheil an diesem Fest, freudig bewegt begrüßen sie die jugendliche Schwester. Seien es doch gemeinsame Züge, die Straßburg ihnen nahe rücken; wie Straßburg an der Westgrenze des Deutschen Reiches deutsches Gefühl zu beleben, so arbeiten sie in den Ostmarken des Reichs, um deutsche Wissenschaft zu verbreiten, damit die Macht Oesterreichs be⸗ festigt und ein stetes Zusammengehen Oesterreichs mit Deutsch— land verbürgt werde. Professor Wies von Zürich sprach für die schweizerischen Hochschulen; Sie, die Abgeordneten derselben, schätzen 19) glücklich, die Grüße vom Fuße der Alpen an die Universität der alten freien Reichsstadt bringen und diesen Tag, dieses schöne Fest miterleben zu dürfen, die neu erstandene möge die alten Beziehungen zu Basel, Zürich und Bern er— neuern, und jene Gemeinsamkeit des Strebens wieder pflegen, die schon einmal die Schwesteruniversitäten so 3 verbunden habe. Schließlich sprach noch der Rektor Prof. Bruch den herzlichen Dank aus für alle dargebrgchten Wünsche, sowie die Bitte, den Univyersitäten allen, die so freundlich ihre Theilnahme bewiesen, herzlichen Brudergruß von Straßburg zu entbieten. Mit Musik schloß die erhebende Feier, die gewiß jedem Anwesenden in un— vergeßlicher Erinnerung bleiben wird, als ein Ehrentag Deutsch— 9 ö Hoffnung und Vertrauen auf des Vaterlandes Zukunft.

Bayern. München, 2. Mai. Der König wird sich,

der »A. Z.“ zufolge, am Sonnabend, den 11. d., nach Schloß Berg begeben. Dorthin wird auch an diesem Tage das Kö— nigliche Hoflager verlegt.

Baden. Karlsruhe, 1. Mai. Der Großherzog hat heute den Königlich bayerischen Geheimen Legations-Rath Frei— herrn von Bibra in besonderer Audienz empfangen und dessen Abberufungsschreiben von dem von ihm bisher bekleide— ten Posten eines Königlich bayerischen Minister-⸗Residenten am Großherzoglichen Hofe entgegen genommen.

Der Fürst und die Fürstin von Waldeck und Pyrmont sind heute Vormittag, von Baden kommend, zum Besuch der Großherzoglichen Herrschaften hier eingetroffen, haben im Großherzoglichen Schlosse ein Gabelfrühstuͤck einge⸗ nommen und darauf die Reise nach Wildbad fortgesetzt, wo dieselben längere Zeit zu verweilen gedenken.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 3. Mai. Die Großherzogin ist gestern nach Luxemburg abgereist.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 3. Mai. Heute früh reiste der Herzog Ernst zur Kur nach Marienbad und die Prinzessin Moritz nach Karlsbad.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 2. Mai. Der Herzog Wilhelm von Mecklenburg, Commandeur der 22. Division, ist gestern mit dem Abendzuge der Werrabahn hier eingetroffen, um heute das hiesige 3. Bataillon des 95. In— anterie⸗Regiments zu inspiziren.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 2. Mai. Der Prinz Leopold von Bayern ist heute nach München abgereist.

Die Großfürstin Olga von Rußland trifft von ihrer Reise aus Italien in den nächsten Tagen hier ein.

Der Minister des Kaiserlichen Hauses und des Aeußern,

Graf An drassy trifft heute in Pesth ein. Uebermorgen wird derselbe bier in Wien erwartet.

3. Mai. Wie die »Presse« mittheilt, fand gestern Mittag unter dem Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers ein Ministerrath Behufs Feststellung des Sessionsprogrammes für den Reichsrath statt. ö

Niederlande. Haag, 3. Mai. Der Finanz⸗Minister Dr. P. Blusse van Oud⸗Alblas hat beim König seine Entlassung erbeten. . .

Luxemburg, 2. Mai. Der König ist vom Haag und seine Schwester, die Großherzogin von Sachsen⸗Weimar, hier eingetroffen. Die Leiche der Prinzessin Heinrich wird nach dem Haag gebracht und zu Delft im Königlichen Erbbegräbniß beigesetzt werden.

Großbritannien und Irland. London, 2. Mai. Prinz Arthur, der dritte Sohn Ihrer Majestät der Königin, trat gestern in sein 23. Lebensjahr. Die Bevölkerung von Dover feierte den Geburtstag des Königlichen Prinzen, der als Kapitän der daselbst stationirten Riflebrigade in ihrer Mitte weilt, durch großartige Freudenbezeugungen. Die Stadt prangte im glänzendsten Festschmuck.

Frankreich. Paris, 1. Mai. Der Kriegs-Minister, General Cissey, fand sich heute in der Ko mmission ein, welche den Antrag Betreffs der Veröffentlichung der Berichte über die Kapitulaätionen zu prüfen hat. Derselhe drückte im Namen der Regierung den Wunsch aus, daß man sich darauf beschränken möge, die von dem Kriegsrath über jede Kapitulation formu⸗ lirte Ansicht zu veröffentlichen. Der Minister sieht in der Ver— öffentlichung der Protokolle if sehr ernste Unbequemlich⸗ keiten für die Aufrechterhaltung der Disziplin in der Armee, Und hält sie auch vom Gesichtspunkte der äußeren Beziehungen . eine Gefahr. Die Regierung wird den Ver hne welchen

ie Kammer fassen wird, achten, aber sie ist der Ansicht, daß die Veröffentlichung der Anträge die öffentliche Meinung zu⸗ frieden stellen werde. Der Ministerrath glaubt auch, daß es gut sein werde, mit der Veröffentlichung zu warten, bis der Kriegsrath seine Arbeiten beendet hat.

Das »Journal officiel« bringt ein Dekret des Prä⸗ sidenten der Republik, durch welches die schon einmal verlän— gerte Session des Generalrathes der Seine abermals, und zwar bis zum 11. Mai, verlängert wird. . Außerdem bringt das Regierungsorgan die Ernennung

des Obersten der Marine⸗Infanterie, Louis Eugene Alleyron, zum Militär⸗Kommandanten von Neu ⸗Caledonien.

Spanien. Madrid, 3. Mai. Nach einer der »Union« von hier zugegangenen Mittheilung soll Don Carlos Spa⸗ nien noch nicht verlassen haben. Der »Temps« veröffentlicht eine Korrespondenz aus Ciudad⸗Real, wonach eine republika⸗ nische Bande die Eisenbahn von Madrid nach Cordova unter⸗ brochen hat.

Türkei. Smyrna, 3. Mai. In Folge der von den Lokalbehörden ergriffenen Maßregeln sind die Ausschreitungen gegen die Isrgeliten vollständig unterdrückt worden, und ist die Ordnung wieder hergestellt.

Amerika. Washington, 4. Mai. (W. T. B.) Die bereits erwähnte, von allen Unionsstaaten beschickte Konven⸗ tion zu Cincinnati, hat nach sechsmaliger Ballotage Horace Greeley als Präsidentschaftskandidaten proklamirt, den Gouverneur von Missouri B. G. Brown als Kandidaten für die Vizepräsidentschaft aufgestellt und eine Resolution be⸗ treffs Ertheilung einer Generalamnestie, Reformirung der Ver⸗ waltung des Staatsdienstes und baldige Wiederaufnahme der Zahlung von Staatsgeldern in Münze angenommen. Auch weist die Resolution jede Idee einer Repudiation der Staats⸗ schulden mit Entschiedenheit zurück.

Aus dem Wolff'schen Telegraphen-⸗Büreau. London, Sonnabend, 4. Mai. Im Oberhause antwortete Lord Granville auf eine an ihn ,, Anfrage, der Aus⸗ lieferungsvertrag mit Deutschland stehe auf dem Punkte der Unterzeichnung, der Abschluß sei nur durch einige aus der , der Verbrechen entstandene Schwierigkeiten verzögert worden.

Paris, Sonnabend, 4. Mai. Eine Depesche aus Bayonne vom gestrigen Abend bestätigt, daß eine starke Truppenabthei⸗ lung unter dem Kommando von General Rivera San Esteban, Vera und die Straße nach Pampelona besetzt hält. In San Sebastiano sind Truppen ausgeschifft, welche alsbald Syarzun und die Straße nach Irun besetzt haben.

Reichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 4. Mai. In der gestrigen Sitzung des Reichs— tages leitete der Staatsminister Delbrück die erste Be— rathung des Haushalts-Etats für das Deutsche Reich pro 1873 wie folgt ein:

Meine Herren! Der in Ihrer letzten Session berathene Etat für das laufende Jahr bot nach zwei Seiten hin ein besonderes Interesse, indem er einerseits der erste war, welcher in den finanziellen Beziehun— gen die Gesammtheit des Reiches zusammenfaßte und zweitens, weil sich an diesen Etat bedeutsame organische Einrichtungen knüpften. Es handelte sich damals bekanntlich darum, die Finanzverwaltung des Reichs auf eigene Füße zu stellen und sie in einem geringeren Grade wie hisher abhängig zu machen von der Finanzverwaltung der ein— zelnen Bundesstaaten. Der Etat, welcher heute Ihnen zur Berathung vorliegt, kann weder nach der einen noch nach der andern Seite ein gleichartiges Interesse in Anspruch nehmen; er enthält besonders her— vorstechende Momente nicht, und. wenn ich mir erlaube, mit einigen Worten die Berathung dieses Etats einzuleiten, so hat das wesentlich den Zweck, die hauptsächlichsten Verschiedenheiten zwi⸗ schen diesem und dem diesjährigen Etat hervorzuheben.

Was zunächst die Ausgaben und dabei die fortdauernden Aus⸗ gaben anlangt, so erscheint in dem Etat eine Mehrausgabe an fort⸗ dauernden Ausgaben gegen das Vorjahr von dem hohen Betrage von 134695703 Thlr. Diese anscheinend große Ausgabevermehrung ist